AoT – Wings of Freedom REVIEW

Mit Attack on Titan hat sich Publisher Koei Tecmo die nächste große Anime-Lizenz gesichert und das hauseigene Studio Omega Force (Dynasty Warriors) an die Realisierung der Videospielumsetzung gesetzt. Bekannte Marken und das Musou-Prinzip haben sich schließlich schon in der Vergangenheit gut vertragen und auf den ersten Blick erscheint der Kampf der Menschheit gegen blutrünstige Titanen als idealer Ausgangspunkt für ein actionreiches Videospiel. Warum das in Europa aufgrund einer etwas seltsamen rechtlichen Gemengelage als AoT – Wings of Freedom erscheinende Spiel dennoch nicht so ganz mit anderen Versoftungen von Koei Tecmo/Omega Force mithalten kann, klärt der Test.

 

Die Menschen schlagen zurück

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Der Kampf gegen die Titanen erreicht nun endlich auch Europa.

Attack on Titan erzählt vom aussichtslosen Kampf einer sich hinter riesigen Mauern verschanzenden Menschheit gegen Titanen, die offenbar gefühllos und ohne Emotionen morden und zerstören, was ihnen in den Weg kommt. Diese eigentlich sehr einfach anmutende Geschichte hat als Manga und vor allem als Anime einen enormen Hype losgetreten, der längst die Grenzen Japans passiert hat und zu einem globalen Phänomen geworden ist. AoT – Wings of Freedom ist nach dem von Spike Chunsoft für den Nintendo 3DS produzierten Attack on Titan – Wing of the Human Race der bereits zweite Versuch das Franchise in ein Videospiel zu verpacken – und leider gelingt es auch beim neuerlichen Anlauf nur bedingt der Vorlage gerecht zu werden.

Für Kenner des Anime gibt es in Sachen Handlung wenig neues. AoT – Wings of Freedom folgt den wichtigsten Stationen der ersten 25 Folgen und erzählt die bekannte Handlung ohne große Abweichungen nach. Das ist nach wie vor spannend und unterhält für die Dauer von rund sieben Stunden. Solang ist nämlich in etwa der Story-Modus, wobei man mit diversen Nebenaufträgen und im Endgame die Spielzeit locker auf das Doppelte steigern kann. Die Qualität der Vorlage wird aber zu keinem Zeitpunkt erreicht.

Attack on Titan ist eben auch deshalb so genial und beliebt, weil es trotz seiner für Shonen-Manga so typischen Eckpfeiler einen weitaus raueren und unerbittlichen Ton anschlägt, als man es von der Mainstream Konkurrenz gewohnt ist. Von der schieren Aussichtslosigkeit des Kampfes der Menschen gegen die Titanen, der individuellen Verzweiflung, den Beweggründen der Figuren – davon ist im Spiel nur wenig zu spüren. Wer erst mit dem Spiel einsteigt verpasst daher einiges. Aus Sicht eines Kenners und Fans der Vorlage ist die Umsetzung passabel. Nicht mehr, nicht weniger.

 

Spidey lässt grüßen

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Mit der 3D Manöver Ausrüstung schwingt man sich lässig zu den Gegnern und legt flott weite Strecken zurück. Steuern lässt sich das übrigens erstaunlich gut.

In spielerischer Hinsicht wurden neue Wege gegangen, die sich deutlich von den anderen Anime-Umsetzungen aus dem Hause Omega Force unterscheiden. Wo die Dynasty Warriors Macher ihr seit Jahrzehnten beinahe gänzlich unangetastetes Spielprinzip bei den Umsetzungen von One Piece und Arslan: The Warriors of Legend noch ohne wirkliche Abstriche überstülpen konnten, da mussten sie für AoT – Wings of Freedom neu ansetzen und das Gameplay wesentlich umgestalten. Massenschlachten findet man daher keine, stattdessen gibt es, getreu der Vorlage, intensive Kämpfe gegen die titelgebenden Titanen. Diese treten zwar auch in Gruppen auf, mit den gegnerischen Hundertschaften anderer Musou-Titel hat das aber freilich nichts mehr zu tun.

Eine große Besonderheit ist auch die Art und Weise, wie die Titanen bekämpft werden. Protagonist Eren Jäger und seine Kameraden benutzen nämlich das sogenannte 3D Manöver, welches es ihnen erlaubt wie der berühmte Spinnenmann aus New York durch die Lüfte zu schwingen und so in Reichweite der mehrere Meter großen Gegner zu gelangen. Statt sanften Spinnennetzen verschießen die Soldaten allerdings stabile Drahtseile. Diese bohren sich nicht nur in die Titanen, sondern auch in Bäume, Häuserwände und andere Objekte. Zusätzlich mit einem Gasantrieb sind somit eindrucksvolle und rasante Bewegungen durch die Luft möglich.

 

Arm ab, Bein ab, Nacken kaputt

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Um einen Titanen endgültig zu töten, muss der Nacken zerstört werden. An diesen zu gelangen gestaltet sich aber nicht immer einfach.

