Anodyne REVIEW

Anodyne ist der am 22. März 2013 veröffentlichte Debut-Titel des US-Amerikanischen Indie-Entwicklers Analgesic Productions. Es ist eines der vielen Spiele, die ich mal über ein Game-Bundel erworben hatte, aber lange Zeit ignorierte, da es mich von den Screenshots her einfach nicht überzeugen konnte. Und das, obwohl ich solche Action-Adventures im Retro-Zelda-Stil eigentlich recht gerne hab. Erst als die Fortsetzung eintrudelte, welche ca. sechs Jahre nach Teil 1 urplötzlich auf der Matte stand, konnte mein Interesse an der Anodyne-Franchise geweckt werden, denn Teil 2 macht einen wesentlich interessanteren Eindruck als Teil 1. Also entschloss ich mich, dem ersten Teil letztendlich eine Chance zu geben. Ob es sich gelohnt hat meine Zeit in dieses Spiel zu investieren, möchte ich euch im folgenden Test verraten.

Der Mensch braucht Ziele, keine schwammigen Anweisungen

Wir übernehmen die Kontrolle über einen Typen namens Young, der mit seinen platinblonden Haaren und Sonnenbrille eher fehl am Platz wirkt. Außerdem gehört er zur Gattung der stummen Protagonisten, was es freilich nicht einfacher macht der kruden Handlung zu folgen.

Young erwacht eines Tages in seinem eigenen Unterbewusstsein. Dort wird er schon vom „Sage“ (engl. für „Der Weise“) erwartet, welcher Young den Auftrag gibt eine dunkle Macht zu bekämpfen, die es auf etwas namens „Briar“ abgesehen hat. Young soll Briar vor der dunklen Macht beschützen, und wird mit dieser sehr schwammigen Anweisung in die tiefen seines Unterbewusstseins geschickt. Wie sich jedoch mit der Zeit herausstellt, bindet der Sage unseren Protagonisten lediglich Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen ans Bein, denn plötzlich sollen wir irgendwelche Sammelkarten, sowie Schlüssel sammeln, ohne die wir unsere Quest nicht abschließen können. Was es genau mit dem Sage, Briar und dieser seltsamen Traumwelt auf sich hat, müsst ihr jetzt freilich selbst herausfinden. Allerdings wird euch das schwer fallen, denn die Handlung bleibt quasi durchgehend kryptisch und vermeidet es partout klare Statements abzugeben.

Und da auch die NPCs wenig zum Verständnis des Ganzen beitragen, bleibt es bei einem wirren Gebräu, das zwar viel Interpretationsspielraum gewährt, aber eben kein vernünftiges Fundament schafft, auf dem man fröhlich hin- und herinterpretieren könnte. Was bleibt ist ein gutes Beispiel für das Sprichwort „Übers Ziel hinausgeschossen.“

Was bleibt, wenn man über das Gimmick hinausblickt?



Mit einer angemessen routinierten Controller-Steuerung (andere Steuerungsoptionen wie die Tastatur hab ich nicht ausprobiert) dirigiert man Young aus der Vogelperspektive durch die Spielwelt, erkundet eine ziemlich schwach aufgebaute Oberwelt und relativ kompetente Dungeon-Abschnitte, löst ein paar Rätsel und verkloppt diverse Kreaturen in Echtzeit. Für Letzteres steht einem ein Besen zur Verfügung, welcher hier als Schwert-Ersatz dient und der auch eine nützliche Sekundärfunktion bietet. Denn wie es sich für einen Besen gehört, kann man mit dem Ding Staub zusammenkehren. Der hierdurch gesammelte Staubbrocken kann anschließend an anderer Stelle platziert werden, um etwa Schutzbarrieren vor Energiestrahlen zu bilden. Oder man verwendet den Staubbatzen als Floß, mit dem Young prima durchs Wasser schippern kann. Der Besen ist eine nette kleine Idee, die leider nicht darüber hinwegtäuscht, dass sich die Möglichkeiten in Anodyne dann doch sehr stark in Grenzen halten. Abgesehen von drei verschiedenen Besen-Waffen (die Standardvariante, einer mit breiter Schlagfläche und einer mit längerer Reichweite), erlangt man später noch Schuhe mit denen man springen kann, sowie den Swapper, mit dem man jeweils zwei Grafiktiles austauschen darf. Letzteres Untensil erhält man jedoch erst kurz vorm Finale und dient in erster Linie für ein einziges Schlussrätsel, sowie als Game+ Gimmick, aber dazu später mehr.

