Neverwinter Nights 2 – Mask of the Betrayer Add-on REVIEW

Wie schon beim ersten Neverwinter Nights-Spiel geschehen, so bekam auch die Fortsetzung zwei Add-ons spendiert. Das erste Add-on nennt sich Mask of the Betrayer und kam am 27. September 2007 auf den Markt. Das Add-on wurde positiv aufgenommen und wird auch gerne mit dem legendären Planescape: Torment verglichen. So ein Vergleich weckt natürlich das Interesse und schürt die Erwartungen. Also schauen wir mal, was die Maske des Verräters so alles zu bieten hat.

Gestrandet in einem fremden Land und mit einem üblen Fluch belegt

Undank ist der Welten Lohn: Nachdem der Splitterträger im Hauptspiel nach zahlreichen Strapazen und Verlusten mithilfe des mächtigen Silberschwerts von Gith den Fürsten der Schatten bezwang und somit höchstwahrscheinlich ganz Faerûn rettete, findet er sich nun in irgend einem Ritualraum in den Tiefen eines ungemütlichen Höhlensystems wieder. Unser Held weiß nicht wie er dort gelandet ist, das Letzte an das er sich erinnert, ist die kollabierende Tempelanlage des Fürsten, welche ihm beinahe das Leben gekostet hätte. Von seinem Gefährten fehlt jede Spur – wahrscheinlich hatten sie weniger Glück und kamen ums Leben. Und als ob das nicht schon schlimm genug wäre, hat man ihm auch noch das mächtige Silberschwert gestohlen und ihm sogar den Silbersplitter aus der Brust herausgeschnitten.

Doch unser gebeutelter Held hat Glück im Unglück. Safiya, eine der berüchtigten Roten Magier von Thay kommt ihm zu Hilfe und bricht das Siegel welches ihn gefangenhält. Safiya agiert im Auftrag ihrer Mutter, der Leiterin einer Schule für Rote Magier und soll ihn zu einer gewissen Lienna nach Mulsantir geleiten. Lienna wiederum soll den beiden Rede und Antwort stehen, denn auch Safiya hat keinen Plan, was sich ihre Mutter bei diesem Auftrag gedacht hat. Doch das ist leichter gesagt als getan, denn die Beiden befinden sich in Rashemen, einem barbarischen Land, das weit entfernt von Niewinter liegt und in dem andere Regeln gelten. Naturgeister werden dort wie Gottheiten verehrt. Naturgeister die unseren Helden absolut nicht ausstehen können, schließlich ist er der sogenannte „Geistzehrer“, ein verfluchtes Individuum, welches dazu verdammt ist die Seelen von Geistern und Elementaren zu verzehren, um seinen eigenen Tod hinauszuzögern. Doch letztendlich wird auch der Geistzehrer selbst von seinem „Hunger“ verschlungen, wodurch der Fluch gezwungen ist auf den nächsten Wirt überzuspringen.

Als Geistzehrer und Rote Magierin wird man in Rashemen nicht unbedingt freundlich empfangen und da der Fluch ja auch den eigenen Tod nach sich zieht, gilt es also schnellstmöglich eine Heilung zu finden. Dummerweise wurde Lienna zwischenzeitlich von den Roten Magiern ermordet, ein Schicksal welches auch Safiyas Mutter durch einen Putsch in der Schule ereilt haben soll. Damit sind nun alle offensichtlichen Informationsquellen ausgeschaltet, und unsere beiden Protagonisten somit in Mulsantir gestrandet. Erschwerend kommt hinzu, dass das Dorf kurz darauf von einer Geisterarmee belagert wird, welche dem Geistzehrer ans Leder wollen. Die politische Führung Mulsantirs, in Form von maskierten Hexen, verlangen, dass wir uns der Armee stellen, versprechen aber immerhin Hilfe, wenn die Sache geklärt ist. Wir erhalten sogar eine Gnadenfrist, in derer wir in Mulsantir nach freiwilligen Gefährten suchen dürfen, die sich unserer Sache anschließen mögen. Doch das ist freilich nur der Einstieg in ein Abenteuer, welches recht bald epische Ausmaße annimmt!

