AWAY: The Survival Series REVIEW

Videospiele können viel mehr als kurzweilige Bespaßung sein. Dieser Anspruch ist vor allem in der Indie-Szene häufig anzutreffen. Abseits des Mainstreams wird sich wesentlich häufiger und intensiver mit komplexen Themen auseinandergesetzt und auch viel häufiger direkt Stellung bezogen. Nicht zuletzt zeigen viele Indie-Spiele die nach wie vor viel zu selten genutzten Möglichkeiten eines interaktiven Mediums. So auch das kürzlich erschienene AWAY: The Survival Series des in Montréal beheimateten Studios Breaking Walls. Mit ihrem Erstlingswerk will das Studio nicht nur Wissen vermitteln, sondern auch Bewusstsein für den Zustand der Erde schaffen.

Interaktive Doku im Spielfilmformat



Das Setting greift eine vielleicht gar nicht mal mehr so ferne Zukunft auf, in der der Mensch es geschafft hat, sich zu dezimieren. Und auch für andere Lebewesen der Erde sieht es düster aus, aber wie heißt es doch so schön in Jurassic Park: „Das Leben findet einen Weg“. AWAY: The Survival Series ist in einen Story-Modus und einen Erkundungsmodus aufgeteilt. In letzterem kann man als Pilzspore in die Körper diverser Tiere eindringen und so Schmetterlinge, Echsen, Spinnen und mehr übernehmen. Der Erkundungsmodus ist, was er andeutet: man erforscht frei die Spielwelt, probiert ein bisschen aus und findet Hinterlassenschaften der Menschen. Diese geben etwas mehr Kontext, was in dieser Welt geschehen ist. So richtig gepackt hat mich das aber nicht.

Im Zentrum des Story-Modus steht hingegen ein junger Kurzkopfgleitbeutler, eine in Australien und Neuguinea verbreitete Art der Gleitbeutler. Dieser macht sich auf, um nach dem Tod des Vaters gemeinsam mit der Mutter und der jungen Schwester ein neues Zuhause zu finden.

Die Geschichte wird von einem Sprecher aus dem Off kommentiert – ganz im Stile einer Dokumentation. Diese Mischung aus Interaktion und Doku hat etwas, zumal die Reise des Kurzkopfgleitbeutlers nicht nur Einblicke in die Lebenswelt dieser Spezies bietet, sondern auch eine durchaus interessante Narration bietet. Die Dramaturgie der Geschichte gleicht dabei eher einem Spielfilm als einer Doku, was durchaus verständlich ist. Zumindest auf dem Papier ist die im Rahmen des Story-Modus erzählte Handlung auch durchaus interessant. Leider stehen AWAY: The Survival Series inszenatorische und vor allem technische Mängel im Weg.

Gute Absicht reicht nicht aus


Der Veröffentlichungszustand des Spiels ist katastrophal. Anders kann ich es leider nicht beschreiben. Mittlerweile haben die Entwickler zwar schon Updates nachgeschoben, dennoch bleiben viele, viele Probleme, die derart gravierend sind, dass ich an dieser Stelle bereits eine Warnung aussprechen möchte: kauft das Spiel im jetzigen Zustand nicht!

Konkret kann ich an dieser Stelle nur über die PlayStation 5 Version sprechen, die derzeitigen User-Reviews auf Steam bestätigen mich aber in der Annahme, dass viele Probleme auch für die PC-Version gelten. Meine Startschwierigkeiten begannen – zugegebenermaßen noch trivial – im Hauptmenü, welches gar nicht erst auf eine Steuerung mit dem Controller ausgelegt ist, sondern stattdessen einfach nur das Interface der Maussteuerung halbherzig adaptiert. Das ist zunächst keine große Sache, sonderlich nutzerfreundlich aber auch nicht. Ärgerlicher ist da schon die schwammige Steuerung des Kurzkopfgleitbeutler. Diese ist vor allem in Abschnitten ein ziemliches Problem, in denen man einigermaßen präzise über Abgründe springen oder von einem Objekt (meist von Baum zu Baum oder Ast zu Ast) springen soll. Das kann man machen, indem man einfach drauf los springt (nicht zu empfehlen) oder man visiert mit L2 die zu erreichende Fläche an und springt schließlich mit der X-Taste. Wenn das funktioniert, funktioniert es. Immer wieder ist aber erst gar nicht die Einblendung für die X-Taste erschienen, sodass ich die Aktion nicht ausführen konnte.

