Evoland REVIEW

Ursprünglich wurde Evoland ja in Form eines kostenloses Browserspielchens veröffentlicht. Im Zuge eines Wettbewerbs galt es innerhalb von 48 Stunden ein Spiel zum Thema Evolution zu kreieren. Der Schöpfer von Evoland, Nicolas Cannasse, staunte nicht schlecht, als sich sein fünfminütiges Flash-Spiel rund um die Evolution der Action-Adventures im Zelda-Stil großer Beliebtheit erfreute und bereits in den ersten paar Monaten 300.000 mal gezockt wurde. Was lag da also näher als den Stoff zum vollwertigen Spiel auszubauen und als kommerzielle Produktion zu veröffentlichen? Gesagt getan, immerhin ist Cannasse ja Mitbegründer des französischen Indie-Entwicklerstudios Shiro Games. Am 04. April 2013, etwa sieben Monate nach dem oben genannten Wettbewerb, landete das fertige Produkt bereits im Steam-Store. Ob da was Vernünftiges bei herausgekommen ist oder nicht, wollen wir im folgenden Review herausfinden.

Keine Evolution sondern eine Alibi-Handlung


Aufgrund des Spielkonzepts, dass man sich die Evolution der Spieleentwicklung erst einmal freispielen muss, wird einem die dünne Handlung erst nach den ersten paar Spielminuten offenbart. Diese entpuppt sich aber ohnehin nur als lieblose Textbox, wo irgendwas von einer bösen Macht gefaselt wird, welche die Spielwelt Evolandia bedroht und unser namenloser Held einer der wenigen verbliebenen Drachenritter ist, der dazu bestimmt ist die Welt zu retten und bla bla bla. Aber da es ja um die Evolution geht, entwickelt sich die Handlung eventuell zu etwas interessanteren weiter, richtig? Ähm leider nein. Zwar bekommt unser Held später einen Namen (oder man darf selber einen Namen eingeben) und wir erhalten ein weiteres Gruppenmitglied (die obligatorische Weißmagierin), doch wirklich interessant wird die Story nie. Stattdessen verstrickt man sich in Anspielungen auf große Serien wie Final Fantasy, Legend of Zelda, Secret of Mana oder Dragon Quest. Verdammt, sogar einige Gegner aus Super Mario müssen hier ihren Kopf hinhalten. So etwas kann witzig sein, muss aber nicht. Ich persönlich empfand das Sammelsurium an Anspielungen (vor allem Final Fantasy VII muss regelmäßig herhalten) auf Dauer jedenfalls sehr nervig und öde.

Die Krönung des Ganzen ist jedoch, dass selbst ein vernünftiges Ending quasi nicht existiert. Mehr als eine Siegespose des Helden bekommt man jedenfalls nicht zu sehen, bevor die Credits abgespult werden. Dabei sind doch gerade brauchbare Endsequenzen eine der großen Vorzüge von Rollenspielen und Zelda-Titeln! Hier geht der Witz also definitiv nach hinten los.

Weder Fisch noch Fleisch

Evoland ist ein Mischmasch aus drei verschiedenen Spielkonzepten. Primär wechselt der Spielablauf zwischen einem Top-Down Action-Adventure im Zelda-Stil und einem rundenbasiertem Retro-JRPG á la Final Fantasy. Im letzten Spieldrittel gibt es dann auch noch einen kurzen Dungeon, wo das Hack’n’Slay- und Loot-Spielprinzip eines Diablo-Titels persifliert wird. Jedoch kann keinem der großen Vorbilder das Wasser gereicht werden, aber dazu gleich mehr.

