Wild Arms 3 REVIEW

In den Anfangsjahren der PlayStation 2 gab es nicht viele JRPGs zur Auswahl. Final Fantasy X und Grandia 2 waren die beiden großen Titel, dann gab es noch den Geheimtipp Shadow Hearts sowie das grottige Ephemeral Fantasia. Ich erinnere mich noch gut daran, wie dankbar ich Ubi Soft war (ja, damals waren das noch zwei Worte), dass sie sich erbarmten und Wild Arms 3 nach Europa brachten. Den dritten Teil einer JRPG-Serie, welche ihren Reiz aus Wild West-Themen und den umfangreichen Einsatz von Puzzles und Rätseln bezieht. Wie schon bei Wild Arms 2 scherte es den ursprünglichen Publisher – Sony – einen feuchten Dreck das Spiel in Europa zu veröffentlichen. Doch wie gesagt: Die damals noch coolen Franzosen von Ubi Soft hatten ein Herz für JRPG-Fans und brachten das Spiel am 21.02.2003 in europäische Läden (in Japan und den USA war es schon 2002 zu haben).

Ob sich die Genre-Fans glücklich schätzen konnten, dass die Serie zurück nach Europa gebracht wurde, oder nicht, erfahrt ihr im folgendem Review.

Die Geheimnisse des sterbenden Ödland-Planeten


Filgaia ist ein einsamer, sterbender Ödland-Planet der sich irgendwo in den Tiefen des Universums befindet. Schuld am Zustand Filgaias ist ein apokalyptischer Krieg, der vor sehr langer Zeit zwischen Dämonen und Neosapiens, den Vorfahren der Menschen, ausgetragen wurde. Zwar gingen die Neosapiens als Sieger hervor, jedoch müssen deren Nachfahren nun eine harsche Existenz auf einem verfallenden, monsterverseuchten Planeten aushalten. Es gibt nur noch wenige Menschen auf Filgaia und die meisten von denen rotten sich in kleinen Western-Siedlungen zusammen, wo sie versuchen so gut wie möglich über die Runden zu kommen. Es gibt kaum Menschen, die sich trauen ins Ödland zu reisen, und nur eine handvoll dieser Glücksritter ist fähig genug lebendigen Leibes zurückzukehren. Diejenigen, die es schaffen dem Ödland zu trotzen werden Drifter genannt und insgeheim als Hoffnungsträger der Menschheit angesehen. Jeder Drifter hat seine eigenen individuellen Beweggründe das Ödland zu bereisen. Oftmals geht es nur darum alte Ruinen zu plündern oder Kopfgelder zu jagen, um ordentlich Kohle einzustreichen. Es ist unklug einen Drifter in Kategorien wie Gut und Böse zu pressen. Diese Leute sind die Härtesten ihrer Spezies und leben entsprechend nach ihren eigenen Regeln und Grundsätzen.

Wild Arms 3 erzählt die Geschichte von vier Driftern, die vom Zufall zusammengeführt werden und beschließen eine Gruppe zu bilden, welche Anfangs eher einer Zweckgemeinschaft gleicht. Mit der Zeit wandeln sie sich jedoch in ein handfestes Team, das auf Freundschaft und Respekt aufbaut. Die vier Drifter sind:

