Our Love Will Grow REVIEW

Mitte 1996 (bzw. Anfang 1998 in Europa) wurde auf dem Super Nintendo ein kleines aber feines Spiel namens Harvest Moon veröffentlicht. Harvest Moon begründete ein völlig neues Spielgenre: Nämlich die Bauernhof-Simulation. Was jetzt völlig langweilig klingt, entpuppte sich recht bald als ebenso cleveres wie süchtig machendes Spielprinzip. Das Spiel wurde nämlich nicht als öde Simulation aufgezogen, sondern nutzt den Stil eines Japano-Rollenspiels. Dieser sorgt nicht nur für eine charmante audiovisuelle Präsentation, sondern auch für eine schnell erlernte und einfach zu handhabende Steuerung. Das Gameplay hingegen hat eine sehr gute Balance aus Simplizität und Komplexität gefunden und somit jede Menge Spielspaß erzeugt. Das Spiel war ein großer Erfolg und hat sehr viele Fortsetzungen und Umsetzungen auf den verschiedensten Systemen nach sich gezogen. Lediglich PC-Spieler gingen immer leer aus.

Folglich machten sich einige Indie-Entwickler ans Werk, um diese Lücke zu füllen. Allerdings dauerte es eine ganze Weile, bis diese Lücke überhaupt entdeckt wurde, denn der erste, mir bekannte, Harvest Moon-Klon auf Steam wurde erst am 04. Januar 2015 auf Steam veröffentlicht. Die Rede ist natürlich von John Wizard’s Our Love Will Grow (kurz: OLWG), welches bereits ein Jahr vor Konkurrenztiteln wie „World’s Dawn“ oder dem populären „Stardew Valley“ erschien. Was dieser Harvest Moon-Klon auf Basis des RPG-Makers XP nun zu bieten hat, wollen wir jetzt im folgenden Review herausfinden.

Zurück auf Los!

Man übernimmt die Rolle eines blonden, namenlosen Typen, welcher obendrein als stummer Protagonist konzipiert wurde. Im Intro erfahren wir, dass der Bursche von seiner Freundin abserviert wurde, was unseren Blondschopf in eine Art Sinnkrise stürzt. Folglich beschließt er sein Leben komplett umzukrempeln und einen völligen Neuanfang zu wagen. Zu diesem Zweck erfüllt er sich seinen Kindheitstraum: Einen eigenen Bauernhof in irgendeinem kleinen Dörfchen im Nirgendwo. Besagter Bauernhof bietet zunächst freilich nur das Nötigste, und so liegt es nun an uns den Hof zum wirtschaftlichen Erfolg zu verhelfen. Doch das ultimative Ziel besteht darin eine der fünf Dorfschönheiten zu ehelichen, sowie ein Kind mit ihr zu zeugen. Erst wenn einem das gelingt, hat man das Spiel offiziell gewonnen.

Tja, und mehr gibt es dazu dann auch nicht zu sagen. Die Handlung dient eher als Mittel zum Zweck, was auch völlig in Ordnung ist. Die Dorfbewohner bieten zwar alle ihre eigenen kleinen Persönlichkeiten, jedoch ist der Schrifttext im Spiel minimal gehalten, weswegen man keine Komplexitätswunder erwarten sollte. Noch nicht einmal die fünf Mädels bieten nennenswerten Tiefgang. Jede von ihnen hat eine eigene Marotte. Die Eine ist ein Tiernarr, die Andere will ihre Mutter als Bürgermeisterin ablösen usw. Aber das war zu Zeiten des originalen Harvest Moon auch nicht anders, von daher geht es schon in Ordnung. Man darf halt nicht vergessen, dass OLWG bewusst simpel gehalten wurde, um auch eher Fans des klassischen Harvest Moon anzusprechen. Wer ein komplexeres Spiel sucht, sollte dann doch lieber Stardew Valley spielen.

Das Leben auf dem Lande

Bezüglich des Gameplays, ist OLWG bis zu einem gewissen Grad sogar noch simpler gehalten, als das originale Harvest Moon. Wo man im großen Vorbild noch eine umfangreiche Ackerfläche zur Verfügung hatte, die man nach eigenem Gusto bestellen konnte, so ist die Ackerfläche in OLWG streng vorgegeben. Insgesamt gibt es nur 20 Acker-Tiles, die man bestellen kann. Und von denen stehen einem zunächst auch nur 6 zur Verfügung. Die anderen muss man erst mal freischalten, indem man seine Hacke aufrüstet. Darüber hinaus gibt es noch vier Tiles, die speziell mit Bäumen bepflanzt werden können.

