The Dark Pictures Anthology: Man of Medan REVIEW

Vor ziemlich genau vier Jahren veröffentlichte Supermassive Games mit Until Dawn eine spannende Adaption des vor allem von David Cage (Heavy Rain, Detroit: Becom Human) popularisierten „cinematic video games“ exklusiv für die PlayStation 4. Jetzt meldet sich das Studio im Verbund mit Bandai Namco mit dem ersten Teil der als mehrteiligen Reihe angelehnten The Dark Pictures Anthology zurück und will in regelmäßigen Abständen neue Horrorkost in Spielform servieren. Den Anfang macht Man of Medan, in welchem erneut eine Gruppe Anfang 20er im Mittelpunkt steht, die diesmal aber nicht vor einem durchgeknallten Killer in verschneiten Wäldern fliehen, sondern an Bord eines Geisterschiffs den Schrecken ihres Lebens erfahren. Leider will der gruselig gemeinte Trip auf hoher See gar nicht zünden und enttäuscht auf ganzer Linie.

Geisterschiff ohne Grusel

In den Irrungen und Wirrungen der letzten Monate des Zweiten Weltkrieges, ist die Medan, ein Marine-Schiff der US-Amerikaner, spurlos im südpazifischen Ozean verschwunden. Knapp 70 Jahre später macht sich eine Gruppe junger Taucher und Hobby-Entdecker auf, um in denselben Gewässern, in denen das Kriegsschiff einst verschwunden ist, um nach einem Flugzeug-Wrack zu tauchen. Das sie sich dabei nicht gerade im Bereich des legalen befinden, ist der Gruppe um Alex, seinem jüngeren Bruder Brad, Freundin Julia und deren Bruder Conrad aber herzlich egal ist. Trotz diverser Einwände lässt Fliss, die angeheuerte Kapitänin der Gruppe, ihre Passagiere machen. Zu einem ersten unschönen Zwischenfall kommt es, als man vermeintliche Fischer, die sich ebenfalls auf den Gewässern befinden, verärgert. Diese stellen sich Stunden später als Piraten heraus und dringen auf das Segelboot ein. Zu diesem Zeitpunkt weiß keiner der Beteiligten, dass der wahre Horror wenig später in Form der Medan am Horizont auftauchen wird. Natürlich lassen es sich die zusätzlich von einer vermeintlichen Schatzkarte angeheizten Piraten nicht nehmen und betreten gemeinsam mit ihren Geiseln das Schiff. Schließlich soll die Medan einst eine geheime Fracht, die von den Soldaten als „mandschurisches Gold“ bezeichnet wurde, transportiert haben, was jetzt natürlich noch größere Begehrlichkeiten weckt.

Sonderlich gruselig gestaltet sich der Trip auf dem vermeintlichen Geisterschiff aber nicht. Wovon Man of Medan viel zu viel hat, sind nämlich Scare Jumps der plumpesten Sorte, wovon es hingegen viel zu wenig gibt, ist eine kontinuierlich ansteigende Stimmung und Momente, die mir das Blut in den Adern gefrieren lassen. Auch fehlt letztlich ein wirklicher Antagonist, der als zentraler Gegenspieler eingesetzt wird. Das lässt sich zwar auch mit den tatsächlichen Hintergründen der Medan erklären, zuträglich für die Spannung ist das Fehlen eines erkennbaren Bösen aber nicht.

Gähnende Leere

Noch eklatanter ist aber das Fehlen jeglicher Narration. Auf dem Schiff passiert nichts. Und damit meine ich wirklich nichts. Die Figuren laufen mal alleine, mal zu zweit, mal in der Gruppe zusammen durch die verrosteten Gänge der Medan, fallen alle paar Minuten irgendwo runter oder haben eine Halluzination, finden eine seltsame Notiz oder müssen sich vor ihren Geiselnehmern verstecken. Dieser Leerlauf spiegelt sich im Gameplay wieder, welches ziemlich identisch zu Until Dawn ist. Abwechselnd übernimmt man die Kontrolle von einer der fünf Hauptfiguren, untersucht die nähere Umgebung nach Hinweisen ab oder wählt in Dialogen zwischen Antwort A und Antwort B bzw. schweigt. Dadurch kann man zwar die Figuren einigermaßen nach eigenem Gusto charakterisieren, letztlich wird aber nur an der Oberfläche gekratzt. Zu keinen Moment habe ich mich mit irgendeiner Figur identifizieren können, geschweige denn, dass mich ihr Schicksal sonderlich mitgenommen hat. Die nicht sonderlich guten Leistungen der Schauspieler, die ihren Figuren nicht nur Stimme, sondern auch Aussehen und Bewegungen dank Motion Capture gegeben haben, sind da ebenso zuträglich, wie die banale Bedienung bekannter Klischees.