  • Virginia Maxwell: Ein Laura Ingels-Verschnitt, die bei Onkel und Tante lebt, nachdem ihre Mutter verstarb und ihr Vater auf nimmerwiedersehen im Ödland verschwand. Zwar tut sie so, als ob sie ihren Vater verachtet, da er ihre todkranke Mutter und sie selbst alleine zurück ließ, aber in Wirklichkeit liebt sie ihn sehr und wünscht sich nichts sehnlicher als ihn wiederzufinden. Dies ist der Hauptgrund dafür, warum Virginia als Drifter ins Ödland aufbricht. Darüber hinaus will sie ihre Kampfkünste als Pistolenschützin dafür einsetzen, die Welt zu einem gerechteren Ort zu machen, aber das ist nur Blendwerk um ihre eigentliche Motivation zu verschleiern.
  • Jet Enduro: Ein minderjähriger Eigenbrötler der vollständig auf Geld verdienen und überleben fixiert ist und nichts und niemanden an sich heranlässt. Er ist sich auch nicht zu schade dafür kriminelle Aktivitäten durchzuführen, um seine simplen Ziele zu erreichen. Trotz dessen ist Jet kein schlechter Mensch. Sein Manko ist jenes, dass er keine Erinnerungen über ein anderes Leben verfügt und sich somit schwer tut Empathie zu entwickeln. Vielleicht würde es ihm helfen, wenn seine mysteriöse Vergangenheit ergründet werden würde?
  • Gallows Carradine: Ein Baskar (Wild Arms‘ Interpretation von Indianern), der keinen Bock hat seiner traditionell auferlegten Pflicht der Priesterschaft nachzugehen. Gallows will einfach nur frei sein, hübsche Frauen anbaggern, das Ödland nach Schätzen abgrasen und bei all diesen Aktivitäten jede Menge Spaß haben. Gallows ist sich sehr wohl bewusst, dass er ein sehr simpel gestrickter Typ ist, eine Tatsache die ihn sehr sympathisch macht. Was ihm jedoch nicht bewusst zu sein scheint, ist, dass er wesentlich konservativer ist, als er zunächst wahrhaben mächte. Die Traditionen und Werte seines Volkes sind tief in ihm verwurzelt und Gallows ist insgeheim bereit dafür sein Leben zu riskieren, um diese Werte, oder auch seinen geliebten kleinen Bruder, zu verteidigen – also die perfekte Grundvoraussetzung für einen wahren Baskar-Priester.
  • Clive Winslet: Ein Kopfgeld- und Monsterjäger, der jedoch nur ehrenwerte Aufträge animmt. Clive ist Familienvater, der mit seinem blutigen Handwerk in erster Linie Frau und Tochter versorgen möchte. Seine wahre Berufung ist jedoch die des Archäologen und Gelehrten. Clive erforscht das Ödland Filgaias in der Hoffnung die Hintergründe über die Degeneration seines Heimatplaneten aufzudecken und eventuell den Verfall Filgaias rückgängig zu machen. Hierdurch könnte er der Menschheit im allgemeinen und seiner Familie im speziellen ein besseres Leben ermöglichen. In Wahrheit leidet Clive jedoch unter der Verantwortung Filgaia retten zu müssen. Vielleicht können seine neuen Freunde dabei helfen die Last der Verantwortung zu schmälern?

Dieses Quartett erhält von Gallows Großmutter Halle den Auftrag den „Blue Menace“ zu stoppen, eine ominöse Bedrohung, welche von Gallows kleinen Bruder Shane vorausgesehen wurde. Da der Blue Menace aber noch gar nicht aufgetaucht ist, sollen die vier erst einmal ihr Leben als Drifter fortsetzen, um die notwendige Kampferfahrung zu sammeln, und somit eine Chance gegen den Blue Menace zu haben. Auf ihren Reisen müssen sich die vier ungleichen Drifter aber nicht nur mit feindlich gesinnten Driftern und größenwahnsinnigen Wissenschaftlern außeinandersetzen, sondern sich auch ihren eigenen persönlichen Problemen stellen sowie die geheimnisvolle Vergangenheit ihres Heimatplaneten erforschen. Es gibt also jede Menge zu tun und so einige spannende Wendungen mitzuerleben.

Und ja, sowohl die spannende, wendungsreiche Story, als auch die sympathischen und/oder interessanten Haupt- und Nebencharaktere von Wild Arms 3 sind die größte Stärke des Spiels. Ich würde sogar so weit gehen und behaupten, dass die Charaktere im dritten Teil die Stärksten der gesamten Reihe sind. Sowohl Virginia und ihre Jungs, als auch ihre Widersacher verfügen über eine hervorragende Chemie untereinander. Darüber hinaus baut die Handlung ein solch starkes Sagengut-Fundament auf, dass die gesamte Wild Arms-Franchise davon profitiert. Hier erfährt man eben sehr viel darüber, wie das Wild Arms-Universum im allgemeinen funktioniert, was für echte Fans unglaublich wertvoll ist.

