Baphomets Fluch II: Die Spiegel der Finsternis REVIEW
Am 30. September 1996 veröffentlichte das britische Entwicklerstudio Revolution Software mit „Baphomets Fluch“ (bzw. Broken Sword im englischen Original) einen massiven Hit im Genre der Point & Click-Adventures. Dementsprechend hat es wohl niemanden überrascht, dass eine Fortsetzung produziert wurde. Ungewöhnlich war jedoch die hohe Geschwindigkeit, mit derer Baphomets Fluch II: Die Spiegel der Finsternis fertiggestellt wurde. Denn die PC-Version war schon am 17. Oktober 1997 verfügbar. Die Playstation-Version erschien kurz darauf am 14. November 1997. Es hat also nur etwas länger als ein Jahr gedauert die Fortsetzung nachzuschieben.
Jetzt stellt sich natürlich die Frage, ob Baphomets Fluch II ein Schnellschuss ist, oder den hohen Qualitätsstandard des Originals halten kann. Die Antwort findet ihr im folgendem Review.
George und Nicole kommen einem überambitionierten Drogenbaron in die Quere
Nach den Ereignissen des ersten Teils war George Stobbart gezwungen zurück nach Hause in die USA zu fliegen, da sein Vater plötzlich im Sterben lag. Sechs Monate später kann er endlich nach Paris zurückreisen, um die Beziehung zu seiner potentiellen Freundin Nicole „Nico“ Collard weiter aufzubauen. Doch aus der trauten Zweisamkeit wird erst mal nichts, denn Nicole ist schon an dem nächsten Fall dran. Während ihrer Recherchen über den mexikanischen Drogenbaron Karzac gelangte sie in den Besitz eines mysteriösen Mayasteins. Um die Hintergründe des Objekts und dessen Verbindung zu Karzac zu erforschen, will sie sich mit dem Archäologen Professor Oubier treffen. George, der kurz zuvor in Paris eingetroffen ist, darf sie zu dem Treffen begleiten.
Natürlich stellt sich das Treffen als Falle Karzacs heraus. Dessen Schergen betäuben und entführen Nico, knocken George aus, fesseln ihn an einen Stuhl, setzen das Wohnzimmer von Oubiers Villa in Brand und lassen eine Tarantel zurück, welche George töten soll. Glücklicherweise erlangt dieser rechtzeitig das Bewusstsein, so dass er jetzt versuchen kann sich den Hals zu retten und Nicole zu befreien, sofern er denn herausfinden kann wohin die Gangster sie verschleppt haben. Allerdings sind dies lediglich die ersten Schritte des Abenteuers, denn Karzac hat weitaus größere Ambitionen als Drogenschmuggel. Er pfuscht mit Mächten herum, von denen Sterbliche besser die Finger lassen sollten. Sieht so aus, als müssen George und Nico mal wieder eingreifen, um die Welt zu schützen.
Tja, und mehr gibt es zur Handlung auch nicht zu sagen. Im Endeffekt geht es halt nur darum einem Schwerverbrecher das Handwerk zu legen. Eine komplexere Verschwörung wie im Vorgänger sollte man nicht erwarten. Dieses mal ist die Story weitaus geradliniger. Zwar werden auch hier wieder übernatürliche Elemente in Form einiger Maya-Götter behandelt, aber eine wirkliche Faszination wie im Vorgänger möchte sich nicht einstellen. Der historische Hintergrund ist dieses mal auch nur sehr schwach ausgeprägt. Zwar stammen die genannten Gottheiten tatsächlich aus dem Maya-Pantheon, jedoch vermittelt Baphomets Fluch II: Die Spiegel der Finsternis nicht mehr den Eindruck, als ob es Interesse an geschichtlichen Hintergründen vermitteln wolle. Es wird auch viel fiktiver Nonsens eingestreut. Der erste Teil hat einen guten Job geleistet Fiktion mit historischen Wissen zu vereinen. Teil 2 scheint jedoch größtenteils auf den historischen Aspekt zu verzichten. Das ist schade, denn der historische Anstrich war im ersten Teil ein wertvoller Bestandteil, den Sense of Wonder des Spielers anzukurbeln.
Glücklicherweise sind die Dialoge und Monologe wieder sehr gut geschrieben. Georges trockene Sprüche zaubern wieder ein dickes Grinsen aufs Gesicht, während Nicoles Sarkasmus einen wunderbaren Gegenpol zu Georges gebaren darstellt. Die Beiden gehören mit zu den sympathischsten Charakteren im Adventure-Genre. Und natürlich treffen sie wieder auf viele schrullige NPCs, welche einiges an Komik ins Abenteuer bringen. Zwar können die Qualität und Quantität der Sprüche nicht mit dem ersten Teil mithalten, aber das ist Meckerei auf hohem Niveau. Die Handlung hätte aber wirklich spannender und interessanter sein dürfen.
Altbekanntes Point & Click-Gameplay mit einigen Straffungen und Pixelhunting
Spieltechnisch ist Baphomets Fluch II: Die Spiegel der Finsternis ein ganz gewöhnliches Point & Click-Adventure. Ihr dirigiert euren Charakter mit Mausklicks durch die Spielwelt, untersucht Hotspots, redet mit NPCs, sammelt Gegenstände, kombiniert diese eventuell untereinander und nutzt sie, um Problemstellungen zu lösen. Was das Kombinieren von Gegenständen anbelangt, möchte ich aber gleich gesagt haben, dass dies nur sehr selten notwendig ist. Die Häufigkeit, wie man so etwas durchführen muss, kann man an einer Hand abzählen.
