Flashbacks: Tekken
Das noch bis vor wenigen Jahren als tot gegoltene Genre erlebte dank Titeln wie Street Fighter V, Mortal Kombat X und Super Smash Bros. ein fulminantes Revival. Das ist nicht nur den Spielen selbst, sondern auch der aktiven eSport-Szene zu verdanken. Große Turniere wie die EVO locken nicht nur mit hohen Preisgeldern, sondern sind auch Stream-Portalen wie Twitch der absolute Renne und entfachen bei vielen Spielern die Liebe zu Prüglern neu oder vom neuen. Am 2. Juni 2017, und damit in nur wenigen Tagen, feiert mit Tekken 7 das nächste große Beat ´em Up seinen Einstand in der Current Gen und will an den Erfolg der anderen Marken anschließen. Ob das gelingen wird? Zumindest wollen wir die noch verbleibende Zeit bis zum Release nutzen und uns ein bisschen mit der Historie von (Bandai) Namco´s großer Prügelreihe auseinandersetzen.
Gut abgekupfert
Mitte der 1990er Jahre war das Beat ´em Up Genre fest in 2D-Hand. Der erste Prügler, in denen die sich bekämpfenden Recken in dreidimensionalen Arenen aufeinander eingedroschen haben, war Sega´s Virtua Fighter. Dieses wurde zunächst (wie so viele Beat ´em Ups) als Arcade-Automat veröffentlicht und kurz darauf für den Sega Saturn und andere Systeme portiert. Die heute hoffnungslos altbacken wirkende Polygonoptik, die seinerzeit realistisch anmutenden Animationsphasen und die 3D-Schauplätze waren bahnbrechend und die Blaupause für viele noch kommende Prügel-Spiele in 3D. So auch für Tekken.
Das im Dezember 1994 in japanischen Arcade-Hallen veröffentlichte Spiel sollte ursprünglich aber gar kein Prügler werden. Vielmehr wollte Namco mit der neuen 3D-Engine herumexperimentieren und die neuen technischen Möglichkeiten austesten. Schließlich warb man einige Mitarbeiter von Sega ab, die – oh Wunder – an Virtua Fighter beteiligt waren, setzte dessen hauptverantwortlichen Designer Seiichi Ishii als Director ein und entwickelte einen Prügler mit dem Namen Rave War. Im Laufe der Entwicklung wurde der Name schließlich in den heute weltbekannten Titel geändert – Tekken.
Die Kritiken überschlugen sich seinerzeit des Lobes. Die Famitsu gab dem Spiel 38 von 40 möglichen Punkten, die britische Edge bezeichnete den Titel – trotz visueller Schwächen – in spielerischer Hinsicht als wegweisend. Ähnlich wie Virtua Fighter, verfolgte Tekken einen realistischeren Ansatz. Keine übernatürlichen Kräfte wie in Street Fighter, keine Waffen oder andere Hilfsmittel, dafür verschiedenste Kampfstile aus Fernost und westlichen Ländern. Das arcadiger ausgelegte Gameplay machte Tekken außerdem zugänglicher und für Neueinsteiger unkomplizierter, als das stets etwas verkopfte Virtua Fighter.
Nicht vollkommen neu, aber in dieser Art und Weise doch eher ungewöhnlich war außerdem der Versuch eine cineastisch inszenierte Story zu erzählen. Auch wenn der Ansatz sehr lobenswert war, so konnte man die immer weiter ins absurde ausufernde Handlung aber nie wirklich ernst nehmen. Einen gewissen Trash-Charme hat die Rachegeschichte um den Mishima gewiss – mehr aber auch nicht.
Wer den Serienerstling heutzutage noch einmal spielt, der dürfte dessen damalige Wirkung nur schwer nachvollziehen können. Die Steuerung der Figuren ist behäbig, die Spielgeschwindigkeit erschreckend lahm, die Optik potthässlich. Die 2D-Konkurrenz hat nicht nur in visueller, sondern auch in spielerischer Hinsicht den Zahn der Zeit weitaus besser überlebt.
Auf zum Welterfolg
Doch der Erfolg gab Namco recht, weshalb mit Tekken 2 (Arcade-Version 1995, PlayStation Version 1996) schnell der erste Nachfolger bereit stand. Diverse spielerische Makel des Vorgängers wurden ausgemerzt, die Kämpferriege erweitert und die Technik poliert. Die Presse urteilte erneut mit Höchstwertungen und auch kommerziell war der zweite Teil der Reihe ein fulminanter Erfolg.
Dieser große Erfolg wurde schließlich von Tekken 3 noch einmal in den Schatten gestellt. Und mein Gott, was war (und ist) der dritte Teil für ein großartiger Prügler?! Das für Namco´s System 12 Arcade-Hardware produzierte Spiel war nicht nur in technischer Hinsicht ein enormer Sprung, sondern auch in Sachen Gameplay ein Erlebnis. Selbst heute spielt sich der der letzte Franchise-Eintrag für die originale PlayStation noch enorm gut und überrascht mit seiner spielerischen Vielfalt.
Das Gameplay ist flott und rund, die Hitboxen nachvollziehbar und die Kampfstile noch vielfältiger. Darüber hinaus wurde mit dem an scrollende Beat ´em Ups angelehnten Tekken Force erstmals ein Minispiel innerhalb der Serie implementiert, welches abseits der anderen Modi für unzählige Stunden Spaß sorgte. Die nun auf insgesamt 23 unterschiedliche Kämpfer angewachsene Riege führte außerdem diverse Fan-Favoriten wie Jin Kazama und Ling Xiaoyu in das Tekken Universum ein.
