Black Sails: Das Geisterschiff REVIEW

Das am 22. April 2010 veröffentlichte Black Sails: Das Geisterschiff war seinerzeit bereits das siebte Point & Click-Adventure des deutschen Entwicklerstudios Deck13. Auffällig bei Black Sails ist jedoch, dass es sich um ein Grusel-Abenteuer handelt, welches erwachsene Themen behandelt, und die Entwickler somit deutlich von ihrer bisherigen Schiene in Form von humorvollen und kinderfreundlichen Adventures wie Ankh, LUKA und Jack Keane abweichen.

Black Sails wurde ursprünglich nur im deutschsprachigem Raum veröffentlicht, was sich jedoch ca. fünfeinhalb Jahre später ändern sollte. Am 17. September 2015 erschien nämlich auch eine digitale Version auf Steam, welche auch die englische Sprache unterstützt. Diese leidet jedoch unter erheblichen technischen Schwächen und muss dafür auch immer wieder Kritik einstecken. Dummerweise besitze ich lediglich die etwas vermurkste Steam-Version und muss an dieser Stelle gleich mal bestätigen, dass hier tatsächlich virtuelle Käfer am nagen sind. Was jedoch das eigentliche Spiel zu bieten hat, und ob das Game eventuell auch in der Steam-Version spielenswert ist, oder nicht, erfahrt ihr im folgendem Test.

Spannende, bodenständige Handlung die ohne Übersinnliches auskommt

Man übernimmt die Rolle der New Yorker Reporterin Anna, welche sich am vierten Januar des Jahres 1884 aus beruflichen Gründen auf einer Schiffsreise nach Portugal befindet. Dummerweise gerät Anna in Seenot, als ihr Passagierdampfer verunglückt und absäuft. Anna und ein weiterer Schiffbrüchiger namens Lex klammern sich verzweifelt an ein Stück Holz und schaffen es sich auf eine vorbeischippernde Brigantine zu retten. Dummerweise ist das kleine Segelschiff in ziemlich heruntergekommenen Zustand und scheint obendrein verlassen zu sein. Nun muss Anna improvisieren, um aus dieser misslichen Lage herauszufinden, denn der asoziale Kleinganove Lex zeigt sich alles andere als Hilfsbereit. Wie sich herausstellt, scheint auf dem gruseligen Segelschiff nicht alles mit rechten Dingen zuzugehen.

Die Story ist definitiv die größte Stärke des Spiels. Stück für Stück herauszufinden, was auf dem Schiff geschehen ist, ist spannend mitzuverfolgen. Und die Grusel-typischen Tagebucheinträge und Umgebungsdetails gewähren interessante Einblicke in die Persönlichkeiten der verschollenen Schiffsbesatzung. Obendrein überrascht das Spiel mit netten Wendungen und ungewöhnlich erwachsenen Themen. Hierbei handelt es sich nämlich nicht um eine typische Gruselgeschichte. Zwar ist das Schiff sehr atmosphärisch gestaltet und wartet auch mit einigen Jump-Scares auf, allerdings verzichtet Black Sails nahezu vollständig auf übersinnlichen Quark wie etwa Geistern und dergleichen. Die Story ist sehr bodenständig gehalten und gibt genügend Stoff zum nachdenken, ohne den Spieler jedoch mit großen offenen Fragen zurückzulassen.

Nervig sind jedoch die beiden primären Charaktere Anna und Lex. Anna ist für meinen Geschmack ein wenig zu weinerlich ausgefallen, was halt manchmal etwas anstrengt, aber keinen Beinbruch darstellt. Lex hingegen ist ein waschechter Kotzbrocken, zu dem man auch noch nett sein soll, da das Spiel vor dem ersten Multiple Choice-Dialog erklärt, dass NPCs das Dialogverhalten des Spielers entsprechend quittieren. Und da das Spiel auch noch damit wirbt, dass die Entscheidungen das Ende des Spiels beeinflussen, wird man schnell in eine Verhaltensschiene gepresst, die nicht unbedingt befriedigend ist, wenn man mit einem blöden Sack interagieren muss. Umso ärgerlicher, dass das Ending ziemlich kurz und knapp gehalten wird. Denselben Kritikpunkt hatte ich ja schon in Venetica (Action-RPG von Deck13) zu bemängeln. Schade, dass Deck13 diesen Makel auch mit Black Sails nicht ausbügeln konnten. Dennoch hat mir die Handlung unterm Strich sehr gut gefallen.

