Star Ocean REVIEW
Das Mitte 1996 veröffentlichte Star Ocean ist der Debuttitel von tri-Ace, einem japanischen Entwicklerstudio, welches sich übrigens aus Leuten zusammensetzt, die bereits zuvor an „Tales of Phantasia“ mitgewirkt haben und somit wertvolle Erfahrung für ihr erstes eigenes Spiel mitbrachten. Dementsprechend sollte es auch nicht verwundern, dass die Tales of-Reihe und Star Ocean schon immer gewisse Ähnlichkeiten aufzuweisen hatten. Aber dies nur als unterhaltsame kleine Randinformation.
Star Ocean ist nur eines von sehr vielen hochwertigen SNES-JRPGs, die nie außerhalb Japans veröffentlicht wurden. Ein ärgerlicher Umstand, schließlich entwickelte sich Star Ocean in den darauffolgenden Jahren zur handfesten Serie, die mittlerweile fünf Hauptteile, zwei Spin-offs und sogar ein Remake für eben jenen ersten Teil umfasst, den ich hier testen werde. Im Gegensatz zum ersten Teil, gelang den Fortsetzungen glücklicherweise auch der Sprung über den großen Teich, womit sich die Serie auch hierzulande etablieren konnte. Mein persönlicher Einstieg in die Serie war dann auch mit dem zweiten Teil für die PSone. Ein Spiel, welches sich schon recht bald zu einen meiner Lieblingstitel für Sonys erstgeborene Konsole mausern sollte. Dementsprechend hegte ich natürlich auch immer den Wunsch, den Ursprung dieser Serie nachzuholen. Ein Wunsch der letztendlich in Erfüllung gehen sollte, als ich ein Star Ocean-Modul auf dem Flohmarkt erwarb, welches ich mithilfe eines Übersetzungspatches für englische Bildschirmtexte auf meinem Retron 5 in Betrieb nehmen konnte.
Ob sich dieser Aufwand gelohnt hat und dieses JRPG auch heute noch spielenswert ist oder nicht, möchte ich euch im folgenden Review darlegen.
Interessanter, wenn auch etwas halbgarer Mischmasch aus Sci-fi und Fantasy
Eines der zahlreichen Gimmicks von Star Ocean war schon immer die Grundidee, dass das Spieluniversum nicht nur typische Anime-Fantasy-Schemata bedient, sondern auch einen mehr oder wenigen starken Fokus auf Science-Fiction-Elemente legt, die sehr stark vom Star Trek-Universum inspiriert scheinen. So sehen wir bereits in der Introsequenz, wie ein Raumschiff der Erdföderation die Vernichtung eines gesamten Planeten durch einen riesigen Laserstrahl miterlebt (da wurde wirklich schamlos aus Star Trek VI geklaut).
Danach rudert das Spiel aber wieder in den Fantasy-Bereich zurück: Wir befinden uns auf dem Planeten Roak. Eine typische mittelalterlich geprägte Fantasywelt, die neben zahlreichen garstigen Monstern vor allem von den sogenannten Fellpool bewohnt wird. Die Fellpool sind Humanoide mit einigen Katzen-Merkmalen wie entsprechenden Schwänzen und Ohren.
Im Spiel übernimmt man die Rolle des gelangweilten Fellpool Ratix Farrence, welcher zusammen mit seinem besten Freund Dorn Marto die Bürgerwehr seines Heimatdorfes bildet. Immer mit dabei ist auch die gemeinsame Kindheitsfreundin Milly Kiliet, die natürlich in Ratix verschossen ist. Wie sich sehr schnell herausstellt, sind Ratix und Dorn sehr effektiv, wenn es um die Beseitigung marodierender Banditen geht. Vielleicht sogar zu effektiv, denn Ratix sehnt sich insgeheim nach echter Spannung und Abenteuern. Doch wie heißt es so schön: Sei vorsichtig mit deinen Wünschen?
