Leisure Suit Larry – Wet Dreams Don’t Dry REVIEW

Ca. fünfeinhalb Jahre nach der Veröffentlichung des letzten Larry-Ablegers (Leisure Suit Larry: Reloaded) erscheint am 07.11.2018 nun endlich wieder ein neuer Teil rund um den sympathischen Looser und Möchtegern-Frauenaufreißer Larry Laffer. Und dieses mal handelt es sich auch um eine Art Fortsetzung und nicht wieder nur um ein Remake. Das neue Spiel nennt sich Leisure Suit Larry – Wet Dreams Don’t Dry und stammt vom deutschen Entwickler CrazyBunch, welche sich bis dato auf VR-Games konzentrierten und dementsprechend an mir vorbeigingen.

Wet Dreams Don’t Dry hat leider einen sehr sehr schweren Stand, denn auf der einen Seite sind SJWs die sich über das Spiel aufregen, und auf der anderen Seite lauern die Al Lowe Fanboys, die angepisst darüber sind, dass der geistige Vater von Larry Laffer nicht am neuesten Teil mitarbeiten durfte. Ich selbst hingegen bin einfach nur beeindruckt, wie cool CrazyBunch mit all diesem blinden Hass umgegangen sind. Deren professioneller und offener Umgang mit den Schreihälsen im Steam-Forum macht jedenfalls einen tollen Ersteindruck aufs deutsche Entwicklerstudio. Ob die Qualität des neuen Leisure Suit Larry Point & Click-Adventures diesen Ersteindruck bestätigt, soll folgendes Review aufzeigen.

Das Geheimnis unter Lefty’s Bar

Erinnert ihr euch noch an das Labor aus dem ersten Teil, in dem Larry wiederbelebt bzw. zusammengesetzt wird, wenn er getötet wird? Nein? Tja dann, Pech gehabt. Denn wenn man dieses Wissen nicht mitbringt, macht Larry Laffers Anwesenheit in der modernen Gegenwart nämlich keinen Sinn. Beziehungsweise macht es keinen Sinn, dass der Gute seit seinen damaligen Abenteuern nicht gealtert ist und immer noch wie Ende 30 Anfang 40 aussieht. So wie ich es verstanden habe, ist der Larry, den man in diesem Spiel spielt einer der „Ersatz-Larrys“ welche vom, mitlerweile verstorbenen, verrückten Wissenschaftler im Labor unter Lefty’s Bar produziert wurden. Einer dieser Larrys erwacht eines Tages mit einem Filmriss im stockdunklen Labor und schält sich an die Oberfläche von Lost Wages, wo er natürlich gleich mal in Lefty’s Bar einkehrt. Dem lässigen Kerl im weißen Diskoanzug steht jedoch ein Kulturschock bevor. Lefty ist inzwischen ein alter Knacker, seine Bar wird kaum noch besucht und „New“ Lost Wages steht neuerdings unter der Knute des Prune-Konzerns, einem schwer angesagten Technologieunternehmen, welches vom selbstverliebten Kotzbrocken Bill Jobs geleitet wird.

Auf der Toilette von Lefty’s Bar findet Larry ein Smartphone im Dreck und fischt dieses heraus. Das Gerät ist die bislang unveröffentlichte Neuentwicklung von Prune. Ein Smartphone mit einer holografischen K.I. namens Pi, genannt PiPhone. Pi fordert Larry dazu auf sie zurück zu ihrem Entwickler Bill Jobs zu bringen. Als ehrliche Haut hat Larry freilich nichts dagegen und liefert das PiPhone bei Jobs und dessen rechter Hand, der scharfen Business-Milf Faith Less, ab. Selbstverständlich verknallt sich Larry in die Blondine und kennt jetzt nur noch ein Ziel – Faith ins Bett zu kriegen. Faith ist freilich einfach nur genervt von Larry und dessen billigen Anmachsprüchen und wimmelt diesen mit dem leeren Versprechen ab, dass sie sich auf ein Date mit ihm einlässt, wenn es ihm gelingt auf der Dating-App „Timber“ 90 Dating-Punkte zu verdienen. Larry nimmt die Herausforderung an und muss sich folglich erst einmal in diesen neumodischen Schnickschnack reinfuchsen (er bekommt von Prune ein eigenes Smartphone als Finderlohn geschenkt). Danach geht der Spaß aber erst richtig los, denn die Date-Vorschläge von Timber verwickeln unseren notgeilen Freund in viele schräge Situationen. Da wird nicht nur dem Darkroom einen Besuch abgestattet oder die Leichen von Lefty ausgebuddelt, sondern auch noch in die Suppe des zwielichtigen Prune-Konzerns gespuckt. Und dabei wollte Larry doch nur ein paar Löcher füllen.

