The Hex REVIEW

Der am 16. Oktober 2018 veröffentlichte Genremix The Hex ist nach Pony Island bereits das zweite kommerzielle Spiel des US-amerikanischen Indie-Entwicklers Daniel Mullins. Ich habe Pony Island nie gespielt und bin eigentlich nur wegen dem kruden, karikativen Charakterdesign auf The Hex aufmerksam geworden. Ich gehöre da einfach zu jener Minderheit, die so etwas witzig und ansprechend findet.

Jedenfalls landete das Game in der Steam Wunschliste und wurde später in einem Fanatical-Bundle eingesackt. Ich bin dann blind ins Spiel reingegangen und was ich da so alles erlebt habe, möchte ich euch im folgendem Test näherbringen.

Wer ist der Mörder, wer ist das Opfer und worum geht’s hier eigentlich tatsächlich?

Irgendwo im Hinterland des virtuellen Videospiel-Universums gibt es ein heruntergekommenes Hotel mit Barbereich. Trotz des schäbigen Zustands der Absteige scheint diese gut besucht zu sein. Der Wirt hat aktuell sechs Charaktere aus den verschiedensten Spielgenres zu Gast. Dummerweise bekommt der Wirt gerade einen mysteriösen Drohanruf herein. Diese Nacht soll ein Mord stattfinden. Wer der Mörder und wer das Opfer sein soll, gilt es jetzt herauszufinden. Und so übernimmt der Spieler nach und nach die Kontrolle über die sechs Gäste und begibt sich auf Spurensuche im Hotel. Währenddessen lernen wir auch die sechs Charaktere näher kennen. Wir erfahren wer sie sind, woher sie kommen und warum sie so tief gesunken sind, dass sie in einer baufälligen Bruchbude herumlungern.

Bezogen auf die Handlung ist The Hex ein sogenanntes Metagame. Das bedeutet, dass im Spielverlauf die vierte Wand durchbrochen wird und entweder ein Haken in die reale Welt geschlagen wird, oder sogar der Spieler direkt angesprochen und in die Story eingewoben wird. Beides geschieht in The Hex. Dabei hätte das Spiel diese Dinge gar nicht mal nötig, denn auch die Handlungen rund um gescheiterte und/oder desillusionierte Videospielhelden ist seht interessant und gibt überraschend viel Stoff zum schmunzeln, nachdenken und staunen. Das Ganze wird dann natürlich auch dazu genutzt, um Gepflogenheiten und Missstände der Videospielindustrie anzusprechen.

Der harte Alltag von Videogame-Protagonisten

Statt dass ich jetzt das Gameplay lang und breit erkläre, welches aufgrund der Genremix-Masche ohnehin nicht so leicht wäre, ist es besser, wenn ich stattdessen die sechs Charaktere näher beleuchte. Hieraus lässt sich dann auch recht gut erahnen, was einem hier so alles erwartet. Das Hotel fungiert dabei als Adventure-Überbau, wo man mit den anderen Charaktere quatschen darf, und ein paar sehr simpel gehaltene Item- und Apparaturrätsel bewältigen muss. Doch irgendwann erreicht man dann den Punkt, wo sich der jeweilige Charaktere an seine Vergangenheit erinnert.

