Beneath a Steel Sky REVIEW
Das ursprünglich im März 1994 veröffentlichte Cyberpunk Point & Click-Adventure Beneath a Steel Sky ist bereits das zweite Spiel vom britischen Entwicklerstudio Revolution Software (Baphomets Fluch-Reihe). Das Spiel hat seinerzeit viel Lob geerntet und konnte dank der Mitwirkung des Comic-Zeichners Dave Gibbons (Watchmen, Green Lantern) zusätzliche Aufmerksamkeit einheimsen.
Im August 2003 wurde das Spiel von Revolution Software als Freeware freigegeben, weswegen man das Spiel dieser Tage kostenlos über Platformen wie GoG und Steam beziehen kann.
Da das Spiel inzwischen auch schon eine Remastered-Version (exklusiv für App Store) und sogar eine Fortsetzung (Beyond a Steel Sky) nach sich zog, beschloss ich mal eine Wissenlücke zu füllen und diesen Klassiker nachzuholen. Ob sich das für mich gelohnt hat oder nicht, erfahrt ihr im folgendem Test.
Er überlebte zwei Hubschrauberabstürze, und jetzt will er Rache!
Wir befinden uns in einer dystopischen Zukunftsversion der Erde. In Australien gibt es die riesige Stadt Union City. Die Mutter des kleinen Robert versucht aus unbekannten Gründen aus der Stadt zu flüchten, jedoch stürzt der Helikopter der Beiden im australischen Outback (wird hier „The Gap“ genannt) ab. Robert ist der einzige der den Crash überlebt, und hat sogar zusätzliches Glück im Unglück, denn er wird von einer Gruppe Ödländer unter der Führung eines gutherzigen Aborigines-Schamanen adoptiert und großgezogen. Als er volljährig wird, gibt ihm sein Stamm den Nachnamen Foster, obendrein entdeckt er, dass er ein Händchen für Roboter-Technologie hat. Es gelingt ihm sogar einen kleinen Roboter-Kumpel namens Joey zusammenzubasteln.
Sein Leben wird jedoch von den düsteren Weissagungen seines Stiefvaters überschattet. Der alte Schamane prophezeiht, dass unter Union City ein großes Übel lauert, welches es auf Robert abgesehen hat und eines Tages kommen wird, den jungen Mann zu holen. Selbstverständlich bewahrheiten sich die Visionen des Aborigines, als ein Militär-Hubschrauber mit einer Gruppe gewaltbereiter Security-Kräfte aus Union City eintrudelt und mit einem Blutbad droht, falls Robert nicht ausgeliefert wird. Um seinen Stamm zu schützen liefert sich unser Held freiwillig aus, jedoch ist sein Opfer umsonst, denn die Securitys begehen Massenmord an Fosters Stamm, indem sie eine Bombe zünden. Außer sich vor Zorn schwört Robert Foster diese Bluttat zu rächen. Wider Erwarten steht das Glück abermals auf seiner Seite, denn der Hubschrauber hat kurz vor dem Ziel einen Systemausfall und schmiert in der Nähe der Security-Zentrale von Union City ab. Foster überlebt unverletzt und hat jetzt die Möglichkeit sich an seinen Peinigern zu rächen – vorausgesetzt es gelingt ihm vor den Securitys zu fliehen und das Geheimnis des ominösen „Bösen“ unterhalb Union Citys aufzudecken.
Die Story von Beneath a Steel Sky beginnt also sehr stark. Man bekommt nicht nur eine starke Motivation mit auf den Weg, sondern auch einen gestählten Protagonisten. Robert Foster ist eben kein dahergelaufener Schmock der meint er wäre der nächste Indiana Jones, sondern ein physisch und psychisch gestärkter Ödländer, dem man das Überwinden des bevorstehenden Abenteuers auch zutraut – da können sich andere Adventure-Schöpfer ein paar dicke Scheiben abschneiden.
Interessanterweise verzichtete Revolution Software auf eine allzu düstere Umsetzung der ernsthaften Story. NPC-Dialoge laufen oftmals sehr humorvoll ab und verschaffen dem Spieler viele Schmunzler. Und vor allem auch die Kabbeleien zwischen Robert und seinem Robo-Kumpel Joey verleihen dem Spiel sehr viel Charme. Man braucht sich deswegen aber auch keine Sorgen machen, dass gewisse unbequeme Themen die im Cyberpunk-Genre gerne zur Sprache kommen unter den Tisch fallen. Ich denke die Entwickler haben hier eine relativ gute Balance zwischen Ernsthaftigkeit und Humor gefunden. Dieser Mix mag zwar nicht perfekt sein, war für damalige Verhältnisse aber noch sehr frisch.
Abgesehen von der Trägheit und dem Pixelhunting erstaunlich gut gealtert!