Larry dringt in den Social Media-Zirkus ein

Der Humor in Leisure Suit Larry – Wet Dreams Don’t Dry geht dabei eindeutig in die Richtung der klassischen Larry-Adventures. Es gibt ganze Ladungen von sexuellen Anspielungen, schmuddelige Ortschaften, billige Anmachsprüche von Larry und natürlich Dates, welche meistens einen völlig anderen Ausgang nehmen, als sich Larry erhofft hatte. Auch Querverweise auf vorherige Larry-Teile, Popkultur und Indie-Games treten immer wieder auf. Es ist also im Kern ein klassisches Larry-Abenteuer mit einigen Anbauten, die jedoch gut und unaufdringlich ins Konzept integriert wurden. Skeptiker, die sich wegen Al Lowes Abwesenheit Natursekt ins Höschen kippen, kann ich also beruhigen.

Der große Unterschied zwischen den älteren Abenteuern liegt weitestgehend darin, dass im neuesten Spiel Dinge wie, Social Media, Smartphones, und damit verbundene Prominente wie Steve Jobs durch den Kakao gezogen werden. Ich selbst, der diesen Social Media-Krempel eher skeptisch gegenübersteht (ich wundere mich immer noch, warum in meiner Stadt pro Tag nicht mindestens 20 Smartphone-User im Straßenverkehr plattgewalzt werden), finde es natürlich klasse, dass dieser Krempel endlich mal parodiert wird. Jüngere Spieler werden den parodistisch-kritischen Blick auf diesen Zirkus aber vielleicht nicht ganz so gut nachvollziehen können.

Ein weiterer Aspekt der angesprochen werden muss, ist natürlich der Umgang mit dem Damoklesschwert namens „Gender-Debatte.“ Dieses wird vom Spiel über weite Strecken auf völlig ungezwungene Weise behandelt. Auf der einen Seite muss sich Larry mit versnobten Hipstern rumplagen und einer Klischee-Transe bei der Leibesvisitation behilflich sein. Auf der anderen Seite stellt sich aber auch heraus, dass Larry sehr gut mit Schwulen klar kommt. Er freundet sich im Verlauf des Spiels immer mehr mit ihnen an und hilft ihnen sogar bei deren Beziehungsproblemen. Dabei hat man auch nie das Gefühl, dass einem hier eine Agenda aufgezwängt wird. Larry ist eben Larry. Und Larry ist eben ein notgeiler, aber auch netter Kerl. Man kann Larry sogar dazu antreiben das andere Ufer auszuprobieren, wobei es jedoch bei einem Versuch bleibt. Er steht immer noch in erster Linie auf Frauen.

Dummerweise tritt Leisure Suit Larry – Wet Dreams Don’t Dry im letzten Fünftel dann doch in ein großes Fettnäpfchen. Hier begegnet man dann Donald Trump in feinster DOS-Grafik und verfolgt eine peinliche Alptraumszene, in derer Larry dazu gezwungen wird, SJW-Krempel von sich zu geben, um zwei Kinder auf den richtigen Weg zu bringen. Diese wirre Szene endet dann mit einem als Transvestit geschminkten Trump. Ich weiß nicht so recht, was sich CrazyBunch dabei gedacht haben. Ich vermute sie wollten damit das miese Verhalten von Rechten und SJWs gleichermaßen anprangern, sie wollten zeigen, dass beide Lager im Grunde genommen nur zwei Seiten derselben gammligen Medaille sind. Wenn das stimmt, wurde das Statement in dieser konfusen Sequenz aber extrem schlecht umgesetzt. Das ist vor allem deswegen traurig, weil Wet Dreams Don’t Dry abgesehen von dieser einen Szene die Gender-Thematik sehr gut handhabt. Schade, dass der Entwickler in dieser Hinsicht gegen Ende schlapp macht und sich zu etwas Unnötigen hat hinreißen lassen. Generell ist das letzte Fünftel im Spiel der Tiefpunkt von Wet Dreams Don’t Dry. Plötzlich verlässt man New Lost Wages und findet sich auf einer mexikanischen Insel wieder, wo man irgendeine Prophezeihung mithilfe zweier Wrestling-Alpakas erfüllen soll. Das wirkt alles ziemlich aufgesetzt und hätte auch ohne weiteres weggelassen werden können.

