Castlevania: Aria of Sorrow REVIEW
Mit dem 1997 veröffentlichten Castlevania-Teil „Symphony of the Night“, hatte man die kultige Videospiel-Serie rund um den weltberühmten Vampirfürst Dracula erstmals von einem reinen 2D-Action-Plattformer zu einem 2D-Action-RPG mit Plattforming und Exploration-Elementen erweitert. Das Spiel schlug ein wie eine Bombe und half durch seine quirlige Genremischung sogar dabei ein neues Sub-Genre zu begründen, welches dieser Tage gemeinhin als „Metroidvania“ bekannt ist (ein Wortspiel aus Castelvania und Metroid).
Es sollte natürlich nicht verwundern, dass Konami den Erfolg keineswegs auf sich beruhen lassen konnte und stattdessen weitere Castlevania-Ableger mit diesem neuen Spielkonzept anstrebte. Die ersten (Gameplay-technischen) Fortsetzungen zu Castlevania: Symphony of the Night erschienen für den Game Boy Advance. Der dritte und letzte Ableger für den GBA trägt den Titel „Castlevania: Aria of Sorrow“ und wurde weltweit Anfang Mai 2003 veröffentlicht. Damit erschien das Spiel hierzulande gerade einmal ca. 8 Monate nach der letzten Auskopplung „Harmony of Dissonance.“
Jetzt stellt sich mir natürlich die Frage, ob das Ding ein Schnellschuss ist, oder ob der hohe Spaßfaktor des Quasi-Vorgängers beibehalten, wenn nicht sogar übertroffen werden kann. Meine Antwort auf diese Frage findet ihr im folgendem Review.
Draculas Schloss verlangt nach einem neuen Herrn
Es ist das Jahr 2035. In Japan soll die erste Sonnenfinsternis des Jahrhunderts stattfinden. Der Austauschstudent Soma Cruz will das Naturereignis zusammen mit seiner Freundin Mina Hakuba bewundern. Also geht er sie am benachbarten Schrein besuchen, schließlich ist Mina die Tochter des Schreinwächters. Dummerweise wird nichts aus dem gemütlichen Date, denn die Sonnenfinsternis beherbergt ein finsteres Geheimnis: Vor 36 Jahren hat der Belmont-Klan Graf Dracula endgültig(?) bezwungen und dessen verfluchtes Schloss in einer Sonnenfinsternis versiegelt. Allerdings bricht das Siegel mit der nächsten Sonnenfinsternis auf, was zur Folge hat, das einige wenige Personen in das finstere Gemäuer gesogen werden. Es dürfte niemanden überraschen, dass auch Soma und Mina zu den Opfern gehören.
Als der verwirrte Soma wieder zu sich kommt, offenbart ihn der zwielichte Genya Arikado, dass er und Mina in Draculas Schloss gelandet wären. Kurz darauf wird das Trio von einer Horde Monster attackiert. Mit Genyas Hilfe gelingt es die Kreaturen abzuwehren, allerdings hat Mina einen Treffer abbekommen und wird laut Genya sterben, wenn es Soma nicht gelingt rechtzeitig zu Draculas Gemächern vorzudringen, was es ihm angeblich ermöglichen soll Mina aus dem Schloss zu schaffen und somit zu retten. Soma hat keine andere Wahl als dem Fremden zu vertrauen und seinen beschwerlichen Marsch durchs Schloss anzutreten. Auf seinem Weg begegnet er nicht nur allerlei blutrünstigen Monstern, sondern auch einigen Leidensgenossen wie der hübschen Blondine Yoko Belnades, dem charismatischen Graham Jones, dem unter Amnesie leidenden J und dem US-Soldaten Hammer.
Um sein Ziel zu erreichen, muss sich Soma also nicht nur gegen die monströsen Kreaturen durchsetzen, sondern auch noch herausfinden, wem der fünf Fremdlinge er vertrauen kann, und wem nicht. Denn es hat den Anschein, dass einer der Anwesenden die Reinkarnation von Graf Dracula höchstpersönlich ist. Und bevor Dracula wiedergeboren wird, wäre es natürlich geschickter aus dem Schloss zu türmen. Wo die Sightseeing-Tour durchs Vampirschloss letztendlich hinführt, müsst ihr jetzt natürlich selbst herausfinden. Nur soviel: Das Spiel bietet zwei verschiedene Enden. Ein Normales und ein Gutes. Für das Gute Ende muss man jedoch ein kryptisches Rätsel lösen, was ohne Komplettlösung nur schwer zu knacken ist. Scheut euch also nicht davor die Komplettlösung zu Rate zu ziehen, nachdem ihr das normale Ende gesehen habt.
Wer braucht schon Pokémon wenn er Monster-Seelen sammeln kann?