Auf jeden Fall sind die Möglichkeiten stark begrenzt drei Besen-Typen zum kämpfen inklusive Staubmechanik, sowie ein paar Schuhe mit denen man hüpfen darf. Die Hüpferei funktioniert hier wesentlich flüssiger als in den alten Zelda-Teilen, was vom Entwickler leider dazu genutzt wird, einige ziemlich nervige Jump-Passagen reinzuklatschen.

Da man keinen Schild hat, muss man sich im Kampf darauf konzentrieren den Angriffen auszuweichen und im richtigen Moment zu kontern. Ist auch in Ordnung, solange man es mit den regulären Gegnern zu tun hat. Dummerweise werden jedoch auch die Bossgegner nach diesem Muster abgewickelt, was dann doch eher öde als spannend herüberkommt. Die Überraschung kommt jedoch mit dem finalen Bosskampf, der sich dann doch tatsächlich wie ein richtiger Zelda-Boss anfühlt. Leider ist das zu wenig zu spät, denn alle anderen Bosse spielen sich schlichtweg langweilig und uninspiriert. Ein Umstand, der umso ärgerlicher wirkt, da der Entwickler im finalen Gefecht ja beweist, dass er es auch besser kann.

Die Qualität der Rätsel geht nur selten über den Standard hinaus. Töte alle Gegner um eine Schatztruhe mit nem Schlüssel zum Vorschein zu bringen, Fallenmechanismen ausweichen und das Staubgimmick nutzen, welches man sehr schnell durchschaut hat. Nur selten wird es wirklich kreativ, so muss man etwa in einem Apartement-Dungeon schreckhafte Riesenkäfer auf Bodenschalter scheuchen, um hierdurch eine Tür zu öffnen. Aber interessante Rätsel wie diese sind dann doch eher die Ausnahme, zumal die meisten Dungeons zwar durchaus solide und in Einzelfällen sogar gut aufgebaut sind, aber dann doch die Finesse eines Zeldas vermissen lassen. Als schlecht muss man hingegen die Oberwelt bezeichnen, die den Eindruck erweckt, als hätte der Entwickler diese nur eingebaut, weil ein Zelda-Klon eben auch unbedingt eine Oberwelt braucht. Das Ergebnis ist eine peinliche Ansammlung von Korridor-Passagen mit einem Touch Labyrinth. Und ja, die Oberwelt fühlt sich so spaßfrei an, wie sich das liest. Also bitte nicht mit den tollen Erkundungsaspekt rechnen, dem man von vergleichbaren Spielen gewohnt ist.

Und damit gibt es auch nur noch eine Sache, die zu besprechen wäre. Der Swapper und die damit zusammenhängende Game+ Funktion. Wie gesagt kann man mit dem Swapper Tiles austauschen. Allerdings darf man den Swapper erst dann im kompletten Spiel einsetzen, wenn man Anodyne nach ca. 5 Stunden Spielzeit durchgezockt hat und einen Game+ Save anlegt. Nun könnt ihr den Swapper nutzen, um neue Durchgänge in der Spielwelt zu öffnen, neue Dungeons und Schatztruhen zu entdecken und sogar aus dem Spiel herauszuglitchen.

Viele Anodyne-Spieler sind derart beeindruckt von diesem Gimmick, dass sie dieses eigentlich durchschnittliche Action-Adventure gerne in den Himmel loben. Dummerweise hat mich diese Bonus-Möglichkeit eher kalt gelassen. Zunächst einmal ist der Swapper etwas unhandlich einzusetzen, und dann ist da noch die Problematik, dass man das Spiel zurücksetzen muss, wenn man sich durch den Swapper in eine Sackgasse manövriert hat, was öfter passiert, als man denken mag. Kurz gesagt: Der Gebrauch des Swappers kostet mehr Nerven als angebracht. Darüber hinaus ist sich das Spiel auch nicht zu schade den Spieler zu trollen. Viele Ortschaften, die sich als lohnendes Swap-Ziel präsentieren ärgern euch dann nämlich mit nem leeren Raum und so. Außerdem bietet dieser Game+ Inhalt keinerlei Handlung oder dergleichen. Man kann halt weitere Sammelkarten und nutzlose Schätze einsacken, die eben in den entsprechenden Menüunterpunkten gehortet werden – Big Whoop.

