Kirby: Schatten bedrohen Traumland REVIEW
Im September 1993 wurde in Europa der zweite Kirby-Platformer veröffentlicht. Die Rede ist von Kirby’s Adventure für den NES. Das Spiel erschien sehr spät im Lebenszyklus von Nintendos 8-bit Konsole, was jedoch den Vorteil hatte, dass die Entwickler von HAL Laboratories die Gelegenheit nutzten noch mal alles aus der Hardware des NES rauszuquetschen. Entsprechend positiv wurde das Spiel dann auch aufgenommen. Ca. 10 Jahre später bekam Kirby’s Adventure sogar ein Remake für den GBA spendiert. In Deutschland trägt das Remake den Namen Kirby: Schatten bedrohen Traumland (Nightmare in Dream Land). Das Spiel kam am 26. September 2003 in Europa heraus.
Da ich Kirby’s Dream Land 2 für eines der besten Game Boy-Spiele halte, das originale Kirby’s Dream Land hingegen als stark überbewerteten wenn auch soliden Titel betrachte, wollte ich schon immer wissen, wie das Quasi-Bindeglied zwischen diesen beiden Kirby-Teilen ausfällt. Letztendlich habe ich mir also das GBA-Remake zugelegt, um diese Wissenslücke zu schließen. Ob sich das für mich gelohnt hat oder nicht, erfahrt hr im folgendem Review.
Nicht ohne meine Träume
König Nickerchen kann es nicht lassen und sorgt mal wieder für Ärger. Dieses mal hat er jedoch keine Nahrungsmittel geraubt, sondern das sogenannte Sternenzepter vom Traumbrunnen mitgehen lassen. Dieses magische Artefakt sorgt dafür, dass die Einwohner von Dream Land eine friedliche Nachtruhe samt süßer Träume spendiert bekommen und somit auch vor Alpträumen bewahrt bleiben. Doch damit ist es jetzt erst einmal vorbei, denn Nickerchen hat das Sternenzepter in sieben Teile zerbrochen und sechs davon an seine Freunde übergeben. Kirby sieht sich nun gezwungen alle sieben Teile einzusammeln und das wiederhergestellte Zepter zum Traumbrunnen zurückzubringen. Hierfür muss er aber selbstverständlich erst mal Nickerchen und Co. verprügeln.
Wie vom Genre gewohnt, haben wir es auch hier mit einer niedlichen Alibi-Handlung zu tun, welche primär dazu dient das Abenteuer zu rechtfertigen. Im Gegensatz zu Kirby’s Dream Land bietet die Handlung von Adventure/Schatten bedrohen Traumland jedoch eine überraschende Wendung zum Schluss, welche ich natürlich nicht spoilern möchte. Ferner wird in diesem Spiel Meta-Knight eingeführt, welcher auch in späteren Kirby-Games als Antagonist fungiert. Dieser Ableger der Kirby-Reihe hilft also sehr stark dabei das Kirby-Universum weiterzuentwickeln und auf die Dinge vorzubereiten, die noch in zukünftigen Teilen kommen werden. Aber wie gesagt: Unterm Strich geht es nur darum das Abenteuer zu rechtfertigen.
So umfangreich wie Kirbys Magen
Die drei Speicherplätze, die man zur Verfügung gestellt bekommt suggerieren bereits, dass „Schatten bedrohen Traumland“ etwas umfangreicher ist als sein Quasi-Vorgänger Kirby’s Dream Land. In Zahlen ausgedrückt heißt das 39 reguläre Stages, 9 Bosskämpfe und 3 separat-glorifizierte Minispiele. Das alles ist in insgesamt 7 verschiedene Welten (werden hier Level genannt) aufgesplittet, wobei man in der finalen Welt drei Bosskämpfe hintereinander abwickeln muss.
Darüber hinaus bietet das Modul auch einen vier Spieler Coop-Modus, den ich als notorischer Einzelspieler jedoch nicht ausprobieren konnte.
Netterweise darf man im Hauptmenü auch noch einem Soundtest lauschen, sowie die drei Minigames ausgiebig Probespielen, damit man diese im eigentlichen Hauptspiel dann auch vernünftig beherrscht und dazu nutzen kann, zusätzliche Extraleben hinzuzuverdienen. Ach und bevor ichs vergesse: Die Speicherbatterie zeichnet zwar den Spielfortschritt, jedoch nicht die gehamsterten Extraleben und verdienten Punkte auf. Vor dem Nervfaktor des Extraleben-Grinding bleibt man also nicht verschont. Der Highscore wiederum ist ohnehin komplett nutzlos und somit kein Verlust.
