Star Merc REVIEW

Das am 10. Februar 2017 veröffentlichte RPG-Maker-Spiel Star Merc ist der Debuttitel des Amateur-Entwicklers D247 Games. Abgesehen von der Tatsache, dass der Entwickler auch sein eigener Publisher (New Worlds Games) zu sein scheint, konnte ich jedoch keine weitere Informationen zu den Schöpfern von Star Merc herausfinden. Daher auch der Verweis, dass wir es mit Amateuren zu tun haben.

Aber wie auch immer. Star Merc unterscheidet sich dahingehend von anderen Maker-RPGs, da es den Spieler in ein Open World-Weltraumsetting verfrachtet, welches einen starken Fokus auf Choices & Consequences setzt, die dann auch durchaus drastisch durchgezogen werden. Man kann es sich also mit Fraktionen verscherzen, oder generell dumme Entscheidungen treffen und sich somit ganze Questlines und Ortschaften verbauen.

Das klingt für ein RPG-Maker-Spielchen, welches aktuell für 1,99 € auf Steam verkauft wird, doch ziemlich ambitioniert. Ob da denn nun etwas vernünftiges bei herausgekommen ist oder nicht, soll folgendes Review aufzeigen.

Variable Storyrouten, welche von Early Access-Macken sabotiert werden

Man übernimmt die Rolle von Merc137. Man bekommt gleich zu Beginn klipp und klar mitgeteilt, dass man ein künstlich geschaffenes Wesen ist und nur dazu dient Aufträge für seinen Schöpfer, den ominösen Overlord, durchzuführen. Es ist relativ egal, ob man die gefährlichen Aufträge überlebt oder nicht, da bereits der nächste Merc in den Startlöchern steckt und wir daher jederzeit mühelos ersetzt werden können.

Und mit dieser deprimierenden Prämisse nehmen wir also unseren ersten Auftrag in Angriff. Wir sollen einen Banditen-Schlupfwinkel hochnehmen und wertvolle Daten erbeuten. Gesagt getan. Danach geschieht jedoch etwas unerwartetes: Der Overlord lässt uns nämlich von der Leine und erlaubt uns die Chronos-Galaxie, in derer das Spiel stattfindet, nach eigenem Gusto zu erkunden und selbstständig Aufträge an Land zu ziehen und nach eigenen Ansichten anzugehen. Natürlich sollen wir gehorchen, sobald uns der Overlord wieder einen Auftrag übergibt, doch ob wir dazu dann wirklich noch bereit sind, oder nicht schon längst attraktivere Bündnispartner in der verrohten Galaxis gefunden haben, steht auf einem anderen Blatt.

Tja, und an dieser Stelle entscheidet der Spieler über den Werdegang von Merc137 und wie er seine Heimat-Galaxie formen möchte. Bleibt man dem Overlord treu ergeben und hilft ihm bei der Umsetzung seiner Pläne? Versucht man Verbindungen zu anderen Organisationen aufzubauen, welche eine Revolution planen? Unterstützt oder sabotiert man Friedensverhandlungen? Begibt man sich auf die Suche nach dem Ursprung einer untergegangenen Zivilisation? Es gilt viele Entscheidungen zu treffen und die Konsequenzen zu tragen – zumindest teilweise. Denn nach einer Weile wird überdeutlich, dass viele Routen und Entscheidungen in Sackgassen führen oder sogar verbuggt sind und den Storyfortschritt somit dauerhaft blockieren können. Star Merc ist nämlich kein fertiges Spiel, sondern offensichtlich ein liegen gelassener Early Access-Titel, der jedoch nicht (mehr) als solcher markiert ist und daher erhebliche Frustmomente bei unbedarften Spielern hervorrufen dürfte.

