Call of Duty: Modern Warfare II REVIEW

In den vergangenen Monaten ist die Call of Duty Marke zum beherrschenden Streitobjekt im Konflikt zwischen Sony und Microsoft geworden. Während Microsoft bei den zuständigen Behörden darum ringt, die geplante Übernahme von CoD Publisher Activision Blizzard in trockene Tücher zu bringen und immer wieder betont die Shooter-Reihe werde (bis auf weiteres) auch auf PlayStation Plattformen erscheinen, stellt Sony die vor allem wirtschaftliche Wichtigkeit der Franchise für die eigene Plattform aber auch für das Medium im Allgemeinen heraus, um dem Deal Steine in den Weg zu legen. Und wie heißt es so schön: wenn Zwei sich streiten, freut sich der Dritte. Das trifft im Falle des jüngst erschienenen Call of Duty: Modern Warfare II gleich doppelt und dreifach zu, denn gleich nach dem Startwochenende verkündete Activision Blizzard: der neue Serienteil legt den erfolgreichsten Start in der Geschichte der Franchise hin.

Hinterfragung ja, aber bitte nicht zu viel


Call of Duty ist eine Instanz im Medium, ob man das nun mag oder nicht. Kaum eine andere Marke spielt in dieser Größenordnung mit, verschlingt derart viel Budget, nicht zuletzt für aufwendige Werbekampagnen. Und kaum eine andere Reihe hat eine derart treue Fangemeinde, die zwar auch gerne und vokal ihren Unmut äußert, wenn ihr mal was nicht passt, aber dennoch sicher am Releasetag ihre Version auf der Plattform der Wahl installiert. In diesem Jahr bekommen wir mit Modern Warfare II den Nachfolger zum Remake/Reboot der neben Black Ops beliebtesten Unter-Reihe.

Entsprechend setzt Modern Warfare II an den Ereignissen des Vorgängers an. Diesmal zieht die Task Force 141 gegen den Major Hassan Zyani und dessen Milliz ins Feld, die nicht nur von Russen und Iranern gestützt wird, sondern auf von mexikanischen Drogenkartellen. Ganz ungeachtet von realen Ereignissen inszenieren die Macher das gewohnte Action-Spektakel, referenzieren populäre Filme, mischen ein bisschen reale Geschichte mit hinein und haben tatsächlich hier und da auch mal ein bisschen Platz für Kritik an dem Vorgehen der vermeintlichen Helden. Das Vorgehen und die Intention der westlichen Militärs wird durchaus mal hinterfragt, am Ende kennt die Zeichnung der Helden und Antagonisten aber nur die gewohnte Schemata.

Ein bisschen Next-Gen-Feeling im Jahr 2 der PS5/Xbox Series


Ich war von der Geschichte der Kampagne milde unterhalten. Das Ganze flutscht locker vor sich hin, wirklich spannend wird es aber nie. Ich weiß: Figuren wie Ghost, Gaz, Soap und vor allem Price sind in der Community beliebt und ich gönne allen ihren Spaß. Mein Ding ist es nicht. Ich ziehe meine Unterhaltung vor allem aus den Action-Momenten und toll inszenierten Missionen. Davon gibt es auch in diesem Jahr einige.

Leider sind die zwei Besten bereits im Vorfeld durch das Marketing bzw. die Presse gegangen. Da wäre zum einen die nächtliche Mission auf einer Ölplattform, die dank absolut fantastischer Lichtstimmung und toll eingesetzter Physikberechnung dynamischer wirkt, als sie eigentlich ist. Zur Mitte der Mission wechselt man von der Ölplattform auf ein Schiff, welches im Sturm der See unruhig schaukelt und die geladenen Container durch die Gegend rutschen lässt. Das sieht visuell toll aus, hat spielerisch aber eine eher untergeordnete Rolle. Aber wie so oft bei der Reihe, so gilt auch bei Modern Warfare II: nicht so viele Gedanken machen und sich vom Sog erfassen lassen.

Die zweite Mission, bei der ich vor allem visuell sehr angetan war, führt nach Amsterdam. Die Mission selbst ist spielerisch wieder ziemlich öde und kurz, aber was die Entwickler hier dank Photogrammetrie-Technik auffahren, sorgt zwei Jahre nach Erscheinen der aktuellen Konsolen tatsächlich für Next-Gen-Feeling. Das hier übermäßig viele Shader zum Einsatz kommen und die Lichtstimmung weniger authentisch wirkt und vor allem dem Auge gefallen soll, ist geschenkt.

