Wario Land 2 REVIEW
Wie einige von euch vielleicht wissen, ist Wario Land – Super Mario Land 3 für mich das beste Game Boy-Spiel überhaupt. Dementsprechend war ich seinerzeit natürlich ganz aus dem Häuschen, als ich das erste Mal von Wario Land 2 in einer Club Nintendo-Ausgabe gelesen habe. Für mich war klar: „Das Spiel muss ich haben!“ Also schnell die 70 DM (ca. 35 €, ja so teuer waren Game Boy-Spiele damals) zusammen gespart und ins nächstgelegene Kaufhaus marschiert. Ob sich die Euphorie ausgezahlt hat wollen wir in folgendem Review ergründen.
Die Handlung ist eine direkte Fortsetzung von Wario Land – Super Mario Land 3. Dort gelang es Wario die Pirateninsel von Captain Syrup und ihrer Zuckerrohr-Piratenbande zu stürmen. Sein Ziel war die Erbeutung der goldenen Prinzessin Toadstool-Statue, die zuvor von den Piraten geraubt wurde. Mit dem Erlös seines Raubzugs erhoffte sich Wario endlich den Traum vom Eigenheim in Form eines prächtigen Schlosses zu erfüllen. Kurz vorm Ziel tauchte jedoch Mario im Heli auf und schnappte sich die Statue direkt unter Warios dicker Kartoffelnase weg. Zum Glück blieben Wario noch die erbeuteten Golddublonen und Schätze der Piraten. Mit deren Hilfe gelang es Wario Captain Syrup’s Flaschengeist davon zu „überzeugen“ ein wunderschönes Schloss herbeizuzaubern. Seitdem ist Wario der Herrscher über die Insel und die Piraten mussten Leine ziehen. Doch richtige Piraten lassen sich nicht einfach so ausplündern. In Wario Land 2 setzt Captain Syrup zum Rachefeldzug an. Sie lässt Warios Schloss stürmen und unter Wasser setzen. Ferner lässt sie Warios Ersparnisse mitgehen. Ab jetzt liegt’s an Wario den Piraten und seinen Reichtümern hinterherzujagen und Syrup ein weiteres Mal in den Hintern zu treten!
Seine Wut macht ihn unsterblich!
Der Clou von Wario Land 2 ist die Grundidee, dass der ohnehin schon robuste Wario unsterblich ist. Ein eingesteckter Treffer verursacht entweder den Verlust einiger Goldmünzen, eine mehr oder wenige lästige Zustandsveränderung oder, im Falle der Bosskämpfe, etwas nerviges Backtracking. Ein klassisches Game Over oder ein Zeitlimit sucht man hier vergebens.
Die Zielvorgaben in den insgesamt 51 Levels sind dabei durchaus variabel. Natürlich geht’s oftmals nur darum den Ausgang aus dem Level zu erreichen oder einen Boss zu schlagen, aber hin und wieder muss auch mal was interessanteres vollbracht werden, wie ein Hühnchen in sein Nest zurückzubeordern, einen großen Korken zu zerschmettern oder einen riesigen „Spearman“ aufzuspüren und zu erledigen. Manche Level bieten auch zwei Lösungsmöglichkeiten bzw. Levelausgänge, wodurch Wario völlig neue Level- und Storystränge erschließen kann. Ähnlich wie der Vorgänger bietet nämlich auch Wario Land 2 sechs verschiedene Endings. Hat man ein Ending erreicht, wird die Level- und Schatzkarte zugänglich gemacht, von der aus man jeden bereits absolvierten Level anwählen kann, um die alternativen Routen in Angriff zu nehmen oder verpasste Schätze aus bereits abgeschlossenen Levels nachzusammeln.
