Pirates: The Legend of Black Kat REVIEW
Piraten aus dem Westwald: Zu einer Zeit als es noch keinen Fluch der Karibik in den Kinos zu sehen gab und nach dem Piratengenre kaum ein Hahn krähte, zeigte das traditionsreiche Programmierstudio Westwood (Command & Conquer, Legend of Kyrandia uvm.) erbarmen und gab den PS2- und Xbox-Besitzern endlich Gelegenheit mit dem virtuellen Säbel zu rasseln und packende Seeschlachten auszufechten! Als traurige Randnotiz sei noch erwähnt, dass Pirates: The Legend of Black Kat eines von Westwoods letzten Spielen war, ehe das Studio vom weithin verhassten Publisher EA eingestampft wurde. Ob es sich lohnt die Schwarze Flagge für dieses Spiel zu hissen oder nicht, erfahrt ihr im folgendem Review.
Die Piratenbraut schlägt zurück!
Der grausame Piratenkapitän Hawke ist kurz davor die Herrschaft über die fünf Meere an sich zu reißen. Lediglich Marcus de Leon, Gouverneur über die Inseln des zentralen Meeres, steht seiner totalen Machtübernahme noch im Wege. Es kommt wie es kommen muss: Der Gouverneur wird von Hawke ermordet und Marcus‘ Tochter Katarina findet nur noch seine Leiche und einen Abschiedsbrief in der brennenden Villa vor. Aus diesem Brief erfährt die junge Frau, dass ihre Mutter, Mara Rousseau, einst eine überaus erfolgreiche Piratenkönigin gewesen war. Natürlich stellt sich heraus, dass die Gute einen äußerst beeindruckenden Schatz zusammengehäuft hat, der nur darauf wartet von seiner rechtmäßigen Erbin beansprucht zu werden. Und so sticht Katarina de Leon als Piratenbraut „Black Kat“ in See, um einerseits den Mord an ihren Vater zu rächen und andererseits den Schatz ihrer Mutter zu bergen. Dies wird ihr aber nur gelingen, wenn sie alle Teile der magischen Schatzkarte zusammenträgt, die über die fünf Meere und deren Inselketten verstreut sind. Nur blöd, dass jene Meere und Inseln von Hawkes Handlangern beherrscht werden – von den sonstigen Gefahren ganz zu schweigen.
Tjoa, und damit wäre auch alles gesagt was es zur geradlinigen Storyline zu erzählen gibt. Natürlich wäre da noch die obligatorische Lovestory und die kleinen Wendungen gegen Ende. Doch unterm Strich sollte man beim besten Willen kein erzähltechnisches Kunstwerk oder gar nennenswerte Charakterentwicklungen erwarten. Mit historischen Begebenheiten und Fakten hat The Legend of Black Kat ebenfalls nichts am Hut. Die fünf Meere sind eine reine Fantasywelt, in der sich garstige Riesenkrabben und klapprige Skelettpiraten die Klinke in die Hand geben.
Abenteuer an Land und auf hoher See
Die Überschrift spielt auf die beiden großen Gameplaybereiche von Pirates: The Legend of Black Kat an. Da wären zum einen die Landeinsätze und zum anderen die Schiffspassagen. Da der Löwenteil des Gameplays an die Inselausflüge geht, widmen wir uns zunächst diesem Segment.
Die Steuerung arbeitet absolut problemlos: Mit dem linken Analogstick steuert man Kat und mit dem Rechten die Kamera. Gesprungen wird mit der Kreistaste. Der Säbel wird mit der X-Taste geschwungen – inklusive 4er-Angriffskombo. Je mehr Schaden man austeilt, desto mehr Energie für den Superangriff wird aufgeladen, der wiederum mit der Quadrat-Taste losgetreten wird. Um feindlichen Angriffen entgegenzuwirken sollte man fleißig mit L1 blocken. Sekundäre Waffen und Hilfsmittel wie Wurfmesser, Schwarzpulver-Granaten und Totemzauber können mit den R1- und R2-Tasten ausgewählt und mit der Dreiecks-Taste eingesetzt werden. Dies ist in der Hitze des Gefechts leider recht umständlich zu bewerkstelligen, da man im Verlauf des Spiels eine beträchtliche Auswahl dieser Utensilien erhält, die aufgrund des stetig ansteigenden Schwierigkeitsgrades auch immer (überlebens)wichtiger werden! Ein übersichtliches Inventarmenü wie in Zelda wäre da die deutlich bessere Lösung gewesen, als die Gegenstände mühselig per Schulterbuttons durchschalten zu müssen. Wiederum vorbildlich, ist die Möglichkeit die drei Schwierigkeitsgrade Leicht, Normal und Schwer auch innerhalb eines gelegten Spielstandes umstellen zu können.
