Mafia Definitive Edition REVIEW

Wenige Monate nachdem Rockstar Games mit Grand Theft Auto 3 die Blaupause für moderne Open World Spiele abgeliefert hat, erschien mit Mafia von llusion Softworks (heute 2K Czech) ein ähnlich gelagertes, in der Umsetzung aber doch ziemlich eigenständiges Spiel. Der starke Fokus auf die Figuren und Erzählung, das Setting inmitten der 1930er Jahre und die filmreife Inszenierung halfen dabei, dem Spiel einen bis heute gültigen Klassiker-Status einzuräumen. Nun haben Publisher 2k Games und Entwickler Hangar 13 dem Fanliebling einer Frischzellenkur unterzogen und als Mafia Definitive Edition neu veröffentlicht.

Aufwendige Kulisse

Hangar 13 sind nicht neu im Franchise, bereits 2016 hat das Studio mit Mafia III bereits die Unterwelt porträtiert und die Reihe nach mehreren Jahren in der Versenkung wieder in die Öffentlichkeit gebracht. Einige Spielsysteme und vor allem den technischen Unterbau findet man nun auch im Remake des Erstlings wieder. Und tatsächlich macht die grafische Überarbeitung auf den ersten Blick einiges her. Der offensichtliche Star ist hier Lost Heaven, die fiktive Metropole, die eine Mischung aus Chicago und New York sein soll und als Setting aufgrund der Verortung zur Zeit der Prohibition nach wie vor reizvoll und vor allem unverbraucht wirkt.

Insbesondere in den Abendstunden wirkt die Stadt mit der gekonnt eingesetzten Lichtstimmung und den toll inszenierten Vierteln, wie Little Italy und Chinatown, faszinierend. Der Zauber verfliegt aber schnell, und zwar spätestens dann, wenn man merkt, dass Lost Heaven nach wie vor nicht viel mehr, als eine aufwendige Kulisse ist. Sofern es nicht von der Handlung vorgesehen ist, kann man keine Gebäude betreten. Die KI der Passanten wirkt rudimentär, es gibt keine Geschäfte, in denen man neue Waffen, Kleidung oder sonstiges kaufen kann und wenn man mal nicht gerade ein Verkehrsdelikt begeht oder sich gegen das Gesetz gerichtet verhält, passiert auch nichts in Lost Heaven, was den fest verankerten Rhythmus unterbricht.

Hier sind sich Original und Remake nahezu identisch. Sobald man die Stadt einmal zu Fuß oder in einen der zeitgenössischen Autos abgeklappert hat, wird man nichts Neues entdecken oder erleben. Das kann man nun sehen, wie man will. Einerseits ist es bedauerlich, dass die Stadt nicht viel mehr sein darf als eine Kulisse, die man quasi im Vorbeigehen erlebt und so nicht wirklich zu schätzen lernt. Auf der anderen Seite ist es ziemlich angenehm, dass eine offene Welt mal nicht mit Sammelaufgaben und anderen, die Spielzeit streckenden Kram aufgeblasen ist.

Willkommen in der Familie


Die Geschichte ist nach wie vor der Mittelpunkt. Man spielt Tommy Angelo, einen jungen Taxifahrer, der eines Nachts eine Pistole an seinen Kopf gehalten bekommt und zwei Mitgliedern des Salieri Clans bei der Flucht vor verfeindeten Mobstern helfen muss. Diese haben es nun auch auf Tommy abgesehen und wollen Rache, was den ohnehin mit seiner Arbeit unzufriedenen Taxifahrer dazu bewegt, bei Don Salieri vorstellig zu werden und sich von diesen anwerben zu lassen. Die Besonderheit von Mafia steckt dabei im Verlauf der Geschichte, die nicht nur den Aufstieg, sondern auch den Fall von Tommy skizziert, ähnlich wie es etwa Filme wie Der Pate und Good Fellas machen.

Hangar 13 erweitert die Geschichte um weitere Szenen und überarbeitete Dialoge, was der Geschichte durchaus guttut. Allerdings wirken die Figuren im Remake, und da mag mich die Erinnerung an die Ursprungsversion von 2002 durchaus trügen, weniger greifbar als im Original. Das ist insbesondere deshalb schade, da Mafia eines der wenigen Videospiele ist, die das Bild des Mafiosi eben nicht einseitig romantisiert, sondern kritisch hinterfragt und Konsequenzen für das Handeln der Akteure aufzeigt. Tommy und seine „Arbeitskollegen“ sind keine Sympathieträger, sondern kaltblütige Mörder, denen der moralische Kompass vollkommen entglitten ist. Es sind gerade die Szenen, in denen Tommy oder auch sein Freund Paulie zweifeln und ihr bisheriges Leben infrage stellen, die zu den stärksten Momenten gehören. Und auch wenn es diese Szenen im Remake noch gibt und sie wirken, so hat mich die Geschichte am Ende kaum berührt.