Abgesehen von der Jagd nach den räuberischen Piraten geht’s natürlich auch hier wieder darum jede Menge Gold und Schätze einzusacken. Neben zahlreichen Geheimräumen und -nischen voller Golddublonen bietet jeder Level zwei Minispiele: Innerhalb jedes Level gibt es eine Tür zu finden, die das „Schatzsuche“-Minispiel offenbart. Hier geht’s darum eine Art Memory-Light zu gewinnen, indem man aus acht Gegnerkarten die richtige Karte wählt, welche einem natürlich kurz zuvor vorgelegt wird. Je nachdem welchen Schwierigkeitsgrad man ausgewählt hat, desto mehr Zeit hat man sich die aufgedeckten Karten einzuprägen um anschließend die hoffentlich korrekte Wahl zu treffen. Je nach Schwierigkeitsgrad umfasst das Zeitfenster ca. 0,5 bis 2 Sekunden. Aber je niedriger der gewählte Schwierigkeitsgrad ausfällt, desto mehr Dublonen muss man blechen (Leicht: 200, Mittel: 100, Schwer: 50). Gelingt die „Schatzsuche“ bekommt man ein Schatzitem für Warios Sammlung zur Belohnung.
Das zweite Minigame erfolgt zum Levelabschluss. Im „Nummernspiel“ muss man eine Ziffer von 0-9 erraten, indem man nach und nach ein in 3×3 angeordnetes Karoraster offenlegt. Der Haken ist jedoch, dass jedes offengelegte Feld 50 Golddublonen kostet. Es stellt sich also die Frage, ob man viel Gold ausgibt um auf Nummer sicher zu gehen, oder frühzeitig antwortet, dabei aber auch das Risiko einer Falschantwort eingeht. Gewinnt man bekommt man einen kleinen Teil von Captain Syrup’s Schatzkarte. Eigentlicher Sinn dieser Minispiele ist es übrigens den finalen 51ten Level sowie das Game & Watch-Bonusspiel „Flagman D-D“ freizuschalten.
Unsterblich und kräftig, aber nicht unverwundbar
Warios Movepalette kann sich wirklich sehen lassen! Allen voran ist Wario natürlich abermals ein Meister des „Rippentriller,“ eine brutale Rempelattacke um Feinde und lästige Blöcke zu zerschmettern. Ebenso brutal ist die „Stampfattacke,“ die denselben nützliche Effekt auf Gegner, Blöcke und brüchige Böden hat. Ein regulärer Sprung aufs feindliche Haupt setzt diesen kurzfristig außer Gefecht, damit er anschließend von Wario als Wurfgeschoss missbraucht wird – oder schlimmeres. Recht nützlich, da einige Blöcke nur durch geworfene Gegner zerdeppert werden können. Neben eher regulären Fähigkeiten wie Schwimmen, Ducken (inkl. der Möglichkeit geduckt zu gehen) und Springen (inkl. der Fähigkeit des „Supersprungs“ per Sprung auf den Kopf eines Gegners) beherrscht Wario nun auch die sogenannte „Rollattacke.“ Duckt sich Wario auf einer schrägen Ebene rollt er mit hoher Geschwindigkeit ab und zerbröselt auf seinem Weg jeden Gegner und Block, zumindest solange bis er gegen eine Wand donnert. Wario kann während des Rollens sogar springen! Manchmal findet Wario in den Levels auch eine Eule mit deren Hilfe er fliegen kann. Egal was man so treibt, die Steuerung arbeitet stets unkompliziert und flüssig.
Nichtsdestotrotz muss Wario trotz seiner Unsterblichkeit und Fähigkeiten so einiges Wegstecken. Bestimmte Gegnertypen haben die Möglichkeit Wario mit einer Zustandsveränderung zu belegen. Diese können sowohl nützliche als auch hinderliche Auswirkungen mit sich bringen. Also schauen wir uns die insgesamt neun Zustände mal etwas näher an:
- Flunder Wario: Wird Wario von einem schweren Gewicht oder Felsblock zerquetscht, ist es ihm möglich durch manch schmale Lücke zu kriechen, die sonst unpassierbar wäre. Außerdem ist Wario als Flunder so leicht, dass er einer Feder gleich durch die Luft gleitet. Mithilfe einer Fledermaus oder Wassertropfen kann man diesen Zustand regenerieren.
- Dicker Wario: Die kleinen Maulwurfs-Smutjes der Zuckerrohr-Piraten füttern Wario gerne mit Kuchen um ihn in einen langsamen Fettsack mit stark eingeschränkten Sprungkräften zu verwandeln. Was sie nicht ahnen konnten, ist, dass sie Wario dadurch unbezwingbar machen. Feinde werden einfach umgelatscht. Außerdem ist der Dicke Wario die einzige Möglichkeit die mächtigen Granitblöcke zu zertrampeln und somit in ansonsten unerreichbare Bereiche vorzudringen. Mit genügend Bewegung regeneriert sich Wario von ganz alleine von diesem Zustand.