Gutes, routiniertes Adventure dessen Gameplay sich jedoch etwas mit seiner 3D-Grafik beißt

Bezüglich des Gameplays gibt es eigentlich gar nicht viel zu sagen, was ganz einfach daran liegt, dass Black Sails keinerlei Experimente eingeht und stattdessen voll auf klassische Point & Click-Adventure-Spielprinzipien setzt. Ihr dirigiert Anna mit der Maus durch das Schiff, klickt Hotspots an, sammelt Gegenstände, die sich gegebenenfalls in der Inventarleiste kombinieren lassen, und nutzt die Gegenstände, um etwaige Problemstellungen zu lösen. Lex ist der einzige Dialogpartner im Spiel, und Aufgaben die über reguläre Inventarrätsel hinausgehen sind rar gesät. Hier mal den dreistelligen Zahlencode für die Truhe auftreiben und dort mal die Schiffsroute mittels Längen- und Breitengraden ermitteln. Der Schwierigkeitsgrad ist sehr vernünftig gehalten und ermöglicht das Durchspielen ohne Komplettlösung. Dieser Umstand liegt auch im logischen Rätseldesign begründet und der Tatsache, dass sich das Spiel nicht zu fein ist subtile, aber hilfreiche Infos springen zu lassen. Betrachtet man etwa Annas gerahmte Fotografie der Eltern, wird sie anmerken, dass die Glasfassung der Fotografie spiegelt, und voilá, schon wisst ihr wozu dieser Gegenstand gebraucht werden kann. Generell ist es wichtig jeden Gegenstand näher zu betrachten, da hierdurch auch versteckte Sachen zu Tage gefördert werden können.

Darüber hinaus bietet das Spiel eine Hotspotanzeige, die sich auf Wunsch im Optionsmenü de/aktivieren lässt. Leider beißt sich diese Anzeige etwas mit der 3D-Grafik, denn die Anzeige fährt nicht mit, wenn die Kamera in der 3D-Umgebung herumschwenkt. Das ist aber eher ein kosmetischer und daher harmloser Mangel. Ärgerlicherweise versagt die Hotspotanzeige jedoch tatsächlich an einer Stelle gegen Ende des Spiels. Da benötigt man unter anderem einen Dietrich, der nur schwer zu erkennen ist und nicht von der Anzeige erfasst wird, so dass man in einer derben Sackgasse landen kann und eventuell sogar zur Lösung greifen muss. Nur mit Glück hab ich das Ding letztendlich zufällig selbst gefunden. Da wurde scheinbar bei der Qualitätskontrolle gepennt.

Ein weiteres Manko, welches durch die schwenkende 3D-Grafik verursacht wird, ist, dass sich einige Hotspots nur ungenau anklicken lassen, was dem Spielkomfort Schaden zufügt. Auch wird es hier und da problematisch Anna zu jener Stelle zu bugsieren, wo man sie haben möchte. Es hat halt seinen Grund, warum viele Point & Click-Adventures auf 3D-Grafik verzichten. Als Entschädigung kann die gute Anna aber immerhin per Doppelklick rennen. Ironischerweise hätte man jedoch auf eine Rennfunktion verzichten können, da das Schiff ziemlich klein geraten ist und das Spiel somit auch nur eine Spielzeit von ca. 4 Stunden auffährt.

Die geringe Spieldauer als solche stellt übrigens kein Problem dar, denn Black Sails hat die ideale Länge um seine Geschichte zu erzählen und sein Setting zu präsentieren. Zieht man jedoch den Kaufpreis heran, sieht das schon wieder anders aus. Die Retail-Version kostete seinerzeit 25 Euro, was schon ein sehr stolzer Preis für ein 4 Stunden-Spiel ist. Die fehlerhafte Steam-Version ist mit ihren 10 Euro ebenfalls überteuert, wie ich finde.

