Zeno Clash REVIEW
Dieses Debüt haut ordentlich rein! Obwohl die Indie-Entwickler von ACE Team bereits in den späten 90ern an Total Convertion-Mods für Doom II und Quake 3 werkelten, ließ die erste kommerzielle Produktion der Chilenen noch lange Zeit auf sich warten. Bereits 2002 war die Rede von „Zenozoik,“ einem Spiel dass sich letztendlich zu Zeno Clash weiterentwickeln würde. Besagtes Zeno Clash wurde erstmals am 21.04.2009 auf Steam veröffentlicht und zog ungefähr ein halbes Jahr später sogar eine Retail-Version für den PC nach sich. Im Mai 2010 wurde dann noch eine erweiterte „Ultimate Edition“ als Download für die Xbox 360 herausgegeben. Zeno Clash kam bei der Fachpresse überraschend gut an und gilt bis heute als Geheimtipp. Das sollte jedoch nicht verwundern, schließlich ist allein das Grundkonzept, einen Brawler á la Streets of Rage oder Final Fight in die Egoperspektive zu verfrachten, schlichtweg genial! Darüber hinaus bietet das Spiel ein unverbrauchtes surreales Setting, welches euch in eine Welt entführt, die wie eine bizarre Mischung aus Steinzeit, Postapokalypse und den Fantasien eines begabten Künstlers anmutet. Was Zeno Clash sonst noch zu bieten hat, möchte ich euch im folgenden Review aufzeigen.
Ein Eltern-Mörder auf der Flucht vor seiner eigenen Familie
Ghat ist eines der zahlreichen Kinder von „Vater-Mutter“, einer seltsamen Kreatur, die es irgendwie fertig bringt aus sich selbst heraus Kinder verschiedener Spezies zu gebären. Dank des zahlreichen Nachwuchses, gilt die Familie von Vater-Mutter als unangefochtene Macht in Halstedom, einer der wenigen halbwegs zivilisierten Orte auf Zenozoik. Ghat hatte jedoch irgendwann keine Lust mehr auf das behütete Leben unter der Knute seines Erzeugers und riss von zuhause aus, um sich den Korwid anzuschließen. Die Korwid sind eine Ansammlung durchgeknallter Irrer, die ganz einfach das tun wozu sie Lust haben.
Als Ghat seine Kampf-Ausbildung bei den Korwid beendet, kehrt er nach Halstedom zurück und entdeckt durch Zufall das dunkle Geheimnis von Vater-Mutter. Es kommt zum tödlichen Kampf zwischen den Beiden. Ghat tötet Vater-Mutter und zieht somit endgültig den Zorn seiner Geschwister auf sich, die sich fortan nichts sehnlicher wünschen als den Mörder ihrer Eltern in Stücke zu reißen. Zusammen mit seiner Freundin Deadra tritt Ghat die Flucht ins Niemandsland von Zenozoik an, nicht wissend, dass die zahlreichen Schrecken welche seine Heimatwelt bereithält weitaus bedrohlicher sind, als die blutgierige Familienmeute, die hinter ihm her ist. Werden Ghat und Deadra überleben? Und was war eigentlich das Geheimnis von Vater-Mutter, welches Ghat zu seiner Bluttat anstachelte?
So bizarr die Welt Zenozoik und deren Bewohner auch anmuten mögen, so entpuppt sich die Story letztendlich als überraschend bodenständiges Familiendrama. Es gibt eine nachvollziehbare Erklärung für das verwerfliche Verhalten von Ghat und Vater-Mutter. Der Konflikt zwischen den Beiden ist definitiv das Herzstück der Story. Es gibt immer wieder Rückblenden, die sowohl Ghats Leben bei den Korwid als auch den Konflikt mit Vater-Mutter beleuchten. In der Gegenwart reisen Ghat und Deadra hingegen immer tiefer in lebensgefährliche Gebiete und stoßen letztendlich auf viele Dinge, die jede Menge Fragen aufwerfen, die aber leider nicht beantwortet werden. Dennoch bietet das Endergebnis eine absolut faszinierende Mischung, die obendrein mit einem unerwartet befriedigenden Ende aufwartet. Und wer dann gerne mehr über Zenozoik erfahren möchte, kann sich dann ja auch noch die Fortsetzung anschauen, welche die offenen Fragen beantworten soll.