Auch aus der eigentlichen Rahmenhandlung wird erschreckend wenig gemacht. Am Ende war ich genauso schlau, was die Geschehnisse auf der Medan betrifft, wie am Anfang. Man mag mir zwar entgegenhalten, dass sich viele Geheimnisse erst beim zweiten und dritten Spieldurchlauf offenbaren, da man je nach Spielweise unterschiedliche Pfade bestreitet. Doch schon die ersten fünf Stunden mit Man of Medan waren so leer und nichtssagend, dass ich mich regelrecht zum zweiten Durchlauf zwingen musste und diesen letztlich nach kurzer Zeit abgebrochen habe.

Bei Schluckauf Tod

Hinzu kommen technische Probleme. Auf meiner normalen PlayStation 4 kam es immer wieder zu merklichen Rucklern, die besonders bei den Quick Time Events nervig sind. Immer wieder habe ich aufgrund der Aussetzer das Timing nicht getroffen, was nicht zuletzt auch deshalb frustriert, da die eigenen Figuren beim Scheitern während der QTEs unwiderruflich sterben können. Dabei macht Man of Medan grafisch eigentlich einen ganz guten Eindruck, vor allem die festen Kameraeinstellungen und das ein oder andere Set Piece wissen zu gefallen. Auch die Gesichter und Animationen der Figuren sind teilweise gut, wobei die seltsam wirkenden Zähne und manche Mimiken für den berüchtigten Uncanny Valley Effekt sorgen. Störend in diesem Zusammenhang ist auch die oftmals nicht synchron ablaufende Tonspur in Gesprächen. Dabei ist vor allem die englsiche Sprachausgabe im Grunde kompetent.

Gruseliger Filmabend dank Mehrspieler?

Die eigentlich große Neuerung im Vergleich zu vorherigen Spielen von Supermassive Games, ist der Multiplayer-Modus. Entweder kann man lokal mit bis zu fünf Spielern einen „Filmabend“ erleben, wobei jeder Spieler eine Figur übernimmt und der Controller abwechselnd weitergereicht wird. Oder man spielt online mit jemanden aus der Freudnesliste und steuert eine feste Figur. Beide Ideen sind nett, wobei mir hier letztlich der Mehrwert fehlt. Letztlich kann man zumindest auf der heimsichen Couch auch mit fester Absprache oder einfach nach Lust und Laune den Controller weitergeben, der zusätzlich integrierte Spielmodus ist also mehr nett gemeint, als das man ihn wirklich gebraucht hätte.

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Pro
  • schönes Geisterschiff-Setting
  • ordentliche Grafik

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Kontra
  • technsiche Probleme, die sich gar auf das Gameplay auswirken
  • inhaltsleere Story undlangweilige Figuren
  • Grusel, wo bist du?

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Pro & Kontra

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Pro
  • schönes Geisterschiff-Setting
  • ordentliche Grafik

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Kontra
  • technsiche Probleme, die sich gar auf das Gameplay auswirken
  • inhaltsleere Story undlangweilige Figuren
  • Grusel, wo bist du?

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Spiel Bewertung
Singleplayer
58
57
56
Multiplayer

FAZIT

Trotz diverser Schwächen, hat mir Until Dawn anno 2015 ziemlich viel Spaß bereitet, nicht zuletzt, da das Subgenre des Teenie-Horrors in Videospielen kaum adaptiert wird. Entsprechend war ich auf Man of Medan gespannt und hatte durchaus große Erwartungen an den ersten Teil der Dark Pictures Anthology. Leider wurden diese in keiner Weise erfüllt. Ich will sogar soweit gehen und behaupten, dass der neueste Titel von Supermassive Games einen der inhaltsleersten und langweiligsten Spiele ist, die mir, wenn nicht je, dann zumindest seit langer Zeit untergekommen sind. Weder aus dem an sich coolen Geisterschiff-Setting, noch aus den Figuren oder der Handlung wird im Ansatz etwas spannendes gemacht. Und als Horrorspiel rangiert Man of Medan auf dem Niveau einer Geisterbahn auf dem Jahrmarkt. Es beschleicht mich das ungute Gefühl, dass Until Dawn ein glücklicher Ausrutscher war, denn auch die direkten Nachfolgeprojekte konnten trotz guter Ideen nicht so richtig zünden. Bleibt zu hoffen, dass man für die kommenden Teile der Anthology zu alter Stärke zurückfindet.

- Von  Adrian

Playstation 4
Xbox One
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USK 18 PEGI 18

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