Average Joe statt Joe Pesci

Liegt es an den neuen Sprechern? Im Original war sowohl die deutsche als auch die englische Sprachausgabe herausragend, zumal wir hier von einer Zeit sprechen, in der professionelle Sprecher selbst in teuren Produktionen noch gerne eingespart wurden. Die deutschen Sprecher im Remake haben mir gar nicht zugesagt und wirken teilweise arg fehlbesetzt. Die englischen Sprecher sind schon besser gewählt und machen ihre Sache auch deutlich stimmungsvoller, dennoch wirkt zum Beispiel Don Salieri nicht mehr so imposant, wie ich ihn in Erinnerung hatte. Auch der ursprünglich stark an Schauspieler Joe Pesci und dessen ikonischen Rollen (Casino, Good Fellas) angelehnte Paulie hat viel von seinem Charme eingebüßt. Richtig gut hat mir dafür die Musik gefallen, die wirklich überragend ist und den Flair der abgebildeten Zeitepoche fantastisch einfängt.

Verbessert oder Verschlimmbessert?

Abseits technischer und inhaltlicher Aspekte haben Hangar 13 auch spielerisch einige Anpassungen vorgenommen. Diese waren vor allem bei den Schießereien auch dringend notwendig. Hier orientiert man sich nun an dem Kampfsystem von Mafia III und inszeniert die Gefechte als Deckungsshooter. Das klappt zwar, aber fühlt sich selten richtig gut an. Die Steuerung mit Controller wirkt nicht präzise und auch das Trefferfeedback lässt zu wünschen übrig. Richtig schlimm sind die Nahkämpfe. Zwar kommt man gut damit durch, wenn man einfach nur stumpf auf die entsprechende Taste hämmert. Es gibt aber auch die Möglichkeit gegnerische Angriffe zu kontern, wobei das entsprechende Timing überhaupt nicht intuitiv ist. Glücklicherweise sind die Momente, in denen man auf Nahkämpfe angewiesen ist, überschaubar.

Obwohl das Spiel in einer offenen Welt eingebettet ist, ist die Struktur stark Missionsbasiert. Hier orientieren sich die Entwickler stark am Original und sparen weder etwas aus noch fügen neue Abschnitte hinzu. Hier und da gibt es teilweise Änderungen im Detail, so wurde etwa die berüchtigte Rennmission (die immer noch schlimm ist) zumindest um ein paar nervige Streckungen im Vorfeld des Rennens erleichtert. Im Grunde erhält man aber das, was man aus dem Ursprungsspiel kennt, die damaligen Höhepunkte sind auch im Remake die Leuchttürme. Mein persönliches Highlight damals wie heute ist die Mission „A Trip to the Country“, in welcher Tommy mit seinen Kollegen in einer verregneten Nacht kanadische Alkoholschmuggler auf einer entlegenen Farm treffen soll. Die beklemmende, fast schon schaurige Stimmung wird fantastisch eingefangen und zeigt das ungemeine Potenzial des Spiels.

 

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Pro
  • Grafik, Sound und Musik stimmig aufgehübscht
  • spannende Geschichte vom Aufstieg und Fall eines Mafiosi
  • stimmungsvolle Missionen

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Kontra
  • Schießereien steuern sich schwammig
  • Offene Welt nur eine Kulisse
  • Nahkampfsystem nicht sonderlich intuitiv

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Pro & Kontra

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Pro
  • Grafik, Sound und Musik stimmig aufgehübscht
  • spannende Geschichte vom Aufstieg und Fall eines Mafiosi
  • stimmungsvolle Missionen

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Kontra
  • Schießereien steuern sich schwammig
  • Offene Welt nur eine Kulisse
  • Nahkampfsystem nicht sonderlich intuitiv

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Spiel Bewertung
Singleplayer
75
75
Okay
-
Multiplayer

FAZIT

Trotz der technischen, inhaltlichen sowie spielmechanischen Überarbeitung wirkt Mafia Definitive Edition ein bisschen aus der Zeit gefallen. Das die offene Welt mehr eine Kulisse und weniger ein Schauplatz ist, den es sich lohnt zu erforschen und zu entdecken, ist weniger ein Problem, zumal es sehr angenehm ist 2020 ein Spiel zu sehen, welches mal nicht mit unnötigen Fleißaufgaben und Zeitstreckung aufgeplustert ist. Allerdings wirken viele Spielmechaniken nach wie vor behäbig. Das Schießen und Deckungssystem funktionieren zwar, allerdings fühlt sich das Ganze selten so richtig griffig an. Die Nahkämpfe sind gar komplett verhunzt, während man beim Fahren trotz der Simulation der behäbigen 30er Jahre Fahrzeuge immerhin die Kontrolle behält und nicht angenervt vor dem Bildschirm sitzt. Und auch die Missionen sind größtenteils noch immer toll inszeniert, was man auch für die Geschichte sagen kann. Am Ende bleibt aber ein irgendwie unbefriedigendes Gefühl und die feste Überzeugung, dass noch viel mehr drin gewesen wäre.

- Von  Adrian

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Mafia Definitive Edition REVIEW

USK 18 PEGI 18

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3 Kommentare
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Christian

75? Wow…Das überrascht mich sehr 😀 Hätte deutlich mehr erwartet

Rena

Bei Adrian sind 75 schon Platin 😀

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