Curse Crackers: For Whom The Belle Toils REVIEW
Im Oktober 2020 lieferte der Indie-Entwickler Colorgrave mit dem Top-Down Action-Adventure „Prodigal“ einen waschechten Geheimtipp ab. Dementsprechend durfte man gespannt auf das zweite Spiel der texanischen Entwickler sein. Und man wurde nicht enttäuscht. Am 31. August 2022 wurde Curse Crackers: For Whom The Belle Toils im Steam-Shop erstveröffentlicht. In den folgenden Monaten folgten noch zwei kostenfreie Content-Updates, sowie die Krönung in Form einer Switch-Version die zuerst am 24. August 2023 im US-Raum veröffentlicht wurde. Letztere konnte man sogar in Form einer limitierten Retail-Version vorbestellen.
Bei Curse Crackers handelt es sich jedoch nicht um ein Action-Adventure, sondern um ein Jump ’n‘ Run welches versucht die coolsten Elemente aus Game Boy (Color)-Klassikern wie z.B. Wario Land, Shantae und Kirby miteinander zu vereinen. Natürlich wurden auch eigene Ideen eingebracht und eine geballte Ladung an Sagengut und sympathischen Charakteren beigefügt. Alles weitere erfahrt ihr im folgendem Review.
Auch Hüpfspiele können einen spannende Story mit komplexem Sagengut aufweisen
Zu Beginn wird uns ein kleiner Einblick in die Schöpfungsgeschichte der Spielwelt gewährt. Die kosmische Drachengöttin Armadel kreierte den Planeten Ledamra mit der Kraft von Licht. Danach formte sie aus einigen ihrer Schuppen sieben Töchter, welche Ledamra schützen und behüten sollten, während sie sich selbst schlafen legte. Besagte Töchter wiederum nutzten die Überreste der Lichtenergie um Sterbliche in ihrem Abbild zu schöpfen. Danach kam es zum blutigen Streit zwischen den sieben Mädels. Drei von denen wurden getötet, und als Mama Armadel aufwachte und den Schaden bemerkte, erkor sie ihre Tochter Colorgrave zum Sündenbock und verbannte sie samt ihrer Schöpfungen in eine Gefängnisdimension. Danach zog sich die enttäuschte Drachengöttin in die Tiefen des Weltalls zurück.
Wir übernehmen die Rolle von Belle Tones. Belle ist eine sogenannte „Ungiftet.“ Als solche werden jene Einwohner Ledamras bezeichnet, welche keine Magie in ihrem Körper tragen. Ungifted wurden erstmals nach dem Krieg der sieben Göttinnen geboren, und werden daher gerne mal schief beäugt. In ihrer Kindheit bildete Belle mit ihren Freunden Bonnie und Clyde einen kleinen Freundeskreis. Die Clique zerbrach jedoch, als Belle und Bonnie in Streit gerieten. Bonnie verschwand, Clyde zog in die Stadt Grevenfel, um seine Ausbildung zum Ritter anzutreten, und Belle trat dem örtlichen Zirkus bei, um sich zur Akrobatin ausbilden zu lassen. Eines Tages begegnete Belle der mysteriösen Lebensform Chime, welche einen ähnlich eindrucksvollen Verdauungstrakt hat wie Nintendos Kirby. Seitdem bilden die beiden ein unzertrennliches Paar.
Nachdem sie schon viele Jahre als Akrobatin verbracht hat, sehnt sich Belle nach einem neuen Lebensinhalt. Da trifft es sich gut, dass Clyde jüngst seine Ausbildung abschloss und somit endlich wieder ein gesundes Maß an Freizeit hat. Also geschwind das Date im Park mit dem Kindheitsfreund antreten und … sich den potentiellen Lover von Bonnie entführen lassen. Diese hat die letzten Jahre nämlich ebenfalls nicht untätig verbracht, und sich eine magische Sense „organisiert,“ welche ihr nekromantische Superkräfte verleiht. Das Teil ermöglicht Bonnie eine Armee skelettartige Ungeheuer zu kontrollieren, welche sie fortan auf Belle hetzt. Unsere Akrobatin wiederum hetzt Bonnie hinterher, um Clyde zu retten und die längst überfällige Aussprache mit ihrer Kindheitsfreundin zu führen. Doch Bonnie ist ein echtes Biest geworden, welche scheinbar nur noch Rache im Kopf hat. Die Sache verkompliziert sich, als auch noch einige von Colorgraves Schöpfungen aufkreuzen und weitere Probleme bereiten.
