Soulbringer REVIEW
Das englische Entwicklerstudio Gremlin Interactive hat zwischen den Jahren 1984 und 2000 jede Menge Spiele produziert. Super Nintendo-Spieler erinnern sich vielleicht noch an die „Top Gear“-Trilogie oder „Zool.“ Später gab es dann PC-Geheimtipps wie „Normality“ oder „Realms of the Haunting.“ Das letzte Spiel des UK-Entwicklers war das Computer-Rollenspiel Soulbringer, welches Mitte 2000 veröffentlicht wurde. Leider floppte das CRPG, weswegen der Entwickler vom eigenen Publisher Infogrames geschluckt wurde.
Aber nur weil ein Spiel floppt, bedeutet das ja noch lange nicht, dass es schlecht sein muss. Ich selbst hatte Soulbringer schon vor vielen Jahren in der Big Box erworben und gezockt. Dieser Tage kann man es aber auch bequem via Steam und GoG beziehen, wo es zum Schleuderpreis von unter 3 Euro vertickt wird. Ob sich der Kauf lohnt oder nicht, erfahrt ihr im folgendem Review.
Fiese Dämonen peinigen mal wieder eine Fantasywelt
Vor 1.000 Jahren wurde die Fantasywelt Rathenna von einem bösen Nekromanten gepeinigt. Dessen Schreckensherrschaft wurde erst durch den mächtigen Krieger Berek Silvermane beendet. Berek gründete nach seinem Sieg ein Imperium und ordnete ein Verbot der Magie an, damit kein weiterer Nekromant zu Tage treten würde. Lediglich er selbst und fünf weitere Hexer durften weiterhin Magie wirken.
Diese neue Regelung fand die göttliche Drachenentität Kinkathra jedoch nicht so witzig. Denn Magie ist etwas, was für alle zugänglich sein soll. Folglich beauftragte Kinkathra sechs Geister damit Berek und seinen fünf Mitläufern mal ordentlich die Leviten zu lesen. Skorn war einer der Geister und nahm im Kampf gegen Berek dessen Körper in Besitz. Und so nahm neuerliches Unheil seinen Lauf. Skorn empfand Freude an der fleischlichen Hülle, was die anderen fünf Geister dazu animierte es ihm gleichzutun und die übrigen fünf Hexenmeister zu übernehmen. Was folgte war eine absolute Schreckensherrschaft, welche wahrscheinlich sogar noch schlimmer war, als die des Nekromanten.
Kinkathra erkannte seinen Fehler und setzte einen Über-Hexenmeister in die Welt, der seine zu Dämonen mutierten Geistersöldner bezwingen sollte. Dieser Hexenmeister wurde Harbinger genannt, und ging als Retter der Welt und Bezwinger von Skorn und seiner Dämonen-Liga in die Geschichte ein.
Doch die Realität sieht ein klein wenig anders aus. Jedenfalls wird Rathenna nach einigen Jahrhunderten des Friedens erneut von katastrophalen Ereignissen heimgesucht. Banditenbanden streifen durch die Lande und entführen Menschen, Vampire und andere Untote machen die Gegend unsicher, und das einst noble Thardolin-Imperium schickt sich an seine eigentlich verbündeten Nachbarländer im Westen zu unterjochen. Obendrein herrscht in den westlichen Ländern ein unnatürlich harter Winter, welcher dem Vater unseres namenlosen Protagonisten das Leben kostete. Auf dem Sterbebett hat der Vater seinem Sohn das Versprechen abgerungen nach seinem Ablegen in die Bauernstadt Madrigal zu reisen. Dort lebt sein Bruder Andrus, der Onkel des Protagonisten.
Bei Andrus angelangt stellt sich umgehend heraus, das dieser der letzte noch lebende Hexenmeister Rathennas ist. Er möchte seinem Neffen sein Handwerk lehren, doch muss sich dieser erst beweisen, indem er 200 Goldstücke abdrückt. Und so muss der Jüngling nun Aufträge der Einwohner Madrigals annehmen. Diese Aufträge verwickeln unseren Hexenmeister-Azubi immer tiefer in die zahlreichen Probleme Rathennas. Wie die Handlung weiter verläuft, müsst ihr jetzt freilich selbst herausfinden.
