Sand Land REVIEW
Wenn man den Namen Akira Toriyama hört, denkt man wohl in erster Linie an „Dragon Ball.“ Tatsächlich hat der berühmte Mangaka jedoch wesentlich mehr Werke kreiert, als nur Dragon Ball. Im Jahr 2000 schöpfte er Sand Land, einen coolen Mischmasch aus Fantasy im Dragon Quest-Stil, Science-Fiction und vor allem Postapokalypse á la Mad Max.
2023 bekam Sand Land eine Adaption als Anime-Film. Und da das scheinbar nicht ausreichte, folgte im folgenden Jahr auch noch eine Umsetzung als Anime-Serie. Die Serie erweiterte die Handlung des Mangas um einen zweiten Story Arc bzw. eine zweite Staffel. Somit ist der zweite Arc von Sand Land die finale Schöpfung von Akira Toriyama, welcher 2024 leider verstarb.
Doch Toriyamas Schöpfungen leben weiter. Bandai Namco beauftragten das japanische Entwicklerstudio ILCA, Inc. damit eine Videospielumsetzung zu Sand Land zu programmieren. Das Spiel beinhaltet erweiterte Versionen beider Story Arcs und wurde am 25 und 26 April 2024 für alle gängigen Konsolen-Systeme und den PC veröffentlicht. Da sich große Teile das Gameplays an der JRPG-Serie „Metal Max“ orientieren, bin ich auf das Spiel aufmerksam geworden und hab mir letztendlich die PS4-Version gegönnt. Was das Spiel taugt, erfahrt ihr im folgendem Review.
In einem Wüstenland ist Wasser das kostbarste Gut
Was wäre eigentlich, wenn in einer typischen Fantasy-Welt á la Dragon Quest auf einmal ein Alienvolk samt Raumschiffen abstürzt und die alte Ordnung mit ihrer Hochtechnologie durcheinanderwirbelt? Dies ist so ziemlich der Grundgedanke bei Sand Land. Vor mehreren Jahrzehnten gelangten jedenfalls die friedlichen Picchis auf die Welt, und brachten den Menschen und Dämonen moderne Technologie. Die Dämonen nutzen die moderne Technik zu Unterhaltungszwecken. Fernsehen, Comics und Videospiele stehen bei ihnen jedenfalls hoch im Kurs. Auf die Menschen hatte die Technologie jedoch einen wesentlich schädlicheren Einfluss. Diese bauten Panzerfahrzeuge, Schusswaffen und Fabriken, um sich gegenseitig zu bekriegen.
Mittlerweile steht es schlecht um die Sand Land-Region. Eine Dürre ist vor ca. 30 Jahren eingetreten und plagt sowohl die menschlichen, als auch dämonischen Einwohner des Wüstenlands. Die Flüsse sind inzwischen ausgetrocknet. Lediglich dem ebenso fettleibigen wie gierigen König von Sand Land steht eine Wasserquelle zur Verfügung. Dieser nutzt seine Position aus, um Wasserflaschen zu astronomischen Geldpreisen zu verkaufen. Daher sehen sich die Dämonen gezwungen auf Raubzüge zu gehen, um sich das erfrischende Nass zu sichern. Glücklicherweise schickt der Menschenkönig immer wieder Wassertransporter durch das Dämonengebiet, welches im nördlichen Bereich des Landes liegt. Der von Videogames besessene Dämonenprinz Beelzebub leitet die Raubzüge und verschenkt die Beute an bedürftige Dämonen und sogar Menschen. Beelzebub behauptet zwar gerne ein bitterböser Dämon zu sein, hat jedoch in Wirklichkeit ein Herz aus Gold.
Kurze Zeit nach Beelzebubs letzten Raubzug taucht der alte Menschen-Sheriff Rao vor dem Dämonendorf auf. Er hat Hinweise auf eine Wasserquelle im Süden Sand Lands entdeckt, und will sich auf die Suche begeben. Jedoch ist die Reise lang und gefährlich, daher wünscht er sich dämonische Gefährten als Bodyguards. Als Belohnung dürfen sich die Dämonen bei der Wasserquelle ansiedeln, sofern sie das Wasser mit den Menschen teilen. Als kleinen Bonus verschenkt Rao auch noch eine funktionsfähige Videospielkonsole an die Dämonen – eine absolute Rarität in diesen schweren Zeiten. Mit der Erlaubnis seines Vaters Luzifer, dem imposanten König der Dämonen, lässt sich Beelzebub auf Raos Unternehmen ein. Auch der alte und weise Dämonendieb Sheef soll mitkommen. Ob die Drei erfolgreich sein werden, müsst ihr jetzt freilich selbst herausfinden.