Keine Experimente im Gameplay, aber dafür solider Spielspaß

Was das Spielprinzip anbelangt wurden hier keine Experimente gemacht. Es ist ein stinknormales Point & Click-Adventure welches ausschließlich aus Inventarrätseln und Dialogen mit NPCs besteht. Mehr als das, wird man hier nicht vorfinden. Man klappert die Screens nach Gegenständen fürs Inventar ab, kombiniert diese eventuell untereinander und nutzt diese Gegenstände, um Problemstellungen und Aufgaben zu lösen. Besagte Aufgaben erhält man freilich von den NPCs der Spielwelt.

Die Spielwelt in Leisure Suit Larry – Wet Dreams Don’t Dry ist dabei erfreulich offen. New Lost Wages besteht zwar nur aus fünf recht übersichtlichen Ortschaften, doch bieten diese viele Gegenstände zum aufsammeln, was dafür sorgt, dass die Inventarleiste recht bald mit haufenweise von Gegenständen vollgestopft ist. Auch die zahlreichen Aufgabenstellungen müssen nicht zwangsweise in einer spezifischen Reihenfolge abgewickelt werden, oder sind zumindest derart geschickt miteinander verzahnt, dass man immerhin die Illusion erhält, dass man hier ein etwas offeneres Abenteuer spielt.

Angesichts dieser Aspekte ist es gar nicht so leicht den Überblick zu behalten, eine Art Questlog hätte hier wirklich abhilfe leisten können. Im Gegenzug ist der allgemeine Schwierigkeitsgrad von Wet Dreams Don’t Dry jedoch relativ freundlich gehalten. Hier und da muss man zwar auch etwas Trial & Error betreiben, aber in der Regel hat man immer ne Vorstellung was man zu tun hat, und wie man ans Ziel gelangt. Ein durchschnittlicher Adventure-Spieler sollte kein Problem damit haben das Game ohne Komplettlösung zu knacken. Und die Spieldauer von ca. 10 Stunden ist für das Genre absolut zufriedenstellend (das letzte Spiel „Reloaded“ dauerte nur 5-6 Stunden).

Ehrensache, dass Komfortfunktionen wie Hotspotanzeige und der Doppelklick für zügige Ortswechsel gegeben sind. Der Doppelklick kann leider nicht dazu genutzt werden, um Larry rennen zu lassen. Auf dem Startabschnitt der jeweiligen Ortschaft, kann man via Smartphone die Stadtkarte aufrufen, um zwischen den fünf Ortschaften hin und herzureisen. Über das Smartphone, welches man am rechts-unteren Bildschirmrand „hochziehen“ kann, werden auch einige andere Funktionen aufgerufen wie eben die Inventarleiste, Timber und die Rückkehr ins Hauptmenü. Das Hauptmenü ist der einzige Punkt, wo man sein Spiel nach eigenem Gusto in mehreren Saveslots abspeichern und laden darf.

Timber wiederum ist nur eine optionale Spielerei. Hier kann man sich Larrys Profil anschauen, die Matches anzeigen lassen, bei denen es sich um die Dates handelt, welche man im Spiel abwickeln muss, um Timber-Punkte zu kassieren und eine allgemeine Mitgliederschau, welche im Spielverlauf immer weiter erweitert wird und einige witzige Personen entblößt. Hier sollte man sich dann nicht wundern, wenn man auf einmal Rufus aus Deponia oder die Giana Sisters vorgeschlagen bekommt.

Wer keinen Bock hat mit dem Smartphone herumzuhantieren (das hoch- und runterziehen ist dezent unbequem), kann auch Hotkeys verwenden, um die einzelnen Menüpunkte aufzurufen. Ein Hinweis auf die Hotkey-Tasten wurde mir vom Spiel leider nicht gegeben, da musste ich durch Zufall von selbst drauf kommen. Abgesehen davon besteht die Steuerung aber eh nur aus simplen Mausgeklicke, da die variablen Aktionsmöglichkeiten aus dem letzten Spiel nicht mehr vorhanden sind. Auch das Geldsystem und das Punktekonto wurden abgeschafft. Als Ersatz für Letzteres gibt es jetzt jedoch Achievements, von denen einige auch rein optional sind. Zwei optionale Achievements waren in meiner Testversion leider nicht funktionstüchtig, abgesehen davon läuft das Spiel jedoch sauber und völlig Fehlerfrei.

