Black Mirror REVIEW
Nachdem „Black Mirror III“ im Februar 2011 die beliebte Horror-Adventure-Serie zu einem recht zufriedenstellenden Ende brachte, hatte man eigentlich nicht mehr mit einem weiteren Spiel der Reihe gerechnet. Vor allem auch nicht deshalb, weil die verantwortlichen Entwickler und Publisher von Cranberry Production und der dtp entertainment AG insolvent gingen. Jedoch wanderten die Black Mirror-Markenrechte in die Hände von KING Art (The Book of Unwritten Tales) und THQ Nordic. Diese beschlossen einen Reboot zu produzieren. Das Ergebnis nennt sich schlicht und einfach Black Mirror und wurde am 28. November 2017 nicht nur für den PC, sondern auch für die achte Konsolengeneration veröffentlicht. Das ist durchaus bemerkenswert, da die Black Mirror-Trilogie PC-exklusiv war.
Die Kritiken zum Spiel fielen jedoch eher gemischt aus. Und nachdem ich jetzt endlich die PlayStation 4-Version des Spiels durchgespielt habe, verstehe ich auch warum. Alles weitere erfahrt ihr im folgendem Test.
Blut ist nicht immer dicker als Wasser
Schottland im Jahre 1926. John Gordon flüchtet in der Nacht panisch durch die Pampa. Letztendlich erreicht er einen Steinkreis samt Opferaltar und schmiert mit seinem Blut eine Rune auf den Altar, bevor er einen Zettel verschluckt. Danach zündet er sich mit seiner eigenen Öllampe an, um durch diesen Selbstmord zu verhindern seinem unbekannten Häscher in die Hände zu fallen, der kurz darauf eintrifft.
Nun da Johnny tot ist, fällt das Erbe des „Sgathan Dubh“-Anwesens bzw. von Schloss Black Mirror an seinen Sohn David Gordon. Dieser verbrachte sein bisheriges Leben in Indien, da seine schottischen Verwandten einen sehr schlechten Ruf bei seinen Eltern hatten bzw. haben. Vor allem sein verstorbener Großvater Edward soll ein wirklich übler Mensch gewesen sein. Obwohl David bereit ist, sich seinen eigenen Eindruck von seiner Sippschaft zu machen und sich höflich verhält, begegnen ihm seine Großmutter Margaret Gordon und deren treuer Butler Angus McKinnon mit spürbarer Abneigung. Und auch die restlichen Anwesenden in Form des windigen Anwalts Andrew Harrison, des arg schreckhaften Hausmädchens Ailsa Crannan, des gruseligen Gärtners Rory Johnstone und des verzogenen Cousins Eddie Malorie sind alles andere als vertrauenserweckend.
Und dann ist da ja noch das Mysterium um den Selbstmord seines Vaters John. David will herausfinden, was seinen altern Herrn zu dieser Tat getrieben hat und begibt sich auf Spurensuche. Es dauert nicht lange, bis er erste Begegnungen mit übernatürlichen Mächten macht. Geisterhafte Visionen der Vergangenheit suchen David heim und drohen den jungen Mann in den Wahnsinn zu treiben. Welche finsteren Geheimnisse hat das Black Mirror-Anwesen und die Gordon-Familie zu verbergen?
Die Handlung von Black Mirror ist nicht schlecht, kann aber auch nicht so recht fesseln. Ich denke ein Problem hierbei ist, dass das Spiel zu sehr versucht ein Kammerspiel zu sein, was bei einem Videospiel halt nicht so gut funktioniert. Darüber hinaus wirkt die Story ein wenig löchrig und viel zu gehetzt. Die Charaktere bekommen nicht viel Zeit sich vernünftig zu etablieren oder gar zu entfalten. Und das ist bei einem Spiel, welches sich in erster Linie auf die Charaktere stützt, ein großes Problem. Obendrein kann die dunkle Kammerspiel-Atmosphäre des Reboots weder mit dem tollen Poe-Gruselfaktor des Originals mithalten, noch die emotionale Thriller-Spannung von Teil II oder III erreichen.
Positiv ist hingegen, dass die Geschichte abgeschlossen ist und den Spieler nicht mit einem Cliffhanger oder einem unbefriedigenden Ende zurücklässt. Trotzdem hatte ich mit den Stories der Vorgänger wesentlich mehr Freude, als mit dem schummrigen Kammerspiel des Reboots.