Immer mitten in die Fresse rein!
Zeno Clash bietet zwei Spielmodi: Das Standard-Spiel, wo man die ca. dreieinhalb stündige Handlung rund um Ghat erlebt, sowie den Challenge-Modus, wo man sich ohne Story-Ballast durch insgesamt acht Abschnitte eines Turms durchkämpft. Das Spielprinzip bleibt aber in beiden Modi gleich: Im Grunde genommen geht es nur darum alle Feinde zu besiegen, die sich Ghat in den Weg stellen. Die Level selbst sind nur lineare Schlauchwege oder überschaubare Gebiete, die nur als glorifizierte Kampfarenen dienen. Im regulären Spiel gibt es auch mal kleinere Aufgaben zu erfüllen, wie z.B. Jagen oder Feuer entzünden, um in der Nähe eine Tür zu öffnen. Aber wie gesagt: Der Kampf steht ganz klar im Vordergrund.
Das Spiel bietet drei Schwierigkeitsgrade, welche den Schaden beeinflussen, den die Gegner verursachen. Ich habe das Spiel auf allen Graden gespielt und kann sagen, dass die drei Grade gut ausbalanciert wurden. Auf „Normal“ sollte man ohne größere Probleme durchkommen, solange man einigermaßen weiß was man tut. Auf „Schwer“ wird es dann schon haariger und vor allem die letzten Level werden knifflig. Auf „Extrem“ ist dann Schluss mit lustig, hier habe ich das Spiel dann auch nach der ersten Hälfte abgebrochen. Abgesehen von blutigen Anfängern, sollte also jeder Spaß mit Zeno Clash haben können.
Die Kämpfe sind überaus vielseitig. Im Mittelpunkt steht jedoch das waffenlose Kampfsystem. Ghat verfügt über zahlreiche Kampftechniken. Von diversen Faustschlagkombinationen und Fußtritten, über brutale Ellenbogenchecks und Knietritte direkt in die Fresse, bis hin zu Konterangriffen aus der Verteidigung heraus, wird ein absolut befriedigendes Repertoire an Prügelmechaniken angeboten. Das schöne dabei ist, dass jeder Move relativ einfach und problemlos umzusetzen ist. Irgendwelche Fingerverrenkungen und seltsame Tastenkombinationen, die man erst mal auswendig lernen muss, sind definitiv nicht zu befürchten. Generell funktioniert die Steuerung via Maus und Tastatur sehr eingängig und problemlos. Controller-Support wird ebenfalls bereitgestellt, doch habe ich diesen nicht genutzt.
Blind drauflosprügeln sollte man aber nicht, denn die Feinde sind meistens in der Überzahl und greifen von allen Seiten an. Um die Übersicht einigermaßen zu gewährleisten, ist es aber möglich einen einzelnen Gegner zu fixieren. Wichtiger ist es jedoch ein Auge auf die Heil- und Ausdauerbalken zu haben. Geht die Lebensenergie zu Neige, sollte man sich in den Gebieten nach den orange-leuchtenden Früchten umschauen, die einen Teil der Lebensenergie heilen. Durch die harten Kämpfe verliert Ghat freilich Ausdauer, welche sich jedoch mit der Zeit regeneriert. Allerdings sollte man es vermeiden die Kondition auf den Nullpunkt sacken zu lassen, weil man ansonsten für einen kurzen Zeitraum so gut wie handlungsunfähig wird.
Natürlich sind im Spiel auch Waffen vorhanden. Neben vier verschiedenen Schusswaffen (Doppel-Pistolen, Gewehr, Armbrust und Granatwerfer) gibt es noch Schädelbomben, die als Granaten fungieren, sowie Hiebwaffen wie das Knochenschwert, den Hammer oder das Kristallzepter. Erstere Beiden können bei rigorosen Gebrauch zerbrechen und Letzteres kann magische Sprengsätze aufladen und abfeuern.