Im Verlauf des Spiels bietet der Saatguthändler immer mehr Gemüse- und Fruchtsorten an, die man anpflanzen darf. Der Wert sowie die Reifezeit dieser Sorten variieren freilich voneinander. Außerdem kann man bestimmte Ernteerzeugnisse weiterverarbeiten, wenn man die entsprechenden Maschinen kauft. So lassen sich z.B. Erdbeeren in Marmelade umwandeln oder Getreide in Tierfutter zermahlen. Für letztere Option muss man aber erst mal die alte Mühle reparieren.

Und ja, neben der Landwirtschaft stehen uns auch noch Nutztiere zur Verfügung. Man kann Hühner kaufen, die Eier legen, Kühe zum melken, Schafe für Wolle, Bienen, die Honig produzieren und sogar Krabben organisieren, die Muscheln fangen. Freilich muss man darauf achten, die Tiere zu füttern (lediglich die Bienen sind Selbstversorger). Kühe und Schafe können auch gebürstet werden, damit sie uns mehr mögen und somit bessere bzw. mehr Erzeugnisse produzieren. Vergesst aber nicht, dass ihr für die tierischen Produkte oftmals auch entsprechende Werkzeuge kaufen müsst. Zum Kühe melken benötigt man nämlich eine Melkmaschine, während Bienen mit einer Sprühflasche vertrieben werden müssen usw. Netterweise reicht es völlig aus diese Werkzeuge einfach nur zu besitzen. Man muss sie also nicht separat anwählen, ausrüsten oder dergleichen. Wer dann noch Zeit für etwas Müßiggang findet, kann sich auch einen Hund anschaffen. Dieser produziert zwar nichts, könnte aber dennoch Vorteile einbringen, sofern man eine gute Beziehung zu ihm aufbaut.

Doch damit haben wir gerade mal die Möglichkeiten des Bauernhofs abgewickelt. In der Umgebung des Dorfes gibt es sieben verschiedene Höhlen und Minen, welche hauptsächlich dazu genutzt werden können um Steine, Metalle und Edelsteine zu schürfen. Freilich benötigt man auch hierfür Werkzeuge, die auch aufgerüstet werden müssen, damit man tiefer in die Höhlen vordringen kann und an wertvollere Mineralien wie Silber und Gold herankommt. Diese Materialien benötigt man z.B. zum Aufrüsten der Werkzeuge oder zur Schaffung des Eherings, welchen man ja benötigt, um seine Angebetete zu ehelichen.

Weiter geht es mit Angeln. Wer das nötige Kleingeld mitbringt, sollte sich eine Angelrute und jede Menge Köder kaufen, damit man an Fische, Muscheln und Krabben (zur zusätzlichen Muschelernte) herankommt. Besonders die Muscheln sind wichtig, da sie manchmal Perlen beinhalten, die man als Zahlungsmittel für das Ruderboot benötigt, welches man zwingend benötigt, um in einige wichtige Höhlen und Minen vorzudringen. Und während man Tag für Tag seinen Rundgang abwickelt, sollte man sich auch die Zeit nehmen, wildes Gemüse wie Pilze oder Rüben zu ernten, welche zusätzliches Geld einbringen. Auch das zerhacken von Baumstümpfen ist wichtig, denn das hierdurch gewonnene Holz braucht man, um seine Gebäude aufzurüsten oder kaputte Brücken zu reparieren.

Hat man sein Wohnhaus das erste mal aufgerüstet, erhält man Zugang zur eigenen Küche, wo man mithilfe von Kochbücher-Rezepten eigene Gerichte zubereiten darf. Diese werden entweder an die Angebetet verschenkt, teuer verkauft oder an einen Schnösel abgetreten, damit dieser nach ner Weile eine tolle Belohnung rausrückt.
Also ja, wenn ihr es noch nicht gemerkt habt: Es gibt ne Menge zu tun, und letztendlich muss man sich mit allem Beschäftigen, wenn man sein großes Ziel – Heiraten und Kinderkriegen – erreichen möchte.