Mask of the Betrayer bietet eine der besten Stories, die ihr in einem Dungeons & Dragons-Spiel finden werdet. Der Vergleich mit Planescape: Torment ist also durchaus gerechtfertigt, denn die Qualität der Handlung rangiert gleich an zweiter Stelle nach Torment. Ohne allzu viel zu spoilern, möchte ich erwähnen, dass ihr nach diesem Spiel das Faerûn-Pantheon aus einem ganz anderen Blickwinkel betrachten werdet. Hier wird eine gewaltige Ungerechtigkeit und Grausamkeit thematisiert, die von den Göttern der Spielwelt kollektiv geduldet wird. Darüber hinaus spricht das Add-on auch das Thema der Liebe an. Wie weit würde man gehen um seinen Liebsten zu retten, welche Verbrechen und Gräueltaten würde man dafür begehen? Seid versichert, dass Mask of the Betrayer eine absolut packende Handlung mit interessanten Charakteren bietet, welche darüber hinaus auch über das miserable Ending des Hauptspiels entschädigt. Das Add-on bietet nicht nur wesentlich befriedigendere Endings als die Hauptkampagne, sondern klärt auch über die Schicksale unserer alten Gefährten auf, die ja höchstwahrscheinlich nach dem Kampf gegen den Fürst der Schatten umkamen. Wer diesbezüglich Klarheit sucht, für den führt kein Weg an diesem Add-on vorbei.

Die neuen Gefährten sind im Vergleich zu den Alten eine zwiespältige Angelegenheit. Es handelt sich um sehr exotische Persönlichkeiten, die sofort an die Riege aus Planescape: Torment erinnert. Allerdings bauen sie nicht ansatzweise die selbe Chemie auf, wie die alte Heldentruppe aus Niewinter und Umgebung. Außerdem ist die Anzahl der Companions von 12 auf 5 Leute geschrumpft, wobei man noch nicht mal alle fünf in einem Spieldurchlauf ins Team bekommt, da man indirekt zwischen zwei Companions auswählen muss. Aber da der Umfang von Mask als Add-on nur ca. ein Drittel des Hauptspiels ausmacht, ist das durchaus verständlich.

Leichtere Kämpfe, anspruchsvollere Rätsel

Da es sich um ein Add-on handelt, werde ich nur auf die Neuerungen im Vergleich zum Hauptspiel zu sprechen kommen. Wer detailliertere Infos sucht, kann sich freilich meinen Test zum Hauptspiel durchlesen. Diese neue NWN2-Kampagne ist für die Charakterstufen 18-30 gedacht. Es ist möglich seinen Charakter aus der Hauptkampagne zu importieren, alternativ kann man freilich einen neuen Charakter erstellen, der das Abenteuer in Rashemen dann auf Stufe 18 startet.

Dieses Add-on erweitert Neverwinter Nights 2 um einige neue Möglichkeiten bei der Charaktererstellung. Optionen, die sogar in die Hauptkampagne übertragen werden, sofern dieses Add-on installiert wurde. Die höheren Charakterstufen schalten freilich neue „epische“ Talente und Zauber frei, die eure Charaktere noch mächtiger werden lassen. So mächtig, dass der allgemeine Schwierigkeitsgrad dieses mal ein gutes Stück geringer ausfällt, als vom Hauptspiel gewohnt.

Freilich bekommt man es hier mit neuen, mächtigeren Gegnern zu tun, jedoch hat man nur selten das Gefühl einer Herausforderung gegenüberzustehen. Und wenn der Feind dann doch mal an den Nerven zehrt, dann liegt das Hauptsächlich daran, dass er sich mit einem Unsichtbarkeitszauber belegt hat, bzw. getarnt ist, so dass man ihn kaum treffen kann. Derlei Kämpfe fallen unglaublich zäh und nervig aus, was nicht die Art von Herausforderung ist, die man sich wünschen würde. So wirklich interessant war eigentlich nur der finale Bosskampf, der mich doch einige Versuche gekostet hat, aber auch da gibt es wesentlich bessere Endgegner aus vergleichbaren Spielen.