Ich persönlich habe zwei Lösungsansätze verfolgt. Mein erster Ansatz war einer geheimen Spezies von Froschaliens dabei zu helfen die schurkischen Organisationen der Chronos-Galaxie mit Brachialgewalt zu eliminieren. Dummerweise gabs hier nen Bug (eine Textbox war in einer Endlosschleife gefangen), was dazu führte, dass ich diese Route nicht zuende bringen konnte. Blieb also noch der zweite Lösungsansatz, der sich darin beläuft dem Overlord treu zu bleiben. Dieser Ansatz endete dann mit einem gescheiten Endkampf und sogar mit einer netten kleinen Offenbarung über das Wesen des Protagonisten. Als ich jedoch ins Raumschiff zurückkehren wollte, gabs nen Freeze. Ich weiß also nicht, ob das wirklich das Ende dieser Route war. Also wie gesagt: Ihr kauft hier ein unfertiges Early Access-Dingens bei dem ihr nicht die Komplexität erwarten solltet, die zunächst vorgegaukelt wird, oder bei dem die wenigen integrierten Story-Routen zumindest fehlerfrei funktionieren.

Sieh zu, wie du alleine zurecht kommst!

Als RPG-Maker-Spiel verwurstet Star Merc natürlich die Bausteine von JRPGs. Das Kampfsystem ist generischer JRPG-Rundenkampf mit HP und MP, Erfahrungspunkten zum aufleveln und ein paar Sonderfähigkeiten, die man nach Level Ups freischaltet und welche einem die Kämpfe erleichtern. Die wirklich mächtigen Fähigkeiten gibt es aber nur als Belohnung für einige Sidequests. Und diese wirklich mächtigen Fähigkeiten wird man auch dringend brauchen, denn in Star Merc ist man fast immer Einzelkämpfer (erwartet also keine Teammitglieder). Dies hat zur Folge, dass man vor allem zu Beginn sehr schnell sterben kann und wird. Tatsächlich ist die Anfangsphase extrem frustrierend, da man einfach keinerlei Ansatzpunkte bekommt, wo man als nächstes hin sollte und trotz der vergleichsweise hohen Anzahl an Nebenaufträgen auch kein Questlog zur Verfügung gestellt wird. Selbst die Weiterführung der Hauptquest ist extrem kryptisch gehalten und wird, wenn überhaupt, nur durch Zufall entdeckt werden.

Die eigentlich relativ überschaubare Sternenkarte dient quasi als Oberwelt, von derer man die einzelnen Planeten und Gebiete der Galaxie ansteuert. Auf der Sternenkarte kann man auch mit fremden Raumschiffen interagieren, welche sich z.B. als Händler, NPCs oder potentielle Gegner entpuppen. Und ja, man kann auch im Raumschiff Rundenkämpfe bestreiten, jedoch darf man keine Änderungen an der Schiffsausrüstung vornehmen, und das obwohl es bei einem Händler eine stärkere Bordkanone zu kaufen gibt. Es gibt im späteren Spielverlauf immerhin die Möglichkeit eine Sidequest zu absolvieren, nach deren erfolgreichen Abschluss man ein besseres Schiff bekommt. Aber selbst das ist nicht stark genug, um die härtesten Gegner im Weltraum zu pulverisieren. Man merkt, dass dieser Aspekt des Spiels noch im Early Access-Kinderschuh steckt und dort wahrscheinlich auch nie herauswachsen wird.

Viele Gebiete der Sternenkarte werden übrigens erst freigeschaltet, wenn man den jeweiligen Questauftrag akzeptiert. Daher ist es vor allem zu Beginn wichtig erst mal mit vielen NPCs zu reden und Aufträge an Land zu ziehen. Dadurch verdient man auch das Geld, um den Merc mit besserer Ausrüstung zu bestücken, die dringend benötigt wird, um in der zähen Anfangsphase eine Chance zu haben.

So gesehen hat Star Merc also durchaus seinen Reiz, da es den Spieler kein Stück an die Hand nimmt (wie gesagt liegt selbst die Weiterführung der Hauptquest gut versteckt) und eine kleine, aber dafür doch ganz ordentlich gefüllte Open World zur Verfügung stellt. Dennoch sollte man nach ca. 5-6 Stunden Spielzeit mehr oder weniger alles gesehen zu haben, was das Spiel zu bieten hat. Darüber hinaus nervt der Early Access-Faktor (ich kann es nicht oft genug betonen, dass das Ding hier hochgradig unfertig ist). So gewährt einem das Spiel noch nicht mal eine grundlegende Funktion wie den Verkauf der eigenen Gegenstände. Selbst jener Händler, der ausdrücklich sagt, dass er nur Ankauf von Fischen tätigt, ist verbuggt und funktioniert nur als Verkäufer. Und wo wir schon mal beim Thema „Fische“ sind. Wenn die Angelausrüstung teurer ist als die stärkste Waffe oder Rüstung im Spiel, weiß man, dass der Entwickler einen feuchten Furz von Balancing versteht und/oder das Spiel hat brachliegen lassen.