Wie im letzten Serienableger stellt das Modul vor dem ersten Spieldurchlauf noch keine nennenswerten Optionen zur Auswahl. Es stehen drei Speicherplätze zur Verfügung, welche man mit einem Namen kennzeichnen darf. Gespeichert wird das Spiel in spezifischen Speicherräumen, die relativ fair aber leider auch etwas zu spartanisch über das Schloss verteilt wurden. Speicherräume dienen übrigens nicht nur zum speichern, sondern auch dazu verbrauchte Lebens- und Manaenergie zu regenerieren. Um im Spiel bzw. im Schloss voranzukommen, muss Soma natürlich diverse Fähigkeiten erlangen, ohne die er an bestimmten Stellen gar nicht weiterkommt. Dieses Element ist ja das große Gimmick eines Metroidvanias.
Die Fähigkeiten werden in Form von „Seelen“ gehandhabt. Seelen gibt es in vier verschiedenen Ausführungen. Rote Seelen umfassen offensive Angriffe, welche eine fixe Summe an Manaenergie pro Einsatz verbrauchen. Blaue Seelen umfassen ein breites Spektrum wie z.B. Schutzzauber, Transformationen in Monster oder sogar spezielle Fähigkeiten wie Tauchen und Schweben. Die meisten dieser Fähigkeiten verbauchen ebenfalls Manaenergie, wobei diese Skills oftmals dauerhaft aufrecht erhalten werden können, solange Manaenergie zur Verfügung steht. Gelbe Seelen schalten hingegen passive Status-Boosts oder nützliche Sonderfähigkeiten wie z.B. Immunitäten gegen negative Zustandsveränderungen frei. Diese Seelen arbeiten ohne Manaenergie. Zu guter Letzt gibt es noch die Silbernen Seelen, welche nützliche Fortbewegungstechniken wie Doppelsprung oder Slide freischalten.
Mit Ausnahme der Silbernen Seelen, welche man grundsätzlich nach eigenem Gusto aktivieren oder deaktivieren darf, gelten die Seelen als Ausrüstungsstücke. Das bedeutet, dass man von den Seelentypen Rot, Blau und Gelb lediglich eine Einzige pro Farbvariante ausrüsten darf. Eben genauso, wie man nur eine Waffe, Rüstung und Schmuckstück anlegen darf. Das bedeutet natürlich auch, dass man immer wieder mal ins Menü zurückschalten muss, um Seelen umzurüsten. Vor allem bei den Blauen Seelen ist das etwas lästig, da einige der Blauen Seelen ja spezielle Skills umfassen, welche man benötigt um im Schloss voranzukommen. Warum man diese Fähigkeiten nicht einfach in den Bereich der Silbernen Seelen gepackt hat, ist mir ein Rätsel. Das hätte dem Mikromanagement jedenfalls gut getan. Aber wie dem auch sei.
Die meisten Seelen erhält man, indem man sie von getöteten Gegnern absorbiert. Nur einige wenige Seelen liegen in spezifischen Kerzenständern verborgen. Und diese werden freilich meistens von einem Bossgegner bewacht. Das eigentliche Problem sind jedoch die Seelen, welche man als Drops für gekillte Gegner erhält. Die Drop-Rate ist nämlich ziemlich gering und basiert obendrein auf einer äußerst beliebigen Zufallsrate. Diese Kombination kann das Farmen nach Seelen zu einer enorm zähen und frustrierenden Angelegenheit machen. Dessen sind sich wohl auch die Entwickler bewusst geworden, weswegen einige Maßnahmen ergriffen wurden, um das Seelen-Grinding etwas angenehmer zu gestalten. So gibt es immer wieder Nebenräume, in denen sich lediglich eins, zwei Gegner aufhalten. Diese Räumen dienen speziell dazu die Seelen der jeweils platzierten Gegner zu grinden. Einfach in den Raum rein, Gegner killen, wieder aus den Raum raus, direkt wieder rein, Gegner killen und dieses Prozedere eben so oft wiederholen, bis die verdammte Seele endlich droppt – ziemlich stumpfsinnig.
Eine andere Möglichkeit, ist es sich den Seelenring von Hammer zu kaufen (Hammer fungiert hier als Händler). Dummerweise kostet das Ding 300.000 Goldstücke, was eine astronomisch hohe Summe ist, die man sich auch erst einmal zusammensparen muss. Und das dauert ewig. Hat man sich den blöden Ring aber erst einmal gekauft, wird die Rate der hinterlassenen Seelen drastisch gesteigert.
Und dann ist da noch die Option des Seelentauschs. Diese kann man im Hauptmenü auswählen und somit eine gewonnene Seele gegen eine aus der Sammlung eines anderen Spielers tauschen. Hierfür müssen freilich die jeweiligen Game Boy Advance-Geräte mit nem Link-Kabel verknüpft werden – da werden Erinnerungen an Pokémon wach.