Weder Fisch noch Fleisch
Mit Black Mirror versucht sich KING Art vom typischen Point & Click-Adventure loszulösen und sich eher der cineastischen Ausprägung des Adventure-Genres zuzuwenden, welche durch die Telltale-Spiele salonfähig gemacht wurde. Allerdings hat sich das Bremer Entwicklerstudio nicht getraut diesen Schritt zuende zu führen, denn im Vergleich zu anderen cineastischen Adventures fordert Black Mirror immer noch das knacken einiger handfester Rätselnüsse sowie Erkundungsarbeit. Für Fans cineastischer Adventures könnte das Spiel somit zu mühselig werden, während Freunde traditioneller Point & Click-Adventures die mangelnde Quantität und den zu niedrigen Schwierigkeitsgrad der Rätsel kritisieren werden. Simpel ausgedrückt: Black Mirror ist weder Fisch noch Fleisch, und wird mit seiner unentschlossenen Ausrichtung auf wenig Gegenliebe stoßen.
Aber nun gut. Ihr steuert David mit direkter Steuerung durch eine 3D-Umgebung. Eine Point & Click-Steuerung gibt es hier nicht. Hotspots werden automatisch angezeigt, sobald man sich in deren Nähe befindet. Gefundene Gegenstände und Dokumente kann man in einem unbequem zu handhabenden Inventar näher begutachten. Inventarrätsel sind jedoch nur sporadisch verhanden und es ist ohnehin fast immer offensichtlich, was man mit den Gegenständen anfangen soll. Als anspruchsvoller gestalten sich da die Puzzlemechanismen sowie die Code- und Symbolrätsel, welche auch tatsächlich die Aktivierung der grauen Zellen anregen. Diese tauchen jedoch hauptsächlich in der Anfangsphase des Spiels auf und stehen daher nicht exemplarisch für die späteren Spielstunden.
Die Spielwelt fällt sehr übersichtlich aus. Das Schloss ist nicht wirklich groß, und der Gartenbereich sogar noch kleiner. Gegen Ende des Spiels gibt es noch zwei weitere Gebiete, welche aber ebenfalls ziemlich übersichtlich ausfallen. Daher sollte man auch keine lange Spieldauer erwarten. Ich selbst habe nur ca. 7 Stunden benötigt, um das in fünf Kapitel untergliederte Adventure zu lösen – und das auch nur, weil ich mich an einem Rätsel festgebissen hatte, dass ich zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht lösen konnte (was vom Spiel auch nicht kommuniziert wurde).
Seltsamerweise nutzt Black Mirror feste Kameraperspektiven, ähnlich wie in einem Retro-Survival-Horror-Game. Man kann zwar die Kamera bis zu einem gewissen Grad hin und herschwenken, und sie fährt bei größeren Arealen auch mit, aber eine vernünftige Übersicht mit frei drehbarer Kamera, wie sie bei einem 3D-Spiel angebracht wäre, gibt es hier nicht. Erschwerend kommt hinzu, dass sich die Bewegungssteuerung etwas schwammig anfühlt. Fast möchte man meinen, das Game wäre tatsächlich als Survival-Horror-Titel konzipiert worden, und nicht als Adventure. Bei solch einem Spiel würden die eben genannten Einschränkungen dann ja auch Sinn machen.
Allerdings bietet Black Mirror keine Kämpfe. Na ja, eigentlich doch, jedoch werden diese und andere Krisensituationen in Form von Quicktime-Events abgewickelt. Also rechtzeitig das richtige Knöpfen drücken, Buttonmashing und so. Der Schwierigkeitsgrad dieser Events ist aber sehr niedrig, also keine Panik. Ich selbst bin jedenfalls bei keinem von denen gescheitert. Vielleicht kann man ja auch gar nicht scheitern? Das Geschicklichkeits-Minigame zur Beruhigung von Davids Nervenkostüm ist da schon lästiger, aber hier scheint es keine negativen Konsequenzen beim scheitern zu geben (abgesehen von einigen verpassten Achievements).