Recht bald geht nach dem letzten Banditenüberfall die Kunde ein, dass das Nachbardorf von einer mysteriösen Krankheit befallen wurde, welche seine Opfer langsam aber sicher in Steinstatuen verwandelt. Als sich auch Millies Vater infiziert, eilt das Trio zum benachbarten Berg, um nach dem letzten Strohhalm in Form einer seltener Heilpflanze zu greifen. Kurz vorm Ziel beobachten die drei Fellpool jedoch, wie zwei Erdlinge direkt vor ihre Nase teleportiert werden. Besagte Erdlinge in Form von Ronixis J. Kenny und Iria Silvestoli hatten das freilich anders geplant und beschließen stattdessen mit offenen Karten zu spielen.
Sie erklären, dass es sich bei der mysteriösen Versteinerung keineswegs um eine gewöhnliche Krankheit handelt, sondern stattdessen um eine experimentelle Biowaffe, die von den Resonians eingesetzt wurde. Besagte Resonians sind der Erdföderation feindlich gesonnen, was auch der Grund dafür ist, warum die Erdlinge wissen wollen, was sich die Resonians von ihren Schandtaten auf Roak versprechen. Wie sich recht bald herausstellt, tragen die Fellpool eine Substanz in ihrem Blut, die es den Resonians erlaubt Unsichtbarkeits-Schilde für ihre Raumschiffe zu konstruieren. Mit dieser Tatsache droht sowohl den Fellpool als auch der Erdföderation eine harte Zeit. Doch die Sache wird sogar noch verzwickter, als die Resonians zu einem diplomatischen Gespräch bitten. Sie behaupten, dass sie von einer anderen Gruppierung zu dieser Tat gezwungen wurden, und dass der Stoff für die Entwicklung der Versteinerungs-Biowaffe vor 300 Jahren auf Roak entnommen wurde. Um die versteinerten Fellpool zu retten, bleibt Ratix, Ronixis und ihren Gefährten nichts anderes übrig als das mysteriöse Zeittor auf dem Planeten Stream zu verwenden, um mit dessen Hilfe in die Vergangenheit zu reisen und den Wirt für den Versteinerungs-Kampfstoff dingfest zu machen. Mithilfe des Wirts soll freilich das Gegenmittel für die fiese Versteinerung zusammengebraut werden, welche inzwischen übrigens auch Dorn getroffen hat. Und mit der Zeitreise 300 Jahre in die Vergangenheit nach Roak ist dann auch der 3-4 Stündige Prolog abgewickelt und das eigentliche Spiel kann endlich beginnen.:)
Ab diesem Zeitpunkt wird jedoch auch ein Großteil der Sci-fi-Elemente vorübergehend über Bord geworfen und Star Ocean verkommt zu einem generischen Fantasy-RPG, in dem man den obligatorischen Dämonenkönig bezwingen muss, welcher sich als Wirt für den Versteinerungs-Kampfstoff entpuppt. Aber keine Sorge, zwischendrin werden auch immer wieder mal kleinere Sci-fi-Elemente eingestreut, welche sowohl Storywendungen als auch Dungeondesign betreffen. Es gibt durchaus einige nette Wendungen und Ideen innerhalb der Handlung, dennoch besteht der Großteil des Spiels nun einmal aus einfallslosem 08/15 Fantasy-Allerlei. Wirklich enttäuschend ist jedoch der finale Spielabschnitt, welcher unglaublich gehetzt wirkt. Wer Star Ocean: The Second Story gespielt hat, erinnert sich vielleicht an die Wendung zur Mitte des Spiels, welche die Gruppe zu einer brandneuen Welt voller neuer Entdeckungen geführt hat. Star Ocean für den Super Famicom erweckt den Eindruck, dass man dieselbe Idee bereits hier umsetzen wollte, jedoch aufgrund widriger Umstände fallen lassen musste. Daher musste man die geplante zweite Spielhälfte wohl auf den finalen Dungeon reduzieren, welcher darüber hinaus noch nicht einmal den Umfang vorheriger Dungeons erreicht. Stellt euch einfach vor die zweite Spielhälfte von Final Fantasy VI wäre auf Kefkas Turm reduziert, und ihr könnt euch in etwas Vorstellen, welche Enttäuschung euch in Star Ocean erwartet. Das ist freilich eine gewaltige Verschwendung von Potential, welche auch der Hauptgrund dafür ist, warum es für Star Ocean, trotz aller Vorzüge, keine Wertung im 90er Bereich geben wird. Und natürlich sorgt das auch dafür, dass die Spielzeit nicht so lang anhält wie bei der Konkurrenz. Trotz ausgiebigen Grinding-Sessions hatte ich Star Ocean nach rund 40 Stunden durchgespielt.