Ähnlich mühsam sind die Kämpfe. Den Attacken von Spinnen und Schlangen kann man mit Rollen nach links und rechts ausweichen, mit dem Anvisieren via L2 und der Angriffstaste kann man zurückschlagen. Das führt mitunter aber zu seltsamen Momenten, in denen der Kurzkopfgleitbeutler mit seiner ohnehin schon nicht gerade realistisch wirkenden Sprunganimation plötzlich ins Leere springt. Trifft man den Angreifer dann doch mal, so gibt es keinerlei vernünftiges Feedback. Das Kämpfen ist schlichtweg vollkommen unbefriedigend. Sofern mich das Spiel nicht dazu gezwungen hat, bin ich Auseinandersetzungen so gut es geht aus dem Weg gegangen. Am schlimmsten ist aber das Gleiten. Meine Güte, so viel habe ich schon lange nicht mehr bei einem Spiel geflucht! Es ist schlichtweg frustrierend, wenn man mit dieser vollkommen ungenauen Steuerung einigermaßen genaue Aktionen durchführen muss.

Selbst wenn man mal die genannten Probleme weg lässt, so sind weder die Sprungpassagen, noch das Gleiten noch die Kämpfe in irgendeiner Form spaßig. Sämtliche Probleme gelten für andere Tiere, die man im Erkundungsmodus übernehmen kann, übrigens ebenso und fallen sogar noch gravierender aus.

Es hört nicht auf


Die Liste der Probleme lässt sich lange fortführen. Agiert man zu schnell, dann überlappen gerne schon einmal zwei Kommentare des Sprechers. Aktivierte Untertitel fallen mitten im Spiel aus und müssen über das Menü wieder neu aktiviert werden. Stellenweise ist die Lautstärke des Kommentars auf einmal leise geworden, sodass ich kaum noch etwas verstehen konnte. Das alles ist auch in Hinsicht der Barrierefreiheit ein Armutszeugnis. Entsprechende Optionen sind nahezu nicht vorhanden. Weder kann man Größe, Schriftart und Farbe der Untertitel einstellen, noch lässt sich die Steuerung auf individuelle Bedürfnisse anpassen.

Aber auch die Grafikengine sorgt immer wieder für enorme Probleme. Mehrere Male bin ich an Objekten in der Spielwelt hängen geblieben, stellenweise gar ganz durch die Grafik ins sprichwörtliche Nichts gefallen. Gestorben ist mein Kurzkopfgleitbeutler hier aber nicht, stattdessen musste ich das Spiel beenden und neustarten. Und auch zu Abstürzen kam es in meiner Zeit mit dem Spiel immer und immer wieder.

Pro & Kontra

thumbs-up-icon

Pro
  • interessanter Ansatz: eine spielbare Doku
  • guter Sprecher

thumbs-up-icon

Cons
  • katastrophaler technischer Zustand (Clipping-Fehler, Abstürze etc.)
  • miserable Steuerung
  • immer wieder Abspielfehler beim Kommentar sowie sich selbst abschaltende Untertitel
  • keinerlei Optionen zur Barrierefreiheit

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Spiel Bewertung
Singleplayer
44
44
-
Multiplayer

FAZIT

Ich muss es so drastisch sagen, wie es ist: ein derart kaputtes Spiel wie AWAY: The Survival Series ist mir in den letzten Jahren nicht unter gekommen. Würde sich der Titel noch in einer Betaphase oder im Early Access befinden, so könnte ich für den Zustand noch einigermaßen Verständnis aufbringen. Was hier aber als fertiges Produkt mit einem Preisschild von 29,99 Euro in die digitalen Stores gestellt wurde, ist schlicht eine unfertige Frechheit. Insofern kann ich keine Empfehlung aussprechen. Und das ist schade, denn ich mag den Ansatz von AWAY: The Survival Series ziemlich gerne und einzelne Versatzstücke zeigen auch Potenzial. Aber selbst wenn die Entwickler in der Lage sein sollten den desolaten technischen Zustand in den Griff zu bekommen, wäre das fertige Produkt letztlich dennoch nicht viel mehr als ein netter Grundgedanke.

- Von  Adrian

Playstation 4
MS Windows
PlayStation 5

AWAY: The Survival Series REVIEW

USK 0 PEGI 3

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