Die Handlung von Sand Land ist zwar eher oberflächlich, wird dafür aber unterhaltsam erzählt und bietet einige nette Wendungen. Im Zentrum stehen aber ohnehin die markanten und sympathischen Charaktere. Das Heldenquartett (später kommt noch ein Mädel namens Ann hinzu) schließt man schnell ins Herz. Die Persönlichkeiten der vier Hauptfiguren sind abwechslungsreich und sie interagieren wunderbar miteinander. Und auch die Schurkencharaktere und NPCs sind gefällig.
Das Videospiel erweitert die Manga- und Anime-Vorlagen, um den Stoff besser auf ein Videospiel anzupassen. So wird zum Beispiel eine Hub-Ortschaft namens Spino samt Einwohner eingebaut, und Ann darf jetzt bereits im ersten Arc mitmischen. Trotzdem wird die Vorlage respektvoll behandelt, und der Handlung die Treue gehalten. Ein vorbildlicher Kompromiss.
Ein Metal Max-Klon mit Echtzeit-Kämpfen
Das große Ziel in Sand Land beläuft sich freilich darin die Storykampagne abzuschließen. Hierfür bekommt man eine Reihe von Hauptquests, die zu bewältigen sind. Doch der große Reiz in einem Open World-Spiel ist es natürlich die Welt zu erkunden und einfach das zu tun, wozu man Lust hat, sofern es eben den Möglichkeiten des Spiels entspricht. Hierfür läuft das Spiel nach der Story auch als Open End-Spiel weiter.
Die Spielwelt ist leider nicht ganz so offen wie man gerne hätte, da man viele Regionen erst erschließen kann, wenn man über das entsprechende Vehikel verfügt. Und ja, den Großteil des Spiels wird man in diversen Fahrzeugen verbringen. Da reicht die Bandbreite von Auto, Panzer, Motorrad, Sprungbot, Mechrüstung und Schwebefahrzeugen. Insgesamt bietet das Spiel 13 verschiedene Vehikel-Typen. Diese verfügen nicht nur über unterschiedliches Fahrverhalten, sondern auch über individuelle Waffensysteme. Jedes Vehikel bietet in der Regel eine Haupt- und eine Subwaffe. Die Bewaffnung der Fahrzeuge besteht in erster Linie aus Kanonen, Maschinengewehren, Shotguns usw. Es gibt aber auch speziellere Waffen die man separat anbringen kann und coole Sachen wie Laser, Flugdrohnen und dergleichen offenbaren. Die Waffen verfügen über unbegrenzt Munition, müssen jedoch nachgeladen werden, was Zeit kostet. Die wuchtigen Spezialwaffen unterliegen hingegen einem langen Cooldown.
Unabhängig davon benötigt man die Fahrzeuge aber auch, um über unwegsames Gelände zu gelangen. Treibsand kann man nur mit schnellen Fahrzeugen wie dem Motorrad überqueren, während Felsbrocken mit Kanonen zerdeppert werden müssen. Wenn man hohe Vorsprünge erklimmen will, benötigt man den Sprungbot usw.
Cool ist, dass man eine aus dem Dragon Ball-Universum bekannte Hoipoi-Kapsel bekommt, in die man fünf Vehikel zwischenlagern kann. Es ist auch überraschend bequem und unkompliziert die Fahrzeuge anzuwählen oder zu besteigen. Und egal ob im Vehikel oder zu Fuß, die Steuerung von Sand Land bleibt eingängig und bequem.
Der Kampf in Sand Land läuft in Echtzeit ab. Zu Fuß sind die Kämpfe recht öde und basieren nur auf draufdreschen und der Aktivierung einiger Spezialattacken. Man steuert hier nur Beelzebub. Seine zwei bis drei Gefährten beteiligen sich nur in Form von Spezialattacken, die man bei Bedarf aktivieren kann. Glücklicherweise wird man ca. 90 % des Spiels in Fahrzeugen verbringen, welche sich wesentlich interessanter spielen als der Dämonenprinz. Die Gleichzeitige Handhabung der Fahrzeugbewegung und der Bordbewaffnung fetzt jedenfalls richtig gut. Und wenn man gegen Bosse und dicke Brocken vorgeht, dann muss man auch geschickt manövrieren, um zu überleben. Wirklich schwer ist Sand Land jedoch nicht. Obwohl ich auf den höchsten der drei Schwierigkeitsgrade gespielt habe, bin ich nie wirklich ins Schwitzen gekommen.