Charakterentwicklungen, Wiederspielwert und eine geheime Open End-Funktion
Aber ich greife vor, denn Star Ocean bietet einige einzigartige Spielelemente, welche eben genannte Schlappe zumindest teilweise wieder ausbügeln. Allen voran sind da natürlich die „Private Actions“ zu nennen.
An den Eingängen vieler Städte und Dörfer darf man auf Knopfdruck eine Private Action ausführen, was bedeutet, dass sich die aktuelle Truppe aufteilt und jeder Charakter auf eigene Faust die jeweilige Siedlung erkunden darf. Dies ermöglicht den Spieler freilich die jeweiligen Charaktere durch Gespräche besser kennenzulernen. Oftmals werden hierdurch sogar spezielle Events getriggert, welche in der Regel eine Multiple Choice-Dialogsequenz eröffnen, mit derer man das Verhältnis der Charakter untereinander beeinflussen kann. Hierdurch kann man also Freundschaften aufbauen oder Abneigungen erzeugen. Freilich sollte man zusehen, dass sich die Charaktere untereinander anfreunden, denn dies hat einen positiven Nebeneffekt im Kampf zur Folge. Immer wenn ein Charakter im Kampf besiegt wird, werden dessen Freunde wütend, was einen gewaltigen Boost der Angriffskraft auslöst. Und das kann in einigen schwierigen Konfrontationen durchaus den Unterschied zwischen Sieg und Niederlage ausmachen. Darüber hinaus haben die Entscheidungen auch Auswirkungen auf zukünftige Private Actions und die Epilog-Sequenz. Komplexitätswunder sollte man bei diesem System zwar nicht erwarten, aber ein sehr cooles Gimmick ist es allemal. Und in der Fortsetzung wurde dieses Schema dann auch wesentlich komplexer und aufwändiger umgesetzt.
Ebenfalls sehr interessant und ein wiederkehrendes Spielelement in der Star Ocean-Serie ist die variable Rekrutierung potentieller Gruppenmitglieder. Star Ocean bietet insgesamt 12 spielbare Charaktere oder besser gesagt 11, da Dorn ja schon sehr früh im Spiel versteinert wird und somit nicht vollauf mitzählt. Die Sache ist jedoch die, dass man nur maximal 8 Leute in die Gruppe aufnehmen darf, was bedeutet, dass man hier und da entscheiden muss, ob Charakter XYZ nun dauerhaft der Gruppe beitreten darf oder sich wieder verabschieden darf. Wer sich z.B. entscheidet den Krieger Cius Warren in die Gruppe aufzunehmen, wird den alten Veteranen Ashlay Barnbelt niemals zu Gesicht bekommen. Und wer eine bestimmte, gut versteckte Sidequest absolviert, sorgt sogar dafür, dass ein bestimmter Charakter in der Gruppe stirbt und somit für immer verloren geht, was aber wiederum Platz für ein anderes potentielles Gruppenmitglied schafft. Diese Spielerei bietet freilich einen großen Anreiz Star Ocean zumindest ein zweites mal durchzuspielen, da unterschiedliche Charaktere freilich auch individuelle Dialogzeilen, Private Actions und Epilog-Sequenzen mit sich bringen. Ein sehr cleverer Schachzug um einerseits mehr Spieltiefe einzubringen und andererseits den Wiederspielwert zu erhöhen.