Zwischen altbekannter Qualität und Verschlimmbesserungen

Spieltechnisch baut Wild Arms 3 stark auf den Mechaniken des Vorgängers auf, wobei gewisse Gimmicks und Besonderheiten natürlich abgeändert oder erweitert wurden. Im Kern setzt aber auch dieser Teil auf die klassischen Bausteine des JRPG-Genrs. Die Spielwelt setzt sich aus Siedlungen und Dungeon-Gebieten zusammen, welche über eine frei begehbare Weltkarte angesteuert werden. Innerhalb der Siedlungen tratscht man mit NPCs oder treibt Handel. Auf der Weltkarte und in den Dungeons muss man sich hingegen mit rundenbasierten Zufallskämpfen auseinandersetzen, welche in Wild Arms 3 aber in den meisten Fällen auch einfach weggedrückt werden können. Kurz vor Kampfbeginn poppt nämlich ein Ausrufezeichen über dem Kopf der Spielfigur auf. Ein Knopfdruck genügt dann, um den bevorstehenden Kampf abzuwürgen. Ab und zu wird man aber vom Gegner überrumpelt. Derartige Kämpfe darf man logischerweise nicht wegdrücken.

Generell wurde das Konzept „Zufallskämpfe wegdrücken“ etwas überarbeitet. Dieses mal gibt es da nämlich Einschränkungen in Form des sogenannten „ECN“-Pools und des „Migrant-Levels“. Jeder weggedrückte Zufallskampf kostet nämlich eine bestimmte Anzahl von ECN-Punkten. Ist der ECN-Pool verbaucht, darf man auch nicht mehr wegdrücken. Um den Pool wieder aufzufüllen, muss man entweder Kämpfe gewinnen (ein Punkt pro Kampf) oder eine Schlafgelegenheit in einer Siedlung beanspruchen um den Pool wieder komplett aufzufüllen. Je stärker die Gegner, desto mehr ECN-Punkte kostet das Wegdrücken. Glücklicherweise kann man hier dagegen halten, indem man spezielle Gegenstände findet, die sowohl den ECN-Pool, als auch den Migrant-Level steigern. Je höher der Migrant-Level ist, desto weniger Punkte kostet das Wegdrücken. Im Idealfall ist der Migrant-Level sogar hoch genug, dass das Wegdrücken keine ECN-Punkte mehr kostet. Insgesamt kann man den ECN-Pool von den anfänglichen 10 Punkten auf 50 hochdrücken. Der Migrant-Level kann hingegen bis zu Stufe 20 „aufgelevelt“ werden. Aber wie gesagt, muss man hierfür spezielle, limitierte Gegenstände auftreiben.
Auch wenn das System mit dem „Ausrufezeichen“ durch ECN und Migrant unnötig verkompliziert wurde, so ist es doch immer noch eine gute Maßnahme den Aspekt „Zufallskampf“ weitaus weniger nervig zu gestalten, als in vielen anderen JRPGs. Aber freilich sollte man Kämpfe sowieso nicht scheuen, da die Erfahrungspunkte für Level-Ups und Geldeinheiten zwingend benötigt werden um durch zu kommen.