Die Quantität der Inventarrätsel wurde seit dem ersten Teil zwar angehoben, ist jedoch immer noch spürbar niedriger angesetzt als bei anderen Point & Click-Adventures. Stattdessen wird auch hier wieder der Dialog mit NPCs in den Vordergrund gesetzt. Anders als im ersten Teil kann man die NPCs nicht mehr zu jedem einzelnen Gegenstand im Inventar befragen, womit das Abenteuer natürlich auch gestrafft wird. Humorvoll sind die Gespräche natürlich immer noch, wobei die Dialoge beim ersten Teil witziger waren.
Beim Abwechslungsreichtum lässt das Spiel leider etwas zu wünschen übrig. Wie schon im ersten Teil gibt es ein paar Game Over-Trigger. Es lohnt sich also regelmäßig abzuspeichern, wofür natürlich viele Saveslots zur Verfügung stehen. Einige Tode werden aber immerhin mit einer individuellen Zwischensequenz „belohnt.“ Dann gibt es noch einige Timing-Puzzle, wie Nicos Schleicheinlage auf dem Schiff der Schurken. Und ja, Nico wird in Teil 2 als spielbarer Charakter eingeführt. Sie ist dann auch diejenige, welche gegen Ende des Spiels eine schöne, wenn auch träge Symbol-Puzzle-Apparatur zu bedienen hat. Ein paar mehr Puzzle dieser Art hätten dem Spiel durchaus gut getan. Ansonsten wäre noch das Wald-Labyrinth eine Erwähnung wert, mit dem sich George auseinandersetzen muss. Wie es Labyrinthe so an sich haben, kann dieses sehr lästig werden.
Ansonsten gibt es aber nichts nennenswertes an der Rätselfront. Sollte man hängenbleiben lohnt es sich noch mal mit allen NPCs zu quatschen, da sich eventuell neue Dialogoptionen geöffnet haben. Ansonsten lässt sich das Spiel ganz gut aus eigener Kraft lösen. Ich selbst musste nur an einer Stelle eine Komplettlösung zu Rate ziehen. Das besagte Rätsel mit den Hornissen war aber auch recht fies und sticht somit negativ hervor.
Aufgrund des hohen Alters des Spiels, wird keine Hotspotanzeige geboten. Dies ist durchaus problematisch, da Baphomets Fluch 2 ein recht hohes Maß an Pixelhunting aufweist. Oftmals muss man schon genau hingucken oder sorgfältig mit dem Mauscurser fahren, damit man nichts übersieht und in einer Sackgasse landet. Das Spiel ist jedoch linearer als der Vorgänger. Eine Hub-Stadt, welche Backtracking provoziert gibt es nicht mehr. Stattdessen geht es nun strikt von Region zu Region. Hierdurch werden Längen vermieden, jedoch auch die Spieldauer reduziert. Im Durchschnitt sollte es ca. 9 Stunden dauern das Spiel durchzuspielen. Die kürzere Spieldauer ändert jedoch nichts daran, dass George und Nico wieder sehr gemächlich durch die Screens schlurfen. Dieses mal gibt es jedoch Doppelklick-Mechaniken, um Wege durch Ein- und Ausgänge abzukürzen.
Grafik und Sound
In grafischer Hinsicht hat sich seit dem ersten Teil nichts verändert. Es wird derselbe ansehnliche Zeichentrick-Stil verwendet. Sowohl die Hintergründe, die Charaktermodelle als auch die Zwischensequenzen sind handgezeichnet, so dass das gesamte Spiel wie aus einem Guss wirkt. Dementsprechend ist die Grafik auch sehr gut gealtert und ist selbst heutzutage noch hübsch anzuschauen. Durch die gelungenen Animationen erweckt das ganze den Eindruck eines spielbaren Zeichentrickfilms. Wie gesagt: Wer den ersten Teil kennt, weiß was ihn hier erwartet.
Auch beim Soundtrack wagt man keine Experimente und engagierte erneut den professionellen Film- und Ballettkomponisten Barrington Pheloung, welcher inzwischen leider verstorben ist. Seine Melodien bleiben jedoch erhalten und stellen auch für Baphomets Fluch II: Die Spiegel der Finsternis eine echte Bereicherung dar. Sie verbreiten jeder Ingame-Region eine charmante Atmosphäre, ohne sich zu stark in den Vordergrund zu drängen. Doch trotz seiner angenehm zurückhaltenden Art, fällt der OST nicht in die Hintergrund-Gedudel-Falle, wie sehr viele andere Soundtracks, welche diesen Stil beschreiten möchten. Da merkt man halt den Qualitätsunterschied zwischen den Kompositionen eines Meisters und von Möchtegerns. Kurz gesagt: Der Soundtrack des zweiten Teils ist genauso gut wie jener von Teil 1. Und auch die deutsche Sprachausgabe fällt wieder sehr hochwertig aus. Für die beiden Protagonisten wurden dieselben Sprecher verwendet, wie im ersten Teil. Erneut hauchen sie den Charakteren viel Leben und Charisma ein. In audiovisueller Hinsicht kann Baphomets Fluch 2 mühelos mit seinem Vorgänger gleichziehen.
Pro & Kontra

- zwei sympathische Protagonisten mit unterhaltsamen, trockenen Humor
- schöne, zeitlose Grafik im Zeichentrick-Stil
- sehr sympathischer OST und tolle deutsche Sprachausgabe
- routiniertes, solides Adventure-Gameplay mit relativ fairem Schwierigkeitsgrad

- das Pixelhunting ist stellenweise zu stark ausgeprägt
- das Hornissen-Rätsel ist recht unfair und es gibt ein etwas lästiges Wald-Labyrinth
- die Handlung ist nicht mehr so interessant wie im ersten Teil
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