Grafik und Sound

Grafisch erweckt Star Merc den Eindruck, als ob es mit dem RPG-Maker XP erstellt wurde. Mit hundertprozentiger Wahrscheinlichkeit kann ich das jedoch nicht sagen, was auch daran liegt, da das Spiel doch tatsächlich über viele selbst erstellte Grafik-Assets verfügt, was ja schon einmal positiv zu betrachten ist. Dummerweise wirken die selbst erstellten Sprites oftmals sehr grob gepixelt, um nicht zu sagen hässlich. Außerdem schwirren im Spiel trotzdem noch viele Grafik-Assets aus dem vorliegenden Maker-Baukasten herum. Man hat also ein Flickwerk aus hässlichen selbst erstellten Sprites und jenen aus dem Maker-Baukasten – nicht gut. Wirklich gefallen hat mir nur der Sprite des Protagonisten, welcher sofort Erinnerungen an Boba Fett weckt. Aber das alleine reicht bei weitem nicht aus.

Glücklicherweise hatte der Entwickler ein wesentlich besseres Händchen beim Soundtrack. Ich weiß jetzt nicht, woher die Tracks stammen. Also ob sie aus dem Maker-Baukasten stammen oder sich der Entwickler bei Open Source-Musik bedient hat (und nein, ich glaube nicht, dass der Entwickler die Tracks selber kreiert hat). Was ich jedoch sagen kann, ist, dass die Tracks überraschend gut zum Spiel passen und einen klaren Mehrwert darstellen. Das raue Sci-fi-Setting wird durch futuristische Melodien und schroffe, elektronische Mucke untermauert. Vor allem eines der Stücke, welches auf der Weltraumkarte abgespielt wird, ist wunderschön melodisch, bereitet einen unerwartet intensiven Ohwurm und hat es mir wirklich angetan.

Pro & Kontra

thumbs-up-icon

Pros
  • sehr coole Ambitionen (Open-World Weltraumerforschung, Ernsthafte Choices & Consequences)
  • der Boba Fett-artige Sprite des Protagonisten rockt

thumbs-up-icon

Cons
  • ein Early Access-Spiel, welches nicht als solches gekennzeichnet wird … das Spiel ist einfach unfertig!
  • gibt Sackgassen und Game-Breaker-Bugs (hat es halt nie wirklich aus dem Early Access rausgeschafft)
  • Spieldauer von ca. 5-6 Stunden ist ein wenig dürftig für ein Open World-Spiel
  • kein Questlog und keine Indikatoren wo man als nächstes hin soll
  • es ist am Anfang verdammt schwer schwache Gegner zu finden, Geld zu verdienen und bessere Ausrüstung zu finden

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Spiel Bewertung
Singleplayer
45
45
-
Multiplayer

FAZIT

Star Merc ist ein RPG Maker-Spiel mit großen Ambitionen. Open World-Weltraumerkundung, Choices & Consequences welche diese Bezeichnung auch tatsächlich verdienen, ein cooles Setting voller zwielichtiger, kriegstreibender Alienspezies und Fraktionen … Klingt spannend, nicht wahr? Dummerweise hat der Entwickler seine Vision nie fertiggestellt und lässt seine Kunden mit einem unfertigen Spiel zurück, welches nur über einen überschaubaren Inhalt verfügt, und dessen paar Storyrouten obendrein verbuggt sind. Das Spiel an sich ist nur Mittelmaß mit Standard-Rundenkämpfen, einem unfreundlichen Balancing, miserabler Übersicht und teilweise selbsterstellter aber hässlicher Pixelgrafik. Das Ding kostet zwar nur 1,99 Euro, jedoch disqualifiziert sich der Entwickler mit der Tatsache, dass er ein offensichtliches Early Access-Spiel nicht als solches markiert.

- Von  Volker

MS Windows

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USK 0 PEGI 3

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