Grafik und Sound

In grafischer Hinsicht wirkt Wet Dreams Don’t Dry wie eines dieser Flash-Game-Adventures, die man auf Newgrounds und Co. vorfindet. Das ist ein Fakt, den man nicht wegreden kann. Entweder man mag diesen Grafikstil, man akzeptiert ihn und findet sich damit ab (was am ehesten auf mich zutrifft) oder man findet ihn einfach zum kotzen und lässt die Finger von derartigen Spielen. Wet Dreams Don’t Dry sieht schwächer aus als der über fünf Jahre ältere Vorläufer, und bereits bei Larry Reloaded erwähnte ich den „Flash-Aspekt“ in meinem Review. Ich will die Sache aber nicht schlimmer darstellen als sie ist. Die Grafik wurde sehr farbenfroh koloriert und es gibt sehr sehr viele lustige Details zu entdecken. Die Dating-Partner sind attraktiv und Larry selbst wurde liebevoll animiert und sieht jetzt allgemein etwas hübscher aus, als im letzten Spiel. Dies ist im übrigen ein Aspekt, der von der harten Al Lowe-Fanbase stark kritisiert wurde, den ich aber nicht so recht nachvollziehen kann. Der neue Larry aus dem Labor (er ist eben nicht jener Larry wie aus den anderen Spielen) hat jetzt halt realistische Proportionen wie in den alten DOS-Teilen, mein Gott ist das schlimm (Achtung, Sarkasmus)! Apropos DOS. Wenn man abkratzt (was jetzt nur noch sehr selten vorkommt) oder im bereits erwähnten Trump-Spielabschnitt, schwenkt das Spiel in alte DOS-Grafiken zurück, welche sehr charmant umgesetzt wurden und einen netten Retro-Flair erzeugen. Schönes kleines Extra. Aber im Endeffekt muss einfach jeder gucken ob er mit Flash klarkommt oder nicht.

Am Soundtrack gibt es hingegen weniger zu kritisieren. Ehrensache, dass die ikonische Larry-Titelmelodie in einem gelungenen Remix wiederverwendet wurde. Und auch sonst wird die serientypische, relaxte Jazz-Atmosphäre aufrecht erhalten. Das hohe Kaliber aus Larry Reloaded, ein Spiel welches eine pompöse Jazz-Nummer von Schauspielerin Melora Hardin auffährt, wird jedoch nicht erreicht. Der Credits-Song ist dafür aber ein gelungenes Abschiedsgeschenk für erfolgreiche Spieler.

Die deutsche Sprachausgabe von Leisure Suit Larry – Wet Dreams Don’t Dry ist auch klasse und auf einem sehr hohen Niveau. Besonders Larry verfügt hier über eine überraschend angenehme Stimme. Aber auch die anderen Sprecher können mühelos überzeugen.

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Spiel Bewertung
Singleplayer
77
77
Okay
-
Multiplayer

FAZIT

Trotz einiger Macken wie etwa der umstrittenen Flash-Grafik und einem unnötigen Gastauftritt von Präsident Trump, hat der deutsche Entwickler CrazyBunch gute Arbeit geleistet Larry Laffer nach über fünf Jahren der Abstinenz zurück auf den PC zu bringen. Der typische Larry-Humor wurde sehr gut getroffen und obendrein gelungen in die Neuzeit transportiert. Das Adventure-Gameplay ist zwar selbst für ein Larry-Game ein bisschen arg konservativ und glatt, aber dafür kompetent und spaßig. Und ja, ich denke die letzten drei Worte umschreiben Wet Dreams Don't Dry im allgemeinen sehr gut: Kompetent und Spaßig! Zwar nichts weltbewegendes aber dafür charmant und für Fans der Serie eine Empfehlung wert. Mir hats gefallen! Ich bin aber auch kein verbohrter Al Lowe-Fanboy.:p

- Von  Volker

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Leisure Suit Larry – Wet Dreams Don't Dry REVIEW

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