- Feuriger Wario: Kleine Feuerechsen versuchen Warios Hosenboden in Brand zu stecken. Geschieht dies rennt Wario panisch durch die Gegend bis er sich in eine menschliche Flamme verwandelt. Der Vorteil ergibt sich daraus, dass Feuer Wario nicht nur seine Feinde, sondern auch ansonsten unzerstörbare Flammenblöcke zerbrutzeln kann. Dieser Zustand regeneriert sich mit der Zeit von selbst. Alternativ kann man auch ins Wasser springen.
- Torkel Wario: Pinguine scheinen gerne Bowling zu spielen. Noch lieber benutzen sie die schweren Kugeln jedoch um Wario abzuwerfen. Gelingt denen das, so torkelt unser Antiheld benommen und schwer kontrollierbar durch die Gegend – und zwar solange bis er sich ne Erfrischung im kühlen Nass gönnt.
- Zombie Wario: Untote wie Nosferatu-Vampire oder Geister verwandeln Wario gerne in einen langsam schlurfenden Zombie, der zwar seine Gegner unbeeindruckt weghaut aber nicht springen kann. Der Zombie ist weiterhin so wacklig auf den Beinen, dass er durch dünne Plattformen plumpst. Eine Berührung mit Lichtstrahlen reicht aus um Wario ins Reich der Lebenden zurückzuholen. Und manch einer macht sich sorgen über eine Zombie-Apokalypse?
- Dickkopf Wario: Von einer Wespe gestochen schwillt Warios Kopf zu einer Art Luftballon an, wodurch er unaufhörlich nach oben steigt bis er an eine Decke stößt. Kann helfen an unerreichbare Orte zu gelangen, ist abgesehen davon aber nur lästig.
- Mini Wario: Was passiert, wenn man zwei Spearman als Magier verkleidet und ihnen nen Schrumpf-Zauberstab in die Hand drückt? Sie verwandeln Wario in seine jämmerliche Mini-Form! Immerhin ist unser Raufbold nun flink genug um durch enge Gänge zu wuseln. Eine Berührung mit Wasser heilt den Zauberfluch.
- Feder Wario: Von einem fiesen Gorilla-Piraten mit einem schweren Hammer traktiert zu werden ist sicherlich eine unangenehme Erfahrung, zieht aber auch den Vorteil nach sich, dass Wario in seiner Sprungfeder-Form an normalerweise unerreichbare Bereiche gelangt. Dieser Zustand regeneriert sich mit der Zeit von selbst.
- Gefrorener Wario: In eine ungemütliche Eiskruste eingehüllt schlittert Wario unaufhörlich in die entgegengesetzte Richtung bis er an eine Wand prallt und die lästige Eiskruste zerplatzt.
Ey man, wo sind meine Saveslots!
Die Jagd nach den Golddublonen überzeugt durch ein cleveres, abwechslungsreiches Leveldesign voller versteckter Geheimräume in denen zahlreiche Münzen darauf warten geplündert zu werden. So manche Passagen sind wirklich trickreich ausgefallen und verlangen sowohl Geschicklichkeit, Geduld als auch etwas Hirnschmalz ab – vor allem dann, wenn man es auf den Extracontent abgesehen hat. Die Locations sind abwechslungsreich. Warios Abenteuer führt ihn von seinem eigenen Schloss aus in finstere Höhlen, Wälder, Unterwasserruinen, eine Stadt, Fabriken und so weiter. Jeder Level erweckt den Eindruck, als ob er wieder etwas neues bieten würde. Vor allem der geheime finale Level ist wirklich fies und herausfordernd ausgefallen und wird sogar mit einem Timer ausgestattet um Speedrunner zu motivieren! Wario bewegt sich in seinem zweiten Abenteuer zudem endlich mit angemessener Geschwindigkeit voran. Die eher träge Fortbewegung aus dem Vorgänger gehört damit also der Vergangenheit an … Und dennoch kann mich Wario Land 2 nicht restlos überzeugen.