Was im Anime so kompliziert aussieht, lässt sich mit dem Controller erstaunlich angenehm steuern. Gerade als Vielspieler anderer Titel von Omega Force musste ich zwar erst einmal etwas umdenken, doch die Eingewöhnungsphase ging auch Dank des schlüssigen Tutorials schnell vonstatten. Und so dauerte es auch gar nicht lange, bis ich meine ersten Titanen gelegt hatte. Der Vorgang ist dabei stets derselbe: man katapultiert sich durch die Luft und visiert eine der drei Schwachstellen der Titanen an. Arme und Beine kann man gar ganz abhacken, um einen Titanen endgültig zu töten, muss allerdings der Nacken mithilfe wuchtiger Klingen zerstört werden. Geschieht dies nicht schnell genug, so wachsen die abgetrennten Gliedmaßen wieder nach und der Kampf gestaltet sich etwas schwieriger. Neben der eigentlichen Ausrüstung, die sich im Spielverlauf weiter aufrüsten lässt, gibt es außerdem noch verschiedene Granatentypen, welche die Gegner etwa blenden.

Das arcadige Kampfsystem ist gerade in den ersten Missionen ungemein befriedigend. Und obwohl mit der Zeit einige etwas fordernde Gegnertypen erscheinen, so muss man die Taktiken nur selten anpassen. Dadurch verkommen die Kämpfe schnell zur Routine und der Spielverlauf gestaltet sich auf Dauer eintönig. Schade das die Entwickler nicht den Versuch eingegangen sind und ein komplexeres Kampfsystem gebaut haben. Irgendetwas zwischen Musou und der Souls Reihe vielleicht mit gerne auch langwierigen Kämpfen. Ein solcher Ansatz ist auch deshalb reizvoll, da die Titanen im Spiel kaum Bedrohung darstellen. Ja, sie sind riesig, ihre Fratzen und Bewegungen so bizarr, wie in der Vorlage. Doch als wirkliche Gefahr habe ich sie nie wahrgenommen.

 

Chaos pur

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Eine mäßig funktionierende Kamera, überladene Bildschirme und maue Optik trüben den technischen Gesamteindruck.

So gut das eigentliche Kampfsystem und die Bewegung auch funktionieren, so chaotisch gestaltet sich der Spielablauf in vielen Fällen. Gerade die Kamera stellt ein großes Problem dar, vor allem dann, wenn man die Titanen in engen Häusergassen oder Wäldern bekämpft. Eine vernünftige Übersicht ist hier kaum gegeben, was nicht zuletzt an den Nerven und der Geduld des Spielers zerrt. Weitere technische Kapriolen, wie immer wieder auftretende Clippingfehler und eine nicht reagierende Kollegen-KI, fallen ebenfalls enorm auf. Und von den vollkommen überladenen Bildschirmanzeigen, die mit Minimap, Lebensanzeige, aktueller Missionsaufgabe und mehr den Bildschirm fluten, will ich erst gar nicht anfangen.

AoT – Wings of Freedom ist trotz des großen Namens eben kein AAA-Titel, sondern eine Lizenz-Umsetzung im gehobenen Mittelsegment. Die maue Grafik spricht da Bände: leer wirkende Areale, öde Texturen, immer wieder auftretende Pop-Ups und wenig Auswahl an unterschiedlichen Settings. Letzteres ist zwar auch der Vorlage geschuldet, die in der ersten Staffel nun einmal nur Wälder und Städte als Schauplätze hatte. Doch gerade bei einer solch limitierten Auswahl an Schauplätzen hätte der Detailgrad der Umgebungen erst recht nach oben geschraubt werden müssen.

Auf der akustischen Seite sieht es hingegen schon etwas besser aus. Der wuchtige und zuweilen epochale Score der Animeadaption ist ebenso vorhanden, wie die originalen (japanischen) Sprecher der Serie. Die Untertitel und sämtliche Menütexte liegen in deutscher Sprache vor. Leider wirkt die Übersetzung zuweilen etwas dahingeschludert und ungenau.

 

Umfang ja, aber Langzeitspaß?

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Ui, wer kommt denn da?

Neben dem Story-Modus, in welchen man übrigens nicht nur in die Rolle von Eren Jäger, sondern auch von Armin, Mikasa und Levi schlüpft, gibt es noch den Scout-Modus. In diesen kann man noch weitere Figuren spielen und auch deren Aussehen anpassen. Außerdem lockt der Scout-Modus unzähligen weiteren Missionen und kann mit bis zu vier Spielern gezockt werden. Lokaler Koop wird aber nicht unterstützt, stattdessen kann man lediglich online mit Freunden oder Fremden gemeinsame Schlachten schlagen.

Insgesamt hat man mit AoT – Wings of Freedom durchaus etwas zu tun – wenn man denn darüber hinwegsehen kann, das sich die Aufgaben in ihrem Aufbau sehr ähnlich sind und auch der Spielablauf schnell repetitiv wird.

 

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Spiel Bewertung
Singleplayer
70
70
70
Multiplayer

FAZIT

Im direkten Vergleich zu anderen Anime-Umsetzungen von Omega Force bleibt AoT - Wings of Freedom etwas auf der Strecke. Dennoch hat das Spiel seine Vorzüge, gerade hinsichtlich des innovativen Kampfsystems und dem tollen Setting. Leider kann das Spiel zu keinem Moment der Atmosphäre und Intensität der Vorlage gerecht werden, zudem wirken die technischen Unzulänglichkeiten sehr störend und mitunter frustrierend. Ein großer Umfang ist zwar im Prinzip vorhanden, doch qualitativ ist dieser eher mau. Für ein Vollpreisspiel wirkt das alles etwas wenig.

- Von  Adrian

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