Soleil / Crusader Of Centy REVIEW

Anfang bis Mitte der 90er Jahre kämpften Nintendo und Sega um die Vorherrschaft über den Thron der 16-bit Konsolengeneration. Während Nintendo auf ihrem Super Nintendo bereits 1992 das beeindruckende Action-Adventure „The Legend of Zelda: A Link to the Past“ anzubieten hatte, suchte man ein vergleichbares Spiel auf Segas Konkurrenzkonsole „Mega Drive“ vergebens. Ein Zustand der dringend geändert werden musste! 1994, also ca. zwei Jahre später war die Auftragsarbeit des Drittherstellers Nextech dann auch endlich abgeschlossen und wurde hierzulande unter dem Namen Soleil veröffentlicht. Das Spiel wurde von der Fachpresse auch sehr positiv aufgenommen und als würdiger Vertreter seines Genres anerkannt. Ich selbst verspüre übrigens keinerlei nostalgische Bindungen zu Soleil, was mir natürlich die Gelegenheit gibt neutral an das Spiel heranzugehen. Dann wollen wir mal gucken, ob Soleil den hohen Anforderungen eines „A Link to the Past“-Spielers gewachsen ist oder nicht.

Kommunikationsschwierigkeiten

Wir finden uns in einer Welt wieder, in derer neben Menschen, Tieren und Pflanzen auch die sogenannten „Ungeheuer“ leben. Das Problem bei den Ungeheuern ist jedoch, dass sie im Gegensatz zu den anderen Lebensformen nicht auf natürliche Weise entstanden sind, sondern eines Tages wie aus dem nichts in der Welt auftauchten. Die Ureinwohner dieser Fantasywelt waren freilich wenig begeistert darüber, ihren Lebensraum mit irgendwelchen hässlichen Biestern teilen zu müssen. Feindliche Konfrontationen waren also vorprogrammiert.

Um den Bestand an tapferen Kriegern und Helden aufrecht zu erhalten, welche gegen die Ungeheuer zu Felde ziehen sollen, hat der König der Stadt Soleil ein besonderes Gesetz eingeführt: Jeder Bursche der seinen 14ten Geburtstag feiert, soll Schwert und Schild als Geburtstagsgeschenk sowie Zugang zum Trainingsgelände erhalten. Damit einhergehend erhalten die Geburtstagskinder freilich auch die Verantwortung ihre Schwertkampffähigkeiten zu trainieren, um im Ernstfall gewappnet zu sein.

Das Spiel beginnt am 14ten Geburtstag eines Jungen, der in die Fußstapfen seines Vaters treten möchte, welcher bereits im Kampf gegen die Ungeheuer gefallen ist. Begeistert nimmt er sein Geschenk entgegen und zieht durch die Gegend, um seine Fähigkeiten zu verbessern. Eines Tages führt ihn sein Weg zum mysteriösen Wahrsager auf dem örtlichen Spielplatz. Dieser schenkt dem Jungen die Gabe mit Tieren, Pflanzen und Ungeheuern zu kommunizieren, raubt ihm im Gegenzug aber auch die Fähigkeit mit seinen Mitmenschen zu sprechen. Das ist freilich kein Zustand, mit dem man langfristig glücklich werden kann. Also bricht der 14-jährige notgedrungen zu einer langen Reise auf, um den Wahrsager aufzuspüren und somit hoffentlich seine Muttersprache zurückzuerlangen.