  • Super Weasel Kid ist der Held des gleichnamigen Platformers. Das Hüpfspiel ist ein hochgelobter Indie-Hit, der eine umstrittene Fortsetzung nach sich zog. Daraufhin verkaufte der Indie-Entwickler Super Weasel Kid an eine große Firma, welche einen katastrophalen, bugverseuchten dritten Teil auf den Markt brachten. Darüber hinaus wurde Weasel Kids Sidekick-Mentor Mr. Shrewd gegen einen Unsympathen ausgetauscht.
  • Bryce stammt Ursprünglich aus dem Kochspiel „Cooking Granny.“ Jedoch wurde er von einem fremden Entwickler aufgekauft, damit er in dem Prügelspiel „Combat Arena X“ herhalten muss. Bryce ist alles andere als begeistert über diesen Umstand. Er bekommt jedoch den Tipp, dass er aus dem Spiel rausgeschmissen werden würde, wenn er sich als unausbalancierter Charakter herauskristallisiert. Ist dies eine Fluchtmöglichkeit?
  • Chandrelle Stormblaze ist die Protagonistin des Retro-JRPGs „Secrets of Legendaria.“ Chandrelle verabscheut ihr Spiel und dessen Klischees wie die Pest und will einfach nur raus. Aus diesem Grund schließt sie ein Bündnis mit dem Oberschurken des JRPGs. Auch ihr Partymitglied Lazarus weiht sie in den Fluchtplan ein.
  • Rust McClain ist der Protagonist des unveröffentlichten Strategie-CRPGs „Waste World.“ Obwohl er in einem post-apokalyptischen und vor allem unfertigen Spiel umherreisen muss, führt Rust ein zufriedenes Leben. Denn so lange sein Sohn, der Supermutant Rocky, an seiner Seite weilt, ist für Rust die Welt in Ordnung. Auch als Modder das unfertige Spiel mit wirren, qualitativ fragwürdigem Content anhäufen, bleibt Rust cool. Doch dann geschieht das Unglück.
  • Lazarus wurde nach seiner Flucht-Beihilfe in „Secrets of Legendaria“ ins Sci-fi-Ballerspiel „Vicious Galaxy 2“ strafversetzt. Es dauert nicht lange, ehe ihm bewusst wird, dass das JRPG im Vergleich zur Ballerorgie doch nicht so schlecht war, wie er dachte. Doch wie soll er jetzt aus dem Schlamassel entkommen?
  • ??? ist wohl der Charakter, der meisten zu bemitleiden ist. Er ist ja noch nicht einmal ein richtiger Charakter, sondern dient nur als Avatar in einem Walking Simulator namens „Walk.“ Dort muss er sich das selbstverliebte Geschwafel des verantwortlichen Entwicklers anhören, ohne dabei jedoch selbst auch nur einen kleinen Funken Ruhm zu ernten. Es ist eine wahrlich bemitleidenswerte Existenz.

Und so konfrontiert The Hex den Spieler nicht nur mit den unterschiedlichen Charakteren und ihren Problemen, sondern auch mit zahlreichen verschiedenen Spielgenres. Hier reicht die Bandbreite vom simplesten Game & Watch-Spielchen bis hin zur hippen Walking Sim. Eine Gemeinsamkeit haben aber fast alle Spielvarianten: Sie spielen sich bestenfalls mittelmäßig. Super Weasel Kid fühlt sich z.B. an wie so ein billiges Flash-Game, welche man zuhauf auf Newgrounds vorfindet. Secrets of Legendaria versucht hingegen zu stark die lästigen Klischees von Retro-JRPGs vorzuführen und fällt dabei zum Teil in dieselben Probleme, wie jene Games, die ja eigentlich kritisiert werden sollen.

Spielspaß sollte man bei The Hex nicht erwarten. Wirklich unterhaltsam waren eigentlich nur die Kämpfe in Waste World und das Vicious Galaxy 2-Geballer, welches in feinstem Hotline Miami-Stil daherkommt. Darüber hinaus gibt es aber nur unteres Mittelmaß. Man merkt, dass das Gameplay nur dazu dient Handlung und Charaktere zu präsentieren. Für ein spaßiges Spiel blieb da nur noch wenig Platz. Zu dumm, dass es in der Vergangenheit andere Genremixes gab, die gezeigt haben, dass das auch besser geht. Ich erinnere gerne an Evoland 2, 198X oder sogar den alten PS2-Titel „Haven: Call of the King.“ Gegen diese Titel kann das Gameplay von „The Hex“ bei weitem nicht anstinken.