Wie schon vom vorherigen Spiel des Entwicklers gewohnt, bietet Curse Crackers zahlreiche liebevoll ausgearbeitete Charaktere und jede Menge Sagengut. Dies hilft dabei eine unerwartet komplexe Welt aufzubauen, welche jede Menge Orte und Geheimnisse anteasert, die nur darauf warten in zukünftigen Spielen entdeckt und ergründet zu werden. Obendrein spannt das Spiel sogar einen Bogen zu Prodigal. Wer sich mit Prodigal auskennt, wird sogar einigen altbekannten Charakteren begegnen. Die beiden Games finden nämlich im selben Universum statt.
Neueinsteiger braucht das jedoch nicht abzuschrecken, da die Handlung von Curse Crackers für sich selbst steht. Jedenfalls hat sich Curse Crackers den Preis für das Jump ’n‘ Run mit der besten und komplexesten Story verdient!
Auch dieses mal darf man das Spiel nach dem Ending als Open End weiterzocken, um offene Nebenquests und Bonuslevel in Angriff zu nehmen, sowie weitere Enden freizuspielen, welche auf kommende Ereignisse vorbereiten. Leider haben es die Entwickler abermals versäumt einen Codex bereitzustellen, welcher besseren Überblick über die Masse an Charakteren und Sagengut schaffen könnte. Ich hoffe die Entwickler haben diesbezüglich in kommenden Titeln endlich ein Einsehen. Schließlich ist das komplexe Sagengut ein wichtiger Aspekt dieser Spiele.
Mehr als nur ein Jump ’n‘ Run
Curse Crackers mag in erster Linie ein Jump ’n‘ Run sein, bietet aber auch Spielelemente aus den Bereichen Adventure und Exploration. Über eine frei begehbare Weltkarte kann man nicht nur die Platformer-Level anwählen, sondern auch eine Reihe friedlicher Ortschaften betreten, wie etwa Belles Haus, die Stadt Gevenfel, eine religiöse Kultstädte usw.. Dort kann man mit NPCs kommunizieren, eventuell Sidequests von eben diesen erhalten, seine gesammelten Geldmünzen für Dienstleistungen verpulvern und Sagengut-Texte lesen.
Zu Beginn steht aber noch nicht die komplette Spielwelt offen. Diese wird erst nach und nach freigeschaltet. Ein Abschnitt ist in der Regel in fünf Level unterteilt, welche man in numerischer Reihenfolge durchspielen muss, um den nächsten Abschnitt freizuschalten. Wenn man durch das Spiel hetzt und den optionalen Inhalt ignoriert, kann es passieren, dass man das Spiel dann nach 20 Levels beendet hat und das schlechte Ending kassiert. Wer die entsprechenden Kriterien erfüllt, erschließt einen fünften Abschnitt, mit fünf weiteren Levels, welche das Spiel mit einem guten Ende abschließen.
Danach kann man das Game als Open End weiterzocken und neben 25 weiteren Geheimlevels auch noch ca. ein Dutzend Sidequest-Missionen zocken. Letztere entpuppen sich in den meisten Fällen als vollwertige Level, welche jedoch im Gegensatz zu den 50 regulären Levels nur einmal pro Spieldurchgang gespielt werden können. Ein gründliches Spiel gipfelt dann mit einem besonders umfangreichen Endlevel, in welchem man einen anderen Charakter spielt, und nach dessen Abschluss man ein weiteres Ending erhält und den neuen Charakter als zusätzliche Spielfigur anwählen kann.
Was ich damit verdeutlichen will, ist, das Curse Crackers über einen sehr großen Umfang verfügt. Ich selbst habe ca. 25-30 Stunden mit dem Spiel verbracht, und dennoch noch einige offene Aufgaben hinterlassen. Letztendlich liegt es beim Spieler selbst, wie viel Inhalt er erschließen möchte. Spieler die den optionalen Inhalt ignorieren reden gerne von einer Spieldauer von ca. 3-4 Stunden, aber diese Leute haben lediglich an der Oberfläche von Curse Crackers gekratzt.
