The Lost Crown: A Ghost-Hunting Adventure REVIEW

Bei The Lost Crown: A Ghost-Hunting Adventure handelt es sich bereits um das dritte kommerzielle Adventure des UK-Entwicklers Darkling Room. Hinter diesem Unternehmen verbirgt sich der Indie-Entwickler Jonathan Boakes, der nach zwei Grusel-Adventures im Myst-Stil (Dark Fall-Reihe) nun ein solches im Point & Click-Stil kreierte. Das am 18. Juli 2008 veröffentlichte The Lost Crown unterscheidet sich ein wenig von anderen Adventures. So ist das gesamte Spiel in Graustufen gehalten. Farben werden nur spärlich eingesetzt, z.B für Pflanzen oder Blut. Darüber hinaus tritt Boakes in Chris Jones Fußstapfen und portraitiert sich selbst als Protagonisten seines eigenen Spiels. Ja, richtig gelesen. Der Typ den ihr hier spielt sieht seinem Programmierer frappierend ähnlich. Im Vergleich dazu wirken die Geisterjagd-Gadgets, mit denen ihr hier herumhantieren werdet, gar nicht mehr so besonders.

Angehender Schatz- und Geisterjäger

Der 30-jährige Nigel Danvers ist Angestellter der zwielichtigen Londoner Firma Hadden Industries. Nigel ist derart angeödet von seinem Job, dass er sich dazu hinreißt sich ins geheime Forschungsprojekt seines Arbeitgebers zu hacken. Er staunt nicht schlecht, als er feststellt, dass sein Arbeitgeber paranormale Wesen erforscht und sogar entsprechendes Geisterjagd-Equipment entwickelt. Nigels Hack wird jedoch sehr schnell entlarvt, was ihn zur Flucht treibt. Sein Arbeitgeber Mr. Hadden hat ihn bereits zwei Security-Gorillas auf den Hals gehetzt, doch Nigel ist schneller und entwischt mit dem letzten Zug aus London. Dieser fährt ins Küstendorf Saxton. Dummerweise müssen die Passagiere eine Station vor Saxton aussteigen, da das örtliche Sumpfgebiet zur aktuellen Jahreszeit die Schienenstrecke überflutet. Und so ist Nigel gezwungen den Fußweg durch die Fenns-Sümpfe anzutreten. Auf seinen Weg nach Saxton findet er einen alten Zeitungsartikel, der ihn darüber aufklärt, dass Saxton eine Hochburg für Schatzjäger ist. In der Region soll nämlich die verlorene Krone des Sachsenkönigs Ganwulf verborgen liegen, der sich vor ca. 1.000 Jahren einen Ruf als Held in der englischen Küstenregion erworben hat.

Für Nigel ist umgehend klar, dass er unter die Schatzjäger gehen und die Krone für sich selbst einsacken möchte, um reich und berühmt zu werden. Doch die Dinge sind komplizierter als Gedacht. Saxton entpuppt sich als recht mysteriöser und gruseliger Ort. Die Einwohner des Dörfchens scheinen Nigel zu kennen und verhalten sich, als hätten sie seine Ankunft erwartet. Obwohl sie ihn ermahnen die Schatzsuche auf die Krone einzustellen, gewähren sie dem Londoner Unterstützung in Form von Kost und Logis. Nigel wird im sogenannten Harbor Cottage einquartiert. Ein heruntergekommenes Häuschen, in dem es angeblich spuken soll.

Wider Erwarten nimmt unser Nachwuchs-Schatzjäger telefonischen Kontakt mit Mr. Hadden auf, um die Angelegenheit zu bereinigen. Tatsächlich gibt Hadden, der weiß wo sich Nigel versteckt hält, zu erkennen, dass sich Nigel seine Vergebung erarbeiten kann. Hierfür soll er Haddens Geisterjagd-Equipment einem rigorosen Praxistest unterziehen. Und Saxton scheint dafür der perfekte Ort zu sein. Wenig begeistert willigt Danvers ein, und muss schnell feststellen, dass ihn die Geisterjagd aufrecht begeistert und Freude bereitet. Obendrein könnten die Geister wertvolle Tipps zum Versteck von Ganwulfs Krone springen lassen. Doch Nigel muss noch viel über dieses spezifische Handwerk lernen, denn nicht jeder Geist ist freundlich oder neutral. Es gibt auch böse und mörderische Geister, welche sich in den Kopf gesetzt haben die Krone des Sachsenkönigs zu schützen. Ob Nigel seine neue Karriere als Schatz- und Geisterjäger erfolgreich überstehen wird, liegt jetzt in der Hand des Spielers.

