Tactics Ogre: Reborn REVIEW

Neuveröffentlichungen alter Spiele sind aus vielerlei Sicht eine gute Sache. Zum einen wird so die Erhaltung des Spiels an sich sichergestellt, ein neues Publikum kann erreicht werden, während Fans die Gelegenheit erhalten, ein geliebtes Spiel noch einmal zu erleben, bestenfalls in einer technisch und inhaltlich überarbeiteten Fassung. Tactics Ogre: Reborn, welches aktuell für PlayStation Systeme, Nintendo Switch und PC (via Steam) erscheint, ist eines dieser Spiele, auf die viele der positiven Aspekte einer Neuerscheinung zutreffen.

Neuauflage Nr. 2


Reborn ist mittlerweile die zweite Neuveröffentlichung von Tactics Ogre. Ursprünglich erschien das Strategie-Rollenspiel 1995 für das SNES in Japan, eine westliche Fassung kam erst zwei Jahre später mit der PlayStation Version auf den Markt. Eine PSP-Version, die auch als Remake vermarktet wurde, erschien 2010 und nun folgt eben das mit zig Anpassungen sowohl inhaltlicher als auch technischer Natur versehene Remaster auf Basis der Handheld-Version. So viel Mühe für ein eher nischiges Spiel, da muss doch was dahinter stecken!

Tut es auch. Vergleiche zu großen Serien wie Fire Emblem oder Final Fantasy Tactics liegen nahe und geben einen Eindruck, was man von Tactics Ogre: Reborn erwarten kann. Während Nintendo seine Taktik-Rollenspiel-Franchise längst in den Mainstream gehievt und unlängst den Wechsel zu 3D genommen hat, bleibt das vorliegende Spiel seinen zweidimensionalen Wurzeln treu. Gespielt wird entweder aus einer schrägen oder einer klassischen Top-Down-Ansicht. Letztere ist praktisch, da das in Kästen aufgeteilte Kampffeld mit zunehmend vielen Spielfiguren auf der eigenen und gegnerischen Seite und nicht zuletzt aufgrund der unterschiedlichen Höhe innerhalb des Terrains durchaus unübersichtlich werden kann. Außerdem kann man in die Szenerie rein- und rauszoomen.

Wahnsinnig komplex


Während die Anzahl der Gegner pro Kampf variieren kann, kann man selbst nun auf eine feste Anzahl eigener Figuren zurückgreifen. Diese sind allesamt in verschiedene Klassen eingebunden, wie man es von einem Spiel mit einem Fantasy-Mittelalter-Setting erwartet. Gekämpft wird mit Schwertern, Äxten, Langbogen, Armbrust, Magie. Es gibt Figuren, die fliegen und so schnell den von Obi Wan Kenobi so geschätzten „high ground“ erreichen und für sich als Vorteil nutzen können. Ebenso kann man sich teilweise in niedrigeren Ebenen vor Angriffen schützen. Auch ob durch Wasser oder Graslandschaften gelaufen wird, macht einen Unterschied.

Als Erstspieler war ich wirklich angetan, wie tief und komplex das Kampfsystem ist und wie schnell es mit immer weiteren Facetten aufwartet. Selbst auf Dinge wie Teambeschuss muss man achten. Ich war zumindest sehr verdutzt, als ich zum ersten Mal einen Kämpfer aus den eigenen Reihen getötet habe und erst gar nicht so genau wusste, warum. Als ich später in einer ähnlichen Situation war, viel es mir wie Schuppen von den Augen: ich habe zwar den gegnerischen Schwertkämpfer anvisiert, allerdings hat der Pfeil meinen eigenen Axtkämpfer getroffen, der vor dem Gegner stand. Wenn Spiele diese kleinen Details berücksichtigen, bin ich Feuer und Flamme. Und von solchen Nuancen sind noch einige im Spieldesign zu finden.

Huch, der Nekromant nutzt ja seine Macht!


Laut Publisher Square Enix wurde die KI der Gegner komplett überarbeitet. Mir fehlt dazu der direkte Vergleich mit den vorherigen Versionen, was ich aber festhalten kann: die KI macht keine halben Sachen. Ein anderes, recht frühes Beispiel. In einem Kampf bin ich auf einen Nekromanten gestoßen, der seine Skelette und andere untote Wesen auf mich gehetzt hat. Nachdem ich ein paar seiner Truppen (vermeintlich) ins Jenseits geschickt habe, stelle ich nach ein paar weiteren Runden aber fest, dass die tot geglaubten schon wieder untot sind und mich nun von hinten attackieren. Der Nekromant hat sie schlicht wiederbelebt. Dagegen hätte ich etwas tun können, hätte ich meine Exorzisten im Team und dessen Fähigkeiten richtig genutzt. Dieser kann nämlich Tote auch wirklich Tot lassen. Und erneut war ein ein bisschen mehr verliebt in Tactics Ogre: Reborn.

Und auch ohne solche Tricks in der Hinterhand ist die Gegner-KI angenehm fordernd. Man muss wirklich auf ein einigermaßen ausbalanciertes Team achten, auch das Terrain und seine Beschaffenheit muss bedacht werden. Kurzum: Taktik-Fans kommen hier auf ihre Kosten und werden zunehmend mehr gefordert. Nicht zuletzt, da die Entwickler Grinding und damit einem zu hohen Level der eigenen Einheiten in Form einer Truppen-Stufe einen Riegel vorschieben. Einzelne Spielfiguren können nie einen höheren Level als die Truppe haben. Liegt dieser bei 20, so ist das Maximum für einzelne Figuren eben auch vorerst Level 20. Erhöht wird die Truppenstufe mit Fortschritt in der Story und ja, ich gebe zu, das klingt etwas nach Gängelung, zumal ich es eigentlich in Spielen selbst genieße, mit einem viel zu hohen Level durch Gegner durchzusausen. In diesem Fall ist die Designentscheidung aber keinesfalls eine schlechte, und eigentlich sogar eine willkommene.