Grinding ist Pflicht

Glücklicherweise gibt es in OLWG kein Zeitlimit, man kann sich also so viele Ingame-Tage Zeit lassen wie man eben benötigt, ehe das große Ziel erreicht wird. Und das ist auch notwendig, denn unser junger Landwirt verfügt nur über eine begrenzte Kondition, welche sich mit fast jeder Aktion etwas reduziert. Ist die Kondition verbraucht, kann man sich eigentlich direkt schlafen legen, um den nächsten Tag zu beginnen. Alternativ kann man zwar auch in der Stadt Mittagessen gehen, allerdings kostet das 100 Geldeinheiten und regeneriert nur wenig Ausdauer. Glücklicherweise gibt es einige gesegnete MacGuffins, welche den Ausdauerbalken permanent verbessern. Aber selbst bei maximierten Ausdauerbalken, wird man kaum den ganzen Ingame-Tag benötigen, ehe der Balken wieder verbraucht ist. Außerdem muss man die gut versteckten Segnungen erst mal finden.
Dementsprechend reduziert sich die Relevanz des Tag- und Nachtwechsel auch auf die Standorte der NPCs. Diese befinden sich, je nach Stundenzeit immer an einem anderen Ort und haben dann auch was anderes zu sagen.

Aber selbst das ist nur wegen der Mädels wichtig. Um diese zu erobern, wollen sie freilich beschenkt werden. Worauf die Mädels anspringen und worauf nicht, muss man jedoch selbst herausfinden. In den Geschäften des Dorfs gibt es hierfür sogar spezielle und entsprechend teure Geschenk-Objekte zu erwerben.
Eine andere Möglichkeit die Gunst der Damen zu gewinnen, ist die Teilnahme an den Festivals. Alle sieben Tage findet solch eines statt, und wenn man sich dort vernünftig anstellt, kann man bei den Ladies auch Pluspunkte sammeln. Die maximale Anzahl der Festivals ist jedoch begrenzt. Man sollte jedenfalls nicht erwarten, dass nach 100 Ingame-Tagen noch neue Festivals erscheinen.

Wie viele andere Dinge im Spiel, kann man auch den Beliebtheitsgrad bei den Mädels „aufrüsten.“ Bevor man in die nächsthöhere Levelstufe „zugelassen“ wird, muss man aber immer eine Aufgabe für die Angebetete erfüllen. Danach wird am nächsten Tag eine kleine Storysequenz getriggert, welche die Persönlichkeit der Dame näher beleuchtet. Die Aufgabe für Stufe 4 ist dann immer die Beschaffung des Eherings und eines schicken Hochzeitsanzugs, womit man das erste große Ziel erreicht hat. Für das zweite Ziel muss man dann noch die Stufe 5 erreichen und das eigene Haus ein letztes mal Aufrüsten. Danach hat man das Spiel dann nach ca. 20 Spielstunden gewonnen. Aber keine Bange, wer dann immer noch weiterzocken will, darf sich auf eine Open End-Funktion freuen. Außerdem kann man ja einen weiteren Spieldurchlauf starten, in welchen man dann einfach ein anderes Mädel becirct. Es stehen immerhin Fünf zur Auswahl. Für besagten zweiten Spieldurchlauf, darf man dann sogar direkt mit Stufe 2 Werkzeugen einsteigen, was die Grinding-Arbeit zumindest etwas minimiert.

Was leider nicht zur Verfügung steht sind Achievements, welche in solch einem Spiel sehr sinnvoll gewesen wären. Ein weiterer Aspekt den Harvest Moon-Kenner vermissen werden sind die wechselnden Jahreszeiten. OLWG bietet nämlich nur eine durchgängige Sommer-Jahreszeit. Das macht die Sache zwar simpler und einsteigerfreundlicher, aber auch eintöniger (vor allem in grafischer Hinsicht).

Die größte Schwäche des Spiels ist jedoch der sehr stark ausgeprägte Grinding-Aspekt. Vor allem das Zusammensuchen von Materialien wie Eisen, Steinen und Holz, oder das zusammenkratzen von 25 Perlen für das Ruderboot können sich nämlich verdammt stark in die Länge ziehen. An dieser Stelle wäre es klüger gewesen das Spiel zu straffen. Schließlich muss ja nicht jedes Game unbedingt auf 20 Spielstunden aufgebläht werden.