Doch bevor man nach dem ersten Spieldurchlauf einen Weiteren startet, um sich eine neue Gruppenkonstellation aufzubauen, sollte man vielleicht erst einmal die geheime Open End-Funktion nutzen. Wie die meisten JRPGs endet Star Ocean mit der Ending- und Epilogsequenz. Wer danach jedoch das Spiel resettet und in die Speicherdatei hineinschaut, wird bemerken, dass diese nun mit einem Stern markiert ist. Besagte Datei bringt uns zurück zu einem Punkt kurz vorm finalen Bosskampf, allerdings erlaubt sie uns nun den Zugriff auf den Oracel-Skill, welcher zuvor komplett nutzlos war. Besagter Skill transportiert uns in eine Easter-Egg-Höhle, wo man ein paar witzige Dialoge führen darf. Aber die eigentliche Relevanz dieser Höhle ist die Möglichkeit nach Roak zurückkehren zu dürfen, um dort einfach weiterzuspielen (sobald man den vorletzten Dungeon abgeschlossen hat, darf man nicht mehr nach Roak zurückkehren). Darüber hinaus findet man dort nun auch einen geheimen Zugang zu einem 30stöckigen Bonusdungeon, welcher freilich die ultimative Herausforderung von Star Ocean darstellt. Zu schade, dass man ohne Lösung kaum an diesen Zusatzinhalt herankommt. Diejenigen, die diese Zeilen oder eine Komplettlösung lesen, sind also klar im Vorteil.
Innovationen ziehen sich durchs gesamte Spiel
Doch selbst damit haben wir erst die Oberfläche von Star Ocean angekratzt, denn obwohl der Grundaufbau des Spiels sehr ähnlich zu anderen JRPGs ausfällt, bietet der Titel noch sehr viele Eigenheiten. Das fängt schon bei der Weltkarte an, denn anders als in anderen Genrevertretern gibt es hier keine weitläufige Landmasse, welche die Größe der Welt simulieren soll, sondern stattdessen Wege und Pfade mit Abzweigungen, welche die Siedlungen und Dungeons miteinander verbinden. Dies ist ein interessanter Versuch die Größe von Roak auf andere Weise zu gestalten, als mit einer regulären Weltkarte. Leider kostet dieser Ansatz bei dem später erforderlichen Backtracking aber auch sehr viel Zeit. Und auch die zuschaltbare Karte ist sehr ungenau und schützt nicht immer davor sich zu verlaufen. Es wirkt auch etwas billig, dass die Überfahrt mit Schiffen auf andere Kontinente mit Schwarzblenden abgewickelt werden. Dementsprechend überrascht es mich nicht, dass man in der Fortsetzung und im Remake wieder zu traditionellen Weltkarten zurückgerudert ist.
Doch das Herzstück in solch einem Spiel ist freilich der Kampf gegen die zahlreichen Monsterhorden. Für diesen hat man sich aber ebenfalls was Neues einfallen lassen. Star Ocean versucht sich an einer Mixtur aus traditionellem Rundenkampf und Action-Elementen. Die Kämpfe werden zwar ganz klassisch mit Menükommandos kontrolliert, laufen jedoch in Echtzeit ab und lassen die Kampfteilnehmer völlig frei auf einer Fläche in Größe des TV-Bildschirms herumwuseln. Das klingt nicht nur chaotisch, sondern ist es auch in der Praxis. Glücklicherweise kann man für den Einsatz von Gegenständen und Zaubersprüchen jedoch jederzeit pausieren. Man kann das Kampfsystem also durchaus als eine eigenwillige und primitivere Version eines RTwP-Kampfsystems betrachten. Leider ist der Einsatz von speziellen Kampffähigkeiten etwas unpraktisch zu handhaben. Diese wurden auf die Schultertasten gelegt, können aber erst aktiviert werden, wenn man einen Gegner anvisiert hat. Hierdurch entstehen gefährliche Zeitverzögerungen, die den Aufwand oftmals nicht wert sind und zumindest bei mir dafür sorgten, dass ich Kampffähigkeiten eigentlich komplett ignoriert habe. Wirklich notwendig waren diese aber ohnehin nicht, denn der Schwierigkeitsgrad von Star Ocean hängt in erster Linie davon ab, wie viel Zeit der Spieler mit Grinding verbringt (wie eigentlich in den meisten anderen JRPGs auch). Als fleißiger Grinder hat man das Spiel also recht bald im Würgegriff und kann die meisten Kämpfe durch simples Buttonmashing abwickeln. Wirklich gefährlich wird der durchschnittliche Gegner dann nur noch durch negative Zustandsveränderungen wie Paralyse und Versteinerung, welche gleichbedeutend mit einem KO sind und schleunigst geheilt werden sollten.