Grafik und Sound

Wie bereits im Gameplay-Segment klargestellt, verwendet Deck13 eine 3D-Grafikengine, welche dem Spielablauf nicht immer förderlich ist. Optisch kann sie da schon besser gefallen. Ich würde sie sogar als „gut“ bezeichnen. Aber nur unter dem Gesichtspunkt, dass wir es mit einem Point & Click-Adventure zu tun haben. Würden wir über ein Action-Game oder dergleichen reden, dann sähe die Sache natürlich wieder ganz anders aus. Unabhängig davon kann man aber klar sagen, dass das Segelschiff sehr atmosphärisch, düster und detailverliebt gestaltet wurde. Da kann man über die schwächelnden Charaktermodelle, die sich obendrein nicht so recht entscheiden können, ob sie realistisch oder Comic-haft wirken wollen, durchaus mit einem geschlossenen Auge hinwegsehen. Na ja, zumindest bei Lex‘ Haar hätte man aber schon noch ansetzen müssen. Vielleicht hätte ihm ja eine Glatze wie bei seinem Superman-Namensvetter besser gestanden?

Zum Soundtrack hab ich nicht viel zu sagen. Die Spukmelodien sind mir nur sehr vage im Gedächtnis verblieben, was nicht unbedingt für sie spricht. Wesentlich besser funktioniert da schon die Geräuschkulisse des Segelschiffs. Hier knarzt und ächzt es eben genau so, wie man es von solch einem Setting erwartet. Wirklich hochwertig ist wiederum die deutsche Sprachausgabe. Sämtliche Sprecher leisten kompetente Arbeit und haben ihre Aufgabe ernst genommen. So solls sein.

Ich wünschte nur, die Entwickler hätte die Steam-Version genauso ernst genommen wie die Sprecher ihre Synchronisation, denn wie bereits in der Einleitung klargestellt, liegt hier doch so einiges im Argen. Das fängt schon beim Intro an, welches sich weigert die Soundfiles von Annas Einleitungstext abzuspulen. Noch ärgerlicher sind jedoch die Crashes, welche alle 1 bis 1,5 Stunden auftauchen und sich durch die plötzlich fehlende Sprachausgabe ankündigen. Daher sollte man schon darauf achten auch mal häufiger abzuspeichern (Autosaves gibt es nicht). Ironischerweise bin ich aber noch ganz gut mit diesen Mängeln weggekommen, denn laut dem Steam-Forum gibt es da noch ganz andere Macken die auftreten können, aber zumindest auch teilweise von den Entwicklern behoben wurden. Dennoch verstehe ich nicht, wieso man nach 5 Jahren immer noch keine fehlerfreie Steam-Version zusammenschrauben konnte, wenn man doch die saubere Retail-Fassung als Vorlage hat.

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Spiel Bewertung
Singleplayer
77
77
Okay
-
Multiplayer

FAZIT

Ich bin ohne Erwartungen an Black Sails: Das Geisterschiff herangegangen und wurde mit einem wirklich gelungenen Point & Click-Adventure belohnt. Die Story ist spannend, abgeschlossen und gibt dennoch Stoff zum Nachdenken. Das Gameplay ist grundsolide, routiniert und achtet darauf den Zwang zur Komplettlösung zu vermeiden (von einem gewissen Hotspotanzeigen-Fehler mal abgesehen). Und audiovisuell fügt sich soweit auch alles ordentlich zusammen. Punktabzüge gibt es jedoch für das wacklige Preis- Leistungsverhältnis, kleinere Gameplay-Macken, die sich hauptsächlich aus der Darstellung in 3D-Grafik ergeben und natürlich auch den Steam-„Exklusiven“ Bugs und Crashes. Vor allem Letzteres ist schon sehr ärgerlich und stellt eine große Peinlichkeit für ein Entwicklerstudio dar, welches sich dieser Tage im internationalen Action-RPG-Markt tummelt. Nichtsdestotrotz hat mir das Spiel trotz aller Mängel eine Menge Freude bereitet, daher gibts trotzdem ne gute Wertung.

- Von  Volker

MS Windows

Black Sails: Das Geisterschiff REVIEW

USK 0 PEGI 3

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