Positiv ist hingegen, dass man The Hex durchspielen kann ohne sich groß mit dem Meta-Kram zu befassen. Selbst dann bekommt man einen zufriedenstellenden Abschluss der Handlung. Wer tiefer buddelt kann hingegen zu den ca. 7,5 Stunden Spielzeit noch einige weitere hinzuaddieren und einen Bogen zu Mullins anderen Games (Pony Island und Inscription) schlagen. Lobenswert ist weiterhin, dass man nach Abschluss des Spiels eine Art Levelanwahl freischaltet.

Grafik und Sound

Wie bereits in der Einleitung klargestellt, ist mir „The Hex“ in erster Linie aufgrund des karikativen Artdesigns aufgefallen. Ich persönlich finde diesen Stil recht unterhaltsam und ansprechend. Das heißt selbstverständlich nicht, dass ihr das genauso sehen werdet. Viele werden den Stil, und somit auch die Grafik an sich, als hässlich abstempeln. Und verübeln kann man diese Meinung nicht, denn die grafische Qualität von „The Hex“ speißt sich hauptsächlich aus dem Artdesign. Somit fällt es schwer hier eine rein objektive Beurteilung der Grafik zu finden. In technischer Hinsicht gibt es hier jedoch nichts was beeindrucken kann. Noch nicht einmal der Walking Simulator-Abschnitt gegen Ende des Spiels, welcher in 3D-Grafik daherkommt (der Rest des Spiel setzt auf 2D oder Top-Down), kann hier irgendetwas herumreißen.

Der The Hex Soundtrack hinterlässt da schon einen positiveren Eindruck. Natürlich mussten hier viele variable Tracks für die unterschiedlichen Spielgenres kreiert werden. Manche dieser Tracks sind prägnanter, andere unscheinbarer. Aber sie passen alle sehr gut zum jeweiligen Gamesetting. Und zumindest die Vicious Galaxy 2-Tracks bieten einen wirklich hohen Erinnerungswert. Der zuständige Komponist Jonah Senzel hat hier wirklich sehr gute Arbeit geleistet, wie ich finde. Eine (englische) Sprachausgabe gibt es leider nur im Walking Simulator-Abschnitt. Wäre cool gewesen, wenn man diese im gesamten Spiel vorgefunden hätte, aber das wäre für ein Indie-Game wohl zu viel verlangt gewesen.

Pro & Kontra

thumbs-up-icon

Pros
  • interessante Story und Charaktere
  • bietet sehr viel Abwechslungsreichtum
  • hochwertiger OST
  • solider Umfang von ca. 7,5 Stunden + Secret-Grinding

thumbs-up-icon

Cons
  • das Gameplay der unterschiedlichen Spiele ist eher Mittelmäßig
  • Artdesign und Grafik sind hier reine Geschmackssache
  • viele der Secrets und Achievements wird man ohne Komplettlösung nicht finden
  • Sprachausgabe gibt es nur im Walking Simulator-Abschnitt

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Spiel Bewertung
Singleplayer
60
60
-
Multiplayer

FAZIT

Tja, The Hex ist so ein Spiel welches eine spannende Story, interessante Charaktere und eine clevere Meta-Ebene aufzieht und diese drei Aspekte auch hervorragend umsetzt. Dummerweise ist das Ding hier aber in erster Linie ein Computerspiel. Und als solches scheitert der Titel. Es werden zwar ca. 10 verschiedene Spielgenres verwurstet, doch sind fast alle davon bestenfalls als Mittelmaß abzukanzeln. Einzelne Highlights wie der Hotline Miami-Klon Vicious Galaxy 2 können das dann auch nicht mehr ausgleichen. Unterm Strich muss sich der Spieler mit einer mäßigen Spielesammlung abplagen, die im Grunde genommen auch nur dazu dient Handlung und Charaktere zu präsentieren. Daniel Mullins ging es nicht darum ein gutes Spiel zu kreieren, sondern ein abgefahrenes Metaversum aufzubauen. Auch das hat seinen Reiz und wird seine Fans finden. Aber meines Erachtens darf da das Gameplay nicht zu sehr darunter leiden. Hier darf man definitiv nicht mit der Erwartung an ein gutes Spiel herangehen.

- Von  Volker

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