Beim Vorgänger lobte ich noch die hervorragende Balance zwischen Story, Kampf, Erkundung und Rätseln. Leider kann Teil 3 diese Balance nicht mehr halten. Wild Arms 3 legt einen spürbar stärkeren Fokus auf die Rundenkämpfe und Grinding, was keineswegs bedeutet, dass die anderen drei Bestandteile unter den Tisch fallen. Diesbezüglich braucht man sich also keine Sorgen machen, denn es werden immer noch zahlreiche unterhaltsame Rätselaufgaben in den Dungeons geboten, während die Spielwelt jede Menge Nebenaufgaben, Schätze und Bonus-Bosskämpfe versteckt hält. Und es gibt auch wieder jede Menge Story-Sequenzen, welche sehr gut dosiert wurden und immer einen guten Belohnungsfaktor darstellen. Anders als im Vorgänger ist es mir dieses mal sogar gelungen alle Rätsel ohne externe Hilfe zu knacken, was einen ganz dicken Pluspunkt darstellt!

Wie von den beiden Vorgängern gewohnt basieren viele Rätsel auf Werkzeugen, welche die vier Drifter im Spielverlauf erhalten. Jeder der Vier wird im Spielverlauf 3 Werkzeuge erlangen. Insgesamt hat man zum Ende hin also 12 Werkzeuge zur Verfügung. Da reicht die Palette von Bomben, um Geröll wegzusprengen, einem Zauber-Wappen zum entfachen von Feuer, Voodoo-Puppen die unter anderem Eisstrahlen abfeuern, einer Greifhaken-Pistole usw. Selbstverständlich basieren nicht alle Rätsel auf dem Einsatz der Werkzeuge, denn Wild Arms 3 hat vor allem an Kistenverschiebe-Puzzeln einen Narren gefressen. Es gibt im Spiel sogar eine sehr umfangreiche Sidequest, welche vollständig auf der Bewältigung dieser Kisten-Schiebepuzzles basiert. Glücklicherweise haben es die Entwickler hinbekommen diese Sorte von Puzzles überraschend unterhaltsam umzusetzen, so dass sie keineswegs den befürchteten Nervfaktor darstellen.

Und natürlich gibt es auch hier wieder einige wenige Geschicklichkeits-Prüfungen, bei denen es meistens darum geht den Umgang mit der eigenwilligen Renn-Mechanik der Spielfigur zu perfektionieren. Wie im Vorgänger muss man zuerst den entsprechenden Button gedrückt halten, bevor der Charakter los sprintet. Den Charakter auf diese Weise gezielt um Ecken sausen zu lassen, ist hingegen der trickreiche Part. An diese Renn-Funktion muss man sich erst mal gewöhnen, aber nach etwas Eingewöhnung sollte es problemlos funktionieren. Dennoch können die seltenen Geschicklichkeits-Übungen für Grobmotoriker einen Stolperstein darstellen.

Das wohl kontroverseste Spielelement, welches ebenfalls im Vorgänger etabliert wurde, ist das berüchtigte Scanning. Neue Ortschaften sind nämlich unsichtbar und können nur entdeckt werden, wenn man zuvor einen Hinweis von einem NPC erhalten hat. Doch das alleine reicht noch nicht aus, denn nur durch Scannen kann man die Ortschaft letztendlich aufdecken und betreten. Per Knopfdruck wird auf der Weltkarte die nähere Umgebung rund um die Spielfigur abgescannt. Hierdurch muss man nicht nur die Siedlungen und Dungeons aufdecken, sondern kann auch ein paar optionale Schätze finden. Letzteres funktioniert aber erst, wenn man spezielle Upgrade-Items für den Scanner auftreibt. Diese werden übrigens als Preise in der obligatorischen Kampfarena angeboten. Im Vorgänger war dieses System noch halb so schlimm, da man ja zur Spielmitte ein Radar bekam, welche den Scan-Aspekt quasi komplett entschärfte. Dieses mal ist das Radar jedoch optional und kann nur nach hartem Kampf in der Arena erbeutet werden. Bis man an diesem Punkt angelangt, dürfte man sich aber ohnehin bereits auf den letzten Metern des Spiels befinden. Und auch das Upgrade für die Items provoziert nur wiederholtes Abklappern der bereits erforschten Weltkarten-Landschaften. Unterm Strich ist das Scanning im dritten Teil also ein konstanter, nerviger Begleiter des Spielers. Beim zweiten Teil hat mich dieses Spielelement nicht gestört, aber im Dritten war es tatsächlich ziemlich nervig.