Etwas überarbeitet wurde das Crafting-System, welches ich im letzten Bericht nicht erwähnte, weil ich es schlicht nicht nutzte, da es für meinen Geschmack zu sperrig zu handhaben ist. Hier gilt es diverse erbeutete Gegenstände (meistens irgendwelche Rohstoffe von getöteten Monstern) auf Werkbänke zu legen und einen bestimmten Zauber auf die Werkbank anzuwenden, um etwas zu kreieren. Etwaige Rezepte erhält man hierfür aus Büchern, die man in der Spielwelt findet. Dieses Konzept wurde im Add-on etwas erweitert, da man hier oftmals Essenzen erbeutet, die sich mittels eines magischen Beutels kombinieren lassen, um stärkere Essenzen zu kreieren, mit denen man dann seine Ausrüstung verzaubern kann (z.B. einen Frosteffekt auf ein Schwert legen etc). Aber noch einmal: Ich kann mit den Crafting-System von Neverwinter Nights 2 – Mask of the Betrayer nicht viel anfangen und habe es daher auch hier nicht ernsthaft genutzt. Ich habe nur Gebrauch davon gemacht, wenn es erforderlich für die Lösung eines Rätsels war, wo wir auch schon beim nächsten Punkt angelangt wären.

Zwar gab es auch schon in der Hauptkampagne einige brauchbare Rätseleinlagen, aber Mask of the Betrayer legt da noch mal zwei, drei Schippen obendrauf. Die Rätsel in diesem Add-on sind zahlreicher und anspruchsvoller als gewohnt. Da müssen Spiegel zurechtgedreht werden, um einen Energiestrahl umzulenken, umfassende Dialoge mit einem Teufel geführt werden, um eines seiner Opfer aus einem Knebelvertrag zu befreien und geheime Portale gefunden werden, die uns in die Schattenebene führen, die sich als eine Art düstere Parallelwelt von Faerûn entpuppt. Übrigens führt an den Rätseln dieses mal oftmals kein Weg vorbei, was bei manchen Spielern natürlich auch für Frust sorgen kann und den Blick in eine Komplettlösung provozieren könnte. Dennoch fühlt sich Mask of the Betrayer hierdurch einfach vollständiger an, als viele andere Dungeons & Dragons-Spiele.

Der Hunger zerrt an den Nerven

Doch kommen wir nun zur großen Besonderheit von Mask of the Betrayer: Der Fluch des Geistzehrers ist nämlich nicht nur eine reine Story-Motivation, sondern beeinflusst auch das Gameplay. Statt eine Festung aufzubauen und zu verwalten, muss man sich hier mit einem Fluch herumschlagen, welcher erwacht, sobald man das zweite von drei Kapiteln erreicht hat. Der Fluch präsentiert sich in Form von zwei Balken, die man managen muss, um am Leben zu bleiben. Da hätten wir einmal den vertikalen „Hunger“-Balken und den Horizontalen „Verlangen“-Balken. Der Hunger-Balken ist leicht erklärt. Sobald dieser auf 0 Fällt, stirbt man und es heißt Game Over. Außerdem erhält man lästige Debuffs, je niedriger der Energie-Balken sinkt. Der Balken sinkt automatisch mit der Zeit, weswegen man nicht zu sehr trödeln sollte. Auch die berüchtigte Rast-Funktion kann deswegen nicht mehr so stark ausgenutzt werden, wie im Hauptspiel, da dadurch auch der Hunger steigt. Sprich: Der Balken sinkt durchs Rasten beträchtlich. Das mit dem Rasten wurde dieses mal ohnehin angepasst. Es gibt nun mehrere Ortschaften, wo Rasten nicht ratsam wäre, da man ansonsten Gefahr läuft angegriffen zu werden (so wie im finalen Dungeon des Hauptspiels). Glücklicherweise bekommt man immer eine Einschätzung wie gefährlich es ist an besagten Ort zu rasten. Rasten funktioniert also wieder wie in den guten alten Infinity-Engine-Spielen.

Doch zurück zum Hunger. Um den Hunger zu stillen, hat man als Geistzehrer mehrere spezielle Zauber, die einem weiterhelfen. Man kann Geister verzehren oder den Hunger unterdrücken oder sogar eigene Erfahrungspunkte opfern, um den Hunger zu stillen (letzteres ist erst möglich, wenn der Balken fast leer ist). Und hier spielt dann auch der Verlangen-Balken mit rein. Geister verzehren stillt den Hunger zwar ganz ordentlich, gilt aber als böser Akt, der auch das Verlangen nach Seelen (den zweiten Balken) in die Höhe treibt. Je höher sich der zweite Balken aufbaut, desto schneller steigt der Hunger und desto mehr gerät man unter Druck den Hunger zu stillen. Es entsteht hieraus also ein Teufelskreis. Doch man kann den Hunger auch unterdrücken, was den Hunger zwar nur leicht stillt, aber auch das Verlangen nach unten drückt, und darüber hinaus auch als die gutherzige Herangehensweise angesehen wird. Dennoch entsteht auch hierdurch über kurz oder lang ein Teufelskreis.