Wenig Kreativität bei den Settings



Die Technikabteilung wird einmal mehr ihrem Ruf gerecht und fährt auch an anderer Stelle groß auf. Sowohl die Kampagne als auch der Multiplayer laufen wie gewohnt in astreinen 60 Frames, die Grafikqualität der Assets in der Kampagne ist enorm und die verschiedenen Setpieces stets hübsch anzusehen. So schön die Schauplätze auch inszeniert sind und so abwechslungsreich die über den gesamten Globus verteilten Orte auf dem Papier auch sind, so langweilig finde ich einen Großteil der gewählten Szenarien mittlerweile. Erneut geht es in fiktive Nahostländer, die eine Mischung zwischen dem Irak und Afghanistan darstellen.

Die in Mexiko spielenden Abschnitte sehen genauso aus, wie man sich das beim Lesen dieses Satzes jetzt denkt (inklusive eines Tag der Toten Schreins in fast jedem Haus durch welches man geht). Dazu gibt es Militäranlagen (schnarch), ein Gefängnis (naja) und einen Level in welchem man aus der Sicht einer Drohnenkamera feindliche Truppen unter Beschuss nimmt. Auch das kennt man schon. Letztlich ist man mittlerweile an einen Punkt angekommen, wo man schon seit unzähligen Jahren mit dem Zweiter Weltkriegssetting ist: es gibt einfach nichts neues mehr.

Ein Highlight, ansonsten durchwachsen


So richtig bewusst ist mir dies aber erst im Multiplayer-Modus geworden. Wie gewohnt orientiert sich eine Vielzahl der Maps an den Orten aus der Kampagne. Also erneut Mexiko, der fiktive Nahe Osten und so weiter. Von den zum Launch verfügbaren zehn Maps für die populären 6 vs. 6 Modi (Team Deathmatch, Herrschaft, Stellung, Abschuss bestätigt usw.) gefällt mir mit dem angenehm verschachtelten und doch übersichtlichen Breenbergh Hotel nur eine Map wirklich. Der ganze Rest? Durchwachsen bis schlecht. Der absolute Höhepunkt und schon jetzt wohl die am meisten gehasste Map der Community seit vielen Jahren: Santa Sena Border Crossing.

Ich kann nicht nachvollziehen, wie es diese Karte durch die interne Qualitätsprüfung geschafft hat. Es handelt sich um eine einspurige Karte, die aufgrund ihres Aufbaus keinerlei Möglichkeiten zum Flankieren bietet. Stattdessen befinden sich beide Teams in einem Tauziehen, welches – je nach Modus – in Camping-Verhalten und Frustration endet. Die Spawns sind grundlegend kaputt. Es ist keine Seltenheit, dass man direkt hinter Spielerinnen/Spielern des gegnerischen Teams spawnt bzw. umgekehrt. Zu allem Übel ist die Karte voller Autos, die bei Beschuss explodieren. Das klingt eigentlich interessant und ich habe durchaus viel Sympathie für Maps mit einem gewissen Chaos-Faktor. Aber hier ist der komplette Spaßfaktor abhandengekommen.

Ballern, leveln, ballern, leveln – der ewige Kreislauf


Abseits der kleinen Modi gibt es mit Bodenkrieg und Invasion auch zwei große Modi auf großen Maps. Und auch hier überwiegt in meiner bisherigen Erfahrung das Chaos. Je nachdem, wo man spawnt, wird man gleich von wartenden Snipern ausgeschaltet. Fahrzeuge (wie Panzer oder Quad zu bekommen) ist aufgrund der Teamgrößen von 32 vs. 32 Glücksspiel, immerhin ist das Balancing einigermaßen okay, sodass man als Infanterie nicht komplett baden geht und sich durchaus gegen gepanzerte Fahrzeuge zur Wehr setzen kann, sofern man die richtige Ausrüstung dabei hat.

Einigermaßen Neu im Franchise ist außerdem der Wechsel von der First-Person in die Third-Person Eine entsprechende Playlist für einige der kleinen Modi (Deathmatch) steht zur Verfügung. Ungewohnt, aber durchaus spaßig. Ich weiß leider gar nicht, ob die Option auch für das noch kommende Warzone 2 geplant ist. Aber gerade dort erscheint mir ein Wechsel zwischen beiden Modi (ähnlich wie bei PUBG) als gewinnbringendes Feature. In den doch eher schnellen Runden auf den kleinen Karten spielt sich das Ganze noch recht chaotisch – mag aber eine Frage der Gewöhnung sein.