Wo wir sie schon einmal angesprochen haben, kann ich ja gleich mal auf die Minigames eingehen. Da hätten wir „Quick Draw“ wo es darum geht als Samurai-Kirby diverse Kontrahenten wegzuklatschen. Hierfür muss man zum richtigen Zeitpunkt auf die Aktionstaste drücken, bevor es der Gegner tut. Besagter Zeitpunkt wird ausschließlich durch akustische Indikatoren gekennzeichnet. Ohne Sound ist dieses Minigame also nicht wirklich spielbar. Als nächstes hätten wir „Bomb Rally.“ Hier werfen sich vier Kirbys eine Bombe zu, so als ob sie ein Spielball wäre. Es gilt rechtzeitig die Aktionstaste zu drücken, kurz bevor die Bombe beim eigenen Kirby einschlägt, damit er sie an einen anderen weiterwirft. Wer nicht schnell genug reagiert explodiert. Zu Guter Letzt hätten wir dann noch „Kirby’s Air Grind.“ Hier grindet Kirby gegen drei andere Kirbys auf einer Stange um die Wette. Die Stange ist jedoch mit Stacheln bestückt. Hier soll man die Aktionstaste gedrückt halten, damit Kirby Geschwindigkeit aufbaut. Bei Stacheln muss man jedoch von der Taste runtergehen, damit Kirby nicht von den Stacheln verletzt wird und Geschwindigkeit verliert. Wer mit gutem Timing an den Stacheln vorbeikommt, bekommt sogar kleinere Turboboosts als Belohnung.
Kirby’s Air Grind ist dann auch das einzige der Minigames, welches wirklich Spaß macht. Bomb Rally taugt immerhin noch dazu sich ordentlich Extraleben hinzuzuverdienen, während Quick Draw ein ziemlich nerviger Rohrkrepierer ist. Hat man das Spiel durchgeschafft, schaltet man im Minigame-Menü auch noch nen Bossrush frei. Schafft man das Spiel zu 100 % durch gibt es den Extra Mode, also einen höheren Schwierigkeitsgrad, in dem Kirby nur die Hälfte seiner Hitpoints zur Verfügung stehen. Gelingt auch diese Herausforderung bekommt man den Meta Knightmare-Modus, mit dem man das Spiel in der Rolle von Meta-Knight durchspielen kann. Am Unfang scheiterts in diesem Kirby-Game also definitiv nicht.
Fähigkeiten-Overkill ohne Maß und Ziel
Wie schon im letzten Teil ist es Kirbys Aufgabe ohne Zeitdruck durch eher lineare 2D-Stages zu manövrieren und letztendlich den Bossgegner des jeweiligen Levels zu schlagen. Allerdings entpuppen sich die „Level“ dieses mal als handfeste Welten, welche sich aus 4-6 regulären Stages, der Bossstage, diversen Minigames und weiteren Dienstleistungen zusammensetzen. All diese Ortschaften werden durch Türen betreten, die man über die „Level“-Oberwelt erreicht. Die Dienstleistungen umfassen übrigens eine Kampfarena, wo man einen spezifischen Zwischenboss besiegen soll, um ein Power-Up zur vollständigen Heilung zu gewinnen, ein Warpzone-Raum, mit dessen Hilfe man bequem in alte Welten zurückreisen kann und ein Raum, wo Kirby in aller Ruhe eine oder zwei Superkräfte durch Verzehr eines willigen Opfers erhalten kann.
Und besagte Superkräfte waren damals auch die große Besonderheit in Kirby’s Adventure. Wo sich Kirby in seinem ersten Platformer, Kirby’s Dream Land, noch auf seine eigenen Fähigkeiten (Fliegen, Gegner einsaugen und verdauen oder als Sternenprojektil wieder ausspucken) verlassen musste, bekommt er hier auch noch die Spezialfähigkeit des Gegners gutgeschrieben den er verdaut hat – vorausgesetzt der Gegner verfügt überhaupt über eine Spezialfähigkeit. Auf diese Weise erlangt Kirby bis zu 24(!) verschiedene Formen, die meistens offensiv genutzt werden wollen. Da reicht die Palette vom Eis- oder Flammenwerfer-Hauch über Waffen wie ein Schwert oder Hammer bis hin zu Smartbomben oder die temporäre Verwandlung in einen Wirbelsturm oder Autoreifen.
Sogar Gimmick-Fähigkeiten gibt es wie die Beleuchtung eines dunklen Raums, was vielleicht sogar den Durchgang in einen Bonusraum offenbart. Etwas Vorsicht ist jedoch geboten, denn nicht jede Kraft ist nützlich. Die Verwandlung in einen Ball ist z.B. völlig nutzlos und sorgt eher dafür, das Kirby nen Treffer kassiert und einen seiner sechs Hitpoints verliert. Sollte das passieren gibt es aber auch wieder die Energiedrinks oder Käfer-Fresspakete zur Regeneration der Hitpoints. Extraleben und der Lolli für temporäre Unverwundbarkeit sind auch im Spiel enthalten. Beim Abschluss eines Level muss man ein Katapult-Minispiel angehen, wo man bei perfekter Leistung ebenfalls ein Extraleben abstauben kann.