In diesem Zusammenhang hat Wild Arms 3 übrigens auch ein neues Spielsystem integriert. Innerhalb der NPC-Dialoge werden einzelne Themen und Wörter manchmal grün markiert, was bedeutet, das man sie per Knopfdruck hervorheben kann, um den NPC speziell zu diesem Thema zu befragen. Das Ganze sorgt letztendlich dafür, dass man den jeweiligen NPC mehrmals ansprechen muss, um auch alle Dialogvarianten abzuklappern und somit an die zwingend notwendigen Infos heranzukommen, welche oftmals die nächste Ortschaft freischalten. Dieses Konzept wird vom Spiel übrigens als „ASK-System“ bezeichnet. Eine nette Spielerei, auch wenn objektiv betrachtet nicht wirklich viel Substanz dahinter steckt.

Unspektakuläre Rundenkämpfe und das ganze Drumherum

Wie oben bereits erwähnt, haben die Kämpfe dieses mal eine wesentlich stärkere Präsenz als im Vorgänger. Das ist ein Problem, denn der Kampf in Wild Arms 3 ist eine eher öde Angelegenheit. Im Kern sind es absolute Standard-Rundenkämpfe. Zwar versucht die Präsentation die Kämpfe actionreich aussehen zu lassen, indem die Kampfteilnehmer fleißig hin und herrennen, statt brav in einer Reihe zu stehen, wie es sonst gehandhabt wird, jedoch handelt es sich hierbei lediglich um eine optische Spielerei.

Interessant sind nur ein paar Bossgegner, welche wie Rätsel gehandhabt werden und nur mit spezifischen Zaubern weichgekocht werden können. Dem gegenüber stehen jedoch auch nervige Bosse, welche im Extremfall auch mal ne Grinding-Session provozieren können. Und wer die optionalen, versteckten Bossgegner angehen möchte, sollte sich sowieso auf jede Menge Grinding-Fleißarbeit gefasst machen. Muss jeder selbst wissen, ob es das wert ist.

Das einzige was die Kämpfe wirklich nennenswert macht ist das ganze Drumherum. Wie schon im zweiten Teil, gibt es auch hier wieder das FP (Forcepoint) System. Um eine Force-Fähigkeit oder einen Guardian-Zauber einsetzen zu dürfen, müssen genügend Force-Punkte vorhanden sein. Die Anzahl der Force-Punkte zu Kampfbeginn wird vom Level der Spielfigur bestimmt. Auf Level 1 startet man mit einem Force-Punkt, auf Level 10 mit 10 Punkten usw. Die maximale Anzahl an Force-Punkten sowie der Level-Cap beträgt übrigens 100. Weitere Force-Punkte werden durch Kampfhandlungen verdient. Ein regulärer Angriff bringt 6 Punkte, ein eingesteckter Treffer einen Punkt usw. Der Clou bei diesem System ist, dass sich die angesammelten Force-Punkte des jeweiligen Charakters nicht verringern, wenn man eine „reguläre“ Zauber-Fähigkeit des ausgerüsteten Guardians einsetzt. Somit kann man den teuren 50 FP-Zauber also uneingeschränkt nutzen, solange man erst einmal genügend FP im Kampf angespart hat.