Alles in allem wirkt das System des Seelen-Grindings jedoch extrem unausgereift. Geht man blind ins Spiel hinein, wird einem in einer Dialogsequenz suggeriert, dass das Sammeln aller Seelen der Schlüssel zum guten Ende sein könnte, was jedoch nicht stimmt (muss man aber erst mal wissen). Verzweifelte Spieler, denen damals noch kein Internet zur Verfügung stand, dürften also jede Menge Spielstunden mit Seelen-Grinding verplempert haben. Außerdem dürften sie sich dadurch den Schwierigkeitsgrad ruiniert haben, denn durch das ewige Gegrinde nach Seelen, sammelt man nebenbei auch fleißig Erfahrungspunkte getöteter Gegner. Die hierdurch gewonnen Level-Ups, machen Soma dermaßen stark, dass ihm kaum noch etwas aufhalten kann. Mit Außnahme vom Bosskampf gegen Tod, fühlte sich das Spiel für mich jedenfalls wie ein großer Spaziergang an, was Aria of Sorrow leider auch dezent langweilig wirken lässt. Aber besser so, als ein zu hoher Schwierigkeitsgrad wie in Circle of the Moon.
Dabei stell ich mir die Frage, ob Aria diesen Seelen-Schmonzenz überhaupt nötig gehabt hätte? Es gibt nämlich gute Ansätze: Ein paar sporadische, aber nette Rätsel sorgen für ein klein wenig Auflockerung und die reguläre Bewaffnung ist angenehm vielseitig. Die Nahkampfwaffen weisen ihre individuellen Eigenschaften auf. Es gibt variierende Reichweiten, Angriffsfrequenzen und sogar der Waffentypus hat Einfluss (einen Golem sollte man besser mit nem Kriegshammer, statt mit nem Schwert angreifen). Derlei Feinheiten sind doch genauso interessant, wenn nicht sogar eleganter als diese vermaledeiten Seelen? Absolut vorbildlich ist jedenfalls das umfangreiche Monster-Kompendium, welches einem alle wissenswerten Infos über bekämpfte Monster vermittelt (z.B. auch welche Gegenstände hinterlassen werden können). Ehrensache, dass es erneut eine selbst aktualisierende Automap des Schlosses gibt.
Und natürlich schaltet man wieder ein paar nette Sachen frei, sobald man das gute Ende erlangt hat. Neben einem Soundtest und einem Boss Rush Mode kann man das Spiel auch noch mal mit einer alternativen Spielfigur durchspielen, wenn man als Namen „Julius“ eingibt. Julius Belmont kann nicht aufleveln oder Seelen sammeln, ist dafür aber schon von Beginn an recht stark und hat die klassischen Sekundärwaffen im Gepäck (Bumerang, Heiliges Wasser, Axt und das Heilige Kreuz). Ein zweiter Spieldurchlauf mit ihm könnte sich also lohnen, vor allem da mit ihm viele meiner großen Kritikpunkte am Spiel entfallen. Auf die Story muss man bei ihm allerdings verzichten.
Grafik und Sound
In grafischer Hinsicht hat sich leider nicht wirklich etwas getan. Das gesamte Spiel findet in Draculas Schloss statt, das aber immerhin in verschiedene Abschnitte unterteilt wurde, welche allesamt ihr eigenes Thema auffahren. Da reicht die Palette vom Schlossgarten über den Ballsaal bis hin zu den überfluteten Kellergewölben. Dummerweise kennt man diese Struktur bereits aus den Vorgängern und auch die Settings scheinen sich irgendwie zu wiederholen. Die Location an sich wirkt ehrlich gesagt ziemlich ausgelutscht. Das Monsterdesign und deren Sprites konnte mir dafür immer noch Freude bereiten. Es gibt eine angenehm große Palette an Horror-Kreaturen (es sind wirklich zu viele um sie aufzuzählen) und die Bossgegner protzen natürlich mit sehr großen und detailverliebten Sprites. Auch die Animationen sowie Spezial- und Zaubereffekte wurden ansprechend umgesetzt. Vom Hocker reißt die Grafik jedoch nicht, dafür sieht sie dem Vorgänger zu ähnlich. Sogar der Protagonist Soma Cruz sieht aus wie der kleine Bruder von Juste Belmont, dem Helden des letzten Spiels. Das liegt aber auch daran, weil hier derselbe überkandidelte Artstil verwendet wird wie in Harmony of Dissonance. Die männlichen Charaktere sehen also grundsätzlich aus wie Vampir-Schönlinge. Den blauen Funkelschatten, um die Spielfigur visuell hervorzuheben, hat man sich dieses mal aber netterweise verkniffen.
Der Soundtrack leistet gewohnt gute Arbeit dabei, das gothisch angehauchte Horror-Setting zu unterstützen. Es ist jedoch kein OST, den ich mir außerhalb des Spiels geben müsste. Der Soundtrack von Aria of Sorrow ist besser als jener von Harmony of Dissonance, kommt jedoch nicht an jenen von Circle of the Moon heran. Die satten Soundeffekte und kleinere Sprachsamples der Akteuere bilden jedoch einen klaren akustischen Mehrwert.
Pro & Kontra
- bietet die interessanteste Story der GBA-Castelavanias
- es gibt haufenweise Fähigkeiten und Ausrüstungsstücke
- gewohnt gute Steuerung
- freischaltbarer Bonusinhalt
- das Spiel verführt zu heftigen Grinding-Orgien…
- … und wer viel grindet, zerstört sich freilich jegliche Herausforderung
- wirkt audiovisuell ausgelutscht
- man merkt, dass das Spielkonzept seine Halbwertszeit so langsam überschritten hat