Die bekannten Karotten funktionieren wie gehabt. Es hat schon einen Grund, warum das Auflevel-System für Waffen und Kontolevel inklusive dem ikonischen Sound von der Konkurrenz übernommen wurde und man beim Original bis heute dem System treu bleibt. Es ist schlicht unfassbar befriedigend, wenn Levelups aufploppen, man neue Aufsätze für Waffen freischaltet und Zugriff auf neue Killstreaks und Ausrüstung erhält. Und auch das Waffenhandling ist gewohnt gut und fühlt sich befriedigend an, ebenso wie das Movement. Aber das war ja in den letzten Jahren selten ein Problem, egal von welchem Ableger.

Ein bisschen Rambo hier, ein bisschen MacGyver da


Werde ich Modern Warfare II noch weiterspielen? Hach…Ja, sicherlich. Gemeinsam mit Freunden im Voicechat stellt sich da das wohlige Gefühl vergangener Lan-Tage bei mir ein, nach wie vor. Es hängt für mich aber auch aktuell viel von den noch kommenden Warzone 2 und vor allem dem neuen DMZ-Modus, der an Escape from Tarkov oder auch Hunt: Showdown angelehnt ist ab. Und auch wird es in Zukunft sicherlich weitere Maps geben, einige davon dürften Neuauflagen bekannter Klassiker sein. Mal schauen, mal schauen.

Insgesamt stelle ich aber doch fest: aktuell bin ich ein bisschen ausgebrannt von der Formel. Das mag ein sehr persönliches Empfinden sein, keine Frage. Aktuell sind es aber eher andere Shooter und Ansätze, die mich mehr begeistern. Das gilt hier aber eben auch für die Kampagne. Die Entwickler in allen für das Franchise verantwortlichen Studios sind mittlerweile durchaus bemüht Abwechslung reinzubringen. Und auch in Modern Warfare II gibt es eine Mission, bei der ich komplett gewaltlos vorgehen kann und stattdessen meine Stealth-Skills gefragt sind. In einer anderen Mission kommen Rambo Fans auf ihre Kosten und dürfen sich im Guerilla-Kampf üben, inklusive MacGyver Basteleien, um sich Türöffner, Sprengminen und Molotov Cocktails herzustellen. Die berühmte Tschernobyl-Mission wird referenziert, hat aber längst nicht die dichte Atmosphäre von einst. Und spätestens bei den wenigen Momenten, in denen ich in Dialoge aus verschiedenen Antworten auswählen kann habe ich das Gefühl, das man Features wirklich nur einbaut, um sie irgendwo mal in einem Klappentext aufzählen zu können. Spielerischer Mehrwert hingegen wird abseits der Ballereien selten hergestellt.

Pro & Kontra

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Pro
  • audiovisuell spektakulär inszenierte Kampagne
  • überarbeitete Grafik-Engine bietet mitunter Next-Gen-Feeling
  • spielerisch abwechslungsreich gestaltete Solo-Missionen
  • befriedigende Freischaltmechaniken im Multiplayer
  • umfangreiche Auswahl an Modi (Multiplayer)

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Cons
  • altbekannte Settings
  • uninspiriert wirkende Multiplayer-Maps, denen schnell die Luft ausgeht
  • auf manchen Maps & Modi katastrophale Spawn-Points
  • Story deutet zwar kritische Untertöne an, macht aber wie gehabt gar nichts draus

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Spiel Bewertung
Singleplayer
78
79
Okay
80
Multiplayer

FAZIT

Ach, was mache ich mit dir Call of Duty Modern Warfare II? Zu behaupten, das Spiel wäre schlecht, wäre absoluter Quatsch. Rein qualitativ betrachtet ist das Paket auf hohem Niveau, der Polish ist auf Konsolen ordentlich. Audiovisuell ist die Kampagne stellenweise ein absoluter Augen- und Ohrenöffner und eines der wenigen Spiele, wo tatsächlich auch was von Next-Gen durchscheint. Demgegenüber stehen die Schauplätze, die mich fast nur noch langweilen. Ich verstehe schon, modernes Setting und alles. Okay. Aber ich kann die ewigen Wüstenszenarien einfach nicht mehr sehen. Das gilt für die Kampagne wie auch für den Multiplayer. Missionen, wie die in Amsterdam oder auf der Bohrinsel zeigen hingegen wunderbar, das es auch noch mehr zu entdecken gibt. Leider verlässt man sich am Ende, wie so oft, auf das Bekannte. Das, was sicher funktioniert. Das, was den größten Nenner herstellt.

- Von  Adrian

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