Getötete Monster und erledigte Quests werden freilich mit Erfahrungspunkten für Level-Ups sowie Geldeinheiten für Nutzgegenstände und Fahrzeugteile belohnt. Obendrein erhält man viele Materialien, welche man benötigt, um neue Vehikel und Fahrzeugteile zu bauen, Teile zu verbessern und die Vehikel an sich aufzuleveln. Und ja, die Level-Ups von Beelzebub und der Vehikel sind getrennt voneinander.
Beim Aufleveln entblößt sich auch eines der größten Probleme von Sand Land. Die Entwickler waren sehr erpicht darauf das Spiel von vorne bis hinten auszubalancieren. Besiegte Gegner bringen nur minimale Erfahrungspunkte. Die meisten Punkte gibt es für gelöste Hauptquests. Die Materialien, die man benötigt um die Vehikel aufzuleveln, bekommt man auch erst dann, wenn man weit genug in der Storyline fortgeschritten ist. Und Baupläne für bestimmte Vehikel, die benötigt werden um weiter in der Open World vorzudringen, gibt es oftmals auch erst dann, wenn es vorgesehen ist. Dementsprechend liegt der Level-Cap für Beelzebub und die Vehikel auch gerade mal bei Stufe 30. Und die Skilltrees des Dämonenprinzen und seiner Gefährten sind absolut primitiv. Somit fühlt sich das Open World-Spiel weitaus weniger offen an, als es sein sollte. Obendrein lässt es die Open World an interessanten Aktivitäten und Entdeckungen vermissen.
Eine Open World sollte schon etwas mehr zu bieten haben
Als primäre Nebenaktivität gibt es diverse Punkte auf der Map, die mit Schatztruhen und Mineralien zum plündern aufwarten. Eventuell stolpert man auch mal über eine antike Ruine zum erforschen, welche jedoch auch nur Schatztruhen, Monster und Raider beherbergen. Obendrein gleichen sich die Ruinen mit der Zeit zu stark. Wenn man Glück hat, stolpert man auch mal über einen Schlüsselgegenstand, den man zu seinen Eigentümer-NPC zurückbringen soll, damit man eine Dialogsequenz und in seltenen Fällen auch mal eine Belohnung kassiert.
Damit man nicht blind herumsuchen muss, gibt es Funktürme, welche nach der Aktivierung die jeweiligen Loot-Plätze und Ortschaften auf der Karte markieren. Später kann man von einem bestimmten NPC auch Schatzkarten erwerben, die sogar jede einzelne Schatztruhe der jeweiligen Region auf der Landkarte anzeigen. Besagte Landkarte fungiert auch als Schnellreisefunktion. Siedlungen und Wasserlager fungieren als Schnellreisepunkte. Die Wasserflasche dient hier übrigens als Heiltrank, den man an den Wasserlagern immer wieder auffüllen kann. Abgesehen davon gibt es aber auch Nutzgegenstände zum heilen und für temporäre Buffs.
Spannender als das ständige abgrasen von Lootplätzen sind da schon die Rennstrecken. Diese fungieren für optionale Racing-Minigames, bei denen man Preise gewinnen kann. Es gibt auch Militärbasen, welche man via Stealth-Mechanik infiltrieren und ausplündern darf. Einige dieser Stealth-Einsätze gehören auch zur Hauptquest. Glücklicherweise ist Stealth in Sand Land recht leicht zu handhaben. Ein bisschen schleichen, von hinten an Soldaten anschleichen, um diese auszuschalten und von A nach B gelangen – nichts besonderes. Fehler werden hier auch kaum bestraft, da man nur ein Stückchen zurückgesetzt wird, wenn man entdeckt wird. Wer gerne kämpft und Geld braucht, kann auch Kopfgeldjagden in Angriff nehmen oder sich in einer Kampfarena austoben.
