Cleo – a pirate’s tale REVIEW

Bei dem am 12.Dezember 2021 veröffentlichten Adventure Cleo – a pirate’s tale handelt es sich um den ersten kommerziellen Titel des deutschen Indie-Entwicklers Christoph Schultz. Dieser zeigte sich in den 90ern besonders begeistert von Lucas Arts‘ Point & Click-Adventures wie Monkey Island, Day of the Tentacle und Sam & Max. Also sollte es niemanden verwundern, dass er mit Cleo versucht hat sein eigenes Spiel im Geiste dieser Klassiker zu kreieren. Ob ihm das geglückt ist oder nicht, soll folgender Test verraten.

Grantiges, unzufriedenes Mädchen auf der Suche nach Ruhm und Reichtum

Wir übernehmen die Rolle der 14-jährigen Titelheldin Cleo, welche eher widerwillig ihrem Vater in dessen Taverne am Meer zur Hand geht. Cleo ist wenig begeistert über ihre Verpflichtungen und träumt ständig davon ihrem Kindheitshelden Cabeca nachzueifern. Dieser ist ein abenteuerlustiger Piratenkapitän, welcher zusammen mit seinem Affen Affonso viele gefährliche Abenteuer besteht und wertvolle Schätze einsackt. Cabeca hat seine Abenteuer sogar in einer Romanreihe verewigt, von denen Cleo großer Fan ist.

Während der heutigen Küchenarbeit entdeckt der Tavernenkoch eine abgetrennte, verfaulte Menschenhand in einem gefangenen Fisch. Besagte Hand hält immer noch das Logbuch ihres Eigentümers im Griff. Cleo schnappt sich die Schwarte und entdeckt, dass es sich um das Logbuch eines gewissen Captain Avery Allwick handelt. Plötzlich taucht Allwicks Geist auf, verwüstet die Küche und schmiert das Wort „Jichomilele“ an die Wand. Cleos Vater gibt ihr die Schuld an der verwüsteten Küche und verdonnert seine Tochter dazu die nächsten Tage auf dem Fischkutter befreundeter Seeleute zu verbringen. Wie immer zeigt sich Cleo wenig begeistert. Letztendlich geschieht das Unerwartete. Das Schiff wird von einem Riesenkraken versenkt und Cleo wird als einzige Überlebende an den Strand einer einsamen Insel gespült. Wider Erwarten stößt Cleo hier auf die ominöse Jichomilele. Eine alte Hexe, welche offenbart, dass Cleo die Auserwählte einer alten Prophezeihung ist, welche dazu bestimmt ist den „Schatz der ewigen Erinnerung“ aufzuspüren. Natürlich nimmt Cleo die Herausforderung an, um ihren Traum von Ruhm und Reichtum nachzueifern. Doch zunächst muss sie erst einmal einen Weg von der Insel finden.

Obwohl die Protagonistin nicht unbedingt das sympathischste Mädchen ist, das man sich vorstellen kann, entpuppt sich die Handlung als sehr charmant. Es wird eine schöne Moral vermittelt, was hier dankbarerweiser auch auf geschicktere Art und Weise umgesetzt wird, als groß mit dem erhobenen Zeigefinger rumzufuchteln.
Natürlich kommt auch der Humor nicht zu kurz. Der Entwickler hat viele Anspielungen auf seine Lieblingsadventures eingebaut, und die farbenfrohe Spielwelt mit ihren schrägen Charakteren reicht den großen Lucas Arts-Vorbildern tatsächlich zu Ehre. Im Gegensatz zu den großen Vorbildern werden in Cleo gegen Ende hin jedoch ernstere Töne angeschlagen. Dies gibt dem Spiel aber auch das nötige Quäntchen Eigenständigkeit mit auf den Weg und ist daher durchaus willkommen.