Die Force-Fähigkeiten der Charaktere verbrauchen hingegen die Force-Punkte. Jeder Charakter besitzt eine individuelle Force-Fähigkeit die 25 Punkte kostet. Virginia kann via „Mystic“ Gegenstände auf alle vier Gruppenmitglieder auf einmal anwenden, Jet kann mit „Accelerate“ seinen Kampfzug als Erster ansetzen usw. Darüber hinaus gibt es noch zwei allgemeine Force-Fähigkeiten, die jedem der vier Drifter zur Verfügung stehen. Mit „Gatling“ darf man mehrere reguläre Angriffe auf einmal starten, um in einem Zug besonders viel Schaden zu verursachen, und „Summon“ schlussendlich beschwört einen der aktuell ausgerüsteten Guardians als Beschwörungszauber, was jedoch sämtliche Force-Punkte wegfrisst. Was die Beschwörungen anbelangt muss man jedoch berücksichtigen, dass diese an den sogenannten MTC-Level gekoppelt sind. Ein Charakter darf nur so viele Beschwörungen durchführen, wie sein MTC-Level vorgibt (also z.B. 2 Beschwörungen bei MTC-Level 2) und verbrauchte Beschwörungen kann man nur durch eine Hotel-Rast regenerieren. Um den MTC-Level anzuheben muss man Beschwörungszauber aktiv einsetzen, was unsichtbare MTC-Erfahrungspunkte einbringt. Im Endeffekt ist dies jedoch nur ein weiterer Aspekt, der Grinding provoziert. Vorrausgesetzt man setzt verstärkt auf Beschwörungszauber.

Das wirklich Interessante an den Guardians ist jedoch ihre Funktion als Ausrüstung. Anders als in den Vorgängern besteht die Ausrüstung nämlich nur noch aus bis zu drei Guardians pro Charakter und der jeweiligen Waffe des Drifters, welche übrigens nicht ausgewechselt werden kann, sondern lediglich bei spezifischen Schmieden hochgerüstet werden darf. Letzteres geht freilich ordentlich ins Geld und ist auf eine Waffenstufe von maximal 15 beschränkt. Man muss sich also genau überlegen, welche der fünf Waffen-Attribute man verbessern möchte. Zur Auswahl stehen ATT (verbessert Angriffskraft), HIT (verbessert Trefferquote), BLT (die Anzahl der Kugeln, welche freilich wesentlich schmerzhafter sind als der Waffenkolben), WGT (das Gewicht der Waffe beeinflusst die Effektivität der oben genannten „Gatling“ Force-Fähigkeit) und CRT (höhere Wahrscheinlichkeit von kritischen Treffern).

Im Gegensatz zum zweiten Teil erlaubt es Wild Arms 3 jedoch die Waffen-Upgrades zurückzusetzen und die begrenzten Level-Ups somit umzuverteilen. Bedenkt jedoch, dass die Schmiede in diesem Fall keine Kostenrückerstattung gewähren.

Zum Schluss kommen wir noch auf das Perk-System zu sprechen, welches dieses mal jedoch an die Guardians gekoppelt wurde. Genau wie im zweiten Teil bekommt man pro Level-Up einen Skillpunkt gutgeschrieben, den man in diverse Perks investieren darf, welche wiederum nützliche Dinge freischalten wie Widerstandskräfte gegen negative Zustandsveränderungen oder Elementarzauber, höherer Output von Erfahrungspunkten und Geld und viele andere tolle Sachen. Jeder der insgesamt 12 Guardians beinhaltet drei fest integrierte Perks, und kann darüber hinaus manuell mit fünf weiteren Perks frisiert werden, welche man jedoch erst einmal in Form seltener Gegenstände finden muss. Und wenn ich selten sage, dann mein ich das auch so, da viele Perk-Gegenstände sogar Einzelstücke sind und somit vorsichtig gehandhabt werden sollten. Das große Problem hierbei ist, dass der Perk-Gegenstand zerstört wird, wenn man ihn vom jeweiligen Guardian abrüsten möchte. Man sollte sich also zwei und drei mal überlegen bevor man einen Perk-Gegenstand am Guardian aktiviert. Dieser Mangel an Flexibilität ist unglaublich frustrierend, und sorgt letztendlich nur dafür, dass man viele Perk-Gegenstände gar nicht erst einsetzt oder gar ausprobiert. Lobenswert ist hingegen, dass man Skillpunkte jederzeit und ohne jegliche Einschränkung umverteilen darf. Das Spiel gestattet es sogar vor jeder Kampfrunde sowohl die Guardians als auch die Skillpunkte umzurüsten, was zumindest bei Bosskämpfen sehr hilfreich sein kann, auch wenn die Menüführung hierbei recht umständlich zu handhaben ist. Abgesehen davon gibts an der Steuerung aber nicht viel zu meckern. Außer vielleicht, dass sich die Pferde etwas umständlich steuern.

