Age of Mythology: Retold REVIEW
In den vergangenen Monaten wird gefühlt meine halbe Videospiel-Jugend neu aufgelegt. Die beiden Tomb Raider Trilogien von Core Design haben durch Aspyr richtig schöne Neuauflagen erhalten, Legacy of Kain Soul Reaver 1 & 2 und Suikoden 1 & 2 wurden ebenfalls mit gelungenen Remastern bedacht, außerdem kommen im Sommer auch noch Tony Hawk 3 & 4 als Remake. Und dann ist da eben auch noch Age of Mythology: Retold, die Neuauflage meines liebsten RTS-Spiels nach Age of Empires 2. Und Letzteres kommt ja auch demnächst! Kurzum: ich bin derzeit ziemlich glücklich was den nicht enden wollenden Trends der Remaster und Remakes angeht und Age of Mythology: Retold trägt da einen nicht unerheblichen Teil zu bei.
Multiplattform = mehr glückliche Spielerinnen und Spieler

„Moment mal!“, wird manch einer sich denken, denn das Remake/Remaster erschien schließlich schon im letzten Jahr für PC und Xbox Series Konsolen. Dank der Multiplattform-Strategie von Microsoft kommt der Titel jetzt aber auch auf die PlayStation 5 und erhält gleichzeitig für alle Versionen noch ein großes Inhalts-Update inklusive der Immortal Pillars Erweiterung, welche die chinesische Mythologie ins Spiel integriert. Egal auf welcher Plattform man den neu aufgewärmten Klassiker aktuell also zockt, man hat Grund glücklich zu sein.
Natürlich hätte ich nicht bis jetzt warten und das Spiel auch auf dem PC spielen können, aber in den letzten Jahren habe ich dank wirklich gut umgesetzter Genre-Kollegen Strategie auf der Konsole sehr zu schätzen gelernt. Gerade etwas entspanntere Strategie-Spiele eignen sich meiner Meinung nach ohnehin hervorragend, um auf der Couch mit Controller gespielt zu werden, sofern die Entwickler die Steuerung und Menüs entsprechend anpassen. Das ist bei Age of Mythology: Retold der Fall. Vom PC kommend muss man ein bisschen umdenken und gerade zu Beginn wirkt die Steuerung überladen und komplex, aber nach einigen Runden spielt sich das Ganze wunderbar. Hier kommt dem Spiel natürlich auch zugute, dass es zumindest in der Kampagne bzw. in Partien gegen die KI nicht ganz die ultra-schnell auszuführenden Kommandos erfordert. Aber selbst diese sollten nach einiger Eingewöhnungszeit gut umsetzbar sein.
Reizthema KI

Für die Retold-Version wurden einige Anpassungen vorgenommen, welche nicht nur die Konsolen- bzw. PS5-Version betreffen. Unter anderem haben die Entwickler das UI-Design des Originals ausgetauscht, welches jetzt wesentlich aufgeräumter und ein bisschen Moderner daherkommt, ohne aber den ursprünglichen Stil zu verfälschen. Und auch die Porträts der unzähligen Götter wurden komplett überarbeitet. Oder aber mit KI generiert, wie einige Fans des Originals vermuten. Ich bin mir da nicht so ganz sicher, verstehe aber woher der Verdacht kommt. Der visuelle Stil der Standbilder wirkt auf dem ersten Blick durchaus wie etwas, was von einer künstlichen Intelligenz angefertigt sein könnte. Wirkliche Belege scheint es aber nicht zu geben, die Entwickler bestreiten die Vorwürfe und am Ende bleibt auch hier die Diskussion zu einem derzeit hitzig geführten Reizthema.
Prostagma? Etimos!

Für die Konsolen selbst wurden die Menüs noch einmal leicht angepasst. Vieles funktioniert jetzt über ein Ringmenü, außerdem gibt es für nahezu alle wichtigen Shortcuts auf dem Controller entsprechende Tastenkombinationen. In den Accessibility-Einstellungen kann man das Interface ebenfalls noch leicht an die eigenen Bedürfnisse anpassen. Hier hat man sich übrigens redlich Mühe gegeben und viele wichtige Features implementiert, auch wenn die automatisch vorgelesenen Menü-Texte, die einem bei einem frischen Spielstart begrüßen, wie aus der KI-Hölle kommend wirken. Um noch ein letztes Mal auf KI zu sprechen zu kommen: was den Schwierigkeitsgrad angeht, so empfinde ich die Kampagne auf dem Standard-Schwierigkeitsgrad als lachhaft einfach, und ich bin nun wirklich kein Profi was RTS angeht. Auf den höheren Schwierigkeitsgraden gehen die gegnerischen Fraktionen schon wesentlich härter vor und geben eine angenehme Herausforderung ab, bei der es nicht reicht, einfach mit einer möglichst großen Armee das feindliche Gebiet zu stürmen.
Als ungemein praktisch empfinde ich übrigens das neue Prioritätssystem für die Dorfbewohner. Hier kann man beispielsweise festlegen, dass sich die Dörfler selbstständig um den Abbau der wichtigsten Ressourcen kümmern sollen. So fällt ein großer Teil des Mikromanagments weg, was gerade zu Beginn die Übersicht für Anfängerinnen und Anfänger erleichtern dürfte. Hier und da muss man zwar immer mal wieder selbst eingreifen, im Großen und Ganzen macht der Automatismus aber was er soll.
Aber nicht nur in Bezug auf das Interface und die Zugänglichkeit hat sich einiges getan, auch die Grafik wurde ordentlich aufgehübscht. Ich finde das Originalspiel von 2002 auch heute noch hübsch genug, um es zu spielen. Die überarbeitete Grafik der Retold-Version macht aber eben ein gutes bisschen mehr her, insbesondere dank der deutlich erhöhten Auflösung, der überarbeiteten Modelle und Animationen sowie schöner neuer Effekte, wie etwa dem richtig schönen Wasser. Vollkommen in Nostalgie versunken bin ich bei der Musik, den Soundeffekten und vor allem der deutschen Sprachausgabe. Letztere ist – rein objektiv – nicht sonderlich gut, hat aber eben auch seinen eigenen Charme.
Unterhaltsame Kampagnen