Objektiv betrachtet kann ich zwei Gründe hierfür aufführen. Zum einen erlitt Wario Land 2 einen grafischen Downgrade (dazu mehr im nächsten Testsegment) und zum anderen verärgert man den Spieler mit nur einem lausigen Saveslot. Ich habe Wario Land 2 seinerzeit nur einmal durchgespielt (für diesen Test erfolgte der Kauf eines weiteren Moduls und ein zweiter Durchgang), nicht etwa weil das Spiel enttäuschend wäre (obwohl ich in subjektiver Hinsicht schon etwas enttäuscht von dem Spiel bin), sondern weil ich nie Lust hatte meine mühevolle Arbeit zu eliminieren, indem ich den einen Saveslot löschte. Klar, man kann jederzeit in alte Level zurückkehren und diese noch mal spielen, aber das ist nicht dasselbe als das Game noch mal komplett von Vorne zu beginnen. Diese Masche nur einen Saveslot pro Modul anzubieten, um mehr Spiele abzusetzen ist einfach nur widerwärtig! Im Vorgänger hatte ich schließlich auch drei Saveslots, aber Nintendo ist hier leider gierig geworden. Dementsprechend konnte das Spiel auch nie denselben Kultfaktor entwickeln wie die Vorgänger der Super Mario Land-Trilogie, die ich allesamt mehrere Male durchgezockt habe. Sehr schade, ändert aber nichts daran, dass Wario Land 2 dennoch ein sehr gutes Spiel ist (aber eben niemals ein Evergreen-Klassiker sein wird).
Grafik, Sound und Präsentation
Ich habe Wario Land – Super Mario Land 3 im entsprechenden Review nicht umsonst als das grafisch beste Game Boy-Spiel überhaupt bezeichnet. Es sieht wirklich so verdammt gut aus! Und nun kommt also die Fortsetzung Wario Land 2 daher und will die Messlatte noch einmal nach oben drücken, oder doch nicht? Leider stellt man recht schnell fest, dass man nicht nur auf das grafische Update verzichten, sondern sogar mit einem Downgrade klarkommen muss. Die Sprites von Wario sowie seiner Gegner und Verbündeten sind längst nicht mehr so detailliert wie zuvor. Selbiges trifft auch auf die Levelumgebungen zu. Es wirkt alles nicht mehr so liebevoll und atmosphärisch wie gewohnt. Damit das niemand falsch versteht. Wario Land 2 sieht schon gut aus und bietet viele tolle grafische Details, abwechslungsreiche Szenarien und schöne Spriteanimationen, aber im Direktvergleich mit dem Vorgänger kann das Spiel meiner Meinung nach einfach nicht mithalten.
Dasselbe Problem wie bei der Grafik habe ich auch mit dem Sound. Es ist immer noch der OST eines Wario-Titels, der sich wohltuend von denen generischer Hüpfspiele unterscheidet, aber dieser besondere Flair des Vorgängers wird einfach nicht mehr erreicht. Das mag auch daran liegen, dass man den mysteriösen und düsteren Stil über Bord geworfen hat. Die unheimliche Atmosphäre der Pirateninsel sucht man hier jedenfalls vergebens. Sogar die Geräuscheffekte kommen mir nicht mehr so kräftig und fies vor wie vom Vorgänger gewohnt.
Wario Land 2 gibt es sowohl als reguläre Game Boy als auch Game Boy Color-Version. Wenn man das Spiel auf einem Ur-Game Boy oder Super Game Boy spielen möchte ist es wurscht, welche der beiden Versionen man sich holt, da netterweise sogar die GBC-Version auf den Super Game Boy angepasst wurde und abwärtskompatibel ist. Wer die Farbpalette des Game Boy Color ausschöpfen möchte, sollte natürlich zur GBC-Version greifen. Witzigerweise sind Speicherstände zwischen GBC und Super Game Boy nicht kompatibel. Man sollte sich also schon überlegen, auf welchem System man letztendlich spielen möchte, wenn man das GBC-Modul erwirbt. Abgesehen davon sind die beiden Versionen allerdings identisch.