Leider hat man es bei den Superkräften etwas übertrieben. 24 verschiedene Kräfte sind einfach zu viel, was dazu führt, dass diese Kräfte oftmals eher unübersichtlich als nützlich wirken, zumal man sich ja auch erst mal an die Handhabung der jeweiligen Kraft gewöhnen muss. Die unzuverlässige Steuerung des Spiels hilft da auch nicht weiter. Es gab immer wieder Stellen im Spiel, wo Kirby nicht Vernünftig auf meine Button-Kommandos reagierte und somit einen Treffer einsteckte. Ein Treffer bedeutet übrigens auch, das Kirby seine aktuelle Superkraft ausspuckt und diese für kurze Zeit als Stern herumfliegt, damit man sie vielleicht noch rechtzeitig retten kann. Per Knopfdruck kann man die Superkraft aber auch eigenhändig ausspucken, um Platz für eine Neue zu schaffen oder einfach wieder in Kirbys Original-Gestalt zu schlüpfen.
Ein leider altbekanntes Problem ist hingegen das Leveldesign, welches auch in diesem Spiel recht einfallslos anmutet und nur wenig Bezug auf Kirbys riesiges Arsenal von Fähigkeiten nimmt. Zwar gibt es im späteren Spielverlauf durchaus einige Dinge, wo man mit den Fähigkeiten arbeiten muss, um optionale Räume zu erschließen, aber erstens sind derartige Situationen vergleichsweise selten und zweitens wirklich rein optional. Die optionalen Räume führen meistens zu riesigen Schaltern, welche die Minigames oder Dienstleistungen auf der Level-Karte freischalten. Darauf kann man jedoch notfalls verzichten. Es ist auch zu erwähnen, dass die Schalter erst ab Level 3 auftauchen und anfangs leicht zu finden sind. Aufgrund dessen wirkt vor allem die Anfangsphase des Spiels unangenehm öde, da es da ja noch nicht wirklich was zu entdecken gibt und es nur darum geht stur durch die Stages zu gelangen. Wirklich interessant sind die Schalter aber ohnehin nur für diejenigen, die das Spiel zu 100 % abschließen wollen und somit den Extra Mode und eventuell auch den Meta Knightmare-Spielmodus freischalten wollen.
Ich persönlich werde Kirby: Schatten bedrohen Traumland jedoch gewiss keinen zweiten Spieldurchlauf gewähren. Schuld daran ist auch der Fokus auf Action. Zwar verfügt Kirby nun über zahlreiche neue Möglichkeiten, wozu jetzt auch ein allgemeines Slide-Manöver gehört, aber im Gegenzug wurde auch die Quantität und Aggressivität der regulären Gegner spürbar erhöht. Ob das nun gut oder schlecht ist, fällt selbstverständlich in den Bereich des persönlichen Geschmacks, mir selbst gefällt diese Ausrichtung aber nicht unbedingt.
Grafik und Sound
Grafisch sieht das Spiel recht hübsch aus. Am meisten erfreut die Grafik durch die liebevollen Sprites der Akteure. Sowohl Kirby als auch seine zahlreichen Feinde sind niedlich und hübsch gepixelt und bieten obendrein zahlreiche anspechende Animationen, welche es zu einer wahren Freude machen dem Treiben auf dem GBA-Screen zuzuschauen. Auch viele der visuellen Effekte der Superkräfte wurden angenehm kraftvoll umgesetzt. Die Gestaltung der Platform-Umgebungen kann da schon nicht mehr so richtig mithalten. Diese sind zwar schön bunt eingefärbt, lassen in der „Schatten bedrohen Traumland“-Version jedoch diesen speziellen simplen Charme der Vorgänger-Spiele vermissen. Richtig schwach sieht hingegen die verschwommene Hintergrund-Tapete aus, welche auch jegliches Parallax-Scrolling vermissen lässt und zumindest auf dem großen TV-Screen erschreckend billig wirkt.
Unterm Strich kann man die Grafik jedoch klar als gut einstufen, vor allem da einer der letzten Level eine Hommage an den ersten Kirby-Teil darstellt – komplett mit Game Boy-Graustufen versteht sich.
Der Soundtrack umfasst die typischen Kirby-Melodien, die man bereits aus vorherigen Teilen gewohnt ist. Der Kirby-OST verbreitet seinen eigenen quirligen Charme, der sich vor allem sehr schön in seine verträumte Spielwelt einfügt. Mein Fall sind die Kirby-OSTs zwar nicht, aber hier kann man die hohe Qualität rein objektiv mühelos anerkennen. Weiterhin gelungen sind die tollen Soundeffekte des Spiels. So ziemlich alles was auf dem Screen passiert wird auch akustisch wiedergegeben. Die Soundeffekte wirken hierbei erfreulich kräftig und verspielt und runden die Gesamtpräsentation somit wunderbar ab.