Inhaltlich finden man vor allem, was es bereits 2002 gegeben hat. Darunter auch die von mir so wohlig in Erinnerung gehaltene Kampagne rund um den atlantischen Helden Arkantos, der eine Reise durch die griechische, ägyptische und nordische Mythologie auf sich nimmt und sich dabei mit ziemlich vielen Göttern verbündet und mit noch mehr Göttern anlegt. In meiner Erinnerung war die Kampagne fucking epic und hatte so einige Momente, die meinem jugendlichen Ich enorm imponiert haben. Beim erneuten Wiederspielen nach über 20 Jahren…hmm. Also fucking und epic sind nicht die Wörter, mit denen ich die Kampagne heute beschreiben würde. Die spärlich zusammengekloppte Handlung und die schablonenhaften Figuren sind aber nach wie vor unterhaltsam und führen entsprechend durch die Kampagne. Ich mag schon alleine die Idee, einen Streifzug durch mehrere Kulturen und Mythologien zu machen und finde, so gut wie Age of Mythology haben es bis heute wenige andere Spiele hinbekommen, diesen Ansatz besser umzusetzen. Das Gleiche gilt im Prinzip auch für die anderen drei Kampagnen, die dem Original nach und nach hinzugefügt wurden.
Pünktlich zum Release der PlayStation 5 Version kommt für diese und alle anderen Versionen auch der erste von zwei geplanten DLCs. Immortals of Pillar fügt eine chinesische Kampagne hinzu, welche wiederum auf der Erweiterung Tale of the Dragon für die Age of Mythology: Extended Edition basiert. Diese habe ich seinerzeit nie gespielt, weiß aber um ihren zweifelhaften Ruf in der Community, die wohl vor allem auf die damaligen Bugs zurückgeht. Mit der neun Missionen langen Kampagne von Immortals of Pillar sowie dem chinesischen Pantheon habe ich aber ziemlichen Spaß gehabt. Insbesondere zwei der chinesischen Götterkräfte sind richtige Augenschmeichler. Wenn man „Brennende Prärie“ nutzt, regnet es sprichwörtlich Feuer vom Himmel, während man mit „Große Flut“ einen Tsunami über die Feinde rollen lässt.
Was bringt die Zukunft?

Ausgerechnet bei diesen visuell wirklich schön umgesetzten Effekten geht die Leistung der PS5-Version mitunter ganz schön in die Brüche und die Framerate bricht spürbar ein. Auch bei den Videosqeuenzen der chinesischen Kampagne ist die Performance immer mal wieder ins Stocken geraten. Nichts Weltbewegendes, zumal das Spiel ansonsten ziemlich rund läuft. Gerade in Partien gegen menschliche Gegner möchte ich entsprechende Einbußen in der Framerate aber nicht haben und hoffe hier einfach mal, auf einen Patch, der sich der Sache annimmt.
Neben dem China-DLC, welchen man für 19,99 Euro separat kaufen muss, sofern man nicht die Premium Edition besitzt, gibt es seit einigen Tagen auch noch tägliche Herausforderungen, was im Prinzip Skirmish mit täglich wechselnden Missionen ist. Das ist bislang ganz nett, aber auch nicht mehr. Ansonsten ist noch ein zweiter DLC mit einem komplett neuen Pantheon angekündigt, zu dem es Stand der Veröffentlichung dieser Review im März 2025 aber noch keine genauen Informationen gibt.
Video
Pro & Kontra

- gelungenes Remake des Klassikers
- enorm unterhaltsame Kampagnen
- viele Modi für Solisten
- sinnige Überarbeitungen und Modernisierungen, etwa bei der KI
- gelungene Portierung auf die Konsolen mit griffiger Steuerung und übersichtlicher UI

- hier und da hapert es noch mit der Wegfindung
- Framerate kommt bei manchen Götterkräften ins Stocken
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