Lake REVIEW
Wenn Death Stranding eine Sache bewiesen hat, dann das dem virtuellen Verteilen von Post und Paketen durchaus etwas faszinierendes, ja geradezu meditatives innewohnt – zumindest wenn man dieser Art von Spielerfahrung etwas abgewinnen kann. Genau in diese Kerbe schlägt auch Lake vom niederländischen Studio Glamious, wenn auch der Ansatz ein komplett anderer ist als bei Kojima. Das bereits vor einer Weile für Xbox Systeme und PC veröffentlichte und nun auch für PlayStation 4 und PlayStation 5 erschienene Spiel ist die Antithese zu den großen Blockbustern dieser Tage. Statt bedrohlicher Welten und etlichen Fleiß- und Sammelaufgaben, lockt Lake mit dem Versprechen der virtuellen Auszeit – genau das, was ich im Moment brauche!
Beschauliche Idylle voller Klischees

Meredith Weiss ist ziemlich ausgelaugt von ihrem stressigen Leben in der Großstadt und entschließt sich für ein paar Wochen in ihren Heimatort Providence Oaks in Oregon zurückzukehren. Dort vertritt sie ihren Vater, einen Postboten, der ebenfalls etwas Auszeit sucht und gemeinsam mit Meredith´s Mutter in den lange verdienten Urlaub fliegt. Für Meredith wiederum ist der Tapetenwechsel mehr als willkommen. Zum einen kann sie auf den wenig befahrenen Straßen ihrer Heimat die Seele baumeln lassen und über die Vergangenheit, das Jetzt und die Zukunft nachdenken. Zum anderen trifft sie auf alte Bekannte und neue Gesichter und muss feststellen, dass sich einiges in ihrem und dem Leben der anderen Bewohnerinnen und Bewohner von Providence Oaks getan hat.
Mittlerweile ist es eine ziemliche Seltenheit das derart beschaulichen Idyllen, wie sie Lake porträtiert, nicht ohne doppelten Boden genutzt werden. Spätestens seit dem Filmklassiker Blue Velvet von David Lynch ist die US-amerikanische Kleinstadt ja das Sinnbild schlechthin für die Fassade, hinter deren schönen Schein sich Abgründe auftun. Auf allzu harten Themen braucht man sich hier aber nicht einstellen. Lake bricht nicht mit der Kulisse und ist beinahe schon herzlich naiv. Gleichzeitig holen die Entwickler ziemlich viele Klischees hervor, die wohl bekannt aus Filmen und TV-Serien sind. Natürlich gibt es am Ortseingang ein „typisch“ amerikanisches Diner. Natürlich gibt es die Freundin, die mit dem Sportass aus der High School verheiratet ist und nie ihre Heimatstadt für etwas anderes als Urlaub verlassen hat. Und natürlich gibt es auch die verschrobene Katzen-Lady, die Meredith gegenüber erst einmal abweisend begegnet.
Der Alltag in Providence Oaks

Um mit dem Spiel etwas anfangen zu können, muss man ein gewisses Interesse für Figuren und ihre Geschichten haben. Bricht man es herunter, besteht Lake aus zwei spielerischen Säulen. Die Interaktion mit den Anwohnern von Providence Oaks ist eine davon. Die andere ist das alltägliche Ausfahren von Post. Im ebenfalls typischen Post-Truck ihres Vaters macht sich Meredith jeden Morgen auf und fährt die Straßen ihrer Heimatstadt und das Umland ab.
Wo man hinmuss, wird über einen Radar und eine aufrufbare Karte gezeigt. Mit Briefen geht man an die Briefkästen, für Pakete klingelt man. Beim Ausfahren der Post trifft man immer wieder auch auf die gesprächigen Bewohnerinnen und Bewohner und kommt mit diesen in Kontakt. Die Gesprächsthemen drehen sich mal um weltliche Probleme, mal um Bitten, die eigentlich nichts mit dem Alltag einer Postausstellerin zu tun haben. So bittet die Katzen-Dame Miss Mortimer Meredith etwa einen erkrankten Vierbeiner beim örtlichen Tierarzt vorbeizubringen. Das kann man machen, muss man aber nicht. In den Dialogen hat man immer mehrere Antwortmöglichkeiten, wodurch sich der Verlauf des Gesprächs entscheidet, aber auch, welchen Ruf man sich beim Gegenüber aufbaut. Lehnt man etwas das Vorbeibringen der erkrankten Katze beim Tierarzt ab, so wird einem Miss Mortimer ab sofort noch unfreundlicher begegnen als zuvor.
Baut man über die Zeit ein gutes Verhältnis zu den Figuren auf, so eröffnen sich weitere Optionen. Man kann sich etwa treffen und sogar Romanzen eingehen. Schön: Lake gibt die freie Möglichkeit Meredith´s Sexualität so zu entfalten, wie man das möchte, egal ob hetero-, homo- oder bisexuell. Entsprechend kann man sich also durch die Kleinstadt daten und das Glück in der Liebe (oder im schnellen Vergnügen) suchen.
Starre Kulisse

Die Bestandteile stimmen durchaus und bieten genügend Fundament für eine interessante Spielerfahrung. Leider hat Lake mit vor allem technischen, aber auch inhaltlichen Problemen zu kämpfen. An sich mag ich den narrativen Ansatz sehr, aber weder die Charakterisierung der Figuren noch das Writing haben mich dauerhaft gepackt. Vielleicht ist es meinem Konsum von Games und Filmen geschuldet, aber so ziemlich jede Figur und ihre Darstellung und so ziemlich jede Thematik habe ich schon zig mal in anderen Werken verhandelt gesehen und meist auch in einer wesentlich besseren Ausführung.
Und dann sind da auch noch die technischen Defizite. Bei einem Spiel, welches so sehr viel Wert auf die Interaktion von Personen legt, fallen steife Gestiken und Mimik umso mehr auf. Die Sprecherinnen und Sprecher machen an sich einen guten Job und geben den Figuren Individualität. Die hölzerne Inszenierung der Dialogszenen und die mäßige Dialogregie nimmt allerdings jegliche Dynamik. Dasselbe gilt übrigens auch für die Inszenierung der Spielwelt. Auf Standbildern sieht Providence Oaks durchaus schön aus und auch Ingame hat die Kleinstadt ihre schönen Orte und Momente. Letztlich ist der Ort aber nur eine Kulisse, in der es nahezu kein Leben gibt und die wenigen NPCs einem sehr starren Script-Ablauf folgen.
Pro & Kontra

- entspannendes Setting
- schöner Soundtrack
- gute Vertonung der Figuren

- die Kleinstadt ist nicht mehr als eine recht statische Kulisse
- repetitiver Ablauf
- zu viele Klischees
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Mir hat das Spiel sehr zugesagt. Schade, dass es in sehr kurzer Zeit bereits durchgespielt war. Schöner wäre es gewesen, wenn die Karte sich erweitert hätte wenn man sich dazu entschieden hat zu bleiben. Es könnten dann auch mehr Pakete und Post ausgetragen werden um. Ansonsten hat mir auch die Gestaltung gefallen. Sah alles ziemlich real aus.