Was genau treibt man nun also auf den Inseln? Nun, im Grunde genommen geht’s darum Schatztruhen zu bergen, um Gold für sekundäre Waffen/Hilfsmittel und bessere Schiffstypen zusammenzutragen oder Quest-relevante Items zu erbeuten. So benötigt man Landkarten und Schatzkartensteine um Zugang zu neuen Inseln freizuschalten. Die Kartensteine werden dabei immer von einem nervigen Bossgegner behütet, den es zu bezwingen gilt. So lassen wir im Duell mit Schwarzbart die Säbel rasseln oder jagen eine riesige Monsterkrabbe mit Pulverfässchen in die Luft – jepp, die Bossfights gehören zu den Highlights im Spiel! Die regulären Feinde sind jedoch ebenfalls nicht zu unterschätzen, vor allen weil diese die dumme Angewohnheit haben zu respawnen! Grog hilft dabei Kat’s Herz-Energieleiste auf Vordermann zu halten, wohingegen die seltenen Kristallherzen die Lebensenergie sogar dauerhaft erhöhen! Muscheln wiederum schalten sehr sehenswerte Artworks fürs Album im Startmenü frei und Edelsteine erhöhen das Goldkonto.
Natürlich bekommt man diese ganzen Schätze und Hilfsmittel nicht geschenkt. Sie werden von getöteten Gegnern gedroppt, liegen (teils gut verborgen) in der Umgebung herum oder befinden sich in den oben genannten Schatztruhen. Manche Schatztruhen lassen sich jedoch nur mit dem entsprechenden Schlüsseltypen öffnen, welche man allerdings erst viel später im Spiel erhält. Erschwerend kommt hinzu, dass viele Truhen vergraben sind und erst mühselig durch Kat’s goldenes Näschen aufgespürt werden müssen. Befindet sie sich in der Nähe einer solchen Truhe gibt Kat einen entsprechenden Kommentar von sich und der Controller fängt an zu vibrieren. Anschließend lässt man sich von der Vibrationsstärke zum genauen Fundort dirigieren, bis endlich das erlösende Schaufelsymbol auf dem Screen erscheint – ein interessanter, wenn auch auf Dauer recht nerviger Aspekt. Die über 25 Levelkarten sind nämlich relativ weitläufig ausgefallen, was gründliche Schatzjäger zu jeder Menge Leerlauf verdammt.
Damit der Überblick bei der Schatzsuche nicht verloren geht, gibt es ein nützliches Karten- und Statistikmenü. In diesem werden die Positionen gefundener, jedoch verschlossener Truhen und der rar gesäten NPC’s verzeichnet. Netterweise erhält man auch genauesten Einblick darüber, wie viele Schatztruhen und Muscheln man auf der jeweiligen Insel bereits erbeutet hat – für Perfektionisten, die das Spiel zu 100 % meistern wollen, eine unverzichtbare Hilfe!
Der große Schwachpunkt der Inselpassagen ist die Monotonie, die spätestens nach der ersten Spielhälfte eintritt. Obwohl neue Gegnertypen in akzeptablen Abständen auftreten und die Insellevel ganz ordentlich strukturiert wurden, mangelt es einfach an Abwechslung. Insel nach Schatztruhen und Items abgrasen, dabei Gegner bekämpfen und … Ja, im Kern war das schon alles was man treibt. NPC’s wie der Schmuggler, der sekundäre Waffen und Grog verkauft oder Questgeber, können ebenso an zwei Händen abgezählt werden wie die Anzahl der Bosskämpfe.
Und dennoch macht Pirates schnell süchtig! Der „nur noch eine Insel erkunden/Schatztruhe bergen“-Faktor ist nicht zu unterschätzen und treibt einen stetig dazu an weiterzuzocken. Die Programmierer haben also eindeutig etwas richtig gemacht, was man übrigens auch im zweiten Gameplaybereich erkennen kann…
Schiffeversenken in Echtzeit
Um von Insel zu Insel zu gelangen, verfügt man selbstverständlich über ein stolzes … ääähm Fischerboot, genannt „Windtänzer“. Da man mit so einem kleinen Kahn langfristig gesehen nicht allzu viel gegen Hawke’s Flotte ausrichten kann, gibt es die Möglichkeit bessere Schiffstypen in den Festungsstädten zu erwerben. Zunächst muss so eine Festungsstadt aber erst einmal befreit werden, indem man sie fleißig mit Kanonenkugeln eindeckt ohne selbst zu viel vor den Bug geknallt zu bekommen. Anschließend darf man die Festung als Handelshub für seinen Segelbedarf verwenden. Neben neuen, besseren Schiffstypen (die erst nach und nach im Spielverlauf zugänglich werden) gibt es zusätzliche Kanonen, Reparaturleistungen und sekundäre Hilfsmittel (die ähnlich funktionieren wie jene für die Landpassagen) zu kaufen. Generell ist die grundsätzliche Schiffssteuerung vergleichbar mit jener zu Fuß. Natürlich steuert sich so ein Schiff wesentlich schwerfälliger und unflexibler als eine Person, was jedoch ein klares Plus darstellt, da man tatsächlich das Gefühl hat ein Segelschiff zu kontrollieren (so gut dieses Gefühl eben mit einem Controller zu vermitteln ist)! Erwähnenswert sind noch die Spezialangriffe, deren Funktion von der montierten Galleonsfigur abhängen. Hier hat man etwas mehr Komplexität walten lassen, als bei den uninspirierten Spezialattacken mit dem Säbel. Alles weitere könnt ihr dann selbst ausprobieren.;)
Möchte man zu einer anderen Levelkarte reisen, segelt man einfach an den Kartenrand und wählt dann auf der Weltkarte die verfügbaren Inseln an. Innerhalb der Levelkarten, wird man natürlich regelmäßig in Scharmützel mit Hawke’s Kriegsschiffen verwickelt oder muss sich vor lästigen Wachtürmen in acht nehmen. Als große Nebenquest geht es darum die Festungsstätte von Hawke zurückzuerobern, was ein wenig Extrabeute einbringt und oben erläuterten Handelshub für das jeweilige Gebiet freischaltet.