Außerhalb der Menüpausen kontrolliert man im Kampf übrigens immer nur eine von maximal vier Personen und in der Regel sollte diese Person der Hauptcharakter Ratix sein, da es für ihn ärgerlicherweise kein K.I.-Muster im Spiel gibt und man ihn auch nicht aus der aktiven Vierergruppe herausnehmen kann. Für alle anderen Charaktere darf man hingegen aus mehreren verschiedenen K.I.-Mustern auswählen. Die K.I. an sich ist dabei eher als mittelmäßig zu bezeichnen. Manchmal funktioniert sie recht ordentlich, und dann scheitert sie wieder auf der ganzen Linie. Da merkt man die Kinderschuhe der Serie leider sehr deutlich. Und ja, man konnte im ersten Teil auch schon die Kampfformation der Truppe bestimmen, was auch sinnvoll ist, um z.B. schwache Magier nach hinten zu stellen und die Kämpfer an die vordere Linie.
Gewonnene Kämpfe werden selbstverständlich mit Erfahrungspunkten und Geldeinheiten belohnt. Bei genügend Erfahrungspunkten stufen die Charaktere freilich auf und erhalten nicht nur Verbesserungen der Statuspunkte, sondern auch die sogenannten Skillpunkte, welche man fortan in dutzende verschiedene Skills investieren darf – sofern man sich besagte Skills bei Händlern freigekauft hat, versteht sich.
Besagte Skills schalten wiederum diverse Statusboosts, Kampf-Perks und handfeste Fähigkeiten frei. Letztere Umfassen dabei satte neun(!) Crafting-Varianten sowie sechs Sonderfähigkeiten. Das Crafting erlaubt es einem aus bestimmten Werkzeugen, Edelsteinen, Rohstoffen oder sonstigen Zutaten neue nützliche Heil- oder Ausrüstungsgegenstände zu kreieren, mit deren Hilfe man auch wirklich einiges herumreißen kann. Und mit den anderen Fähigkeiten kann man beispielsweise musizieren, um seine HP und MP zu regenerieren, einen Vogel zum einkaufen losschicken oder ein Trainingsprogramm starten, um den Output an Erfahrungspunkten zu pushen. Die Möglichkeiten die hier geboten werden sind überraschend umfangreich für ein SNES-Spiel und eben diese Möglichkeiten zu entdecken und auszubauen ist auch eine große Motivationsquelle, um die eigenen Charaktere immer weiter aufzuleveln, damit man mehr der wertvollen Skillpunkte verdient. Jeder Skill und jede Fähigkeit kann nämlich bis auf Stufe 10 hochgelevelt werden, und das ist auch notwendig, damit etwa beim Crafting auch was Vernünftiges bei rauskommt. Hierbei müssen jedoch auch die Talente der Charaktere berücksichtigt werden, denn ein Charakter der über keinen nennenswerten Geschmackssinn verfügt, wird niemals einen guten Koch abgeben und hochwertige Nahrungsmittel kreieren können. Besagte Nahrungsmittel fungieren übrigens als Heilmittel. Jeder Charakter verfügt darüber hinaus über eine Lieblingsspeise, welche dann als ultimativer Heilgegenstand funktioniert, der sämtliche HP und MP heilt.
Mit der in den letzten zwei Sätzen genannten Erklärung zu einem eher belanglosen Detail im Spiel, wollte ich euch auch nur mal aufzeigen, welche Komplexität und Detailverliebtheit in diesem Modul drinnen steckt. Das Maß an Innovation lässt jedenfalls so ziemlich jedes andere SNES-JRPG verdammt alt aussehen.
Aber auch unabhängig dieser zahlreichen Spielereien versucht Star Ocean einen hohen Standard zu schaffen. Die Dungeons sind z.B. oftmals äußerst weitläufig und provozieren auch mal zum Kartenzeichnen. Auch hat man es sich nicht nehmen lassen einige knifflige Rätsel einzustreuen. Ab und zu musste ich deswegen sogar mal in eine Komplettlösung gucken, wobei es auch ein Rätsel gab, welches aufgrund mangelhafter Übersetzung nicht fair gelöst werden konnte. Wenn ihr beim Passwort-Rätsel angelangt seid, solltet ihr also keine falschen Hemmungen haben und eine Lösung zu Rate ziehen. Das Modul bietet übrigens drei Speicherstände, gespeichert wird entweder auf den Weltkarten-Abschnitten oder auf leuchtenden Emblemen innerhalb der Dungeon-Abschnitte. Apropos Dungeons, von denen gibt es auch einige Optionale, welche gut versteckt liegen. Und es ist eines jener RPGs, wo die NPCs auch mal was sinnvolles zu sagen haben, anstatt irgendwelche hirnverbrannten Oneliner von sich zu geben. Da ist freilich auch ein Lob für die Fanübersetzung von Aeon Genesis angebracht.