Doch ganz so gemein ist Neverwinter Nights 2 – Mask of the Betrayer dann doch nicht. Es gilt im späteren Spielverlauf einige Entscheidungen zu treffen, die euch neue Geistzehrer-Optionen offenbaren, die dann dabei helfen den Hunger effektiver zu managen. Gute Charaktere können etwa die Fähigkeit verlorene Geister zu exorzieren erlangen, um ihnen die ewige Ruhe zu gönnen. Und als netter Nebeneffekt wird dadurch sogar der eigene Hunger gestillt ohne diese Seelen zu vernichten. Wer durchhält, sowie aufmerksam und clever spielt, kann den Hunger also durchaus in den Griff bekommen. Dennoch sind die beiden Balken des Hungers und Verlangens konstante Begleiter (wie gesagt erst ab Kapitel 2), die unangenehmen Druck aufbauen, dem sich wohl nicht jeder Spieler aussetzen möchte. Viele werden dieses neue Spielsystem gewiss hassen, aber das muss freilich jeder für sich selbst entscheiden. Ich persönlich empfand es als coole, ungewohnte Herausforderung in solch einem Spiel, kann aber verstehen, wenn andere damit nichts anfangen können.

Grafik, Sound und sonstiges

Da es sich um ein Add-on handelt, sollte man in grafischer Hinsicht nichts weltbewegendes erwarten. Mask of the Betrayer sieht halt genauso aus wie das Hauptspiel. Einziger Unterschied sind freilich ein paar neue Grafik-Bausätze für die Umgebungen, neue Monstermodelle etc. Selbstredend, dass diese Dinge auch den Nutzern des Toolkits zugute kommen, welches zusammen mit dem Spiel ausgeliefert wird.

Positiv zu erwähnen ist jedoch die höhere Qualität des Mappings. Das Dorf Mulsantir wurde beispielsweise wesentlich attraktiver zusammengesetzt als die Stadt Niewinter mit ihren oftmals konfus platzierten Häusern. Und das neue Setting profitiert natürlich von den etwas exotischeren Landschaften. Das ewige Wald- und Wiesensetting des Hauptspiels war da doch etwas dröge.

Die Präsentation der Zwischensequenzen und das Spiel an sich wirken zunächst weniger Buganfällig als gewohnt, jedoch ist mir das Spiel oftmals eingefroren, was verdammt lästig ist. Der Task-Manager half da auch nicht immer, 2 mal musste ich meinen Rechner sogar direkt ausschalten (also ohne „Herunterfahren“). Verdammt unangenehm.
Wenigstens gibt es nun neue Soundtracks, die auch ganz ordentlich zur neuen Region Rashemen passen. Wichtiger noch, wirkt der OST dadurch nicht mehr wie eine bloße Kopie des ersten Teils. Die Sprachausgabe bewegt sich auf demselben Niveau wie das Hauptprogramm. Leider wurde der Sprecher eines bestimmten wiederkehrenden Charakters ausgewechselt. So etwas nervt immer. Da besagter Charakter aber nur wenige Zeilen Dialogtext bekommen hat, ist das nicht so schlimm.

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Spiel Bewertung
Singleplayer
88
88
Gut
-
Multiplayer

FAZIT

Wer Neverwinter Nights 2 mochte und mehr will, der kann hier eigentlich bedenkenlos zugreifen. Die Story gehört zum besten was die Dungeons & Dragons-Franchise hervorgebracht hat und wer vom miesen Ending der Hauptkampagne angepisst ist, bekommt hier die angemessene Entschädigung. Die Krux ist jedoch das neue Spielkonzept des Fluch-Managings. Ab dem zweiten Kapitel der ca. 20-Stündigen Mask of the Betrayer-Kampagne wird man einem konstanten Druck ausgesetzt, der für solch ein Spiel extrem ungewohnt ist und bei vielen Spielern wohl auf wenig Gegenliebe stoßen wird. Wer damit zurechtkommt, darf sich jedoch auf ein weiteres, besonders episches Abenteuer mit dem Kalach-Cha, unserem geschätzten Sumpfbauern aus Westhafen freuen!

- Von  Volker

MS Windows

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