Der Handlungseinstieg von Soleil fällt also ein gutes Stück bodenständiger aus als in vergleichbaren Spielen. Hier geht es ausnahmsweise mal nicht darum die Prinzessin oder gar die gesamte Welt zu retten, sondern stattdessen einfach nur einen eher lästigen statt gefährlichen Zauberfluch zu brechen. Leider gerät die Story sehr schnell aus dem Fokus des Spielers. Bis die Handlung endlich zu Potte kommt, vergeht einfach zu viel Zeit und sie verfängt sich zu oft in kleineren Nebenhandlungen, die wohl dazu dienen die Ungeheuer-Problematik der Welt zu beleuchten. Sobald man jedoch erfährt, was es mit dem Wahrsager auf sich hat, nimmt die Handlung auf einmal eine sehr abgedrehte Wendung. Ich will ja eigentlich nicht zu sehr ins Detail gehen, da ich ansonsten die Handlung spoilern müsste, aber im Grunde genommen zielt die Story darauf ab, dass Menschen und Tiere mindestens ebenso große Bestien sind, und die eigentlichen Ungeheuer auch nur ihr Leben leben möchten. Man hätte also eine wirklich schöne Geschichte aus dieser Grundidee schaffen könne, die auch zum Nachdenken anregt. Leider hat man es versaut. Zu dem Zeitpunkt, wo der eigentliche Sinn der Handlung endlich angesprochen wird (das geschieht auch tatsächlich erst in den finalen Spielabschnitten), empfindet man längst kein Mitgefühl mehr mit den Ungeheuern, die halt über weite Strecken tatsächlich nichts weiter als fiese Ungeheuer sind, welche ständig Ärger bereiten, Menschen und Tiere tyrannisieren und natürlich andauernd versuchen unseren kleinen Helden abzumurksen, statt mal vernünftig mit ihm zu reden. Darüber hinaus wird einem zu diesem Zeitpunkt dann noch Krempel wie Zeitreisen, Dimensionsportale und sogar Gott höchstpersönlich(!) entgegen geworfen, was sich jetzt zwar unterhaltsam liest, aber im Endeffekt nur für Verwirrung sorgt und den eigentlichen Sinn hinter der Handlung völlig verwässert. Das liegt aber auch daran, dass wir es mit einem stummen Hauptcharakter zu tun haben und die Texte damaliger Spiele noch nicht übermäßig umfangreich ausgefallen sind.

Somit bleibt es also bei einer schönen Idee, die jedoch miserabel umgesetzt wurde. Wer hingegen erleben möchte, wie man solch ein Handlungsthema richtig erzählt, sollte sich mal Undertale anschauen. Es würde mich jedenfalls nicht wundern, wenn sich Toby Fox (der Schöpfer von Undertale) von Soleil hat inspirieren lassen.

Der Tierfreund

Nachdem man einen Namen für den Jungen eingegeben hat, geht es auch schon los. Man steuert den Burschen aus der Vogelperspektive und erkundet die Umgebung. Dialoge mit NPC’s helfen freilich dabei nützliche Tipps zu erhalten und in der Handlung voranzuschreiten. Während man die Umgebung erkundet sind freilich jede Menge Kämpfe in Echtzeit zu bewältigen und auch mal Rätsel zu lösen, wofür man neben den Fähigkeiten des Protagonisten auch auf die Unterstützung von bis zu 15 Tieren zugreifen kann.

Die Steuerung des Spiels arbeitet dabei einwandfrei und unkompliziert und funktioniert sogar besser als in Zelda. Das liegt wohl auch daran, dass Springen in Soleil zum Standard-Move-Repertoire gehört und man hierfür nicht extra ein bestimmtes Item ausrüsten muss. Das schöne an Soleil ist sowieso, dass man es sich verkniffen hat eine sture, uninspirierte Zelda-Kopie hinzurotzen. Stattdessen hat man sich Gedanken darüber gemacht, wie man gewisse Dinge anders machen kann. Das fängt schon beim Schwertkampf an. Statt eines Rundumschlages wie Link aus Zelda, verfügt der Junge über die Möglichkeit sein Schwert zu werfen um entfernte Gegner zu treffen und Schalter zu betätigen (keine Sorge, die Klinge fliegt nach einem Wurf wieder zurück). Und dann sind da natürlich noch die Tiere, welche gewissermaßen die Werkzeuge aus Zelda ersetzen.