Tekken 3 war mit über 8,5 Millionen verkauften Exemplaren lange Jahre das am meisten verkaufte Beat ´em Up weltweit. Mittlerweile belegt man „nur“ den zweiten Platz und musste den Thron an – na, kommt ihr drauf? – Super Smash Brothers Brawl. (2008) abgeben. Außerdem rückte mit Katsuhiro Harada nun immer mehr ein Mann in den Vordergrund, der heute als wichtigster Kopf hinter der Reihe steht. Harada war als Project Producer bereits an den ersten beiden Teilen beteiligt, mit Tekken 3 festigte sich seine Stellung aber immer weiter.
Zu zweit ist man weniger allein
Das sicherlich beste Spiel unter seiner Regie ist bis heute das 1999 (Arcade) bzw. als Launch-Titel für die PlayStation 2 (2000) veröffentlichte Tekken Tag Tournament. Der nicht zum Hauptkanon gehörende Ableger rangiert bei vielen Fans als das am besten ausgereifte Tekken Erlebnis. Erstmals – und abgesehen von Tekken Tag Tournament 2 – war es innerhalb der Serie möglich mit zwei Charakteren in den Ring zu steigen und diese auf Knopfdruck zu wechseln. Dies gab dem Spielgefühl ein ganz neues Erlebnis und etablierte eine vollkommen neue taktische Komponente. Darüber hinaus war Tekken Tag Tournament auf der frisch veröffentlichten PlayStation 2 ein wahrer Hingucker und hat mit Tekken Bowling das beste Minispiel, welches ein Prügler je erhalten hat.
Bis zum vollständigen vierten Teil sollte es bis 2001 dauern. Wie gehabt erschien auch Tekken 4 zunächst als Arcade-Fassung (2001), etwas später auch als Variante für die Heimkonsole (PlayStation 2, 2002). Erstmals wurde das bis dato etablierte Spielsystem aufgebrochen und um neue Features erweitert. So war es nun etwa möglich sich freier in der Arena zu bewegen und mit der Umgebung zu interagieren. Die spielerischen Neuheiten kamen zwar recht gut an, dennoch war das Echo von Presse und Spielern verhalten, denn Tekken 4 fühlte sich nie so rund an, wie die Vorgänger.
Viele Änderungen wurden mit Tekken 5 (Arcade 2004, PlayStation 2 2005) rückgängig gemacht und das Gameplay wieder mehr in die Spur der ersten Teile gebracht. Das Roster wuchs nun auf stattliche 32 Kämpfer an, die man erstmals auch mit kosmetischen Items, etwa diversen Accessoires und Outfits, ausstatten konnte. Außerdem packte Namco noch die Arcade-Fassungen der ersten drei Teile rein. Tekken 5 war wieder deutlich erfolgreicher als sein Vorgänger und schnitt auch bei Fans und Kritik sehr gut ab. Die für Sony´s PSP nachgeeichte Handheld-Portierung Tekken 5: Dark Resurrection spendierte dem Spiel noch einmal neue Kämpfer und ermöglichte das muntere Gekloppe nun auch für unterwegs.
Im Rahmen der Entwicklung und Veröffentlichung von Tekken 6 (Arcade 2007, Konsolenversion 2009) änderte sich vor allem hinter den Kulissen einiges. Namco verwuchs mit Bandai und produziert seither unter dem Label Bandai Namco, außerdem endete die ehemalige Sony Exklusivität und das Franchise erschien neben PlayStation 3 und PSP erstmals auch auf der Xbox 360. Erneut wurden diverse mechanische Elemente ausgebaut. Die Arenen waren nun noch etwas größer, die Möglichkeit mit der Umgebung zu interagieren wurde ebenfalls ausgebaut. Nun konnten Gegner etwa durch Wände und Böden geworfen werden, um so neue Areale innerhalb des Level verfügbar zu machen. Die ebenfalls neu eingeführten Rage und Bound Systeme erweiterten das Gameplay ebenfalls und brachten erneut einen Mehrwert beim taktischen Tiefgang.
Gut Ding will Weile haben
Nachdem auch Tekken 6 überwiegend gut ankam, wurde es vergleichsweise lange ruhig um (Bandai) Namco´s virtuelle Kämpfer. Die beiden von Fans heiß ersehnten Spin-Offs Tekken Tag Tournament 2 (2011, PlayStation 3, Xbox 360 & Wii U) und Street Fighter X Tekken (2012, PlayStation 3, Xbox 360 & PC) waren zwar grundsolide, bleiben aber hinter den Erwartungen zurück. Auch wurde das Franchise für diverse Filmadaptionen verheizt, die man allesamt vergessen kann.
Nach langer Entwicklungszeit kehrte die Reihe mit Tekken 7 im März 2015 in die Arcade-Hallen zurück. Auch die Portierung der Heimkonsolenfassung dauerte mit über zwei Jahren ungewohnt lange. Angesichts des zu Launch strauchelnden Konkurrenten Street Fighter V erscheint die lange Arbeit an dem Spiel aber nicht unbedingt verkehrt, sodass man hoffen kann, das wir mit Tekken 7 einen erstklassigen Prügler am 2. Juni 2017 für PlayStation 4, Xbox One und PC erhalten.