Call of Duty: Modern Warfare III REVIEW
Kurz nach der Veröffentlichung von Call of Duty: Modern Warfare II im November des letzten Jahres, meldete sich Jason Schreier von Bloomberg bereits mit Informationen zum Nachfolger zu Wort und vermeldete Pläne, wonach für 2023 kein neuer Ableger, sondern eine große Erweiterung für den seinerzeit just erschienenen Shooter geplant sei. Nun ist es wieder November, nur ein Jahr später, und die Aussagen Schreiers scheinen sich bewahrheitet zu haben. Zwar steht Call of Duty: Modern Warfare III in den realen und digitalen Läden als Vollpreistitel zum Kauf. Schreier bekräftigte im Rahmen der Veröffentlichung von Modern Warfare III noch einmal seine Aussagen und berichtete außerdem von harten Deadlines und Crunch, die während der Entwicklung geherrscht haben sollen. Entwickler Sledgehammer Games bzw. deren PR wiederum ließ nicht viel Zeit verstreichen und verneinte die Berichte. Dass an den Meldungen von Schreier etwas dran zu sein scheint, ist angesichts des fertigen Produkts nachvollziehbar. Eine erschreckend belanglose Kampagne, ein uninspirierter Zombie-Modus, nicht zu Ende gedachte Neuerungen und viel Recycling sind anzutreffen, ebenso, wie ein immerhin gewohnt guter Multiplayer.
Wenn es schief läuft, dann richtig
Fangen wir aber ganz vorne an, nämlich bei der Kampagne. Ein paar kurze Eckdaten: Die Geschichte knüpft an die Geschehnisse der beiden Vorgänger an. Die prominenten Mitglieder der Einheit 141, darunter Soap, Price und Ghost, jagen mal wieder einen Terroristen und bekämpfen dessen Truppen an verschiedenen Schauplätzen auf der gesamten Welt. Der Bösewicht ist diesmal ein alter Bekannter, zumindest wenn man schon lange bei Call of Duty dabei ist. Die Story-Schreiber holen nämlich Makarov zurück, jenen Initiator der legendären, viel besprochenen und auch enorm kritisierten Mission „No Russian“ aus Call of Duty: Modern Warfare 2 (2009). Seitdem hat Makarov aber nicht viel mehr Charakter bekommen und ist noch immer der Abziehbösewicht. Alles was er sagt, könnte in einem Buch mit dem Titel „Zitate für angehende Bösewichte“ aufgenommen werden. Kein einziger Satz, Monolog oder Dialog wirkt in irgendeiner Art glaubwürdig, was letztlich ein Problem, welches alle Figuren haben.
Es ist mir schleierhaft, warum nach wie vor nicht mehr Mühe aufgewendet wird, um einigermaßen komplexe Figuren zu gestalten. Ist es der Anspruch der Call of Duty Maschinerie, spannende Geschichten mit nachvollziehbaren Figuren zu gestalten? Man will nein sagen, aber warum holt man dann immer wieder bekannte Figuren zurück, lässt sie mitunter von bekannten Sprecherinnen und Sprechern, teilweise sogar von Hollywood-Stars verkörpern? Und dann baut man in Modern Warfare III auch noch einen Moment für die die Kameraden um Price durchaus tragischen Verlust ein, lässt aber jegliche Emotionalität, jede Form von Menschlichkeit im selben Moment wieder verpuffen.
Ich bin Gegner der Aussage, die meisten würden sich Call of Duty nur wegen des Multiplayers kaufen. Man brauche sich nicht wundern, dass die Kampagnen kurz und wenig erinnerungswürdig sind, da der Fokus auf den Mehrspieler liege, ist eine häufige Aussage. Ich muss dem aber widersprechen. Ich spiele den Multiplayer zwar gerne, aber eben auch die Kampagne und in früheren Spielen hat man immer wieder gesehen, wie viele offensichtliche (vor allem finanzielle) Ressourcen in die Story-Modi geflossen sind. Das macht kein Entwickler, wenn er denkt, am Ende interessiert es niemanden.
Nicht zündende Ideen
Die Reihe ist einst mit dem Versprechen angetreten, bombastische Actionsetpieces, denkwürdige Szenen und Missionen zu bieten. Bis heute erinnere ich mich an Momente aus den ersten beiden Teilen, aus dem ersten Modern Warfare, Black Ops Cold War, und anderen Teilen, obwohl ich wenige Kampagnen mehr als einmal gespielt habe. In immer wieder gab es auch Missionen wie „No Russian“, die einen regelrechten Diskurs entfacht haben. Ob man das nun immer gut findet, was die Entwickler da inszenieren, sei mal dahin gestellt. Aber stets hatte man doch irgendetwas zu sagen und zu diskutieren, was im Rahmen der Kampagne geschehen ist. Das große Problem Modern Warfare III ist: Es gibt keine einzige Mission, keine einzige Sequenz, an die ich mich in einer Woche erinnern werde. Die diesjährige Kampagne bietet – abgesehen vielleicht noch vom ganz coolen Auftakt – keinen Höhepunkt, stattdessen ein paar gut gemeinte Ideen und viel Wiederholung bekannter Muster.