Die Projektilwaffen verfügen übrigens über unbegrenzt Munition, müssen dafür aber auch häufig nachgeladen werden, da die Munitionskapazität sehr gering ist. Die Gegner reagieren gegenüber einem bewaffneten Spieler übrigens recht clever. Sie suchen oftmals Deckung oder stürmen auf den Spieler zu, sobald dieser nachlädt. Und natürlich versuchen sie ihrerseits an die Schießeisen heranzukommen.
Einige Spielabschnitte sind sogar komplett auf Waffen ausgerichtet. So gibt es z.B. eine Bootsfahrt, wo man mit dem Gewehr lästige Angreifer vom Ufer abwehren muss. Die Waffen sind übrigens Levelgebunden und können einem leicht aus der Hand geschlagen werden. Wirklich zuverlässig sind also nur die Fäuste.;)
Alles in allem wird durch das umfangreiche Kampfsystem und das Waffenarsenal sehr viel Abwechslung und Spielspaß geboten. Das wahrhaft Eindrucksvolle daran ist jedoch die Egoperspektive, die einen förmlich in das Geschehen eintauchen lässt und für das Brawler-Genre sehr ungewöhnlich ist.
Grafik, Sound und weiteres
Zeno Clash verwendet zwar Valves Source Engine, sieht jedoch rein objektiv betrachtet nicht so gut aus wie andere Spiele die diese Grafik-Engine verwenden. Besonders bei einigen Texturen der Umgebungsobjekte hätte man vielleicht noch nachbessern sollen. Dafür wurden die Charaktermodelle sehr liebevoll umgesetzt. Ehrensache, dass die Kampfanimationen sehr gut fetzen. Vor allem die Nahkämpfe wirken verdammt brutal, wenn man jemanden einen Kinnhaken verpasst, mit Knietritten traktiert oder auf Gegner am Boden eintritt. Die Härte der Kämpfe wird hervorragend dargestellt und trägt viel zur Atmosphäre bei. Auch die bizarre Spielwelt Zenozoik kann in ihrer Gestaltung voll überzeugen. Definitiv eine Spielwelt, die man selbst erlebt haben sollte.
Der Soundtrack gehört zu jener Sorte, die das Spielgeschehen unterstützen sollen, statt musikalischen Genuss anzubieten. Es geht hauptsächlich darum mysteriöse oder kämpferische Stimmung aufzubauen. Ergo ist es beim besten Willen kein OST, den man sich außerhalb des Spiels anhören möchte. Hier liegt dann wohl auch der stärkste Schwachpunkt von Zeno Clash verborgen. Ein paar richtige Melodien wären jedenfalls nicht schlecht gewesen.
Glücklicherweise kann aber die englische Sprachausgabe voll überzeugen. Die Sprecher leisten einen tollen Job die Gefühle der Charaktere darzustellen oder den fremdartigen Stimmklang der Mutanten zu vermitteln. Und es versteht sich von selbst, dass sich die krachenden Faustschläge angemessen wuchtig anhören.;)
Die größte Stärke von Zeno Clash dürfte jedoch die tolle Präsentation sein. Der Grad der Gewalt ist, wie oben bereits angesprochen, sehr hoch, aber eben nicht gewaltverherrlichend. Dinge wie Blutspritzer sind z.B. nur minimal vertreten, außerdem belässt es Ghat dabei seine Gegner KO zu prügeln, statt sie zu töten. Auch bezüglich der Handlung wird der Kampf nicht glorifiziert, sondern als Mittel zum Überleben dargestellt. Und dennoch ist die rohe Brutalität eben absolut mitreißend! Wenn Ghat seinerseits aufs Maul bekommt und weggeschleudert wird, dann hat das in der Egoperspektive eine ganz besonders intensive Wirkung. Ich kenne kein anderes Spiel, welches seine Kämpfe dermaßen gelungen präsentiert.
Schön finde ich auch die Detailverliebtheit, die sich durch das gesamte Spiel zieht. So hat man sich z.B. für Schimpfworte eigene Vokabeln ausgedacht. Zeno Clash ist einfach ein hervorragend präsentiertes Erlebnis!
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