Abenteuer aus der Vogelperspektive

Trotz der Inspirationsquellen verzichtet der Entwickler auf eine Point & Click-Steuerung. Stattdessen handelt es sich um ein Top-Down-Abenteuer in welchem man Cleo direkt steuert. Dies tätigt man entweder über Controller-Stick oder via WASD, wenn man die Tastatur nutzt. Ich selbst wählte übrigens die Controller-Steuerung und konnte mich nie so hundertprozentig mit der Inventarverwaltung anfreunden. Diese wurde nämlich auf die regulären Hauptbuttons gelegt und nicht auf Select und Start, wie man es von einschlägigen Nintendo-Titeln gewohnt ist. Die Umgewöhnung ist mir vor Spielende nicht geglückt, was aber auch daran liegt, da Cleo mit einer durchschnittlichen Spieldauer von ca. 5-6 Stunden nicht das längste Adventure unter der Sonne ist. Positiv ist hingegen, dass man Cleo rennen lassen kann, damit man schnell vorankommt.

Das Spiel hat separate Inventarbereiche für Dokumente und Nutzgegenstände. Letztere dienen Adventure-typisch dazu Problemstellungen zu lösen, während die Dokumente wertvolle Hinweise zur Lösung von Rätselaufgaben enthalten – oder im Falle von Captain Averys Logbuch als Questlog fungieren.
Der Schwierigkeitsgrad von Cleo gestaltet sich als relativ freundlich. Wenn man in der näheren Umgebung mit etwas interagieren kann, ploppt am oberen Bildschirmrand ein entsprechender Infotext auf. Und die Box mit dem aktuell angewählte Nutzgegenstand nimmt eine rote Farbe an, wenn man den Gegenstand einsetzen kann. Diese subtilen Hilfsmittel helfen dabei blindes rumklicken zu vermeiden und somit den Spielfluss angenehmer zu gestalten.
In den meisten Fällen sind die Inventarrätsel recht einfach zu bewältigen. Es gibt aber auch einige mechanische Rätsel, wie die Bedienung eines Getränkemix-Automaten oder das entziffern eines Codewheels. Letzteres ist natürlich eine lustige Anspielung auf damalige Kopierschutz-Maßnahmen.^^ Auf jeden Fall sollte man Cleo ohne Komplettlösung knacken können.

Weitere Abwechslung bringt ein Minispiel namens „Kraken Fodder.“ Das ist ein Mix aus Karten- und Würfelspiel, welches jedoch nicht mit einschlägigen Kartenminispielen diverser Rollenspielklassiker mithalten kann. Kraken Fodder präsentiert sich vom Regelwerk her zunächst als komplex, spielt sich in der Praxis jedoch fast schon automatisch. Der Spieler darf nur marginale Entscheidungen treffen, wie z.B. wie viele Würfel eingesetzt werden sollen und dergleichen. Ansonsten ist Kraken Fodder jedoch eine eher passive Angelegenheit mit hohem Glücksfaktor und entsprechend langweilig. Es gibt im Spiel aber auch nur drei NPCs, gegen die man spielen soll. Was mich wundert, ist, warum der Entwickler das Minigame nicht als separaten Spielmodus im Hauptmenü zugänglich macht. Wenn der Entwickler schon von NPCs betonen lässt, wie stolz er auf sein Minigame ist, dann wäre das doch das Mindeste gewesen.

Leider leistet sich „Cleo – a pirate’s tale“ einige derbe Klöpse. Zunächst wäre da das verhunzte Tutorial. Dort übernimmt man die Rolle von Cabeca und wird mit einem Kampfsystem konfrontiert, welches im Rest des Spiels jedoch keine weitere Verwendung findet. In Anbetracht dessen, wie verhasst Kampfsysteme von Adventure-Spielern sind, wundert mich eine derartige Pseudo-Einführung im Tutorial doch sehr stark. Ein weiteres Tutorial-Ärgernis ist das Kalimba-Rätsel, welches doch tatsächlich das, meiner Meinung nach, schwierigste Rätsel im gesamten Spiel ist – und es taucht im verdammten Tutorial auf! Zwar gibt einem das Tutorial nach mehreren Fehlversuchen Lösungshinweise, womit man es dann doch recht bald geknackt hat, aber elegant ist was anderes. Ich halte es für sehr fragwürdig, dass der Entwickler ein Tutorial bereitstellt, welches wohl auch eine bizarre Doppelfunktion als Trolling bezweckt – was soll das?