Tipp: Wer sich schwer tut die Sidequests aufzuspüren, kann im Optionsmenü einen Questmarker aktivieren.
Platformer-Spaß für jeden Geschmack
Die Spielbarkeit von Curse Crackers ist erste Sahne und wird von einer butterweichen Steuerung unterstützt. Belle kann laufen, rennen, springen, kriechen und sliden. Aus einem Slide heraus kann sie obendrein einen Weitsprung durchführen und aus der Hocke heraus höher springen. Die meisten Gegner kann man mit einem Kopfsprung erledigen. Chime ist für die Offensive jedoch die zuverlässigere Variante. Diesen kann man als Bumerang-artiges Wurfgeschoss verwenden, welcher auch von Wänden abprallt. Obendrein kann Chime auch als eine Art Trampolin genutzt werden. Ist der kleine Kerl außer Reichweite, kann man ihn per Knopfdruck jederzeit zurückbeordern.
Darüber hinaus hat man auch einen Slot für ein Nahrungsmittel oder Werkzeug. Nahrungsmittel verleihen Chime Sonderformen. So verwandelt er sich z.B. in einen Ballon, der Belle nach oben schweben lässt, oder in einen Feuerball, der entsprechende Blöcke zerbrutzeln kann. Nahrungsmittel werden nach ihrem Einsatz jedoch verbraucht, weswegen man sich auch mal Nachschub beim Händler besorgen muss. Für derartige Dinge ist es auch wichtig die Goldmünzen in den Levels einzusammeln, welche hier als Zahlungsmittel fungieren. Im regulären Spielmodus gibt es keine Extraleben oder zwingende Zeitlimits, weswegen man i.d.R. entspannt an die Sache herangehen kann.
Wer sich in der Spielwelt gut umguckt und Sidequests absolviert, erhält Zugriff auf spezielle Werkzeuge. Diese sind keine Verbrauchsgegenstände, und bleiben dauerhaft bestehen. Dank der Werkzeuge kann man dann z.B. einen Super- oder Doppelsprung ausführen, Geheimgänge erspähen oder eine mächtige Rush-Attacke lostreten. Mithilfe dieser Werkzeuge kann man auch die kniffligen Level im späteren Spielverlauf leicht zu seinen Gunsten brechen und selbst die schwierigen Speedrun-Medaillen erbeuten.
Und ja, das Spiel bietet ein Medaillen-System. Jeder Level bietet drei Challenges. Die selbsterklärende Speedrun-Challenge habe ich ja schon genannt. Dann gibt es noch den Schatzraum. Hier soll man fünf Zielscheiben in richtiger Reihenfolge zerstören, um eine Schatztruhe zu entsperren. Eine weitere Medaille kassiert man dafür, dass man entweder den Levelboss ohne Schaden bezwingt, oder den Fluch-Topf am Ende eines Levels mit Chime trifft, während sich der Topf außerhalb des Screens befindet. Die Beseitigung der Fluch-Töpfe ist nämlich das Endziel der regulären Level. Die Bossgegner wiederum sind angenehm abwechslungsreich und spaßig zu bekämpfen. Diese treten in der Regel im dritten und fünften Level eines Abschnitts auf, und werden immer von einer kleinen Zwischensequenz eingeleitet.
Natürlich bieten die Level auch zahlreiche Sammelgegenstände für Sidequests, wie etwa drei Rosen in jedem Level, Sagengut-Bücher, die mysteriösen Oathblades, versteinerte NPCs und weiteres. Es gibt sogar versteckte Levelausgänge, welche in Bonuswelten mit zusätzlichen Levels führen. Curse Crackers fordert also den Erkundungsdrang des Spielers. Glücklicherweise gibt es in der Stadt ein Badehaus, in dem man Informationen bekommt, in welchem Level noch Sachen zu entdecken sind. Und wenn man sich schon in der Stadt herumtreibt, kann man sein Glück auch in einem Karten-Minispiel versuchen.
Das Leveldesign ist gelungen. Geheimnisse liegen gut versteckt, bieten jedoch oftmals visuelle Hinweise, damit aufmerksame Spieler sie gut entdecken können. Gegner und Gummibälle werden i.d.R derart platziert, dass man mit Sprungkombos schnell durch den Level flitzen kann. Im Spielverlauf gibt es immer wieder Spielereien wie Schwimmpassagen, Kanonen (funktionieren wie die Fässer in Donkey Kong Country), Kletterseile, wegbrechende Platformen, Stachelfallen und weiteres, um den Spieler bei Laune zu halten.
