Football Game REVIEW
Mit ihrem vierten Point & Click-Adventure „Legend of Hand“ hatte das UK-Indie-Entwicklerstudio Cloak and Dagger Games (Hob’s Barrow) erstmals ein kommerzielles Spiel veröffentlicht. Das Blut war geleckt, daher sollte auch die nächste, wesentlich kleinere Produktion ein kommerzielles Spiel werden. Die Rede ist von Football Game, das fünfte Adventure der Engländer, wurde am 14. Februar 2018 auf Steam veröffentlicht, und bekam im darauffolgenden Jahr auch noch Portierungen für diverse Konsolensysteme. Und nein, hier geht es nicht wirklich um American Football oder Fußball. Was euch stattdessen erwartet, erfahrt ihr im folgendem Review.
Eine Nacht im Leben eines heranwachsenden Football-Spielers
Die USA im Jahre 1987. East Bend, Purchase County, Englund Street 229. So lautet die Heimadresse des jugendlichen Schülers und Football-Spielers Tommy. Der Blondschopf hat auf den ersten Blick alles was man sich wünschen kann. Eine fürsorgliche Mutter, die Position des Quarterbacks seiner Schul-Mannschaft Purchase County Turbines und natürlich die Liebe von Suzy Cooper, dem begehrtesten Mädchen an seiner Schule. Doch hat der ansehnliche Jock einen großen Schwachpunkt: Er trinkt gerne mal einen über den Durst. Die entsprechende Alkoholfahne verrät ihn bei seiner Mutter, die dem Burschen zur Strafe Hausarrest aufbrummt. Das ist ein Problem, denn diesen Abend findet ein wichtiges Spiel der Turbines statt, und wichtiger noch hat Tommy im Vorfeld ein Date mit seiner Flamme Suzy geplant. Er hat ihr sogar ein teures Geschenk gekauft.
Jetzt liegt es an uns Tommy dabei zu helfen rechtzeitig zu Suzy und zum Spiel zu gelangen. Doch das ist alles andere als einfach, denn der Quarterback scheint derzeit eine Pechsträhne zu haben und viele Dinge sind nicht so, wie sie sein sollten. Was die Nacht für Tommy parat hält, müsst ihr natürlich selbst herausfinden.
Football Game macht kein großes Geheimnis daraus, dass etwas schlimmes im Gange ist. Schon im Titelbildschirm wird eine sinistre Atmosphäre aufgebaut, die auch über das gesamte Spiel hinweg aufrechterhalten wird. Besagte Atmosphäre ist dann auch die größte Stärke des Spiels, da die Auflösung des Plots wesentlich bodenständiger ist, als man anfangs denken mag.
Football Game ist übrigens kein Spiel, welches jedes Storydetail durchkaut. Stattdessen erlaubt es Spielraum zur Eigeninterpretation und fordert das eigene Kopfkino. Ob diese Herangehensweise gut oder schlecht ist, entscheidet der persönliche Geschmack. Aufgrund der Kürze des Spiels (ohne externe Hilfsmittel etwa 2 Stunden) sollte man jedoch keine umfangreiche Handlung oder umfassende Charakterstudien erwarten.
Keine echten Besonderheiten im Gameplay-Bereich
Football Game ist ein generisches Point & Click-Adventure. Man dirigiert Tommy via Mauscursor durch die strikte 2D-Umgebung, nutzt die Maustasten um mit Hotspots zu interagieren (linke Maustaste) oder diese zu betrachten (rechte Maustaste), redet mit NPCs und sammelt Gegenstände ein, welche in einer Inventarleiste gehortet werden, die am oberen Bildschirmrand aufpoppt. Gesammelte Gegenstände können gegebenenfalls untereinander kombiniert werden und müssen verwendet werden, um diverse Aufgabenstellungen und Probleme zu lösen.
Um die sehr kurze Spieldauer zu Strecken, verzichtet das Spiel auf eine Hotspotanzeige und arbeitet mit Event-Triggern. Letzteres bedeutet, dass man bestimmte Aktionen erst auslösen darf und einige NPCs erst dann auftauchen, wenn man bestimmte Ereignisse getriggert hat. So weigert sich Tommy z.B. zunächst die Garage zu öffnen, und wichtige NPCs tauchen erst später in der Umgebung auf. Derartige Dinge provozieren etwas Backtracking und fruchtlose Sucherei. Da die Spielwelt aber sehr mickrig und linear ist, sollten einem diese Event-Trigger nicht zu sehr ausbremsen.
Eine größere Hürde könnte jedoch das Spind-Rätsel gegen Ende des Spiels darstellen. Hier muss man einen vierstelligen Zahlencode austüfteln, und die entsprechenden Hinweise erfordern mehr Querdenken, als man erwarten würde. Für sich gesehen ist dieses Code-Rätsel sehr gut, und bereitete mir ein schönes Erfolgserlebnis. Jedoch passt es nicht so richtig zu einem derart kurzen Adventure, welches sein Augenmerk eher auf Story und Atmosphäre legt. Ansonsten hat Football Game jedoch keinerlei Besonderheiten im Gameplay-Bereich zu bieten.
Grafik und Sound
Grafisch orientiert sich Football Game an steinalten Point & Click-Adventures der 80er-Jahre. Doch selbst in dieser Hinsicht wirkt die Grafik des Spiels ein wenig arg minimalistisch. Die Charaktersprites weisen z.B. keine Gesichter auf, und da das Spiel bei Nacht stattfindet, sind große Teile der kleinen Spielwelt in Finsternis getaucht. Obendrein wird ein Unschärfe-Filter genutzt, den man nicht deaktivieren kann. Abgesehen von Helligkeitseinstellungen bietet das Game nämlich keine Grafikoptionen an. Natürlich kann man argumentieren, dass all diese Dinge zur unterschwelligen Gruselatmosphäre des Spiels beitragen.
Mono- und Dialogtexte werden übrigens mit leicht animierte Talking Head-Grafiken garniert, welche an jene aus Hotline Miami erinnern. Und natürlich gibt es auch hier wieder die ikonischen Pixel-Zwischensequenzen im markant-krudem Cloak & Dagger Games-Stil.
Der Soundtrack setzt auf gruseliges Ambiente, manchmal gibt es auch einfach nur Stille. Bemerkenswert sind die beiden Tracks der Londoner Band Jupiter-C, welche im Titelbildschirm und bei den Autofahrten Verwendung finden. Diese sind angenehm düster und bereichern das Spielerlebnis. Eine Sprachausgabe gibt es leider nicht, die deutsche Textübersetzung ist dafür gut gelungen.
Pro & Kontra
- gekonnte, bedrohliche Atmosphäre
- die beiden Jupiter-C Soundtracks sind gefällig
- gewohnt routiniertes und leicht zu handhabendes Point & Click-Gameplay
- einige lästige Maßnahmen der Spielzeitstreckung (keine Hotspotanzeige, Plottrigger)
- schlechtes Preis- Leistungsverhältnis (3,99 € für ca. 2 Stunden Spielzeit)
- die Grafik ist ein wenig zu minimalistisch
- keine Sprachausgabe