Der enorme Fleiß dieser Übersetzung ist schon allein angesichts hunderter verschiedener Gegenstände erkennbar, welche schon recht bald das Inventar vollstopfen werden. Glücklicherweise darf man den ganzen Krempel nach mehreren verschiedenen Suchkriterien sortieren, was für damalige Verhältnisse eine enorm überraschende Komfortoption darstellt … Ja mein Gott, wer bis jetzt immer noch nicht kapiert hat, was für ein eindrucksvoller Kraftakt dieses JRPG-Juwel ist, dem kann ich auch mit weiteren Sätzen und Erklärungen nicht überzeugen. Für SNES- und JRPG-Fans ist Star Ocean jedenfalls trotz einiger Schwächen und Kinderkrankheiten ein klarer Pflichtkauf!
Grafik und Sound
In grafischer Hinsicht ist Star Ocean sicherlich eines der hübschesten JRPGs die man auf dem SNES/Super Famicom finden wird. Nicht umsonst protzt das Modul mit 48-bit und einem Sonderchip namens S-DD1, welcher dabei half die Grafiken zu komprimieren. Besagter Chip fand darüber hinaus auch nur in zwei Spielen Verwendung (Star Ocean und Street Alpha 2).
Das Ergebnis kann sich jedenfalls sehen lassen und bietet detailverliebte Sprites für Charaktere und Landschaften. Die Charaktermodelle bieten darüber hinaus auch viele tolle Animationen und im Kampf gibt es natürlich viele nette Effekte für Spezialtechniken und Zaubersprüche. Leider leidet das Modul aber auch unter dem Recycling-Syndrom. Viele Landschaftsabschnitte und Grafiksets auf der Weltkarte, in Höhlen oder Siedlungen werden im Verlauf des Spiels fleißig wiederverwendet. Und auch ein paar zusätzliche Charakter- und Monstersprites wären sicherlich nicht verkehrt gewesen. Dies ist nun nichts unübliches oder schlimmes, allerdings treibt es Star Ocean dabei dann doch ein wenig zu weit und wirkt dadurch stellenweise billiger als es eigentlich ist.
Als Ausgleich kann jedoch die akustische Präsentation protzen. Nicht umsonst bietet das Modul einen absurd umfangreichen Soundtest im Titelscreen, wo man nicht nur jede Melodie, sondern auch sämtliche Geräuscheffekte und Sprachsamples abspielen darf. Und ja, richtig gelesen: Star Ocean bietet eine Sprachausgabe. Im Kampf geben die Charaktere voll synchronisierte Kampflaute, Zaubersprüche und Siegesphrasen von sich. Die aus Star Trek VI geklaute Introsequenz wurde sogar vollständig synchronisiert. Während die Sprache im Kampf auf japanisch läuft, wurde das Introfilmchen sogar in englischer Sprache aufgenommen, auch wenn die akustische Verständlichkeit letzterer stark zu Wünschen übrig lässt. Der OST kommt dafür dank Surround-Sound-Option richtig gut zur Geltung, allerdings gehen viele Melodien nicht so wirklich über typische 08/15 Fantasy-Melodien hinaus. Das heißt jetzt aber nicht dass die Soundtracks schlecht sind, im Gegenteil. Man sollte abseits der (für SNES-Verhältnisse) hohen Klangqualität halt nur nichts bahnbrechendes erwarten.
Wem das jedoch nicht ausreicht und der keine Möglichkeit hat das Modul mit Englisch-Patch abzuspielen, kann sich freilich auch das PSP-Remake „Star Ocean: First Departure“ zulegen, welches den Super Famicom-Erstling auf das Qualitätsniveau von Star Ocean: The Second Story anhebt.