Grafik und Sound



In grafischer Hinsicht gehört Anodyne zu jenen Spielen, die sich zwar einerseits am Nostalgiebonus der 16-bit-Ära klammern, aber auf der anderen Seite dann doch ihr eigenes, seltsames Ding durchziehen wollen, statt den offensichtlichen Vorbildern die Treue zu halten. Anodyne missfällt nicht nur wegen einer gewissen Grobpixeligkeit, die einem echten 16-bit-Titel nicht gerecht wird, sondern auch wegen seines zurechtgestauchten Bildausschnitts, der an einschlägige Danmaku-Games (Bullethell) erinnert. Dummerweise ist das hier aber kein Danmaku-Spiel, wo der zurechtgestauchte Screen Gameplay-technischen Sinn ergibt, sondern ein Top-Down Action-Adventure im Zelda-Stil. Es gibt also keine Entschuldigung dafür, wieso nur ca. 50 Prozent des Bildschirmumfangs genutzt wird und am linken und rechten Bildschirmrand fette schwarze Balken prangern. Und ich will jetzt keine Gammel-Ausrede von wegen Indie-Kunst oder vergleichbaren Käse hören! Trotz teilweise surrealer Ortschaften kann die Pixelgrafik also nicht so richtig überzeugen und bietet nur wenige optische Highlights.

Eine wesentlich bessere Figur macht dafür der Soundtrack, welcher eine wunderbare surreal-melancholische Stimmung erzeugt, die ich noch in keinem anderen Spiel erlebt habe. Der OST ist ohne weiteres das Beste, was Anodyne zu bieten hat. Dessen scheinen sich auch die Entwickler bewusst zu sein, weswegen sie den OST als DLC für 3,99 Euro verkaufen.
Wie in der Einleitung angesprochen, hat es Anodyne inzwischen zu einem Sequel gebracht. Dieses soll storytechnisch jedoch nicht mit Teil 1 zusammenhängen, weswegen für „Anodyne 2: Return to Dust“ keine Vorkenntnisse erforderlich sind.

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Pro
  • schöner Soundtrack, der seinen eigenen Flair erzeugt
  • sehr gute Steuerung und Spielbarkeit
  • spätere Dungeons sind ganz gut aufgebaut und bieten auch einige nette Rätsel

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Kontra
  • die Handlung ist nicht viel mehr als ein kryptisches Interpretations-Gebräu
  • etwas zu grobpixelige Grafik, die obendrein in einem zusammengestauchten Bildformat dargestellt wird
  • öde Bossgegner (der finale Bosskampf ist aber gut gelungen)
  • die Spielabschnitte zwischen den Dungeons wirken eher zäh und nervig
  • die Jump-Passagen im späteren Spielverlauf können sehr nervig werden

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Pro & Kontra

thumbs-up-icon

Pro
  • schöner Soundtrack, der seinen eigenen Flair erzeugt
  • sehr gute Steuerung und Spielbarkeit
  • spätere Dungeons sind ganz gut aufgebaut und bieten auch einige nette Rätsel

thumbs-up-icon

Kontra
  • die Handlung ist nicht viel mehr als ein kryptisches Interpretations-Gebräu
  • etwas zu grobpixelige Grafik, die obendrein in einem zusammengestauchten Bildformat dargestellt wird
  • öde Bossgegner (der finale Bosskampf ist aber gut gelungen)
  • die Spielabschnitte zwischen den Dungeons wirken eher zäh und nervig
  • die Jump-Passagen im späteren Spielverlauf können sehr nervig werden

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Spiel Bewertung
Singleplayer
67
67
-
Multiplayer

FAZIT

Nun, wenn ich Anodyne mit einem Wort beschreiben müsste, dann würde ich das Wort „Meh“ wählen. Dieses Indie-Top-Down Action-Adventure mag zwar gut spielbar sein, ein paar nette Rätsel bieten und mit einer interessanten Game+ Idee locken, aber unterm Strich erwartet einem ein eher langweiliges Machwerk, dass sich hinter dem Deckmantel der Indie-Kunst so einige grobe Schnitzer leistet. Die Handlung ist kryptischer Müll – muss man einfach mal so deutlich ausdrücken. Die Grafik ist dermaßen grobpixelig, dass keine nostalgischen Gefühle entstehen möchten. Und ich verstehe beim besten Willen nicht, warum man den Bildausschnitt auf Danmaku-Breite quetschen musste. Macht null Sinn. Und da im Gameplay-Bereich eigentlich auch keine wirklich nennenswerten Highlights ins Gedächtnis springen wollen, kann man nur noch den OST als großes Pro-Argument aufführen. Dieser erzeugt eine schöne surreal-melancholische Stimmung, welche Anodyne einiges an Persönlichkeit mit auf dem Weg gibt. Versteht mich nicht falsch, Anodyne ist schon ganz launig, aber wenn man so ein improvisiertes Indie-Spielchen kurze Zeit nach einem Vollblüter wie Minish Cap zockt, dann merkt man recht schnell, dass hier nicht allzu viel dahintersteckt.

- Von  Volker

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Anodyne REVIEW

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