Grafik und Sound

Es handelt sich um ein RPG-Maker-Spiel auf Basis der XP-Version. So weit ich in den Credits gelesen habe, wurden wohl hauptsächlich vorgefertigte Grafiken einiger RPG-Maker XP-Zusatzpacks verwendet. Ein paar eigene Grafiken mögen wohl auch vorhanden sein, jedoch fallen diese nicht stark ins Gewicht. Unabhängig davon wurde das Spiel liebevoll gestaltet und die Maker-Engine lässt die kleine Ortschaft auch angenehm farbenfroh erscheinen. Letztendlich kommt es natürlich immer darauf an, ob man RPG-Maker-Grafiken einigermaßen leiden kann, oder nicht. Das Einzige was mich persönlich stört, ist der Verzicht auf Portrait-Artworks für die Textboxen. Stattdessen wird hier nur ein vergrößertes Charaktersprite genutzt. Das ist etwas ärgerlich, schließlich hat John Wizard in seinen vorherigen Spielen auch Portraits genutzt und außerdem gibt es ja auch richtige Artwork-Zeichnungen für OLWG. Allerdings werden diese nur auf der Steam-Shopseite genutzt – warum?

Der Soundtrack ist gut gewählt und passt gut zum harmonischen Landwirtschafts-, Natur- und Dorfsetting. Mit der Zeit wird er natürlich reichlich eintönig, außerdem bin ich mir ziemlich sicher, dass die Soundtracks, ähnlich wie die Grafik, ausschließlich aus dem Maker-Baukasten entstammen. Nicht das das schlimm wäre, aber viele legen ja wert darauf, dass auch RPG-Maker-Titel eigens erstellten Inhalt verwenden und nicht nur auf das Vorgefertigte zurückgreifen (was hier leider größtenteils der Fall ist).

So weit also erst mal dazu, leider haben sich einige kleinere Tile-Bugs eingeschlichen. Manchmal gibt es beim Ernten fehlerhafte Pflanzensprite-Grafiken. Darüber hinaus gerät das Spiel hierbei auch mal bezüglich dessen durcheinander, welche Tiles bestellt, gepflügt oder geerntet wurden (so verschwindet z.B. auch mal eine Pflanze, obwohl sie noch nicht geerntet wurde, kehrt dann aber wieder zurück, wenn man eine andere erntet). Das ist aber nur ein kleiner Makel, der auch erlischt, wenn man den Screen verlässt und wieder betritt. Störend ist es aber trotzdem. Nervig ist auch, dass sich die Mühle nach ihrer Reparatur nur dann dreht, wenn man sie von unten oder von der Seite betrachtet. Befindet man sich auf der Ackerfläche über der Mühle, bewegen sich ihre Flügel nicht. Da hat man wohl etwas geschlampt. Es sind aber wie gesagt nur Kleinigkeiten und nichts ernstes. Aber solche Kleinigkeiten trüben eben auch den Gesamteindruck.

Für OLWG gibt es übrigens auch eine Komplettlösung in DLC-Format zu kaufen. Diese ist recht gut gemacht, und bietet sogar ne kleine Einführungs-Kurzgeschichte. Diese beleuchtet die Hintergründe des Protagonisten etwas näher, was im Spiel an sich ja nur ganz kurz im Intro angerissen wird. Ob man dafür aber nun noch einmal 1,99 Euro hinblättern sollte, muss jeder für sich selbst entscheiden.

Meiner Meinung nach, sollte man dieses Geld dann lieber gleich in die Fortsetzung „Melting Hearts: Our Love Will Grow 2“ investieren, welches – genau wie der erste Teil – 4,99 Euro kostet.

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Spiel Bewertung
Singleplayer
72
72
-
Multiplayer

FAZIT

So beliebt Stardew Valley auch sein mag, mich hatte das Spiel mit seinen zahlreichen Möglichkeiten, haufenweise Quests und generell sehr zeitaufwändigen Natur ziemlich stark abgeschreckt. Da lobe ich mir doch ein simpleres Spiel wie Our Love Will Grow, welches sich von der Komplexität her eher an das originale Harvest Moon für den Super Nintendo richtet. Zwar wirkt OLWG stellenweise etwas zu simplifiziert und versucht diesen vermeintlichen Makel mit einem höheren Grinding-Anteil zu kaschieren (was dann ein tatsächlicher Makel ist), jedoch schlägt der Suchtfaktor mit erbarmungsloser Härte zu, und lässt einen nicht eher ruhen, ehe man das Spielziel erreicht hat. Wem das hohe Maß an Grinding und die damit verbundene Eintönigkeit also nicht allzu sehr abschreckt, der wird hier seinen Spaß haben. Zumal diese Dinge ja irgendwo ohnehin zum Nischengenre der Bauernhof-Simulation im japanischen Stil gehört.

- Von  Volker

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