Wobei mich das Stichwort „Pferd“ noch auf ein Spielelement bringt, welches ich erwähnt haben möchte. Nach dem ersten Spieldrittel bekommt man Zugriff auf sein eigenes Panzer-Kanonenboot, welches nicht nur zur Reise auf dem Sand-Ozean dient, sondern auch beim Kampf gegen die dort befindlichen Monster hilft. Hierfür kann man das Gefährt sogar mit besserer Ausrüstung ausstatten, wofür man jedoch Drachenknochen benötigt, die ab diesem Zeitpunkt als Itemdrops besiegter Gegner erscheinen. Das ist zwar wieder ein Spielelement, welches Grinding provoziert, aber das Kanonenboot ist trotzdem cool. Schade nur, dass man nicht mehr mit dem Boot gemacht hat.

Grafik und Sound

Grafisch kann Wild Arms 3 nicht so recht überzeugen. Das liegt aber in erster Linie an den, in 3D-Grafik gestalteten, Umgebungsgrafiken. Zwar profitiert die Grafik sehr stark vom Ödland-Setting des Spiels, aber wenn man sich die Texturen mal genauer anschaut, merkt man recht schnell, dass in die Grafik-Engine kaum Geld reingeflossen ist. Die Texturen wirken erschreckend zweckmäßig und durch das Setting entsteht mit der Zeit auch eine gewisse Eintönigkeit, da Wild Arms 3 die Idee des Ödlandplaneten eben konsequent durchzieht. Dies ist wiederum jedoch auch ein Pluspunkt, denn ein Kritikpunkt an den beiden Vorgängern war ja, dass in diesen die Wildwest-Thematik eher wie „Fluff“ gehandhabt wurde. In Teil 3 ist der Wildwest-Faktor hingegen erstmals ein integraler Teil des Gesamterlebnisses. Das entschuldigt aber auch nicht dafür, dass sich viele Dungeons unangenehm ähnlich sehen und die Grafik-Engine scheinbar nicht für gescheite Texturen ausgelegt wurde.

Der zweite Aspekt der Grafik sind die Charaktermodelle, welche im Cell-Shading-Stil gestaltet wurden. Cell-Shading fällt ja sowieso in den Bereich des persönlichen Geschmacks. Entweder man mag diesen Stil oder eben nicht. Objektiv betrachtet wurden die Charakter- und Monstermodelle aber sehr gut gestaltet und schön animiert. Freilich profitiert der Cell-Shading-Stil auch von der allgemeinen Anime-Ästethik des Spiels. Neben dem sehr gefälligen Anime-Introvideo, welches in vier verschiedenen Variationen daherkommt, wurden auch Charakterportraits mit variablen Gemütslagen für die Textboxen gezeichnet. Diese kann man mit Druck auf die Select-Taste sogar hervorheben, damit man sie sich genauer und in kräftigen Farben anschauen kann. Der Anime-Faktor des Spiels wurde also wirklich ansprechend umgesetzt. Ebenfalls vorbildlich ist die Integration eines 60 Hz-Modus, womit sich PAL-Balken und ein zusammengestauchtes Bild vermeiden lässt (sofern man einen geeigneten Fernseher besitzt).

Weiterhin positiv ist der wunderschöne Soundtrack des Spiels, welcher die Wildwest-Fantasy-Thematiken hervorragend einfängt und darüber hinaus sehr viele tolle Melodien enthält, die man sich auch gerne außerhalb des Spiels anhören möchte. Netterweise steht in der Siedlung „Little Rock“ ein Soundtest zur Verfügung.

