Days Gone Remastered REVIEW

Als Days Gone vor ziemlich genau sechs Jahren für die PlayStation 4 veröffentlicht wurde, machte das Spiel von Sony Bend Schlagzeilen, die man sich beim Entwickler wohl eher nicht gewünscht hat. Zuerst sorgte das vergleichsweise verhaltende Presse-Echo für Kontroversen, anschließend wurden ausbleibende Äußerungen seitens Sony zu den Verkäufen als Anlass genommen, den Titel als Flop zu titulieren. Und dann war da auch noch John Garvin, Director der postapokalyptischen Erzählung, der ziemlich laut herumpolterte und eine vermeintlich woke Spielepresse für den vermeintlich ausbleibenden Erfolg mitverantwortlich machte. Mittlerweile ist Garvin längst nicht mehr bei den Bend Studios, deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben sich von den Äußerungen ihres ehemaligen Chefs distanziert und ohnehin fällt der Mann nur noch mit peinlichen Wortmeldungen auf. Und auch die Mär vom Flop ist unlängst widerrufen.

Ein roher Diamant


Wirklich offizielle Zahlen hat Publisher Sony zwar nie veröffentlicht, aber irgendwo in der Größenordnung von 7. bis 9. Millionen verkauften Einheiten sind von Days Gone wohl über die physischen und virtuellen Ladentheken dieser Welt gewandert. Und auch der Ruf des Spiels hat sich mittlerweile gewandelt. Fans – und zu diesen zähle ich mich auch – loben den narrativen Ansatz, der eben nicht auf Konformität setzt, sondern bewusst andere Wege geht und eine Welt zeichnet, in der Sympathieträger rar gesät sind und jeder sich am nächsten ist. Das hat zwar nicht die narrative Brillanz, die Naughty Dog in einem sehr ähnlichen Setting unter Beweis gestellt hat, aber es kann eben nicht jeder Klassenbester sein. Auch vom Gameplay bin ich nach wie vor ein großer Verfechter. Eine stark von der Natur geprägte Open World, welche quasi vor dem Sitz des Studios im US-Bundesstaat Oregon angesiedelt ist und vor allem mit den atmosphärisch dichten Wäldern glänzt sind mir im Gedächtnis geblieben. Für das Design der Missionen hat man sich einiges einfallen lassen und als Actiontitel taugt das Geballere gegen Horden von Untoten ohnehin perfekt. Kurzum: Days Gone ist bei weitem kein perfektes Spiel, aber es ist ein gutes, mit einigen richtig interessanten Ansätzen. Ich bin überzeugt, ein Nachfolger hätte das Potenzial, etwas richtig Großes zu werden. Aber diesen wird es wohl nie geben…

…oder vielleicht doch? Man wird zwar das Gefühl nicht los, weder die Marke noch der Entwickler sind bei der Führungsriege von Sony auf der Prioritätenliste. Angesichts mangelnder Neuerscheinungen der eigenen Teams in der noch laufenden PlayStation 5 Generation, hat man sich nach Horizon Zero Dawn, The Last of Us: Part II und einigen anderen dazu entschieden, auch Days Gone mit dem Zusatz „Remastered“ neu zu veröffentlichen. Eigentlich habe ich bei der Ankündigung innerlich mit den Augen gerollt, zumal auch für dieses Spiel unlängst ein 60 Frames Patch existiert, der die PS4-Fassung auf der PS5 zumindest flotter macht. Gleichzeitig habe ich mich ausgerechnet auf diesen Re-Release dann aber doch gefreut. Eben weil Days Gone in meinen Augen verkannt ist und eben weil ich dem Spiel und seinen Machern mehr Aufmerksamkeit gönne.

Ist das Remaster nötig?


Rein technisch ist das Remaster in meinen Augen nicht wirklich notwendig, wie der Großteil der anderen „PS4 auf PS5 Remaster“ aus der First-Party-Reihe von Sony. Ja, in 4k mit 30 Frames bzw. in 1440p mit 60 Frames macht Days Gone Remastered einiges her. Wenn ich ganz genau hinschaue und gutmütig bin, kann ich auch leicht verbesserte Figuren-Modelle erkennen. Außerdem ist die frische Implementierung des Dualsense-Support nett und sorgt dank haptischen Feedbacks für mehr Immersion. Aber all das hätte man auch mit einem Patch hinbekommen. Theoretisch gibt es diesen ja auch, nur muss man als Besitzer bzw. Besitzerin der PS4-Version 10 Euro für das Upgrade hinblättern. Ebenso verhält es sich mit der PC-Version, für welche man die Upgrades ebenfalls für einen 10er erhält. Neukäufer auf PS5 bezahlen 49,99 Euro. Keine Frage, das ist das Spiel inhaltlich in meinen Augen absolut wert. Aber ein niedrigerer Budget-Preis wäre wohl auch für den Publisher vertretbar gewesen.