Auswählbare Schwierigkeitsgrade gibt es nicht, man kann also direkt ins Spiel einsteigen. Auch die Tastatur-Steuerung ist genretypisch unkompliziert und schnell begriffen. Außerdem wird sie einem sehr clever durch das Evolutions-Konzept vermittelt. Gerade zu Beginn ist es nämlich das primäre Ziel die Spielwelt an sich durch das öffnen von Schatztruhen weiterzuentwickeln. So kann man zu Beginn nur in eine Richtung laufen. Dies ändert sich jedoch recht bald und ehe man sich versieht, öffnet sich die Spielwelt immer weiter. Neben der Fortbewegung in alle Richtungen werden durch die Schatztruhen auch Dinge wie Gegner, Hinweisschilder, NPC’s, Dörfer und sogar bessere Grafik sowie der Soundtrack freigeschaltet. Der erste Spielabschnitt gestaltet sich dabei als Top-Down Action-Adventure, wo man in Echtzeit Gegner bekämpft. Hierzu erhält man zunächst einmal ein Schwert. Später kommen jedoch noch Bomben sowie Pfeil und Bogen hinzu. Letztere Beiden dienen aber in erster Linie zum lösen einiger Rätsel. So werden rissige Wände mit Bomben weggesprengt oder Schalter die außer Reichweite liegen mit Pfeilen betätigt. In späteren Spielabschnitten lauern neben stärkeren Gegnern freilich auch einige Fallenmechanismen und eine witzige Zeitreise-Mechanik, mit derer zwischen 2D- und 3D-Grafik gewechselt wird, um an einigen Hindernissen vorbeizukommen. Es macht schon Spaß, erreicht aber bei weitem nicht den Komplexitätsgrad eines vollwertigen Top-Down Action-Adventures.

Sobald man das erste Gebiet gemeistert hat, findet man sich auf der Weltkarte wieder, wo man freilich zunächst einmal rundenbasierte Zufallskämpfe freischaltet. Diese sind jedoch extremst simpel gehalten. Mehr als Angreifen und einen Gegenstand einsetzen, kann man hier nicht. Die Weißmagierin darf immerhin noch Heilzauber einsetzen. Weitere Fähigkeiten sind rar gesät und werden auch erst sehr spät im Spiel freigeschaltet, denn Erfahrungspunkte und Level-Ups (die man auch erst einmal freischalten muss) erhöhen lediglich die Statistikwerte. Levelgrinding kann man sich übrigens sparen, denn der einzige Bosskampf, für den dieses notwendig scheint, ist ein Fake-Kampf, den man sowieso verlieren muss, um im Spiel voranzukommen. Wenn man kämpft, dann vorrangig, um sich genügend Geld für die kümmerliche Auswahl bei den Händlern zusammenzusparen. Dementsprechend irritiert auch die unangenehm hohe Zufallskampfrate, die somit doppelt unnötig scheint. Unnötig ist weiterhin das doofe Speichersystem. Ihr ahnt es schon, es wird nur ein Saveslot angeboten, der wieder gelöscht wird, wenn man ein neues Spiel speichert. Ferner muss man seinen virtuellen Hintern zu Speicherpunkten hinbewegen, um sein Spiel zu sichern (und ja, auch die Speicherpunkte müssen erst mal freigeschaltet werden). Sind die Action-Adventure-Passagen schon nichts besonderes, so wirken die JRPG-Abschnitte sogar noch flacher.

Last but not least gibt es da dann noch den oben erwähnten Hack’n’Slay-RPG-Spielabschnitt. Hier geht es freilich nur darum Gegnermassen wegzumetzeln und Loot einzusammeln. Witzigerweise sind die zahlreichen Ausrüstungsstücke, die man dabei einsammelt allesamt nutzloses Blendwerk. Dieser Abschnitt versteht sich eben als vollständige Parodie denn als ernsthaftes Gameplay-Element. Diesen Eindruck habe ich aber nicht nur von diesem kurzen Abschnitt, sondern in gewisser Weise sogar vom gesamten Spiel. Es ist halt nur eine halbgare Ansammlung von Klischees und Anspielungen, die immerhin in eine schöne Grundidee verpackt wurden. Damit ist natürlich das Konzept der Evolution gemeint, die in Evoland aufzeigt, wie sich Grafiken und Spielmechaniken über die Jahre weiterentwickelt haben. Leider beschränkt sich das Spiel dabei auf einen bestimmten Evolutionsrahmen. Man beginnt quasi im Gameboy-Zeitalter und entwickelt sich bis zur Playstation- und N64-Generation. PC-Rollenspiele und spätere Konsolen-Generationen (also alles was nach PS1 und N64 kam) bleiben jedoch außen vor. Ferner bleiben die enthaltenen Generationen extrem oberflächlich. Wer die Gameplay-Qualität eines Zelda: Ocarina of Time oder Final Fantasy VII erwartet, wird jedenfalls gewaltigst enttäuscht.