Die Story von Soulbringer mag nun keine Innovationspreise gewinnen, aber sie wurde interessant genug umgesetzt, um den Fantasy-Fan bei der Stange zu halten. Anders als viele andere Fantasy-Games wirkt Soulbringer etwas düsterer und legt ein stärkeres Augenmerk auf sympathische oder zumindest visuell markante Charaktere. Selbst der namenlose Protagonist hat eine Persönlichkeit und obendrein bekommt jeder Charakter ein Konterfei-Artwork sowie gelungene Sprachausgabe in die Textboxen gepackt. Garniert wird das ganze durch gute Sagengut-Texte, welche man in Schriftrollen und Büchern nachlesen kann, die sich hier und da einsammeln oder kaufen lassen.
Negativ ist hingegen, dass das Spiel, und somit auch die Handlung, in der Endphase überhastet wirkt. Man merkt, dass die Entwickler nicht genügend Zeit hatten Soulbringer vernünftig fertigzustellen. Enttäuschend ist auch das kurz angebundene Ending, welches immerhin versucht mit einigen Epilog-Texten zum Schicksal vieler der NPCs zu versöhnen.
Träge, janky und klobig, dafür gibt es viel zu entdecken und eine breite Palette an Zaubern
Das Spiel bietet nur wenige Optionen, welche sich hauptsächlich in einigen Einstellungen für Grafikeffekten und den Sound äußern. Gameplay-Optionen wie Steuerungskonfigurationen oder Schwierigkeitsgrade gibt es leider nicht. Empfehlenswert ist es jedoch im Optionsmenü den „Laufmodus“ einzuschalten, damit der Protagonist grundsätzlich rennt und sich der Spieler somit lästige Doppelklicks erspart. Diese Einstellung macht das Spiel wesentlich komfortabler.
Wenig überraschend treibt man in Soulbringer dasselbe, was man in vergleichbaren CRPGs macht. Ihr erforscht mit dem namenlosen Protagonisten die recht weitläufigen Maps, sammelt Gegenstände ein, die man entweder selber nutzen kann oder eben verkauft, unterhält sich mit NPCs um Informationen und Quests zu erhalten und bekämpft Gegner für Erfahrungspunkte und Loot.
Dummerweise ist die Steuerung des Spiels recht unbequem. Die Cursor-Hitboxen sind oftmals ungenau, was es sehr umständlich macht Dinge oder Charaktere anzuklicken, um mit ihnen zu interagieren. Dies ist vor allem bei beweglichen NPCs problematisch, und kann im Kampf auch gerne mal ein Game Over provozieren. Kampfhandlungen laufen in Echtzeit ab, und das Spiel bietet keine Pause-Funktion für Kommandoeingaben. Hierdurch werden die Kämpfe sehr chaotisch, da man zwischen verschiedenen Bereichen durchschalten muss und dann noch die Kommandos in einer Tabelle von bis zu fünf Zellen handhaben soll. Wer nur mit dem Mauscursor arbeiten möchte, hat hier eine harte Zeit. Jedoch stellt das Spiel auch einige Möglichkeiten zur Verfügung, um dieser Problematik Herr zu werden. Die Kommandos der fünf Tabellenzellen wurden nämlich auf die Tastatur-Tasten „QWERT“ gelegt. Mit diesen kann man schon effektiver Kämpfen. Obendrein gibt es das Combo-System. Combos sind eigentlich nur eine Verkettung von bis zu 15 Kommandos, womit man sich viel Klickerei ersparen kann. Man darf sich bis zu 10 Combo-Ketten zurechtlegen.
Ein Allheilmittel sollte man sich hiervon jedoch nicht versprechen. Durch langsame Animationen, pingelige Positionierungs-Scripts der Kampfteilnehmer und eine dummer Gegner-K.I. bleibt der Kampf grundsätzlich klobig, undynamisch und spaßbefreit. Der Begriff „Eurojank“ ist hier leider überaus treffend. Immerhin bietet das Spiel jedoch eine breite Palette an Waffen und vor allem Zaubersprüchen.
13 Zauberbücher, welche jeweils 4-5 Zauber beinhalten, können genutzt werden. Allerdings muss man die Bücher und den dazugehörigen Schlüssel in Form eines Runensteins erst einmal finden. Nach dem ersten Spielviertel bekommt man Zugriff auf seine persönliche Basis, das sogenannte Pentagrium. Hier kann man nicht nur die Zauberbücher aktivieren, sondern auch Gegenstände zwischenlagern. Sehr hilfreich ist es, dass man jeden gefundenen Gegenstand direkt ins Lager teleportieren kann. Da man nur einen begrenzten Inventarplatz und obendrein eine Gewichtsbegrenzung hat, ist dies eine immense Hilfe.
