The Secret of Monkey Island: Special Edition REVIEW
Bei vielen alteingesessenen Fans von Point & Click-Adventures gilt LucasArts‘ „The Secret of Monkey Island“ als eines der besten Spiele seines Genres. Das Spiel wurde erstmals am 15. Oktober 1990 veröffentlicht und erfreut sich seitdem großer Beliebtheit. Ein Grund hierfür ist natürlich auch Lucas Arts berühmtes Steuerungsinterface (Stichwort SCUMM), welches speziell zu jenem Zweck konzipiert wurde Adventures durch bequeme Point & Click-Maussteuerung für den Massenmarkt zugänglicher zu machen, und das Genre somit nachhaltig prägte. Nun ist Monkey Island keineswegs das erste Spiel, welches auf SCUMM aufbaut, jedoch kommt es mit einem witzigen Piraten- und Karibik-Setting im Cartoon-Stil daher, was seinerzeit wohl einen ganz besonderen Nerv getroffen hat und entsprechenden Zuspruch bekam.
The Secret of Monkey Island hat es im Laufe der Zeit zu vier Fortsetzungen gebracht. Kurz nachdem die erste Episode des fünften Teils „Tales of Monkey Island“ veröffentlicht wurde, schob man dann auch noch ein Remake des ersten Teils hinterher. Dieses nennt sich The Secret of Monkey Island: Special Edition, erschien am 15. Juli 2009 (womit man die Möglichkeit vergeigte das Ding zum 20-jährigen Jubiläum herauszubringen) und bildet die Grundlage für folgendes Review. Eines vorweg: Das hier ist mein erster Berührungspunkt mit der Monkey Island-Franchise. Wer nostalgische Verklärung sucht, ist hier also an der falschen Adresse.
Touristenfalle oder Pirateninsel?
Der dümmlich-naive aber hübsche Blondie Guybrush Threepwood taucht eines Tages auf der zur Touristenfalle degenerierten Pirateninsel Mêlée Island (TM) auf. Sein Ziel: Pirat werden! Das wieso, weshalb und warum bleibt uns das Spiel jedoch schuldig. Und so begleiten wir Guybrush auf seinem Weg zum Ziel und erfahren recht bald, dass die Oberpiraten von Mêlée Island (TM) angehenden Seeräubern drei Prüfungen aufdrücken, die absolviert werden müssen, um sich Pirat schimpfen zu dürfen. Während Guybrush den Prüfungen nachgeht begegnet er der Gouverneurin Elaine Marley. Selbstverständlich knistert es zwischen den Beiden, dummerweise gibt es da aber noch den blöden Geisterpiraten LeChuck. Dieser starb beim Versuch das Geheimnis von Monkey Island zu lüften und somit Elaine zu beeindrucken und hoffentlich das Herz der Schönheit für sich zu gewinnen. Doch der Tod konnte LeChuck nicht aufhalten, jetzt verbreitet er Angst und Schrecken über die Karibik und hat sein Ziel die widerspenstige Elaine zu ehelichen keineswegs aufgegeben. Es versteht sich von selbst, dass LeChuck Konkurrenz in Form von dahergelaufenen Blondies nicht sonderlich gut leiden kann. Also schreitet er zur Tat.
Tjoa, und mehr gibt es zur Handlung auch gar nicht zu sagen. The Secret of Monkey Island ist eben ein cartooniges Comedy-Game und will auch nicht mehr sein als das. Der Humor des Spiels wird gerne als geistreich bezeichnet, und das mag ja auch stimmen. Ich persönlich empfand den Humor jedoch als arg kinderfreundlich. Als Freund frecher Parodien war mir Monkey Island leider zu brav. Als Kind hätte ich wohl mehr Spaß damit gehabt, was auch daran liegt, dass mich das Abenteuer ein wenig an einen Samstagmorgen-Cartoon erinnerte. Und ein paar Sachen wie etwa der Schiffsverkäufer Stan empfand ja sogar ich als witzig. Unterm Strich bleib ich da aber doch lieber bei bissigen Parodien wie The Book of Unwritten Tales oder Ceville. Das ist einfach mehr mein Ding.
Der beschämende Beweis, dass eine gute Steuerung das A und O in einem Point & Click-Adventure darstellt
Was das Gameplay anbelangt, muss man bei dieser Special Edition zwischen der neuen und alten Version unterscheiden. Ein großes Feature dieser Version ist nämlich die Möglichkeit per Tastendruck (F10) zwischen der modernisierten(?) 2009er Version und der CD-Rom-Version von 1992 zu wechseln. Und was soll ich sagen? Bereits nach kurzer Spielzeit, war für mich klar, dass das Spiel in seiner 1992er Version wesentlich besser funktioniert. Der Grund hierfür ist ironischerweise die Steuerung. Diese wurde in der 2009er Version nämlich drastisch verschlechtert.
Der Clou bei den alten SCUMM-Adventures war nämlich, dass man hier per Point & Click diverse Verben, die im unteren Drittel des Bildschirms aufgezählt wurden, anklicken konnte, um somit bequem die unterschiedlichen Aktionsmöglichkeiten durchzuführen. Vorbei war die Zeit des ätzenden Textparser, der dafür sorgte, dass Adventures nur für harte Computernerds zugänglich waren. Neben den Verben wurden im unteren Bildschirmrand auch die Gegenstände abgelegt, so dass man alles Wichtige im Blick hatte. Dieses Steuerungsinterface machte das Adventure-Genre für eine breitere Masse an Spielern zugänglich, und wurde über die Jahre hinweg weiter verfeinert und simplifiziert. Alles was heute in die Kategorie Point & Click-Adventure fällt, basiert quasi auf der Vorarbeit der LucasArts-SCUMM-Adventures, was auch ein Grund dafür ist, warum diese Spiele derart hoch in Ehren gehalten werden.
Tja, und jetzt kommt die 2009er-Version daher und ruiniert diese Errungenschaft, indem sie die Auswahl der Verben auf das verdammte Mausrad oder alternativ auf Tasten des Keyboards legt. Hierdurch dauert es eine Ewigkeit, bis man das Verb gefunden hat, dass man braucht. Auch die Gegenstände werden nicht mehr in einer stets sichtbaren Inventarleiste oder dergleichen gelagert. Stattdessen muss man das Inventar nun separat per Tastaturtaste aufrufen. Diese Dinge sorgen dafür, dass sich das Spiel unglaublich klobig anfühlt und der Spielspaß erhebliche Einbußen hinnehmen muss. Und ich hoffe euch entgeht nicht die Ironie dieser Problematik. LucasArts SCUMM-Tool hat das Adventure-Genre für den Massenmarkt geöffnet. Doch statt die durch dieses Tool geförderte Weiterentwicklung der Point & Click-Steuerung in die 2009er-Version zu integrieren, das Verben-System rauszuschmeißen und das Spiel somit sogar noch zugänglicher für eine neue Generation zu machen, tat man das genaue Gegenteil und integrierte ein Steuerungsschema, welches derart veraltet wirkt, dass selbst das SCUMM-Verben-Schema wieder frisch wirkt! Wenn das kein epischer Fehlschlag ist, weiß ich auch nicht weiter. Aber gut, nun wo das aus dem Weg geräumt ist, gehen wir auf den eigentlichen Spielinhalt ein.
Man erkundet also die Spielwelt via Mausklicks, tratscht mit NPCs und sammelt Gegenstände fürs Inventar ein, welche dabei helfen können diverse Problemstellungen zu lösen. Die gängigen Komfortoptionen sucht man leider Vergebens. Bei der 1992er-Version kann man das leicht entschuldigen, da es Dinge wie Hotspotanzeige oder Doppelklick-Abkürzungen zur Abmilderung von Backtracking-Latschereien damals einfach noch nicht gab. 2009 sah das aber schon ganz anders aus. Und es gibt absolut keine Entschuldigung dafür, dass man diese Funktionen nicht anbietet. Vor allem der Doppelklick hätte hier viel gerettet, da The Secret of Monkey Island nämlich unter einigen wirklich penetranten Backtrack-Orgien leidet, die seinerzeit wohl auch dazu dienten die Spielzeit mit Ach und Krach auf 10 Stunden zu drücken. Ist zwar nicht gerade die feine englische Art, aber ist ja auch ein US-Spiel.
So gesehen macht das Spiel immer noch viel Spaß. Und eine der wenigen positiven Features der (not so) Special Edition ist die Implementation einer Hilfetaste. Wenn man mal nicht weiterkommt, kann man die Taste drücken, um einen Tipp zu bekommen, was man als nächstes tun könnte, um voranzukommen. Der zunächst vage Tipp entwickelt sich zu einer konkreten Anweisung, je häufiger man die Taste betätigt. Ein nettes Feature, womit man sich wieder auf den Aspekt „Massenmarkt“ zurückbesinnt. Denn auch wenn das jetzt viele nicht hören wollen, so steht SCUMM, LucasArts und eben Monkey Island eben für Zugänglichkeit und Massenmarkt. Und genau darauf hätte sich diese (not so) Special Edition auch beziehen sollen. The Secret of Monkey Island fährt nämlich einige Klöpse auf, die so aus heutiger Sicht (und auch aus der Sicht von 2009) nicht mehr akzeptabel sind.
Über die Backtracking-Orgien habe ich ja schon gesprochen. Ein weiterer Klops ist das Red Herring-Rätsel. Red Herring ist im englischen eine Redewendung, die auf einen Irrweg oder eine falsche Fährte hindeutet. Monkey Island verarscht den Spieler jedoch, indem es den Red Herring zu einem zwingend notwendigen Gegenstand erhebt, ohne den man nicht weiterkommt. Darüber hinaus ist die Art und Weise, wie man den Red Herring einsacken muss höchst unfair. Hier kommt man nämlich nicht mehr nur mit Point & Click weiter, wie es eigentlich sein sollte, nein, stattdessen kommt das Spiel mit einer Physik-Mechanik daher, welche man ansonsten nirgendwo im Spiel vorfinden wird. Dieses Rätsel schreit geradezu nach Komplettlösung, und sobald man sich diese zu Gemüte führt, wird man sich schwer verarscht vorkommen. Ich spiel hier schließlich nicht Half-Life 2!
Der dritte große Klotz ist das Kampfsystem, bzw. das hierfür notwendige Grinding. Hier gibt es das sogenannte Beleidigungsfechten, in dem man mit frechen, beleidigenden Sprüchen Kampfmanöver ausführen soll. Der Kampf läuft rundenbasiert ab und wer es schafft den Gegner zuerst 3 bzw. 5 mal erfolgreich zu beleidigen, gewinnt. Die Herausforderung liegt darin, die Beleidigung des Gegners entsprechend zu deuten, damit man eine passende Konterbeleidigung heraussuchen kann. Das Problem ist jedoch, dass man zu Beginn nur über sehr wenige Offensiv- und Konterbeleidigungen verfügt. Diese muss man sich mit Kämpfen auf der Inselkarte erst einmal zusammengrinden. Und das dauert! Ich denke eine gute halbe Stunde Grinding sollte man schon einplanen, um genügend Sprüche zusammenzukratzen und somit eine Chance gegen den „Bossgegner“ zu haben. Genauso ärgerlich ist die Tatsache, dass nach diesem „Boss“ im ersten Spieldrittel nie wieder solch ein Kampf im Spiel ausgetragen wird! Zuerst soll man grinden, und dann wird nichts wirklich relevantes aus dem Kampfsystem herausgeholt, was soll das!?
Also nochmals, dass Spiel stammt aus einer Zeit, in der man gewisse Dinge noch nicht besser wusste, und die mittlerweile ziemlich stark gealtert sind und ein gewisses Maß an Toleranz erfordern. Ist man bereit diese Toleranz aufzubringen, kann man aber immer noch einigen Spaß mit The Secret of Monkey Island haben. Von der (not so) Special Edition mit ihrer völlig verkorksten Steuerung, sollte man jedoch die Finger lassen. Am besten so schnell wie möglich mit F10 auf die 1992er-Version umschalten.
Grafik und Sound
Auch bei der audiovisuellen Präsentation muss man hier zwischen den Versionen unterscheiden. Die 1992er Version überzeugt mit sehr gefälliger Pixelgrafik, welche viel Liebe zum Detail mitbringt und selbst heute noch hübsch anzuschauen ist. Interessant ist die Implementation von sogenannten „Talking Heads.“ Das heißt im Klartext, dass einige Gespräche den Dialogpartner in Nahaufnahme anzeigen, so dass man sich als Spieler ein besseres Bild von ihm machen kann. Auffällig ist, dass The Secret of Monkey Island die Talking Heads eher realistisch darstellt. Heutzutage wird Monkey Island ja in erster Linie mit einem schrägen Cartoon-Stil in Verbindung gebracht. Daher konnten mich die realistisch dargestellten Talking Heads doch etwas verwundern.
Leider kann die 2009er Version nicht mit der Pixelkust der Vorlage mithalten. Die Hintergrund-Grafiken wurden ja noch sehr liebevoll gezeichnet und sind durchaus würdige Vertreter der Vorlage. Bei den Charaktermodellen fällt die Grafik aber bereits völlig zusammen. Statt liebevoller Pixel-Sprites und realistisch dargestellter Talking Heads, gibt es jetzt einen Cartoon-Stil, der zwar einheitlich sein mag, jedoch in ästhetischer Hinsicht mehr als fragwürdig ausfällt. Zunächst fällt auf, dass Guybrush bemerkenswert hässlich dargestellt wird. Und zwar so hässlich, dass es einem sofort auf den Geist geht. Darüber hinaus steht diese Darstellung auch im Gegensatz zur Story. Guybrushs hübsches Aussehen spielt eben auch eine Rolle für die Handlung, nur kann man dies in der 2009er Version eben nicht mehr nachvollziehen, da der Typ in dieser Variante eben potthässlich aussieht. Auch die Talking Heads sind eine Enttäuschung, da die Detailverliebtheit der Pixelvarianten bei weitem nicht in den neuen Cartoon-Stil übertragen wurde. Zu guter Letzt nervt das Spiel mit erbärmlich abgehackten Animationen, welche so ziemlich die schlechtesten sind, die ich in einem Point & Click-Adventure gesehen habe. Und das ist vor allem auch deswegen bemerkenswert, da dieses Genre nicht unbedingt für ausgefeilte Animationen bekannt ist. Wenn man also niedrige Ansprüche noch mal deutlich unterbieten kann, dann will das was heißen. Unterm Strich kann also auch die Grafik der 2009er-Version nicht überzeugen, womit sie sich der vergeigten Steuerung anschließt.
Immerhin gibt es jedoch einen großen Qualitätssprung im akustischen Bereich. Natürlich bietet bereits die 1992er Variante die ikonischen, gelungenen Musikstücke, jedoch werden diese nicht durchgehend genutzt. Es gibt viele Passagen im Spiel, welche keine Musik abspielen, was recht irritiert (kann natürlich auch ein Bug sein). Dieses Problem gibt es in der 2009er-Version nicht mehr. Dort wird der OST durchgehend abgespielt und selbstverständlich wurde auch die technische Qualität des Soundtracks erneuert.
Noch mehr Aufmerksamkeit dürfte hingegen die englische Sprachausgabe erwecken, welche auch überraschend hochwertig gelungen ist und somit den Spielspaß fördert. Tatsächlich ist die Sprachausgabe der größte Pluspunkt, den die 2009er-Version auffahren kann. Eine deutsche Sprachausgabe gibt es jedoch nicht und selbst deutsche Bildschirmtexte gibt es nur in der 2009er-Variante. Die bessere 1992er-Version muss also auf englisch gespielt werden.
Ein weiteres ärgerliches Problem ist die Tatsache, dass es das Spiel nicht gestattet den überarbeiteten Soundtrack und die Sprachausgabe mit in die 1992er-Variante zu übertragen, so dass man sich die besten Bestandteile der beiden enthaltenen Versionen herauspicken könnte. An dieser Stelle wurde wieder einmal gepennt. Es soll jedoch eine Art Fan-Patch geben, welcher da aushelfen soll.
Pro & Kontra

- man darf jederzeit per Tastendruck auf die 1992 CD-Rom-Version wechseln und somit die grässliche (not so) Special Edition hinter sich lassen
- gelungene englische Sprachausgabe
- die Hintergrundzeichnungen der (not so) Special Edition sind auch gut gelungen
- die neue Hinweis-Funktion kann sehr nützlich sein, wenn sie nicht buggt
- verbreitet ein ganz cooles Samstagmorgen-Cartoon-Feeling

- die Steuerung der (not so) Special Edition wurde drastisch verschlechtert (die Aktionsverben wurden aufs Mausrad/Tastatur gelegt, WTF!!)
- Komfortoptionen die 2009 zum Standard gehörten wurden nicht beigefügt (Doppelklick-Abkürzungen, Hotspotanzeige)
- das neue Charakterartwork wirkt teilweise bemerkenswert hässlich. Schönling Guybrush ist nun eine Gesichtsbaracke, was soll das?
- absurd abgehackte Charakteranimationen, die sehen einfach nur peinlich aus!
- das Red Herring-Puzzle ist äußerst böswillig und hochgradig unfair
- erfordert Grinding für das Kampfsystem (ca. 30 Minuten Grinding ist gefordert)
- im dritten Kapitel gibt es auffällig viel Backtracking
Das könnte dir auch gefallen





Schreibe einen Kommentar