Es lassen sich bis zu zwei Tiere „ausrüsten“ und jedes Tier bietet individuelle Vorzüge. Manche von denen verbessern die Laufgeschwindigkeit des Helden oder die Schlaggeschwindigkeit mit der Waffe. Andere Tiere wie z.B. Löwe und Pinguin manipulieren den Schwertwurf. So wird der Wurf z.B. mit einem Element wie Feuer oder Eis aufgewertet, um höhere Schäden zu verursachen oder bestimmte Hindernisse zu beseitigen. Das Flughörnchen wiederum sorgt dafür, dass das geworfene Schwert von Wänden abprallt, um auf diese Weise besonders knifflig platzierte Schalter zu erreichen. Und dann gibt es noch jene Tiere, welche spezielle Funktionen erfüllen. So bewahrt uns das Kätzchen vor dem Tod, wenn alle Lebenspunkte verbraucht wurden und das Gürteltier kann als trag- und werfbare Plattform eingesetzt werden. Der Clou an der ganzen Sache ist jedoch, dass bestimmte Tierkombinationen einzigartige Sondereffekte freischalten. Ein großer Reiz besteht freilich darin, die unterschiedlichen Kombinationen zu entdecken und gekonnt einzusetzen. Das ist aber auch durchaus notwendig, um spätere Hindernisse und Bossgegner zu überwinden.

Unterm Strich gehört Soleil aber eher zu den leichteren Vertretern seines Genres. Die Rätsel basieren freilich häufig auf dem Einsatz der Tier-Funktionen und gehen abseits dessen selten über „Schalter betätigen“ und „Blöcke verschieben“ hinaus. Die Kämpfe sind oftmals simpel und einfach, dass schließt auch einen Großteil der Bossgegner ein. Freilich sind einige Bosse auch mal etwas kreativer und man muss folglich erst mal herausfinden wie man ihnen beikommt, aber wirklich gefordert fühlte ich mich nie. Komplexe Dungeons in denen mindestens jeder zweite Raum ein Rätsel offenbart, sucht man ebenfalls vergebens. Die Gebiete die man erkundet sind oftmals sehr linear und eine offene Welt wie bei Zelda sucht man ebenfalls vergebens. Die Gebiete in Soleil werden via Weltkarte angesteuert, welche den Spieler streng vorgegebene Laufrouten vorsetzt. Immerhin darf man jederzeit in alte Gebiete zurückkehren, um verpasste Power-Ups einzusammeln oder Gold zu grinden. Besagte Power-Ups äußern sich übrigens in Form von goldenen Äpfeln, welche die in Äpfeln dargestellte Lebensenergieleiste erweitert. Reguläre Äpfel regenerieren wiederum verbrauchte Lebensenergie. Schön, dass man auf Herzen und Herzteile verzichtet hat.

Ab und zu gibt’s auch mal richtig nette Ideen. So gibt es ein Gebiet, wo man sich an störende Windböen anpassen muss oder ein Bosskampf entpuppt sich als eine Art Hütchen-Minispiel oder Pacman-Klon. Und da das Springen in Soleil zum Standardrepertoire gehört, wird man auch immer wieder mal mit kleineren Geschicklichkeits- und Jump-Passagen konfrontiert.

Letztendlich hilft aber alles nichts, Soleil war für mich einfach zu lasch vom Schwierigkeitsgrad. Man merkt, dass sich das Spiel eher an jüngere Spieler richtet, die man wohl nicht zu sehr überfordern wollte. Dadurch ist das Spiel aber langweiliger geworden als es hätte sein können. Auch die Verhältnismäßig kurze Spieldauer enttäuscht etwas. Das bedeutet nun keinesfalls, dass Soleil ein schlechtes Spiel wäre, aber einen Evergreen sollte man definitiv nicht erwarten.

Grafik und Sound

Ein großer Vorteil von Soleil ist die ansprechende, kunterbunte Top-Down-Grafik, an der man sofort Gefallen findet. Es macht einfach Spaß die abwechslungsreichen Umgebungen zu betrachten und die liebevollen Spriteanimationen zu begutachten. Das einzige was ich eventuell zu kritisieren hätte, sind die teilweise grobschlächtig gestalteten Sprites menschlicher NPC’s. Abgesehen davon gibt es in grafischer Hinsicht jedoch nichts zu kritisieren.

