Double Dragon (GB) REVIEW
1987 hat das Beat’em Up/Brawler-Genre endgültig seinen Durchbruch erzielt. Dies war nämlich das Jahr, in dem Double Dragon in den Spielhallen veröffentlicht wurde und quasi über Nacht zum Kult-Klassiker der Video- und Computerspielgeschichte wurde. Selbstverständlich folgten über die Jahre hinweg zahlreiche Umsetzungen dieses Beat’em Up-Hits für alle möglichen Videospiel- und Heimcomputer-Systeme. 1994 gab es sogar eine Verfilmung des Stoffes. Doch in diesem Test wollen wir uns lediglich die Game Boy-Umsetzung anschauen, welche im August 1990 das Licht der Welt erblickt hat. Die Game Boy-Version basiert dabei auf der 2 Jahre zuvor erschienenen NES-Fassung, welche im Vergleich zur Arcade-Version drastische Änderungen verpasst bekam, um den Brawler mehr an die Gameplay-Gepflogenheiten von Nintendos 8-bit Konsole anzupassen. Da ich die NES-Version jedoch nie gespielt habe, muss die Game Boy-Fassung auf eigenen Beinen stehen. Dann wollen wir mal gucken, ob Double Dragon auch auf dem grauen Spieljungen überzeugen kann, oder nicht.
Jimmy Lee wird zum Schurken umgepfiemelt, warum auch immer
Marion (eigentlich Marian im Original), die Freundin des Martial Arts-Kämpfers Billy Lee wurde auf offener Straße von der fiesen Black Warriors-Gang entführt. Klare Sache, dass Billy da nicht tatenlos zuschauen kann und sich auf den Weg macht um Marion zu retten. Natürlich muss er sich auf den Weg zur feindlichen Bergfestung an zahlreichen Schergen der Gang vorbeikämpfen, damit er letztendlich dem mit Maschinengewehr bestückten Willy im Zweikampf entgegentreten kann. Was Billy jedoch nicht weiß, ist, dass sein eigener Bruder Jimmy Lee der eigentliche Anführer der Black Warriors ist.
Tja, und mit diesem Plottwist scheitert die GB-(und NES-)Version bereits bei der Story. Denn wer das Arcade-Original kennt, der weiß, dass Billy und Jimmy ja eigentlich gemeinsam Seite an Seite kämpfen und der „Endkampf“ der beiden lediglich ein sportliches Duell um die Gunst von Marian ist. Warum man sich gezwungen sah Jimmy für die NES- und GB-Version in die Schurkenrolle zu pressen, ist mir schleierhaft. Die GB-Version handhabt diese Maßnahme sogar noch peinlicher als die NES-Version. Denn wo Jimmy auf dem NES immerhin tatsächlich als Endgegner fungiert, taucht er auf dem GB lediglich im 2-Spieler-Modus auf, wo er für Story-unabhängige Duell-Kämpfe gegen seinen Bruder (bzw. Spieler 1) zur Verfügung steht.
Und falls das alles nicht schon lächerlich genug ist, folgt der Oberknaller mit der Fortsetzung Double Dragon II. Dort wird Jimmy nämlich wieder als hilfsbereiter Bruder zurückgebracht, der Billy zur Seite steht. Eine Erklärung für den Sinneswandel hatte man sich natürlich gespart. Also wenn man etwas hieraus lernen kann, dann die Tatsache, dass man es sogar fertig bringen kann eine primitive Alibi-Story vom Schlage „Rettet das Mädel“ zu verhunzen – Glückwunsch Technos Japan. Immerhin entblößt sich dieses Peinlichkeit aber nur, wenn man das Handbuch zur Verfügung hat. Im Spiel an sich gibt es nämlich nur die textlose Entführungssequenz als Story-Einweisung.
Schon mal was von Fair Play gehört!?
Im Kern ist Double Dragon natürlich ein Brawler. Ihr bewegt euch durch insgesamt vier lineare Stages und verprügelt sämtliche Gegner, die sich euch entgegen stellen. Aufgrund der Limitierung der Game Boy-Hardware müsst ihr euch dabei immer nur gegen maximal zwei Gegner auf einmal durchsetzen, von denen beide obendrein immer zur selben Gegner-Kategorie gehören. Inklusive des Endgegners Willy gibt es auch nur sechs verschiedene Typen von Gegnern im Spiel, allzu viel Abwechslung solltet ihr also nicht erwarten. Außerdem fährt die Mehrheit der Gegner sowieso die gleichen K.I.-Muster auf und gestalten sich als völlig anspruchslos im Kampf. Oftmals reicht es aus einfach nur stehen zu bleiben und auf die Faust-Angriffstaste zu mashen. Die Gegner erledigen dann den Rest, indem sie brav in eure Faust reinrennen und die volle Angriffskombo mit auf den Weg bekommen. Aufgrunddessen kommen die anderen Kampfmanöver im Spiel, wie der Spin-Kick oder der Ellenbogencheck auch nur sehr selten zum Einsatz, da man sie schlicht und einfach kaum benötigt. Selbiges gilt auch für die Waffen im Spiel, welche manchmal von Gegnern mitgeschleppt werden. Egal ob Baseball-Schläger, Peitsche, Felsklotz oder was auch immer, die taugen nicht mehr als die Standard-Angriffe und können daher auch gleich ignoriert werden.