Die Handlung von The Lost Crown: A Ghost-Hunting Adventure konnte mich ehrlich gesagt nicht vollends überzeugen. Der Protagonist hat weder Ahnung von Schatzsuche noch von der Geisterjagd, soll jetzt aber plötzlich beides anpacken und meistern. Im generellen wirkt die Ausgangslage der Handlung sehr stark konstruiert. Das Spiel gibt gerne mehr oder weniger subtile Hinweise über die mysteriösen Geschehnisse rund um Saxton und Umgebung. Was konkrete Antworten betrifft, hält sich das Game jedoch zu stark zurück. Auch das Ende lässt mehr Fragen offen, statt diese zu beantworten. Was mir jedoch gefällt, ist die positive Einstellung des Protagonisten mit Begeisterung an die Aufgaben heranzugehen. In den meisten Fällen lässt er sich nicht von den gruseligen Geschehnissen aus der Ruhe bringen und geht mit offenen Geist (entschuldigt die doofe Anspielung) an das Abenteuer heran. Das macht Nigel äußerst sympathisch, vor allem auch deswegen, da er durch seine positive und motivierte Ausstrahlung einen völlig ungewöhnlichen Protagonisten für ein Gruselabenteuer darstellt.

Gemächliche Ortserkundung mit Geisterjagd-Equipment

Im Kern bekommt ihr in The Lost Crown: A Ghost-Hunting Adventure ein typisches 2.5D Point & Click-Adventure. Ihr nutzt den Mauscursor, um den Screen nach Hotspots, Gegenständen, NPCs oder Ein- und Ausgängen abzusuchen und betätigt die linke Maustaste, um Nigel dazu zu bringen mit dem angewählten Punkt zu interagieren. Leider wurde versäumt eine Hotspotanzeige einzubauen, was bereits 2008 nicht mehr zeitgemäß war. Ungewöhnlich ist weiterhin, dass ihr Nigel nicht direkt steuert, sondern sich dieser nur in Bewegung setzt, wenn ihr einen der oben genannten Punkte anklickt.

Gesammelte Gegenstände werden in der altbekannten Inventarleiste am unteren Bildschirmrand gesammelt und können hier und da genutzt werden, um Problemstellungen zu lösen. Eine Kombination von Gegenständen ist nicht möglich. Nervig ist, dass die Inventarleiste mit der Zeit immer mehr mit Büchern und Textdokumenten vollgemüllt wird. Da wird es immer schwerer den Überblick zu behalten. NPC-Dialoge sind nicht nur für die Handlung wichtig, sondern auch um „Plottrigger“ auszulösen. Leider sind diese Plottrigger vor allem in der Anfangsphase des Spiels recht lästig gesetzt, da man kaum Hinweise darüber erhält, ob man überhaupt, und wenn ja, wo genau man etwas getriggert hat. Langwieriges, zielloses hin- und hergelatsche ist die Konsequenz.

Besagtes hin- und hergelatsche ist hier leider auch wesentlich träger, als bei anderen Genrevertretern, da sich das Spiel beim betreten eines neuen Screens immer ein paar Sekunden Zeit nimmt, um eine kleine Animation zu präsentieren. Sei es nun eine Libelle, die gemütlich auf einem Holzpfahl landet, oder eben Nigel der lässig angeschlurft kommt. Diese Geplänkel mögen zwar zur ländlichen Atmosphäre passen, geht dem Spieler mit der Zeit aber gehörig auf den Geist. Da hilft dann auch der Doppelklick zur Abkürzung durch Ein- und Ausgänge nur zum Teil weiter. Immerhin konnte man die Spieldauer mit derartigen Tricks auf ca. 25 Stunden hochdrücken.