Einen weiteren dicken Minuspunkt gibt es für das verbuggte Leuchtturmrätsel. Hier soll man zwei Gegenstände verwenden, um das Ding wieder in Betrieb zu setzen. Beim zweiten Gegenstand wurde der Befehl jedoch nicht vom Spiel ausgeführt. Zuerst dachte ich, dass dies so beabsichtigt war, da man die Rätsel in chronologisch korrekter Reihenfolge zu lösen hat. Also verbrachte ich die nächste Spielstunde mit ziellosen herumsuchen und dem Ingame-Angeln. Als ich später dann voller Verzweiflung zurückkehrte und es nochmal mit den Leuchtturm probierte, wurde der Gegenstand dann doch registriert und ich konnte das Spiel endlich normal weiterspielen. Derartige Bugs sollten gar nicht auftauchen. Auf jeden Fall hätte ich da schon gerne meine vergeudete Stunde Lebenszeit zurück.

Grafik und Sound

Die Grafik erweckt den Eindruck, als ob handgezeichnetes Artwork zerpixelt wurde, was einen ganz eigenen Stil erzeugt und das Spiel von der Konkurrenz hervorhebt. Der Look von Cleo wirkt überaus charmant und gefällt durch seine sehr farbenfrohe Ader.
Der Zeichenstil ist ebenfalls gefällig und fängt das Feeling der alten Adventure-Klassiker gut ein, ohne diese stur zu kopieren. Die Zwischensequenzen äußern sich lediglich in Artwork-Standbildern, die jedoch gut zum Spiel passen.

Auch der Soundtrack passt wunderbar zum Spiel. Die Tracks verbreiten eine gemütliche Karibik-Stimmung mit melancholischen Untertönen. Die deutsche Sprachausgabe ist angenehm hochwertig und überzeugt mit Sprechern, die mit Herz bei der Sache dabei waren.
Es gibt also unterm Strich nichts, was man an der audiovisuellen Präsentation kritisieren könnte. Der große Knall bleibt zwar aus, aber das ist bei einem Ein-Mann-Projekt nicht so tragisch.

Pro & Kontra

thumbs-up-icon

Pros
  • sehr charmante audiovisuelle Präsentation
  • nette Story mit guter Moral
  • lässt sich ganz gut ohne Komplettlösung gewinnen
  • kompetente deutsche Sprachausgabe

thumbs-up-icon

Cons
  • der Leuchtturm-Bug hat mich ne Stunde Zeit gekostet
  • schlechtes Tutorial mit Trolling-Attitüde
  • die Protagonistin ist ein wenig unsympathisch (ist aber auch ein wichtiger Aspekt der Handlung)
  • ist mit 5-6 Stunden etwas kurz

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Spiel Bewertung
Singleplayer
74
74
-
Multiplayer

FAZIT

Mit Cleo – a pirate's tale hat der Entwickler Christoph Schultz ein sehr charmantes Computerspiel-Erstlingswerk geschaffen. Das Top-Down-Adventure überzeugt mit einer sympathischen audiovisuellen Präsentation, einer guten Story mit schöner Moral und grundsolidem Adventure-Gameplay. Leider gibt es jedoch auch einige derbe Macken, wie das vergeigte Tutorial, welches ein Kampfsystem lehrt, das dann gar nicht weiter auftaucht, sowie mit dem schwersten Rätsel im Spiel irritiert. Auch auf den Leuchtturm-Bug hätte ich gut und gerne verzichten können. Die Stunde Lebenszeit die deswegen draufgegangen ist, hätte ich auch gerne woanders hineingesteckt. Nichtsdestotrotz überwiegen die positiven Elemente und machen das Spiel zur Empfehlung für Adventure-Fans, die gerne mal wieder einen sympathischen Indie-Titel aus der Heimat erleben möchten.

- Von  Volker

MS Windows
Nintendo Switch

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