Ebenfalls hervorragend ist die Tatsache, dass man sich die Mühe gemacht hat den Song für das Anime-Intro dieses mal beizubehalten und sogar ins Englische zu übersetzen. Die Sängerin bietet dabei eine exzellente Leistung und steht der japanischen Originalversion in nichts nach (ich persönlich finde die englische Version sogar weitaus besser).

Etwas weniger herausragend sind da die Soundeffekte. Von einem Western-artigen Spiel erwartet man doch wuchtige Laute der Schießeisen. Die Waffen der vier Drifter klingen zwar ganz ordentlich, aber der letzte Funke will da nicht überspringen, aber das fällt dann wirklich schon in den Bereich belangloser Erbsenzählerei, zumal der wahre Schwachpunkt im Bereich Sound in der Abstinenz der Sprachausgabe zu finden ist.

Das Fehlen der Sprachausgabe hat mich schon damals im Jahre 2003 massiv gestört, da ältere JRPGs wie Grandia 2 oder Final Fantasy X nun einmal die Sprachausgabe in JRPGs etabliert haben (zumindest in Zwischensequenzen). Und auch völlig unabhängig von diesem Aspekt, merkt man in den Zwischensequenzen von Wild Arms 3 doch sehr deutlich, dass der Verzicht auf eine Vertronung einfach ein ganz großer Fehler war, welcher der Präsentation von Wild Arms 3 einen derben Tiefschlag versetzt. Zumindest der japanische Arm von Sony hätte hier wirklich mal ein bisschen Geld investieren sollen, um ein paar Synchronsprecher zu engagieren. Aber Sonys Verhältnis zur eigens beauftragten JRPG-Reihe war ja schon immer irgendwie seltsam.

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Spiel Bewertung
Singleplayer
76
76
Okay
-
Multiplayer

FAZIT

Wenn ich mir die Wild Arms-Quintologie vor Augen halte, muss ich leider sagen, dass Wild Arms 3 für mich der schwächste Teil der Reihe ist – und das obwohl Teil 3 der erste war, den ich gespielt habe. Ich kann mich noch gut daran erinnern, dass mich Anno 2003 die fehlende Sprachausgabe massiv angekotzt hat. Das war schon damals einfach nicht mehr zeitgemäß, wenn auch kein KO-Kriterium. Jetzt wo ich das Spiel noch mal für diesen Test durchgezockt habe (und vor allem kurz nachdem ich Teil 2 gespielt habe), muss ich jedoch feststellen, dass der größere Makel das relativ öde, um nicht zu sagen langweilige Runden-Kampfsystem ist. Wobei der Kampf natürlich auch deshalb langweiliger wirkt als in den Vorgängern, da er nun einen höheren Stellenwert im Gesamtpaket einnimmt. Beim zweiten Teil lobte ich ja noch die Ausgewogenheit zwischen Kampf, Story, Rätseln und Erkunden. Diese Ausgewogenheit ist in Teil 3 leider nicht mehr zu finden. Versteht mich aber bitte nicht falsch. Eine coole Story mit Western-Elementen, zahlreiche und vor allem spaßige Rätseleinlagen und viele Sidequests und Bonusbosse die Abseits der Hauptquest auf ihre Entdeckung warten, sind nach wie vor prominente Spielelemente. In einigen Dingen ist das Spiel seinen Vorgängern sogar überlegen. Das vierköpfige Drifter-Team rund um Virginia ist definitiv die beste Gruppe, die ihr in einem Wild Arms-Spiel (und allgemein in einem JRPG) finden werdet. Und es gibt keinen Serienteil, welcher den Wild West-Aspekt besser einbaut als Wild Arms 3. Aber die Masse unspektakulärer Rundenkämpfe zieht das Gesamterlebnis halt doch recht stark nach unten. Und die fehlende Sprachausgabe verpasst wiederum der Präsentation einen saftigen Sporentritt in die Weichteile. Nichtsdestotrotz ist Wild Arms 3 ein gutes JRPG für alle ernsthaften Freunde des Genres.

- Von  Volker

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