Die gut gemeinten Ideen hören auf den Namen „Offene Kampfmissionen“. Die Idee der Entwickler: Ein großer, dennoch überschaubarer Level, in welchen man die Auftragsziele so angeht, wie man das möchte. Das Resultat: Ernüchternd. Letztlich wollen die Entwickler dann doch, dass man möglichst schleichend und unerkannt vorgeht. Wird man entdeckt, ist das aber ziemlich egal, da das übliche Programm mit immer weiter nachspawnende Gegnern abgespult wird und man einfach die verschiedenen Checkpoints absammelt, um Bomben zu entschärfen, Beweise für einen Terroranschlag zu finden oder Wanzen zu platzieren.
Schlechtes Recycling
Wer im Vorjahr den neuen, an Escape from Tarkov angelegten Modus DMZ gespielt hat (nach dem mittlerweile kein Hahn mehr kräht), wird bei den offen angelegten Kampagnen-Missionen das Gefühl nicht los, hier eine Abwandlung zu spielen. Das Gleiche gilt übrigens auch für den Zombie-Modus, der dasselbe, nur mit weiteren Mitspielern ist. Und hier schießen eben nicht gegnerische Soldaten, während man über viel zu große Karten von A nach B nach C läuft, um langweilige Missionschecklisten abzuhaken, sondern Zombies gehen auf einen los. Und das ist auch schon alles, was ich über den diesjährigen Zombie-Modus sagen kann und will, denn hier ist sichtlich gar keine Mühe mehr reingeflossen.
Halt, stopp. Die harsche Kritik nehme ich zurück, vor allem in Anbetracht an den eingangs erwähnten Erläuterungen von Schreier. Sollten die Meldungen über Crunch stimmen und die Entwickler hatten wirklich nur rund 18 Monate Zeit, um das diesjährige Call of Duty zusammenzuzimmern, dann können einem die Mitarbeiter bei Sledgehammer Games nur leid tun, zumal kein Mensch in der Spielebranche arbeitet und ein schlechtes Ergebnis abliefern will. Nun sitze ich aber eben am anderen Spektrum und möchte dieses Gesamtpaket bewerten. Nein, faul war sicherlich kein Mensch, der an dem Spiel gearbeitet hat, aber angesichts des Zombie-Modus und der Kampagne kann man als Spieler/Spielerin und vor allem als Fan nur ernüchtert sein.
Gutes Recycling
Nun ist da aber eben noch der Multiplayer-Modus und dieser rettet Modern Warfare III vor der Bedeutungslosigkeit. Die wichtigsten Detailänderungen: Die Time-to-kill ist jetzt etwas verzeihlicher, das Spawnen auf manche Maps wieder eine Katastrophe (zeitweise wurden ganze vier Maps aus der Rotation geworfen), die Freischalt-Spirale noch immer absurd befriedigend und mit Team Deathmatch, Search and Destroy, Domination und Kill Confirmed sind die bekannten und nach wie vor Spaß bringenden Modi an wieder Bord.
Richtig, richtig gut sind die Maps. Insgesamt 20 gibt es zum Start, ganze 16 Karten stammen aus dem ursprünglichen Modern Warfare 2 (2009), darunter Terminal, Rundown, Highrise und Skidrow. Gerade im Vergleich zu den Maps aus dem Vorjahr, sind die zurückkehrenden Karten ein echter Segen. Was mir in Modern Warfare II vor allem gefehlt hat, sind Karten mit Höhenunterschieden. Das Geschehen hat sich vor allem auf einer Ebene abgespielt, in die Vertikale ging es selten. Das ist in diesem Jahr nicht so. Vor allem die klassischen Maps funktionieren ganz wunderbar. Das bewährte Prinzip mit den drei zentralen Wegen wurde meist beibehalten, darüber hinaus gibt es viele Winkel, Gassen und Verstecke und meist zwei Ebenen, manchmal sogar drei, auf denen die Gefechte ablaufen. Selbst Sniper- und Camper-Hotspots werden durch die sinnig gebauten Karten meist abgeschwächt, da man eigentlich immer einen Weg findet, an sich einnistende Gegner vorbeizukommen.
Auch in technischer Hinsicht machen die Maps einen tollen Eindruck und profitieren natürlich sehr von der aktuellen Engine. Das Spielgefühl ist ebenfalls wieder toll. Egal ob im Solo-Modus oder im Multiplayer, die Waffen fühlen sich richtig brachial an, das Movement ist schön flott und man hat jederzeit das Gefühl, die volle Kontrolle über die Spielfigur zu haben.
Pro & Kontra
- Maps aus Modern Warfare 2 (2009) sind zurück und richtig gut
- flotter Multiplayer mit den bewährten Modi & Freischalt-Karotten
- wuchtiges Gunplay
- belanglose Kampagne mit langweiliger Story und Abziehbildern von Figuren
- wo ist der Action-Bombast in der Kampagne? Wo die Highlights? Wo die Aufreger?
- Ideen der Kampagne (etwa offene Missionen) zünden gar nicht
- uninspirierter Zombie-Modus ist eigentlich nur ein Reskin von DMZ