Da es auch auf hoher See einige Bosskämpfe zu bestreiten gilt, sollte man diesen Spielbereich jedoch keinesfalls als kleines Gimmick betrachten! Ein Großteil des erbeuteten Goldes fließt nämlich in bessere Schiffsmodelle, zusätzliche Kanonen und Reparaturen! Was wäre Black Kat auch für ein Piratenkapitän, wenn sie das ganze Spiel über in einer jämmerlichen Nussschale herumschippern würde?
Das Spiel bietet übrigens auch einen Modus speziell für Schiffsschlachten an, in dem sich der Spieler mit der CPU oder einem Freund duellieren darf. Zahlreiche Optionen wie die Wahl der sich bekämpfenden Schiffstypen, verschiedene Levelmaps speziell für diesen Modus usw. können jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass dieser Spielmodus nach spätestens 10-30 Minuten (je nachdem ob man allein oder mit einem Freund zockt) auch schon wieder ausgereizt ist. Schade.
Grafik, Sound und Präsentation
Ein etwas größerer Schwachpunkt des Spiels ist sicherlich die Grafik. Die Inseln wurden recht detailarm und karg gestaltet. Dies fördert keinesfalls den Spielspaß, vor allem da es kaum Highlights zu erspähen gibt. Der gefrorene Kadaver eines Mammuts, welcher auf einer der Eisinseln zu finden ist, war da schon eines der seltenen Aha-Momente. Aber selbst dieses Beispiel fällt im Vergleich zu anderen Spielen erschreckend kümmerlich aus. Einzige Abwechslung versprechen die unterschiedlichen Themen der Insellandschaften. Da reicht die Palette von klassischen Sandstränden mit Palmen über die düsteren Geisterinseln zu den Dschungel bedeckten Voodoo-Inseln bis hin zu den obligatorischen Eis- und Feuerinseln. Da fühlt man sich doch glatt wie in einem klassischen Jump’n’Run, in dem jede Welt ihr eigenes Landschaftsthema aufweist. Die Charakter- und Monstermodelle sind brauchbar, mehr nicht. Dafür überzeugen die detaillierten Schiffsmodelle – vor allem wenn ein mit Kanonenkugeln zersiebter Kahn Feuer fängt, in die Luft fliegt und schlussendlich absäuft, fühlt man sich richtig wohl in der Rolle der Piratenbraut!^^
Die Animationen beim Säbelfechten sind zunächst ganz nett anzuschauen, können jedoch nicht wirklich überzeugen. Selbiges trifft auch auf das spiegelglatte Meer und die Rendervideos zu.
Der Soundtrack ist nicht durchgehend, sondern spielt sich nur sporadisch ab. Ein Faktor, der den grafisch mauen Inselausflügen weitere Eintönigkeit einflößt. Wenn die Stücke dann endlich zur Tat schreiten dürfen, fügen sie sich sehr gut ins abenteuerliche Piratengeschehen ein und sorgen für passende Stimmung. Die Geräuscheffekte sind nur Ok, während die Sprachausgabe recht gut gelungen ist. Alles in allem eine runde, wenn auch keinesfalls herausragende Sache.
In Pirates: The Legend of Black Kat wurde versucht ein buntes Potpourri aus verschiedenen Mythen und Legenden zusammenzumischen. Dabei kam eine recht krude Fantasywelt heraus, die nicht so recht überzeugen kann. Warum sieht der Meeresgott Neptun hier fast genauso aus wie König Triton aus Disneys Arielle die Meerjungfrau? Warum besteht das Meer der Feuerinseln aus Lava, die meinem Holzschiff nichts anhaben kann? Wieso lauert auf den Eisinseln eine Walküre als Bossgegner? Fragen über Fragen, die man sich besser nicht stellen sollte, um dadurch festzustellen, was für einen gigantischen Stuss man hier eigentlich spielt!
Darüber hinaus langweilt das Spiel mit schwächelnder Grafik und auf Dauer stark repetitiven Gameplay. Und dennoch kann man Pirates einen gewissen Charme nicht absprechen. Pirates ist in seiner Machart ein fast schon klassisches Videospiel, welches mehr Wert auf unkomplizierten Spielspaß als ausgefeilte Präsentation legt.