Legend REVIEW
Sword & Sorcery für den Super Nintendo. Während der Sega Mega Drive mit den Golden Axe-Spielen die Herzen der Sword & Sorcery-Fans höher schlagen lassen konnte, suchte man ein vergleichbares Spiel auf dem SNES zunächst vergeblich. Das änderte sich freilich, als Ende 1994 das französische Entwicklerstudio Arcade Zone ihren Debuttitel „Legend“ in Europa veröffentlichte. Das spannende an Arcade Zone ist, dass es sich hier um ein zwei Mann Team handelt, und somit aus heutiger Sicht als Indie-Entwickler zu klassifizieren wäre. Ob die beiden Programmierer Carlo Perconti und Lyes Beladouni in der Lage waren ein tolles Spiel zu schaffen oder nicht, erfahrt ihr im folgenden Review.
Zwei gegen das Imperium
Eintausend Jahre regierte der finstere Beldor das Königreich Sellech mit eiserner Faust. Jeder Held der sich dem üblen Tyrannen entgegenstellte scheiterte. Doch letztendlich gelang das Unmögliche: Der üble Schurke wurde gestürzt und seine grausame Seele eingekerkert. Dummerweise ist da aber noch Beldors ebenso finsterer Sohn Clovis, der sich mithilfe der dunklen Macht von Papas Seele das Königreich unter den Nagel reißen will. Die beiden Ritter Kaor (der mit dem Schwert) und Igor (der mit der Axt) haben da aber noch ein Wörtchen mitzureden. Sie brechen zu einer langen und gefahrvollen Reise auf, um den Mistkerl in seiner eigenen Festung zu stellen. Kein leichtes unterfangen, denn Clovis Schergen lauern bereits an jeder Straßenecke auf potentielle Störenfriede.
Tja, und damit wäre bereits alles zur Handlung gesagt. Legend ist ein Paradebeispiel dafür, dass die Story in solch einem Spiel scheinbar niemanden zu interessieren hat. Abgesehen von den schmucklosen Intro- und Outro-Texten, gibt es gerade mal eine Story-Zwischensequenz nach der ersten Stage, und das war es. Niemand erwartet eine bahnbrechende Handlung oder tiefgängige Charaktere bei solch einem Spiel, aber Legend macht es sich dann doch ein klein wenig zu einfach. Man hätte zumindest die Motivation der beiden Hauptcharaktere darstellen können. Aber die steht ja vielleicht im Handbuch? Dieses liegt der Steam-Version leider nicht bei, aber ist ja auch wurscht, denn im Endeffekt geht es in solchen Spielen halt doch ums Gameplay.;)
Hauen und Stechen bis der Arzt kommt
Wie für das Genre üblich, könnt ihr entweder alleine oder mit einem zweiten Mitspieler in die Schlacht ziehen. Spieler 1 übernimmt dabei immer die Rolle von Kaor (auch im Einzelspielermodus), während Spieler 2 Igor steuert. Diese Einschränkung ist aber nicht weiter schlimm, weil sich beide Charaktere gleich spielen und über identische Fähigkeiten und Statistika aufweisen sollen.
Im Optionsmenü kann man dann noch aus den drei Schwierigkeitsgraden Easy, Medium und Hard auswählen. Die Grade beeinflussen in erster Linie die Gesamtlebensenergie der Bossgegner. Auf Easy haben die nur die Hälfte ihrer Lebensenergie und auf Hard ist die Lebensleiste komplett aufgefüllt. Ferner agieren die regulären Gegner auf Hard wesentlich flotter, als in den niedrigeren Stufen. Da das Spiel im allgemeinen recht knifflig werden kann, sollte man ruhig auf den niedrigeren Graden spielen.
Wirklich interessant ist die Option, die Spielgeschwindigkeit zwischen Normal und Turbo zu wechseln. Viele Spieler beschweren sich darüber, dass die Spielgeschwindigkeit von Legend so träge sei. Diese Leute haben sich wohl nie das Optionsmenü genauer angesehen, denn auf Turbo läuft das Spiel nämlich in wesentlich höherer Geschwindigkeit. Hierdurch wird dieser große Kritikpunkt also wieder entkräftet. Zugegebenermaßen wäre es jedoch cleverer gewesen, wenn die Entwickler den Turbo-Modus als Standardgeschwindigkeit eingerichtet hätten.
Zu guter Letzt kann man noch auswählen, ob Extraleben im Zweispielermodus ausgetauscht werden können oder nicht.
Aber kommen wir nun zum eigentlichen Spiel. Wie im Genre üblich, läuft man einen linearen Pfad entlang und erledigt dabei jeden Gegner, der unseren Weg kreuzt. Neben haufenweise von regulären Feinden, müssen dann freilich auch mal besonders hartnäckige Zwischen- und Bossgegner überwältigt werden. Das Spiel besteht aus 6-7 Stages. Je nachdem, ob man sich in der vierten Stage gefangen nehmen lässt oder nicht, gilt es halt noch eine kräftezehrende Kerker-Stage zu bewältigen.