Künstliche Intelligenz ist also kaum vorhanden. Lediglich Abobo (der riesenhafte Glatzkopf) stellt eine ernsthafte Gefahr dar, da seine Schlag-Reichweite einfach weiter ist als die von Billy, und seine Schläge obendrein verdammt viel Schaden anrichten. Leider gibt es auch kein hundertprozentiges Mittel gegen Abobo, weswegen sich dieser Gegnertyp ein wenig kaputt anfühlt. Aber auch die restlichen Gegner wirken aufgrund ihrer K.I.-Dummheit kaputt. Es gibt sogar Stellen im Spiel, wo die Gegner so doof sind, dass sie in aller Ruhe in Abgründe reinlatschen. Spätestens hier sollte auch dem Letzten klar werden, dass Double Dragon für den Game Boy kein Qualitätsprodukt ist.
Apropos Abgründe, diese entpuppen sich auch für den Spieler als tödliche Bedrohung. Es gibt nämlich keinen fest zugewiesenen Jump-Button, sondern nur einen Button für Faustschläge und einen für Tritte. Drückt man beide Buttons gleichzeitig, wird ein Sprungkick ausgeführt, mit dem man dann auch die Jump-Passagen im Spiel zu bewältigen hat. Es versteht sich von selbst, dass jede Jump-Passage hierdurch zu einer schwammigen Pfriemelei verkommt, welche wesentlich gefährlicher ist als jeder Gegner im Spiel (einschließlich Abobo). Und selbstverständlich bedeutet der Sturz in einen Abgrund den sofortigen Verlust eines Lebens. Und was Leben anbelangt stellt euch das Spiel nur 3 zur Verfügung und gewährt noch ein 4tes, sobald man 20.000 Punkte verdient hat. Das wars, mehr gibt es nicht. Sind diese 3 bis 4 Leben verpulvert wird man zum Titlescreen zurückgeworfen und muss das Spiel von Vorne beginnen. Continues werden einem nämlich nicht zur Verfügung gestellt. Und als ob das nicht schon schlimm genug wäre, arbeitet das Spiel auch noch mit Checkpoints. Die Stages sind in 2 bis 3 Abschnitte unterteilt. Verliert man ein Leben, wird man zum Start des jeweiligen Level-Abschnitts zurückgeworfen.
Ich verstehe natürlich, dass diese drastischen Maßnahmen dazu dienen dieses sehr kurze Spiel (ca. 25 Minuten) in die Länge zu ziehen. Allerdings wäre es diesbezüglich eleganter gewesen einfach ein paar gescheite Spieloptionen zur Verfügung zu stellen wie etwa höhere Schwierigkeitsgrade. Dummerweise bietet Double Dragon für den GB neben der Einzelspielerkampagne lediglich die bereits erwähnte Option für Versus-Kämpfe gegen einen zweiten Spieler (vorausgesetzt die technische Hardware steht zur Verfügung).
Der Einzelspieler-Modus wiederum ist eine bemerkenswert frustige Angelegenheit, denn neben der kaputten Gegner-K.I., ätzenden Jump-Passagen und den Verzicht auf Continues plagt euch das Modul auch noch mit unfairen Todesfallen, wie etwa den einsaugenden Stachel-Türen oder den hervorstoßenden Steinquadern in Stage 4. An dieser Stelle kommt man sich dann vor, als ob man eines dieser grässlichen Indiana Jones-Spiele und keinen Brawler zocken würde. Zugegebenermaßen helfen diese ganzen Bullshit-Maßnahmen aber immerhin dabei Abwechslung ins Spiel zu bringen. Die morbide Fasnization zu erfahren, welchen unfairen Mist euch das Game als nächstes um die Ohren wirft, ist nicht zu verachten. Andernfalls kann ich mir jedenfalls nicht erklären wieso ich mich durch diesen Käse gequält habe. Hat mich ja auch nur 10-15 Anläufe und jede Menge Nerven gekostet. Ich sag nur: Nie wieder!
Grafik und Sound
Nachdem die GB-Version von Double Dragon bezüglich Story und Gameplay eine eher fragwürdige Leistung abliefert, kann ich zumindest für den audiovisuellen Aspekt grünes Licht vergeben. Die Grafik ist für einen alten GB-Titel von 1990 überraschend gut gelungen und bietet blitzsaubere Sprite- und Umgebungsgrafiken. Die Locations sind obendrein der Arcade-Vorlage nachempfunden und bieten ein gutes Spektrum. Da reicht die Bandbreite von Straßengossen über eine Fabrikanlage, einen Wald bis hin zur Bergfestung deren inneres eher ein Fall für Doktor Jones gewesen wäre.
Auch der Soundtrack überzeugt. Die Tracks sind gefällig und bringen sogar einen erfreulich hohen Ohrwurm-Faktor mit sich. Die summt man selbst nach ausschalten des Game Boys fröhlich vor sich hin. Die Soundeffekte passen ebenfalls und variieren je nachdem welche Kampftechniken und Waffen zum Einsatz kommen. Gibt in audiovisueller Hinsicht wirklich nichts zu meckern. Schade, dass die anderen Bereiche des Spiels hier nicht mithalten können.
Pro & Kontra

- Ist abwechslungsreich
- Gute Grafik
- Gelungener OST mit Ohrwurmfaktor

- extrem unfair und frustig
- Die K.I. der Gegner ist sehr dumm
- Ein sehr kurzes Spiel (4 Stages die ca. 25 Minuten dauern)
- Kein 2-Spieler Coop-Modus, sondern nur ein kurzer Versus-Kampf
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