Apropos Geist. Das große Gimmick des Spiels ist die Thematik der Geisterjagd. An seinen zweiten Ingame-Tag in Saxton (das Spiel ist in fünf Ingame-Tage und -Nächte eingeteilt), bekommt Nigel fünf Geisterjäger-Tools zugeschickt. Vier davon landen in der Inventarleiste und eines wird in Harbor Cottage platziert. Letzteres ist ein Kamera-Überwachungssystem, welches vier Security-Kameras und einen Überwachungslaptop beinhaltet. Dieses könnt ihr im späteren Spielverlauf nutzen, um den unheimlichen Geschehnissen eurer Bruchbude auf den Grund zu gehen. Bei den vier anderen Tools handel es sich um ein EMP-Messgerät, ein Kassetten-Diktiergerät, eine Digicam und eine Kamera mit Nachtsicht-Funktion. Im Grunde genommen braucht man die Dinger nur auf die entsprechenden Hotspots anwenden, um Ergebnisse zu erzielen. Da das Spiel mit einem wandelnden Mauscursor arbeitet, braucht man hierbei auch noch nicht mal im trüben fischen, sobald man gelernt hat die Varianten des Cursors zu deuten.

Aber zumindest die Nachtsicht-Funktion der Kamera offenbart ein interessantes Feature des Spiels. Es gibt im Spiel 3-4 Passagen, in denen ihr einen stockdunklen Ort via Nachtsicht aus der Egoperspektive erkundet. Die Fortbewegung innerhalb dieser Abschnitte funktioniert wie in einem alten Dungeoncrawler-CRPG und wurde freilich recht gruselig umgesetzt. Leider schlägt Boakes hierbei gegen Ende des Spiel über die Stränge und wirft euch einen Jumpscare-Zombiegeist entgegen – hätte es nicht gebraucht. Da man in The Lost Crown jedoch nicht sterben kann, braucht man sich vor Konfrontationen mit bösen Geistern eigentlich nicht zu fürchten. So wird dann auch das grässliche Schieß-Minigame auf den Schienenstrecken ad absurdum geführt.

Der Schwierigkeitsgrad von The Lost Crown: A Ghost-Hunting Adventure fällt über weite Strecken sehr vernünftig aus. Leider gibt es aber auch einige Ausreißer, wie etwa der verschüttete Höhleneingang oder die Implementation von gleich mehreren Soundpuzzles. Wer keine Tonlagen deuten kann, hat also ein ernstes Problem und wird genötigt zur Komplettlösung zu greifen. Andere Spezialpuzzle wie das knacken von Schlüsselcodes oder die Handhabung einiger Apparaturen funktionieren aber sehr gut und geben dem Spiel ein gesundes Maß an Abwechslung auf den Weg.

Grafik und Sound

The Lost Crown: A Ghost-Hunting Adventure gehört zur Sparte der 2.5D-Adventures. Bei vielen Hintergründen handelt es sich um Fotografien die von Jonathan Boakes in der Umgebung der englischen Grafschaft Cornwall und dem Küstendorf Polperro aufgenommen wurden. Freilich hat Boakes diese Fotografien kräftig überarbeitet, damit sie ins Spiel passen. Darüber hinaus gibt es auch Gebiete die in 3D gehalten sind. Selbiges gilt natürlich auch für die First Person-Abschnitte und die Charaktermodelle. Letztere leiden unter stocksteifen Animationen, welche bei 2.5D-Adventures aber nichts ungewohntes sind. Der Star des Spiels dürfte jedoch ohnehin die ungewöhnliche Farbwahl sein, denn The Lost Crown wird, wie bereits gesagt, in erster Linie in Graustufen gehalten. Farbe gibt es nur vereinzelt bei ausgewählten Pflanzen, Tieren oder auch Blutstropfen. Hierdurch hat der Titel natürlich vom Start weg einen unverwechselbaren Look.