Truppenpflege


Übrigens, nicht nur in Hinblick auf die Kämpfe, sonder auch was die Ausstattung und Pflege der eigenen Kämpferinnen und Kämpfer angeht, ist Tactics Ogre: Reborn absolut detailversessen. In einem etwas umständlichen und zunächst erschlagenden Menü legt man nicht nur Waffen, Kleidung und getragene Items fest, sondern auch individuelle Skills und spezielle Fähigkeiten. Neu sind Talismane, die etwa Werte wie Angriffsstärke oder Agilität erhöhen, mehr Erfahrungspunkte gewähren oder auch das Element einer Einheit zu einem anderen verändern. Die Elemente der einzelnen Einheiten ist noch einmal eine weitere Sache für sich. Denn nicht nur ist im Kampf entscheidend welcher Klasse eine Einheit angehört, sondern auch welchem Element die Figur zugehörig ist. Beispielsweise hat ein Magier in der direkten Konfrontation mit einem Ritter nahezu keine Chance, auf Ferne aber schon. Umgewürfelt wird die Sache aber eben noch einmal durch die Elemente, denen die Figuren angehören.

Hübsch, verwaschen oder einfach hässlich?


Ein Streitpunkt innerhalb der Fangemeinde war vor dem Release die überarbeitete Optik. Das Original setzt auf pixelige Spritegrafik, für das Remaster wurde nun ein recht aufdringlicher Weichfilter über die Grafik gelegt. Das ist bei Remastern dieser Art stets ein Grund für aufschreiende Fans und ich verstehe auch, woher diese Meinung kommt. Nun habe ich selbst keine Beziehung mit den Originalen und finde die überarbeitete Optik okay. Auf dem großen Fernseher sieht das schon ganz schick aus, hätte ich die Wunschfee fragen dürfen, hätte ich mich eher für den 2D-HD-Look anderer Square Enix Spiele ausgesprochen. Warum man aber nicht zumindest die Option anbietet, zwischen alter und neuer Grafik zu wechseln, verstehe ich nicht.

Neu ist auch die Sprachausgabe, die sowohl in Japanisch als auch in Englisch vorliegt. Mit letzterer habe ich meine Spieldurchlauf bestritten und fand diese erstaunlich gut. Tolle Dialogregie, toll gewählte Sprecherinnen und Sprecher, zumal der Cast nicht gerade klein ist. Auch die deutsche Lokalisation in Form der Texte ist gelungen und stellenweise charmant.

Übrigens ist Tactics Ogre: Reborn ein relativ Textlastiges Spiel. Denn auch die Story ist ziemlich prominent und wird mit vielen Dialogszenen erzählt. Diese sind inszenatorisch recht primitiv, da man stets auf die Sprites und Portraits der sprechenden Figuren schaut. Dennoch hat mich die Geschichte um einen brutalen Konflikt in diesem recht klassischen Fantasy-Reich ziemlich investiert. Nicht zuletzt, da nach und nach ein paar wirklich interessante Figuren auftauchen und man mit eigenen Entscheidungen den Verlauf der Handlung beeinflussen kann.

Pro & Kontra

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Pros
  • tiefgehendes und komplexes Gameplay
  • dynamische Reaktion der Gegner-KI auf Spielzüge der Spielerinnen/Spieler
  • viele verschiedene Klassen
  • viele inhaltliche und technische Neuerungen (bessere KI, bessere Möglichkeiten der Kampfvorbereitung, Dutzende Individualisierungsmöglichkeiten für die Truppen etc.)
  • tolle Sprachausgabe (Englsich und Japanisch), charmante und gute deutsche Texte

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Cons
  • anfänglich ist die Komplexität durchaus erschlagend
  • Weichzeichner über der einstigen Pixeloptik ist sicherlich geschmackssache

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Spiel Bewertung
Singleplayer
84
84
Gut
-
Multiplayer

FAZIT

Was Kennerinnen und Kennern der Originale längst wissen, hat mich in dieser Form doch ziemlich überrascht: Tactics Ogre: Reborn ist ein echtes Highlight des Spielejahres! Wer auch nur im entferntesten etwas mit Taktik-Rollenspiele aus Japan anfangen kann, wird hier eines der komplexesten und detailreichsten Spiele seiner Art bekommen. Die schiere Masse an Dingen, auf die man vor und während des Kampfes achten muss, ist am Anfang etwas überfordernd und es braucht ein paar Stunden, bis man mit den vielen Mechaniken und Möglichkeiten vertraut ist. Aber ab dann bekommt man hier ein richtiges Brett geboten mit dynamischen und herausfordernden Kämpfen, einer spannenden Geschichte und audiovisuell ansprechenden Präsentation geboten.

- Von  Adrian

Grandioser Klassiker des Genres, der um inhaltliche Anpassungen und technische Überarbeitungen erweitert wurde.
Playstation 4
MS Windows
Nintendo Switch
PlayStation 5

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