Die große inhaltliche Neuerung sind zwei weitere Modi. Wer es besonders hart möchte, kann die Story ab sofort auch im Permadeath-Modus spielen, sprich: stirbt man einmal, fängt man wieder von vorne an. Der neue Horden-Modus fokussiert sich auf den reinen Action-Anteil und lässt gegen stetig mächtiger werdende Wellen an Zombies und Mutierte antreten. Hierfür kann man neue Maps, Charaktere und Perks freischalten. Eine nette Beschäftigung ist das, ja. Mehr aber auch nicht.

Ein Antiheld und seine Suche nach Erlösung


Der Kern ist also nach wie vor die ursprüngliche Story-Kampagne. Und diese ist auch sechs Jahre nach der erstmaligen Veröffentlichung noch unterhaltsam, hat ihre tollen Momente und mit Biker Deacon St. John einen ungewöhnlich kargen und sehr mit sich hadernden Protagonisten. Ich weiß es bis heute zu schätzen, dass man einen schwierigen Hauptcharakter geschrieben hat, der auf den ersten, zweiten und eigentlich auch dritten Blick ein Unsympath vor dem Herren ist. Aber wie heißt es so treffend: harte Schale, weicher Kern.

In Days Gone (Remastered) folgt man dem Leben von Deacon rund zwei Jahre nach dem Ausbruch einer Krankheit, welche einen Großteil der Menschen in Freaker genannte Zombies verwandelt hat. Diese schlürfen nicht wie in den alten George A. Romero Klassikern, sondern rennen wie in 28 Days Later und sind ziemlich aggressive Zeitgenossen. Dazu gesellen sich noch die für solche Endzeit-Settings typischen Plünderer und Gruppierungen, mit denen ebenfalls nicht zu spaßen ist. Kurz nach dem Ausbruch hat Deacon jeglichen Kontakt zu seiner Frau Sarah verloren, was ihn nachhaltig verändert hat. In wirklich schönen Rückblenden wird ein anderer Deacon gezeigt, der sich von Sarah hervorlocken lässt und der Figur Dreidimensionalität verschafft, mit der man in den ersten Stunden so nicht rechnet. Im Kern steckt in Days Gone eine wirklich schöne Liebesgeschichte ohne viel Rührseligkeit, dafür aber mit Humor und dennoch vorhandener Ernsthaftigkeit. Beim erstmaligen Spielen hat gerade dieser Aspekt für mich so stark herausgestochen und auch beim erneuten Spielen hat mich die Geschichte wieder eingenommen.

Das Gameplay funktioniert nach wie vor. Man orientiert sich ein bisschen an Survival-Games, ohne aber komplett den Mainstream zu verlassen. Vor allem steckt in Days Gone in seinen besten Momenten ein richtig spaßiges Action-Spiel. Die Highlgihts sind nach wie vor die massiven Horden voller Untote. Wenn gefühlt 50, 60 oder mehr Freaker auf einen zulaufen, ist das beklemmend und gleichzeitig ungemein befriedigend, wenn man aus vollen Rohren ballert oder die Untoten mit Fallen und Explosionen endgültig ins Jenseits befördert.

Trailer zu Days Gone Remastered

Pro & Kontra

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Pros
  • eine Story, in der mehr steckt als man auf dem ersten Blick vermutet
  • toll gestaltete Open World, in welcher die Natur im Mittelpunkt steht
  • wuchtiges Action-Gameplay
  • die Zombie-Horden sind mehr denn je ein absolutes Highlight
  • technisch solides Remaster mit neuen Modi und Barrierefreiheits-Optionen

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Cons
  • nach wie vor recht lange Ladezeiten (auf normaler PS5)
  • hier und dort Defizite der KI, vor allem bei menschlichen Gegnern

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