Earthworms REVIEW
Das erstmals am 23.Februar 2018 auf Steam veröffentlichte Earthworms ist bereits das zweite Spiel welches vom polnischen Indie-Entwickler „All Those Moments“ kreiert wurde. Es handelt sich hierbei um ein klassisches Point & Click-Adventure, welches seinen Reiz einerseits aus seinem artistischen Grafikstil und andererseits aus seiner bizarr-surrealem Handlung bezieht. Trotz seiner eigenwilligen Ader bekam das Adventure ein halbes Jahr nach seinem Steam-Erstrelease sogar eine Veröffentlichung für die Nintendo Switch spendiert. Also Grund genug sich das Spiel mal genauer anzuschauen.
Invasion der Eldritch-Tentakeln
Wir übernehmen die Rolle des übersinnlich begabten Privatdetektivs Daniel White. Dieser hat manchmal Visionen, welche ihm schwammige Einblicke in vergangene und zukünftige Verbrechen sowie finstere Ereignisse gewähren. Daniel akzeptiert seine Gabe und versucht diese Visionen zu nutzen, um bevorstehendes Elend zu verhindern.
Kurz nach Spielbeginn erhält er einen Auftrag von einem schweigsamen Typen der im Ghillie-Tarnanzug daherkommt und unseren Privatdetektiv damit beauftragt ein vermisstes Mädchen namens Lidia aufzuspüren, welche auf der kleinen Hinterwälderinsel „Dar“ wohnhaft ist.
Also begleitet Daniel den Sonderling zur Island of Dar und stellt sehr schnell fest, dass auf der Insel eine Menge bizarrer Dinge vor sich gehen. So wird die Flora der Insel von fleischigen Tentakelgeflechtern durchzogen, welche den einheimischen Grün langsam aber sicher den Rang ablaufen. Und auch wenn sich die Tentakeln den Menschen gegenüber friedlich verhalten, so stößt Daniel sehr bald auf zerstückelte Leichen von Tentakelmenschen-Mutanten. Es versteht sich von selbst, dass sich die Hinterwäldler von Dar nicht übermäßig kooperativ verhalten und scheinbar mehrere große Geheimnisse beherbergen. Nun liegt es an Daniel das verschwundene Mädchen aufzuspüren, sowie das Geheimnis der Tentakel und der ermordeten Mutanten zu lüften.
Tjoa, und somit beginnt für den Spieler ein ebenso bizarrer, wie auch bescheuerter Trip, der allerlei schräge Storykonzepte zu einem durchaus unterhaltsamen Gebräu zusammenmixt. Hier prallen Twin Peaks, Retro-Futuristik und Cosmic-Horror miteinander zusammen und die Faszination welche Absurditäten einem die Story als nächstes entgegenwirft ist nicht zu verachten. Leider bleiben einem jedoch die Charaktere größtenteils fremd, was auch daran liegt, dass der Schrifttext im Spiel sehr knapp, um nicht zu sagen abgehackt daherkommt. Man sollte hier also keinen Shakespear samt komplexer Charakterstudien erwarten. Lediglich beim Protagonisten hat man sich Mühe gegeben. Dieser kommentiert jeden neuen Screen mit einem schön geschriebenen Monolog und bringt auch sonst ein paar Marotten mit sich.
Interessant ist weiterhin, dass man hier drei verschiedene Endings erspielen kann, die jedoch ebenfalls sehr knapp und abgehackt gehalten wurden.
Solides Adventure-Gameplay, der Komfort lässt jedoch zu wünschen übrig
Weitaus weniger originell gibt sich Earthworms beim Gameplay. Dieses gelangt nämlich kaum über den Standard hinaus und lässt hier und da sogar zu wünschen übrig. So wird keine Hotspotanzeige geboten und es werden gerade einmal läppische fünf Speicherslots zur Verfügung gestellt – spiel ich hier etwa auf einem Game Boy-Modul oder was? Letzterer Mangel liegt wohl auch darin begründet, dass das Spiel nur ca. 3,5 Stunden kurz ist und die Entwickler daher wohl nicht glaubten, dass mehr als fünf Saveslots notwendig sind.