Hat man das Spiel durchgespielt, schaltet man übrigens auch den Arcade-Mode frei. Dieser lässt euch die ersten 20 Level in Form eines Old-School Jump ’n‘ Run spielen. Es gibt hier also keine Weltkarte, sondern nur ein paar Händler, die man zwischen den Levels aufsuchen kann. In diesem Modus muss man sich mit Extraleben arrangieren und erhält einen Highscore-Zähler. Um Letzteren besonders stark in die Höhe zu treiben, kann man in einem Geheimraum des ersten Levels auch Multiplikatoren aktivieren, welche jedoch auch schwere Nachteile aktivieren. An dieser Stelle hätten die Entwickler noch ein Leaderboard einbauen können, um die Sache interessanter zu gestalten.
Ehrensache, dass Curse Crackers: For Whom The Belle Toils auch Achievements bietet. Diese werden aber nicht nur für das Steam-Konto gesammelt, sondern schalten innerhalb des Spiels auch alternative Farbpaletten für Belle und einige Artworks frei. Wie ihr seht, hat Curse Crackers jede Menge Inhalt zu bieten.
Grafik und Sound
Wie schon bei „Prodigal“ leistet der Entwickler auch bei Curse Crackers einen sehr guten Job den Grafikstil eines GBC-Spiels zu emulieren. Die Sprites und Farbpaletten wirken recht authentisch, und werden Game Boy-Nostalgikern einiges an Freude bereiten. Abgesehen davon bietet Curse Crackers einen großartigen Artstil. Die Charakter-Artworks, welche grundsätzlich in den Textboxen oder in Zwischensequenz-Bildern verwendet werden, versprühen unglaublich viel Charme und werten das Spiel gehörig auf. Obendrein gibt es einige echte Highlights bei den Spritegrafiken. Die Scales-Göttinnen sind jedenfalls echte Hingucker.
Unabhängig davon, haben die Entwickler endlich ihre Technik in den Griff bekommen. Prodigal litt unter einigen ärgerlichen Slowdowns. In Curse Crackers bleibt man von derartigen Problemen verschont. Im generellen ist das Spiel sehr sauber programmiert. In einem der Sidequest-Level ist mir ein Grafikglitch aufgefallen und ein anderes mal bin ich mit Bonnies Super-Verwandlungsform aus dem Screen geglitcht, aber das sind Erbsen, welche nicht ernsthaft ins Gewicht fallen. Was jedoch etwas nervt, ist das zu viele der optionalen Level unter Tage stattfinden und somit optisch etwas abwechslungsarm anmuten. Aber auch das ist kein ernstes Problem.
Auch der Soundtrack von Curse Crackers: For Whom The Belle Toils ist gelungen. Die Melodien sind schön anzuhören und passen gut zum Hüpfspiel-Gameplay. Wie schon in Prodigal gibt es auch hier einen tollen Vocal-Song für den finalen Bossgegner. Es sind solche Dinge, welche ein ohnehin schon sehr gutes Spiel zu einem erstklassigen Top-Titel machen!
Auch die Soundeffekte sind gefällig und unterstützen das Jump ’n‘ Run-Spielprinzip. Eine Sprachausgabe gibt es nicht, sollte man von einer GBC-Hommage aber auch nicht ernsthaft erwarten. Das Spiel steht nur auf englisch zur Verfügung. Entsprechende Sprachkenntnisse sind also von Vorteil.
Pro & Kontra
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- gute Story mit viel Sagengut und zahlreichen liebenswürdigen Charakteren
- hervorragende Spielbarkeit mit butterweicher Steuerung
- schöne audiovisuelle Präsentation im Stil des Game Boy Color
- sehr großer Umfang mit zahlreichen Nebenquests, Bonusräumen und Secrets
![thumbs-up-icon](https://www.gamecontrast.de/wp-content/plugins/joomdev-wp-pros-cons/assets/img/thumbs-up-icon.png)
- viel Spielinhalt ist rein optional und kann leicht verpasst oder übersehen werden
- mir sind einige kleinere Glitches untergekommen, die aber nicht wirklich ins Gewicht fallen
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