Ganz anders sieht es hingegen bei den Visionen aus. David muss hier einen Tathergang nachvollziehen, welcher in einer Endlosschleife von einigen Geistern der Vergangenheit vorgeführt wird. David muss nah ran, um alle Hotspots im rechten Moment anzuklicken und somit die Info zu erhalten. Das Problem ist nur, dass die Geister auf David aufmerksam werden, wenn dieser zu lange in deren Nähe verweilt. Geschieht dies, ermorden sie David, und man muss es noch mal versuchen. Diese Visions-Passagen sind äußerst lästig und tragen im Grunde auch nicht wirklich etwas dazu bei das Gameplay zu bereichern. Ich habe den Eindruck, man wollte unbedingt tödliche Situationen implementieren, weil es sie halt auch in der Original-Trilogie gab. Ganz schwach KING Art.
Aufmerksame Spieler können Fototeile einsammeln, um Artworks der Charaktere freizuschalten, welche man im Extra-Unterpunkt des Titelmenüs finden kann. Dort schaltet man mit fortschreitenden Spielfortschritt auch drei „Zerrissenes Foto“-Puzzles frei. Ist nichts tolles, aber immerhin etwas. Innerhalb des eigentlichen Spiels gibt es auch zwei, drei optionale Rätselchen, deren Lösung mit einigen Achievements belohnt wird.
Grafik und Sound
Grafisch ist das Spiel auf den ersten Blick ganz nett gelungen. Das Black Mirror-Schloss wurde liebevoll und detailliert gestaltet. Jedoch findet der Großteil des Spiels in starker Finsternis statt, weswegen man oftmals gar nicht viel zu gucken hat. Böse Zungen mögen behaupten, dass diese Maßnahme dazu dient, die veraltete Grafik zu kaschieren. Denn Black Mirror sieht dann doch eher wie ein Spiel der 7ten und nicht der 8ten Konsolengeneration aus.
Angesichts dessen sind die häufigen und langen Ladezeiten besonders unverständlich und ärgerlich. Auch die Technik wackelt. Es gibt hin und wieder einen derben Lagging-Aussetzer, welcher die Immersion zerstört. Auch gab es bei mir zwei mal einen Crash während des Ladevorgangs. Vier mal musste ich einen Spielstand laden, weil die Wegfindungsroutine versagte und David an einem Umgebungsobjekt verkeilte, während er zu einem angewählten Hotspot schlurfte. In technischer Hinsicht ist Black Mirror also bemerkenswert marode.
Obendrein stört mich, dass die Charaktermodelle ein wenig zu sehr nach Wachsfiguren aussehen. Vielleicht haben die Macher versucht sich den Comic-Stilen der Telltale-Games anzubiedern, ohne sich darüber Gedanken zu machen, ob so etwas überhaupt auch zu ihrem Gruselspiel passt. Entweder das, oder das offensichtlich niedrige Budget hat nicht für realistischere Charaktermodelle gereicht.
Bezüglich des Soundtracks gibt es nicht viel zu sagen. Der OST setzt sich hauptsächlich aus bedrohlichen Ambientstücken zusammen. Hier und da gibt es auch ein bisschen generische Abenteuermusik zu hören. Wirklich erinnerungswürdig ist nur der schöne Ending-Creditssong, welcher in Gälisch vorgetragen wird.
Die deutsche Sprachausgabe ist gelungen und braucht sich nicht zu verstecken. Es gibt jedoch eine Stelle im Spiel, wo versäumt wurde einen Text des Charakters Eddie Malorie zu synchronisieren. Dieser wird dann in englischer Sprache vorgetragen, was äußerst irritiert. Solch einen grober Schnitzer sollte man sich schon verkneifen.
Pro & Kontra
- es gibt einige nette Code- und Symbolpuzzle in der Anfangsphase des Spiels
- abgeschlossene Handlung mit relativ befriedigendem Ende
- schöner Ending-Creditssong und gute deutsche Sprachausgabe
- schlechte Technik in Form von Lagging, verbuggter Wegfindungsroutine und Ladescreen-Crashes
- lange und häufige Ladezeiten
- Grafisch auf dem Niveau der 7. Konsolengeneration, es ist jedoch ein Titel der 8. Generation
- wirrer Mix aus cineastischen und klassischem Adventure
- die Handlung im Kammerspiel-Stil kann nicht mit der Original-Trilogie mithalten