Glücklicherweise ist das Spiel vorbei, bevor es einem zu sehr auf den Keks geht. Je nachdem ob man durchrennt oder sich Zeit nimmt die Welt zu erforschen, das Kartenminispiel zu spielen (eine absolut schamlose Triple Triad-Kopie) und optionale Truhen, Dungeons und Rätsel anzugehen, wird man wohl zwischen 3 und 8 Spielstunden benötigen, um Evoland durchzuspielen. Der Schnitt liegt also bei etwa 6 Stunden Spielzeit. Objektiv betrachtet ist die Spieldauer aber absolut ungenügend, denn die entsprechenden Genres auf deren Nostalgiewelle Evoland nun einmal schwimmt, sind eben für langanhaltende Spielstunden bekannt. Für die, die sich nicht auskennen: Wir reden hier von einem Zeitrahmen zwischen 20-100 Stunden. Dagegen wirkt Evoland natürlich wie ein schlechter Scherz (und ja, das war jetzt eine billige Anspielung meinerseits).

Grafik und Sound


Die Grafik ist freilich ein enorm wichtiger Aspekt in Evoland. Zu Beginn präsentiert sich das Spiel in pixeligen Schwarz-Weiß-Grau-Farben. Aber wenig später schaltet man bereits Farbe frei, eine geringere Pixelbildung, höhere Auflösungen und Spielereien wie Mode 7. Irgendwann erhält man dann auch 3D-Grafik, welche allerdings nicht sonderlich beeindrucken kann. Später gibt’s dann sogar ein Dorf, welches in Renderbildern dargestellt wird, was freilich das grafische Highlight im Spiel darstellt. Leider hat man in diesem Dorf Pseudo-Ladezeiten eingebaut, die man nur wegbekommt, wenn man sich einen bestimmten Gegenstand beim örtlichen Händler kauft. Dieser ist freilich nicht ganz billig. Und das ist leider auch so ein Problem von Evoland: Nostalgie hin und her, aber die negativen Aspekte von Retrogames wie nervige Ladezeiten, hohe Zufallskampfraten und Speicherpunkte sind heutzutage einfach unangebracht. Aber ich schweife ab. Alles in allem kann die Grafik nicht so ganz überzeugen. Dies liegt hauptsächlich daran, dass der Löwenteil der Spielzeit in der langweiligen 3D-Grafik verbracht wird. Vor allem nach den Renderbildern in besagtem Dorf, hätte ich mir mehr davon gewünscht, doch stattdessen schwenkt das Spiel dann wieder in die mäßige 3D-Grafik zurück, schade.

Eher mittelmäßig ist auch der Soundtrack, der zwar anfangs ganz nett klingt aber eben nicht über 08/15 JRPG-Dudelmusik hinausreicht. Schlimmer ist jedoch, dass sich die paar im Spiel enthaltenen Tracks recht bald wiederholen und somit relativ schnell auf die Nerven gehen. Und na ja, mehr kann ich dazu jetzt auch nicht sagen, eine Sprachausgabe gibt es ja auch nicht. Aber immerhin läuft Evoland Bug- und Absturzfrei. Interessanterweise hat das Spiel auch eine Fortsetzung nach sich gezogen.

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