Zur Hauptquest gehören hingegen die Picchi-Ufo-Wracks, welche als eine Art Dungeonareal herhalten. Diese bieten zwar milde Platforming-Passagen zur Auflockerung, von denen einige sogar in 2D-Ansicht stattfinden, jedoch sind diese Dungeons zu sehr in die Länge gezogen und entsprechend nervig. Das Herzstück bei den Nebenquests ist hingegen die Siedlung Spino. Diese beherbergt die einzige Werkstatt Sand Lands und ist daher immens wichtig für Beelzebub und Co. Dummerweise steht Spino nur noch zwei Schritte entfernt zur Geisterstadt. Jedoch kann der Spieler Nebenaufträge für die Einwohner Spinos und einige NPCs der Spielwelt durchführen, um Spino wieder auf die Füße zu helfen. Die meisten NPCs welche eine Nebenquest anbieten, siedeln sich nämlich in Spino an, sobald man die Aufgabe erledigt hat. Einige von denen eröffnen dann auch neue Shops und sogar spezielle Dienstleistungen wie ein Lackierstudio für die Vehikel, oder Inneneinrichtungen für bis zu drei Zimmer, die Beelzebub in Spino nutzen kann. Obendrein erlebt man mit der Zeit, wie sich Spino von einer Beinahe-Geisterstadt zu einer blühenden Stadt-Oase des Ödlands wandelt. Und wer mal eine Festung in Suikoden ausgebaut hat, weiß wie befriedigend so etwas sein kann.
Doch trotz der spaßigen Spino-Quest, welche sich durch das gesamte Spiel zieht und selbst nach Abschluss der Hauptquest noch nicht abgeschlossen ist, mangelt es der Open World von Sand Land irgendwie an reichhaltigen Inhalt. Viele Aufgaben wirken oberflächlich und werden auf Dauer eintönig. Man wird zwar dennoch seinen Spaß mit Sand Land haben, aber man sollte seine Erwartungen zurückschrauben. Den Abwechslungsreichtum und Esprit der älteren Metal Max-Teile sollte man jedenfalls nicht erwarten.
Grafik und Sound
Auf Basis der Unreal Engine 5 setzt Sand Land auf den guten alten Cel Shading-Stil. Angesichts der Manga/Anime-Vorlage war dieser natürlich ohnehin die logische Wahl. Und das Spiel sieht auch recht gut aus und setzt Toriyamas Zeichenstil gewissenhaft um. Allerdings kann das Wüsten- und Ödlandsetting auf Dauer eintönig werden. Im späteren Spielverlauf gibt es aber auch eine Waldregion mit Bergen, Seen und Sümpfen. Bis man dahin kommt dauert es aber eine ganze weile.
Leider gibt es auch hier das typische Unreal-Problem. Diese Grafikengine tut sich schwer damit Texturen zeitnah zu laden, weswegen man vor allem bei Schnellreisen oder Gebietsübergängen mit matschigen Texturen belästigt wird, die erst noch einige Sekunden benötigen, sich vernünftig zu formen. Ein weiteres Manko ist, dass sich sehr weit entfernte Charaktermodelle nur abgehakt bewegen, was reichlich albern aussieht. Ob diese Probleme der PS4-Hardware geschuldet sind, und auf einem leistungsfähigeren System nicht auftreten, kann ich jedoch nicht sagen.
Der Soundtrack ist gelungen und bietet eine abwechslungsreiche Auswahl an Stücken für ruhige Szenen, humoristische Situationen oder actionreiche Passagen. Es ist jetzt nichts dabei, welches einen Ohrwurm verursacht oder dazu animiert sich den OST außerhalb des Spiels anzuhören, aber er ist passend und macht Laune. Leider findet der tolle Opening-Song des Animes „Water Carrier“ keine Verwendung im Videospiel.
Dafür gibt es wuchtige Soundeffekte, welche die Motoren und Wummen der Vehikel gut vermitteln. Auch die englische Sprachausgabe ist toll gelungen. Man kann auch eine japanische Synchro anwählen, jedoch sehe ich angesichts der hochwertigen englischen Synchro darin keinen Sinn. Eine deutsche Sprachausgabe gibt es nicht, aber dafür gibt es an der deutschen Textübersetzung nichts auszusetzen. Ärgerlich ist jedoch, dass die Dialoge zwischen den Gruppenmitgliedern einerseits zu häufig abgespielt werden, und sich andererseits zu schnell wiederholen. Hier hätte man noch deutlich nachbessern sollen.
Pro & Kontra
- liebevoller Umgang mit der Sand Land-Lizenz
- sehr sympathische Charaktere
- gelungene Präsentation mit Cel Shading-Grafik und hochwertiger Sprachausgabe
- die Reise und der Kampf in den Vehikeln macht Spaß
- das Gameplay wird auf Dauer recht eintönig
- einige Aspekte wie die Dungeon-Passagen oder die schwachen zu Fuß-Kämpfe langweilen
- das Spiel setzt viel zu stark auf Balancing
- einige grafische Macken