Später schaltet man fürs Pentagrium noch einen Schmied und einen Alchemisten frei. Erster bietet kostenlose Reparaturdienste für die eigene Ausrüstung an, sie sich im Kampf recht schnell abnutzt, und im Extremfall sogar zerstört wird. Letzterer hingegen schenkt uns in Abständen einen zufälligen Trank. Diese dienen entweder der Heilung von Lebens- oder Manaenergie, oder als Wurfwaffen. Über das Pentagrium erhält man auch Zugriff auf ein Teleportersystem, welches als Schnellreisefunktion fungiert, sofern man die entsprechenden Punkte freigeschaltet hat.
Jedenfalls bietet das Game insgesamt 63 verschieden Sprüche. Welche nicht nur Angriffszauber umfassen, sondern auch Heilung, Buffs und Debuffs und sogar Gimmicks wie z.B. Beleuchtung und Ablenkung. Leider sind die Zauber an ein Elemente-System gekoppelt, welches als Seculorum bezeichnet wird. Es gibt fünf verschiedene Elemente. Je häufiger man ein Element nutzt, desto effektiver wird man im Umgang damit, allerdings schwächt dies auch den Umgang mit dem entgegengesetzten Element. Man läuft also Gefahr einen massiven Schwachpunkt davonzutragen. Im generellen wird man angehalten eine Balance zwischen den fünf Elementen zu halten, was bedeutet, dass man sich nicht einfach auf seine Lieblingszauber fokussieren sollte.
Ich bin kein Freund dieses Systems, da es nur davon abhält die Magie effektiv zu nutzen. Ganz unabhängig davon, sind einige der Zauber auch gnadenlos übermächtig. Mit diesen kann man selbst die mächtigsten Gegner leicht überwinden.
Eleganter ist da schon die Charakterverbesserung. Es gibt fünf Charakterstatistiken:
- Stärke erhöht die Angriffskraft sowie die Gewichtsobergrenze. Letztere ist z.B. wichtig, wenn man dicke Rüstungen und zahlreiche Gegenstände mit sich herumschleppen will. Denn fast jeder Gegenstand in Soulbringer wiegt etwas.
- Schnelligkeit verbessert geringfügig die eigene Rüstungsklasse und die Ausweichrate zu feindlichen Angriffen.
- Kampf schaltet neue Angriffskommandos für die Nahkampfwaffen frei und soll ebenfalls die Ausweichrate verbessern.
- Gesundheit steigert die Lebenspunkte, während…
- … Magie die Manapunkte steigert sowie Zugriff auf bessere Zauber gewährt.
Zu Spielbeginn verfügt man über neun Punkte in jedem Bereich, und bekommt sechs Punkte zur freien Verteilung. Mit jedem Level-Up bekommt man sechs weitere Punkte zur freien Verteilung. Natürlich besteht die Gefahr der Verskillung, aber allzu sparsam sollte man mit den verdienten Punkten dann auch nicht umgehen. Der Level-Cap beträgt laut Handbuch Stufe 41, jedoch hatte ich in meinem Spieldurchlauf diesen Cap, trotz gründlicher Spielweise, ohnehin nicht erreicht.
Was mir wirklich an Soulbringer gefällt ist der hohe Anspruch an den Spieler. Man muss selber herausfinden, wo man hin muss, wie man sich in den großen Maps am besten orientiert und wie man mit den schwierigen Gegnern klarkommt. Hier und da gilt es auch mal ein Rätsel zu lösen. Vor allem einige der Bosse kann man nicht einfach so wegklatschen, stattdessen müssen diese durch einen Rätselmechanismus bezwungen werden. Leider werden die Vorzüge des Spiels durch Eurojank wie klobige Kämpfe und unbequeme Steuerungsmechaniken heruntergezogen.