Um ihre Widersacher in die Schranken zu weisen, setzen Kaor und Igor hauptsächlich auf ihre Nahkampfwaffen. Fußtritte aus dem Sprung heraus, mächtige Zauber und ein kräftezehrender Spezialangriff stellen jedoch weitere Optionen dar. Darüber hinaus lassen sich feindliche Angriffe per Schild abblocken. Die Steuerung in Legend ist dabei sehr simpel gehalten. Jede Aktionsmöglichkeit beherrscht man auf Anhieb. Komplizierte Buttonkombinationen und Fingerverrenkungen sind definitiv nicht zu befürchten. Zur Wirkung der Magie benötigt man immer zwei Zaubertränke, welche von erledigten Gegnern hinterlassen werden. Die Zauber verursachen ordentliche Schäden bei allen Gegnern im Screen. Freilich hebt man sich diese lieber für die anstrengenden Bossgegner auf. Leider kann man immer nur bis zu 9 Zaubertränke hamstern. Der Spezialangriff ist hingegen mit Vorsicht zu genießen. Per Knopfdruck feuern unsere Recken hierbei zwar ein sehr kräftiges Projektil ab, erleiden dadurch aber auch selbst Schaden.
Apropos Schaden: Zur Regeneration verlorener Lebensenergie, sollte man Nahrungsmittel wie Brot und Fleisch aufsammeln, welches ebenfalls von beseitigten Gegnern hinterlassen wird. Generell erhält man von jedem erledigten Gegner einen Gegenstand, den man jedoch schnell aufsammeln sollte, ehe er sich wieder in Luft auflöst. Zaubertränke und Nahrung wurden ja bereits genannt. Die meisten Feinde hinterlassen jedoch Geldbeutel, die lediglich den Gold-Punktezähler erhöhen, der hier als gewohnt sinnloser Highscore fungiert. Wesentlich interessanter sind da schon die Schlüssel, welche dann in einigen Bonusrunden zum Einsatz kommen. Nach fast jeder Stage gibt es freilich eine zeitlich begrenzte Bonusrunde, wo man entweder Gold einsammeln muss, um den Highscore in die Höhe zu drücken oder die Gelegenheit erhält, die eingesammelten Schlüssel zum öffnen von Schatztruhen zu gebrauchen. Diese enthalten mitunter seltene Gegenstände wie Schmuck und Juwelen (für den Highscore), Extraleben und das ominöse Blitz-Orb, dessen Funktion ich nie herausfinden konnte. Auch innerhalb der Stages bekommt man ab und zu Bonus-Fässer spendiert, die wertvolle Heilgegenstände und Extraleben enthalten.
Damit wäre dann auch schon wieder fast alles zum Gameplay gesagt. Also Zeit für ein wenig negative Kritik. Größtes Problem ist wohl die recht repetitive Natur des Spiels. Diese wird jedoch auch durch den Mangel an abwechslungsreichen Gegnern getragen. Vor allem diese orkischen Speerträger kreuzen immer und immer wieder auf, und hängen einem schon recht bald zum Hals raus. Dabei gibt es durchaus eine akzeptable Palette von Gegnermodellen. Einige Gegner wie z.B. die Schlammmonster oder Neandertaler tauchen sogar lediglich in ihren spezifischen Levelabschnitten auf. Diese Extramühe hätte man ruhig einen Schritt weiter führen können.
Problematischer ist da hingegen das seltsame Balancing des Schwierigkeitsgrades. So ist z.B. der allererste Zwischen-Bossgegner dem man begegnet einer der Schwierigsten, wenn nicht sogar der Schwierigste im gesamten Spiel! In der letzten Stage sind hingegen die regulären Gegner auf einmal dermaßen aggressiv, dass man hier kaum ohne Continue durchkommt. Dann ist da noch das belanglose Zeitlimit, welches so langsam nach unten tickt, dass man es auch hätte ganz weglassen können und die Movepalette der beiden Ritter ist doch stark eingeschränkt. Besonders ärgerlich wird es aber, wenn auf einmal Umgebungsgrafiken wie Säulen die Sicht auf die Spielfläche blockieren. Speziell an diesem Punkt ist man echt übers Ziel hinausgeschossen. Also ja, an manchen Stellen blinzelt doch deutlich die Indie-Herkunft von Legend durch. Ein Aspekt, den man vielleicht besser im Hinterkopf behalten sollte. Dennoch ist das Gesamtpaket ein äußerst unterhaltsam Spiel für Freunde von Hack’n’Slay-Brawlern.
Grafik, Sound und weiteres
Kommen wir jetzt zu dem Punkt, der Legend zu etwas wirklich besonderen werden lässt. Die Rede ist von der audiovisuellen Präsentation. Die Grafik fängt diese besondere Sword & Sorcery-Thematik einfach perfekt ein. Aber auch ohne diesen Aspekt, sieht Legend einfach toll aus! Die Hintergrundgrafiken sind super atmosphärisch und die Charaktersprites sind groß, detailliert und toll animiert. Es macht einfach einen Riesenspaß sich das Spiel anzuschauen! Dann sind da noch Spielereien wie Nebelbänke oder ein cooler Mode 7-Effekt, wenn auf einmal die Plattform auf der ein Bosskampf stattfindet abbricht und nach unten purzelt. Hut ab! Für solch ein kleines Studio eine beeindruckende Leistung.
Diese Leistung überträgt sich 1 zu 1 auf den Soundtrack, der ebenfalls perfekt zur angepeilten Thematik passt und gleich mehrere Ohrwürmer parat hält. Es ist selten, dass Grafik und Soundtrack solch eine starke Einheit bilden! Aber auch die Geräuscheffekte passen. Erledigte Gegner schreien, lästige Kampfhunde kündigen sich mit Gebell an und gewaltbereite Krähen krächzen was das Zeug hält. Ein Fest für jeden Sword & Sorcery-Fan!
Interessanterweise hat Legend auch eine Art Sequel nach sich gezogen. Arcade Zone hat unter dem neuen Firmennamen „Toka“ ein neues Legend für die originale Playstation kreiert. Dieses Spiel konnte ich aber leider noch nie ausprobieren.