Aber wie dem auch sei. Es handelt sich um ein klassisches Point & Click-Adventure. Ihr dirigiert Daniel mit Mausklicks durch die Screens, tratscht mit NPCs, sammelt Gegenstände ein, kombiniert die gesammelten Gegenstände eventuell miteinander und nutzt sie um Problemstellungen zu lösen. Immer wieder gibt es auch nette Code-Apparatur-Puzzle zu lösen, was dankbare Abwechslung in den typischen Inventarrätsel-Alltag einbringt. Der Schwierigkeitsgrad ist dabei grundsätzlich eher niedrig angesetzt. So gesehen gab es keine einzige Stelle im Spiel, von der ich behaupten kann, dass ich dort hängengeblieben wäre. Problematisch ist jedoch das Erlangen des guten Endes: Das Abenteuer ist in drei Gebiete unterteilt, und wenn man ein neues Gebiet betritt, darf man nicht mehr in das vorherige zurückkehren. Um das gute Ende erreichen zu können, muss man im ersten Spielgebiet eine Sidequest absolvieren, um sich auf diese Weise einen Gegenstand zu verdienen. Versäumt man die Sidequest bzw. den Gegenstand bleibt einem etwas Spielinhalt im letzten Gebiet versperrt und man kann auch nicht das gute Ende erlangen.
Dieser Umstand hat bei mir zum Ende doch einigen Frust verursacht, vor allem da das Spiel eine eher fadenscheinige Begründung abliefert, warum Daniel nicht willens ist die Spitzhacke an der entsprechenden Stelle zu nutzen und somit den Weg zum besten Ende zu ebnen. Aber nun gut. Erwähnenswert ist noch, dass Earthworms versucht Daniels übersinnliche Fähigkeiten ins Gameplay zu integrieren. Ab und zu bekommt er düstere Visionen, welche in Form von gruseligen Grafiken daherkommen und in einem separaten Inventar gelagert werden. Diese Grafiken kann man dort dann auch noch mal begutachten, um eventuell Hinweise für Problemstellungen zu interpretieren. Zu mehr als das taugen die Visions-Grafiken jedoch nicht. Ehrlich gesagt kann man dieses Spielelement komplett ignorieren und das Spiel trotzdem ganz normal durchspielen.
Statt also die speziellen Fähigkeiten des Protagonisten auf eine derart belanglose Weise zu integrieren, wäre es besser gewesen, wenn die Polen noch etwas an der Handhabung des Spiels geschraubt hätten. Es gibt nämlich keine Hotkeys, um das Inventar, die Visions-Gallerie oder das sehr spartanisch gehaltene Questlog aufzurufen. Hierfür muss man immer den Mauscursor zum entsprechenden Button bewegen, was nerviger sein kann, als man denken mag. Immerhin hat man jedoch an eine Doppelklick-Funktion gedacht. Hierdurch kann man den Protagonisten rennen lassen, um Wegstrecken etwas abzukürzen.
Grafik und Sound
Wie schon in der Einleitung erwähnt, bildet die artistisch-krude Grafik einen Anreiz, sich näher mit Earthworms zu beschäftigen. Gibt eigentlich gar nicht so viel, was man zur handgezeichneten 2D-Grafik sagen könnte. Sie passt zum bizarr-surrealen Flair des Spiels und ist reine Geschmackssache. Ein Grund warum ich auf das Spiel aufmerksam geworden bin, war in der Tat der Grafikstil, der jedoch innerhalb des Spiels von den arg pimitiven Animationen der Charaktere abgewertet wird.
Darüber hinaus nervt die mangelhafte Technik. Das Spiel nutzt die Unity-Engine. Das heißt im Klartext, dass das Spiel Hardware-hungriger ist, als es die 2D-Grafik vermuten lässt. Beim öffnen des Spielprogramms lässt sich jedoch die allgemeine Grafikqualität in einem separaten Setup-Fenster regulieren. Mit einer niedrigeren Einstellung kann man da eventuell etwaigen Slowdown-Anfällen vorbeugen. Man sollte jedoch in jedem Fall vermeiden zwei mal schnell hintereinander denselben Hotspot anzuklicken, da das Programm hiermit nicht klarkommt und dann für mehrere Sekunden einfriert (ist zumindest bei mir so). Nutzer älterer PCs sollten wirklich erst mal die Systemanforderungen studieren, bevor sie sich das Spiel zulegen.
In akustischer Hinsicht kann das Spiel da schon wesentlich mehr überzeugen. Die Tracks verbreiten einen herrlich surreal-gruseligen Flair und helfen dabei den Spieler in diese seltsame Welt eintauchen zu lassen. Auch die Soundeffekte wissen zu gefallen, was jedoch nicht über die Abstinenz einer Sprachausgabe hinwegtröstet, welche dem Spiel sicherlich gut getan hätte und die bei P&C-Adventures ja auch eigentlich zum guten Ton gehört.
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