Grafik und Sound
Grafisch setzt Soulbringer auf einen Mix aus 3D und 2D. Die Landschaften sind in 3D gestaltet, während die Charaktermodelle auf recht krude gestaltete 2D-Modelle setzen. Bezogen auf damalige Verhältnisse können die 3D-Maps durch ihren Umfang, ein gutes Maß an Details und ihre hügeligen Landschaften überzeugen. Leider werden diese Vorzüge durch die lächerlich niedrige Sichtweite ruiniert. Obendrein wird alles außerhalb des geringen Sichtbereichs in schwarzes Nirvana getaucht. Dies kommt zwar der Dark Fantasy-Thematik zu Gute, wirkt aber sehr beengend und technisch schwachbrüstig.
Es ist zwar cool, dass man schon damals versucht hat große CRPG-Maps in 3D-Grafik und mit begehbaren Häusern zu gestalten, aber durch das Sichtweiten-Problem kann die Grafik dann doch nicht überzeugen. Die kruden 2D-Sprites der Charaktermodelle helfen da auch nicht viel weiter. Aber immerhin bieten die Sprites einige nette Animationen, sowie Gore-Effekte und Blutfontainen. Für Letztere muss man in der deutschen Version freilich nen Uncut-Patch draufpacken.
Ach ja, die Charaktermugshots in den Textboxen sind eine schöne Dreingabe. Sie helfen auch dabei den NPCs Persönlichkeit einzuhauchen, da fast jeder NPC einen individuellen Mugshot erhalten hat. Die Zaubereffekte sind ebenfalls ganz hübsch gelungen. Auch das Renderintro, in dem sich Harbinger und Skorne auf die Mütze geben, ist schön anzuschauen. Ich hätte mir gewünscht das Spiel würde weitere Renderfilmchen bieten.
Der Soundtrack gehört zu jener Sorte, die oftmals nur nebenher herum dudeln, wenig auffallen und in manchen Fällen auch fehlplatziert wirken. Angesichts der angepeilten Dark Fantasy-Thematik wirken die Tracks jedenfalls oftmals viel zu unbekümmert. Das heißt jetzt alles nicht, dass der OST schlecht wäre, zumal es ja auch einige richtig gute Stücke gibt, aber im Gesamtbild konnte mich der Soundtrack nicht überzeugen.
Die deutsche Sprachausgabe hingegen ist für ihre Zeit richtig gut gelungen. Die Synchronsprecher haben angenehme Stimmen und nehmen ihre Arbeit auch ernst. Vorbildlich ist, dass jeder Dialog vertont wurde, und nicht nur die wichtigen Gesprächszeilen. Daran könnte sich so manch anderes RPG dieser Zeit ein Beispiel nehmen. Da sollte es auch nicht verwundern, dass die deutsche Textübersetzung ebenfalls gelungen ist.
Leider ist das Spiel an manchen Stellen etwas unsauber programmiert. So kann man den Endgegner töten, bevor er sein Flucht-Script ausführen kann, was dazu führt, das man den letzten Raum des Spiels nicht betreten kann und somit auch nicht das Ende erlebt. An anderer Stelle wurde bei mir eine Zwischensequenz erneut abgespielt, als ich zu einem bereits abgeschlossenen Gebiet zurückkehrte, um Zeug zu looten. Dies hatte das Spiel zerschossen. Und dann kann es noch passieren, dass die Auflösungseinstellungen zurückgesetzt werden, was entsprechende Neujustierungen im Grafikmodus-Fenster erfordert. Diese Macken sind lästig, hindern aber nicht am erfolgreichen Durchspielen, sofern man darauf achtet mehrere Speicherstände anzulegen. Leider bietet Soulbringer nur läppische 5 Speicherslots. Aber dafür werden selbst moderne Auflösungsstufen unterstützt. Bei mir lief es jedenfalls unter 1920×1080 Bildpunkten.
Pro & Kontra

- große Maps die genügend Loot bieten, um zum Erkunden einzuladen
- entblößt große Erfolgserlebnisse, wenn man vorankommt
- bietet eine große Menge an Zaubersprüchen und Waffen
- nette Fantasy-Story mit interessanten Sagengut-Texten
- sehr gute deutsche Lokalisation

- bemerkenswert sperrige Steuerung und Menüführung
- recht träger Spielablauf und klobige Kämpfe
- die Grafik leidet unter einer miesen Sichtweite, schwarzem Nirvana und kruden Charaktersprites
- relativ hohe Lernkurve, man muss sich erst einarbeiten, um Erfolge zu feiern
- oftmals unpassender OST
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