Anders sieht es da beim Soundtrack aus. Eigentlich ist der OST sehr schön gelungen. Er passt gut zum Spielgeschehen und hört sich auch ansonsten sehr angenehm an. Allerdings verfügt er über keinerlei Wiedererkennungswert oder gar Ohrwürmer. Jedes mal nachdem ich die Konsole ausgeschaltet hatte, erinnerte ich mich nicht mehr an einen einzigen Track im Spiel. Und das ist nun einmal kein Erkennungsmerkmal für einen wirklich guten Soundtrack.

Abgesehen davon gibt es jetzt auch nichts weiter zu Soleil zu sagen. Das Spiel hat weder Klassikerstatus erlangt noch irgendeine Fortsetzung nach sich gezogen. Einzig erwähnenswert ist vielleicht noch der Gastauftritt von Sonic im Strand-Areal, oder dass einige ganz verzweifelte Sega-Anhänger behaupten, dass das Spiel gleichauf oder sogar besser wäre als Zelda für den SNES. Zumindest laut Wikipedia wurde letzteres damals vom Sega Magazin behauptet. In der Realität ist das aber freilich reines Wunschdenken.

Pro & Kontra

thumbs-up-icon

Pros
  • sehr flüssige, unkomplizierte Steuerung
  • überaus hübsche, kunterbunte Grafik
  • bringt eigene Ideen mit ein, statt stupide aus Zelda zu klauen (Tier-Begleiter, Schwertwurf)

thumbs-up-icon

Cons
  • Handlung kommt zu spät in die Gänge und verwirrt dann durch planlos reingeklatschte Konzepte, wodurch die eigentliche Handlung und Moral völlig untergraben wird
  • verhältnismäßig kurze Spieldauer
  • lineare Struktur der Spielwelt, keine Open World wie in Zelda III

Facebook
Twitter
Spiel Bewertung
Singleplayer
80
80
Okay
-
Multiplayer

FAZIT

Rein objektiv betrachtet, haben die Programmierer von Nextech wirklich tolle Arbeit geleistet. Das Spiel sieht nicht nur schick aus und steuert sich hervorragend, sondern verzichtet auch noch darauf stupide aus Zelda zu klauen. Stattdessen hat man sich Gedanken gemacht, wie man dem Spielkonzept des Top-Down Action-Adventures seinen eigenen Stempel aufdrücken kann. Und während die Konzepte der Tier-Begleiter und des Schwertwurfs sehr lobenswert arbeiten, hat man die ambitionierte Handlung leider fast komplett in den Sand gesetzt. Auch die Spieldauer kann nicht mit Nintendos Vorbild mithalten. Größter Kritikpunkt ist jedoch der eher lasche Schwierigkeitsgrad in Kombination mit der sehr linearen Strukturierung der Spielwelt. Da kommt für mich einfach keine vernünftige Abenteuerlust auf. Leute die behaupten Soleil wäre einem A Link to the Past ebenbürtig oder gar überlegen liegen jedenfalls eindeutig falsch. Dennoch ist das Spiel ein gelungener Vertreter seines Genres. Wer nach diesem Test Interesse bekommen hat, kann ruhig mal reinschauen. Es wäre allerdings klar vom Vorteil, wenn man die Erwartungen nicht allzu hoch ansetzt. Das war wohl der Fehler den ich begangen habe.

- Von  Volker

Gelungenes Top-Down Action-Adventure, aber gewiss kein Zelda-Killer.

Soleil / Crusader Of Centy REVIEW

USK 0 PEGI 3

Das könnte dir auch gefallen

Abonnieren
Benachrichtige mich bei
guest
0 Kommentare
Inline Feedbacks
Alle Kommentare anzeigen

Partner: