The Quarry REVIEW
Mit The Quarry versucht der Entwickler Supermassive Games an alte Erfolge wie Until Dawn anzuknüpfen. Und wenn man es grob betrachtet, braucht es dafür eigentlich auch nicht viel. Einige Charaktere, die das Teenager-Alter repräsentieren, ein paar schaurige Monster und eine grundsolide Geschichte, deren Ausgang beeinflussbar ist, reichen bereits aus.
Damit ist schon das Kernelement von The Quarry beschrieben, denn wie in Until Dawn oder der The Dark Pictures Anthology, könnt ihr die Richtung des Geschehens lenken. Doch ist selten vorab klar, ob die ausgewählte Entscheidung die korrekte ist. Eine Antwort, die aktuell noch richtig erscheint, kann schwerwiegende Folgen haben. Was storytechnisch vielleicht nicht immer mitreißend ist, kann durch spontane Entscheidungen ordentlich an Spannung gewinnen.
Das Sommercamp
Doch bevor ihr bewusst oder unbewusst über Leben und Tod entscheidet, lernt ihr ein Sommercamp kennen, in dem jugendliche Hormone nur so sprudeln. Eigentlich ist auch schon Tag der Abreise, welcher nur leider boykottiert wird. Und dadurch verzögert sich die Heimkehr um eine Nacht. Selbstverständlich ist es diese eine Nacht, die alles ändert – und nicht zum Guten.
Der Camp-Leiter Chris verschwindet nahezu panisch aus der Herberge, rät den Teenagern vorab aber, diese selbst nicht zu verlassen. Natürlich hält sich keiner der Jugendlichen daran, was recht zeitnah die Strafe dafür auslöst, denn unheimliche Dinge gehen in Hackett’s Quarry vor sich. Ab dieser Stelle werde ich nicht weiter auf die Story eingehen, da ich jedwede Spoiler (selbst nach dem Release) vermeiden möchte.
Die Macht der Entscheidung
Das Horror-Spektakel stellt nicht nur die Figuren in den Mittelpunkt, sondern auch die Frage, wer überlebt und wer stirbt. Theoretisch können alle spielbaren Charaktere überleben oder aus dem Leben scheiden. Nun würde ich sagen, dies liegt komplett in eurer Hand, doch sind Fehlentscheidungen nicht immer gleich offensichtlich. So kann es vorkommen, dass die falsche Auswahl an Möglichkeiten erst in einem späteren Kapitel die Konsequenzen hervortreibt. Erst in Sicherheit vermutet, zögert sich der tragische Vorfall nur heraus. um ferner in einem Desaster zu enden.
Da gestaltet es sich als durchaus praktisch, dass es 186 Enden gibt, die durch kleine Abweichungen in der Spielweise ausgelöst werden. Drei Durchgänge habe ich gestartet sowie beendet und dabei festgestellt, wie sogar als belanglos empfundene Entscheidungen einen Storypart verändern können. Dadurch fühlt sich die Geschichte selbst beim dritten Durchlauf als unverbraucht an.
Neun kleine Jägermeister waren nicht gerne allein…
Für den ersten Durchgang, der an einem Freitagabend startete, nutzte ich die passive Rolle. In The Quarry ist es nämlich möglich, die Geschichte als Film zusammenschneiden zu lassen und lediglich zu entscheiden, ob alle sterben sollen, oder es lebend durch die Geschichte schaffen. Die Story etwas lenken, ohne aktive Handlungen zu übernehmen, ist ebenfalls möglich.
Zwar wurde mir dadurch bereits der grobe Ablauf der Erzählung verraten, doch hat es die Lust auf einen weiteren Durchgang eher angeheizt statt minimiert. Bei Man of Medan, in welches ich gleich aktiv einsteigen musste, kam nach einmaligen Durchspielen nicht der Wunsch auf, die Geschichte noch einmal erleben zu wollen. Zuletzt war dies nur bei Until Dawn der Fall, da ich zu viele meiner Spielfiguren durch Unachtsamkeit verlor.
The Quarry begegnet euch aber recht gnädig und bringt die Chance mit ein, die Zeit zurück zu spulen. Wer sich nun übermäßig freut, erhält sogleich einen Dämpfer verpasst. Denn unbegrenzt kann diese Option nicht gewählt werden, daher sollte man sie mit Bedacht einsetzen. Dennoch ist es ein gelungenes Features, welches ich im Laufe des Spiels beansprucht habe, um dem Glück auf die Sprünge zu helfen.
Koop in The Quarry
Obwohl sicher auch die Köpfe hinter dem Horror-Titel wissen, dass der Grusel schneller in die Knochen zieht, wenn man alleine ist, wurde ein Koop-Modus integriert. Hier können die Charaktere auf einzelne Spieler wie Spielerinnen aufgeteilt werden. Das heißt aber gleichzeitig, dass es dauern kann, bis die jeweilige Person am Zug ist. Insbesondere, wenn noch alle Spielfiguren leben, streckt sich der Titel sehr. Teilweise fühlt es sich sogar unnötig an, die Teenager so detailreich kennenzulernen. Ist der Durchgang bereits etwas an Figuren entschlackt worden, wechseln die Einsetze öfter.
Allgemein ist der Koop aber eine gelungene Option, bis auf die Tatsache, dass ihr euch einen Controller teilen und immer weiterreichen müsst. Des Weiteren soltlet ihr ein wenig mehr Zeit einplanen, denn 10 Stunden kann es mitunter dauern, bis der Abspann läuft. Während meines gnadenlosen Durchgangs, den niemand überleben durfte, sind über 6 Stunden ins Land bzw. in die Nacht gezogen. Der zweite und dritte Durchgang beanspruchte jeweils über 9 satte Stunden.
Ein Online-Modus wird im Juli übrigens nachgereicht, sodass ihr nicht mehr zwangsläufig Freunde und Bekannte für eine große, gemeinsame Grusel-Runde zusammentrommeln müsst.
Steuerung
Spielerisch wird wieder auf Quick-Time-Events gesetzt, deren Einbindung Supermassive Games bestens beherrscht. Für euch heißt dies, schnell reagieren oder eine ruhige Hand bewahren. Hauptsächlich sind die gameplaytechnischen Elemente aber schon fast um die Cutscenes gestrickt. Nutzt ihr beispielsweise die Option, das Abenteuer im Filmmodus zu betrachten, könnt ihr die Schnitte gut erkennen. Nichtsdestotrotz ergibt sich eine durchgehende und verständliche Erzählung. Der weitere spielerische Teil besteht aus verschiedenen Interaktionen, die mit Gegenständen sowie anderen Personen zu tun haben können. Gespräche rückt ihr in die gewünschte Richtung und Handlungen könnt ihr auf Wunsch einstellen oder ausführen. Mit diversen Fundgegenständen lässt sich weitere Zeit vertreiben. Dabei drängen aber alte Probleme erneut hervor. Die eigentliche Steuerung der Protagonisten ist recht hakelig und kann ein wenig in Orientierungslosigkeit münden, wenn sich ein Charakter abermals mit einem Objekt in die Quere kommt. Hier wurde aus der Vergangenheit nichts gelernt.
Optik
Da wir nun die Optik erwähnt haben, möchte ich an diesem Punkt weitermachen. Die Entwickler haben kaum Aufwand gescheut, die Charaktermodelle lebensecht wirken zu lassen. Modernste Gesichtsaufnahmen und filmische Beleuchtungstechniken kamen zum Zug, um sich der Realität nicht geschlagen geben zu müssen. Mimik und Gestik wirken durchaus gelungen, werden aber durch manch nachladende Texturen kurzfristig entwertet (gespielt auf Xbox Series S). Auch die Umgebungsdarstellung weist kleinere Schwächen auf, wie die Darstellung von Staub oder Wasser. Dafür beeindruckt es mich, wie während der Sequenzen die Schatten geworfen werden oder kleine Staubpartikel durch das Bild gleiten.
Dies wird durch die Darbietungen bekannter Gesichter unterstützt. Ich persönlich freue mich über die Verpflichtung von David Arquette, den man durch die Scary-Movie-Reihe kennen könnte und Skyler Gisondo, den ich das erste mal in Amazing Spider-Man als Bruder von Gwen Stacy sehen durfte. Über die schauspielerischen Talente selbst könnte man nun unterschiedlicher Meinung sein. Letztlich ist The Quarry ein Videospiel, das noch nicht in der Lage ist, die Vorlagen 1:1 zu übertragen. Daher wirken manche Gesichtszüge noch unbeholfen oder steif.
Sound und Sprachausgabe
Vermeidbar wäre hingegen eine manchmal sterile Sprachausgabe gewesen. Einige der Dialoge klingen abgelesen und emotionslos. Andere beflügeln wiederum, tiefer in die Geschichte einzutauchen. Leider gibt es aber nicht wenige Momente, in denen eine Asynchronität das Gesamtkonzept etwas trübt. Nichtsdestotrotz bin ich froh, mich nicht die gesamte Spielzeit mit Untertiteln beschäftigen zu müssen, um wirklich jede Kleinigkeit mitzubekommen. Gleichzeitig kann ich aufgrund der Qualität aber auch die englische Sprachausgabe empfehlen, die akustisch einiges mehr hermacht. Irgendwie ist mehr Leidenschaft in den Originalton geflossen.
Sehr an The Quarry schätze ich die Musik und Soundkulisse. Hochwertige Songs begleiten Teile des Spiels und sind perfekt positioniert. Durch die Musik und die allgemeine Akustik gewinnt der Horror-Spaß an weiterer Authentizität gegenüber Gruselfilmen.
Pro & Kontra
- Koop-Modus verfügbar
- Dreimaliges Zurückspulen möglich
- 186 mögliche Enden
- Kinomodus macht passives Spielen möglich
- Sehr klischeebelastet
- Texturen laden manchmal nach
- Teilweise recht künstlich gestreckte Spielzeit