Spieltechnisch ist Beneath ein ganz gewöhnliches Point & Click-Adventure. Ihr dirigiert Robert mit Mausklicks durch die recht überschaubare Spielwelt, untersucht Hotspots, redet mit NPCs, sammelt Gegenstände, kombiniert diese eventuell untereinander und nutzt sie, um Problemstellungen zu lösen. Was das Kombinieren von Gegenständen anbelangt, möchte ich aber gleich gesagt haben, dass dies nur sehr selten notwendig ist. Die Häufigkeit, wie man so etwas durchführen muss, kann man an einer Hand abzählen.
Was die Steuerung anbelangt irritiert Beneath mit vertauschten Funktionen der Maustasten. Normalerweise nutzt man die linke Taste um zu interagieren und die Rechte um etwas zu betrachten. Nun, in diesem Spiel ist es genau andersherum. Ernsthafte Schwachpunkte sind hingegen die Abstinenz von Doppelklick-Funktionen und Hotspotanzeige. Da Beneath mit Backtracking arbeitet (die Spielwelt ist wie gesagt sehr klein), wird es mit der Zeit verdammt nervig Robert beim trägen hin- und herschlurfen zuzuschauen. Gefühlte 1-2 meiner insgesamt 8,5 Spielstunden gingen wohl für das Gelatsche drauf.
Auch das Pixelhunting kann Probleme verursachen, da es eben durchaus mal vorkommen kann, dass man genau hingucken muss, damit man nichts verpasst und in einer Sackgasse landet. Dies ist dann aber auch das größte Problem hinsichtlich Schwierigkeitsgrad, denn eigentlich fällt eben dieser in Beneath überraschend vernünftig aus. Ich selbst musste z.B. nur an einer einzigen Stelle eine Komplettlösung zu rate ziehen, was bei so einem alten Spiel echt nicht viel ist. Natürlich hatte ich aber auch etwas Glück beim Pixelhunting. Trotzdem ist das Spiel hinsichtlich Schwierigkeitsgrad recht freundlich.
Als herausstechende Merkmale bietet das Spiel nur zwei kleinere Dinge. Da wir uns in einer Cyberpunk-Welt bewegen, sollte es nicht verwundern, dass wir im späteren Spielverlauf einer virtuellen Cyber-Welt einen Besuch abstatten. Diese spielt sich aber ebenfalls wie ein reguläres Point & Click-Adventure und bedarf daher keiner näheren Erläuterung. Cool ist sie aber dennoch.
Das zweite Merkmal ist Joey, welcher uns als Gefährte über ca. die Hälfte der Spielzeit begleiten wird. Durch Dialoge mit Joey kann man diesem manchmal Anweisungen geben, um Probleme zu lösen. Wirklich neu ist dieses Gefährten-System aber nicht, denn bereits in ihrem ersten Spiel „Lure of the Temptress“ hat Revolution Software dieses Feature eingeführt. In Beneath hat man das Konzept jedoch etwas erweitert, indem man Joey im Spielverlauf auch mal neue Robo-Körper beschaffen muss, welche dann sogar Joeys Persönlichkeit beeinflussen. Diese Liebe zum Detail ist schon was feines!
Grafik und Sound
Zeit zu den großen Schwachpunkten von Beneath zu kommen. Zwar überzeugt das Spiel mit einem sehr coolen Intro-Comic von Dave Gibbons, aber die eigentliche Spielgrafik fällt eher langweilig aus. Zunächst nervt die triste Farbpalette, welche natürlich auch dem Cyberpunk-Setting geschuldet ist. Aber auch wenn man diesen Aspekt mit einbezieht kann die Grafik nie so recht überzeugen. Weder Detailreichtum, Animationsqualität oder die Charaktersprites können vom Hocker reißen. Es wirkt alles recht mittelmäßig und unambitioniert. Ältere Titel wie Gabriel Knight oder Monkey Island haben da so viel mehr zu bieten, dass man hier echt nichts schönreden muss.
Leider wirds beim Soundtrack nicht besser – im Gegenteil! Beneath fährt einen der unpassendsten OSTs auf, die ich jemals erlebt habe! Die in grafischer Hinsicht düstere Cyberpunk-Stimmung wird vom Soundtrack regelrecht sabotiert. Dieser erinnert häufig an Kirmesmusik und dergleichen, aber bestimmt nicht an eine düstere Zukunftsvision!
Die, für damalige Verhältnisse, gelungene englische Sprachausgabe kann diesen groben Mangel dann auch nur teilweise ausgleichen. Etwas befremdlich ist auch die Tatsache, dass viele Sprecher mit einem britischen Akzent daherkommen, obwohl das Spiel ja eigentlich in Australien stattfindet. Aber das ist verständlich, da es sich schließlich um eine britische Produktion handelt, und muss daher nicht auf die Goldwaage gelegt werden.
Pro & Kontra
- ist mittlerweile kostenlos
- spannendes Comic-Intro von Dave Gibbons
- routiniertes, solides Adventure-Gameplay mit überraschend fairem Schwierigkeitsgrad
- gute Sprachausgabe und humorvolle Dialoge
- grausig unpassender OST
- mittelmäßige Grafik
- träger Spielablauf, da Doppelklick-Abkürzungen für die Backtracking-Passagen fehlen
- keine Hotspotanzeige (war damals aber auch noch nicht etabliert)