Und auch wenn sich das jetzt alles wie Flickwerk anhört, so hat Boakes doch sehr gute Arbeit geleistet seiner realistisch visualisierten Spielwelt Charakter und vor allem Atmosphäre zu verleihen. Man hat stets das Gefühl, dass in Saxton und Umgebung etwas nicht stimmt, aber andererseits hat man eben auch diesen zauberhaften ländlichen Charme, dem man nur schwer widerstehen kann. Zahlreiche Umgebungsdetails wie Nebelschwaden, Staubflocken oder Tiere helfen dabei die Landschaften lebendiger zu gestalten. Was Passanten anbelangt wirkt das Spiel jedoch zu leer.

Auch der Soundtrack fügt sich gut ins Gruselabenteuer ein. Die Tracks erzeugen dabei oftmals eher eine melancholische oder mysteriöse Stimmung, statt plumpe Furcht zu erzeugen. Durch diese subtile Herangehensweise wird die gelungene Atmosphäre des Spiels nochmals gesteigert. Schön sind auch die ganzen Naturlaute von Fauna und Flora, die stets im Hintergrund der Akustik mitschwingen. Zu Guter Letzt ist da noch die Sprachausgabe. Das Spiel bekam eine vollständige deutsche Vertonung, die auch qualitativ recht gut gelungen ist. Die Sprecher haben angenehme Stimmen und geben sich auch ausreichend Mühe. Die Synchro ist zwar nicht preisverdächtig, aber grundsolide.

Was jedoch stört ist die stellenweise hölzerne Übersetzung ins Deutsche. Vor allem in den Anfangsphasen des Spiels, stolpert man doch über einige Sätze die wie reinstes Kauderwelsch wirken. Glücklicherweise legt sich diese Problematik im Spielverlauf. Weiterhin ärgerlich ist der Hardacre-Bug. Am zweiten Ingame-Tag sollte man das Gespräch mit diesem NPC vermeiden, da vergessen wurde die Dialogoption zur Beendigung des Gesprächs einzufügen. Leider wurde dieser Bug nie gefixt. Glücklicherweise ist dieser Dialog nicht notwendig, um das Spiel durchzuspielen.

Pro & Kontra

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Pros
  • sehr atmosphärisches Spielerlebnis
  • gelungene audiovisuelle Präsentation
  • sympathischer Protagonist
  • bietet ein gutes Maß an Abwechslung bei den Rätseln
  • lange Spieldauer von ca. 25 Stunden

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Cons
  • keine Hotspotanzeige
  • der Hardacre-Bug
  • viel zielloses herumgelatsche in der Frühphase, wegen schlecht gesetzten Plottriggern
  • ist generell ein sehr träges Adventure
  • wirre, schwach konstruierte Handlung

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Spiel Bewertung
Singleplayer
70
70
-
Multiplayer

FAZIT

The Lost Crown: A Ghost-Hunting Adventure ist so ein Spiel, bei dem sich positive und negative Aspekte ziemlich gut die Waagschale halten. Atmosphärisch ist das Game hervorragend gelungen und wird durch eine entsprechend spannende audiovisuelle Präsentation getragen. Die Rätselaufgaben sind recht abwechslungsreich, und bezogen auf die Spieldauer, bekommt ihr hier eines der längsten Adventures auf dem Markt. Doch wo Licht ist, ist auch Schatten. Die Handlung ist wirr und der Spielkomfort lässt stark zu wünschen übrig. Warum ist das Spiel so verdammt träge und wo ist die Hotspotanzeige? Besonders ärgerlich ist auch die Tatsache, dass man es nicht für nötig befunden hat den Hardacre-Bug herauszufiltern. Lohnt sich so etwas nicht für einen Indie-Dev? Wie dem aus sei. The Lost Crown ist sicherlich kein Spiel für Jedermann. Die einen werden es lieben, die anderen hassen. Mich selbst konnte das Spiel zwar definitiv nicht vollends überzeugen, aber unterm Strich war es eine solide Adventure-Erfahrung. Ich denke die positiven Aspekte überwiegen die Negativen. Daher drück ich ein Auge zu und lass das Spiel ganz knapp in die gute 7er-Kategorie einrücken.

- Von  Volker

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