Neon Blight REVIEW

Neon Blight ist der Debut-Titel des kanadischen Indie-Entwicklers Bleeding Tapes. Das Spiel erschien am 11. Juli 2022 auf Steam und ist ein Top-Down Twin-Stick-Shooter, welcher mit einem Shop-Management-Gimmick daherkommt. Der Entwickler nennt hierbei „Enter the Gungeon“ und „Moonlighter“ als Inspirationsquellen für sein Spiel und lässt das ganze in einem Cyberpunk-Setting stattfinden.

Der Entwickler ist an uns herangetreten und bot einen Key zu Testzwecken an. Da haben wir freilich nicht nein gesagt und diese spannende Mischung mal näher unter die Lupe genommen. Ob bei Neon Blight etwas tolles herausgekommen ist oder nicht, erfahrt ihr im folgendem Review.

Die Jagd nach der ultimativen Waffe

Das Spiel selbst verrät uns wenig über die Hintergründe der Welt in der es stattfindet. Nur ein Blick auf den Entwickler-Blog schafft hier etwas Abhilfe. So basiert die düstere Cyberpunk-Historie von Neon Blight auf dem Ausbruch des Supervulkans unterhalb des Yellowstone-Nationalparks im Jahr 2056. Diese Katastrophe sorgte dafür, dass die USA unbewohnbar wurde, was Flüchtlingswellen, Hungersnöte und Überbevölkerung zur Folge hatte. Doch es gab auch Gewinner in dieser Krise. Vor allem das Supergenie Christopher Hiems prägte die Zukunft mit fliegenden Autos, der Möglichkeit Erinnerungen eines Individuums auf einen Computerchip zu übertragen und effizienter Stadt-Architektur.

Die Story des Spiels beginnt jedoch erst im fernen Jahr 2233. Lara Smith und ihr Partner Franko sind Polizisten der Stadt Neo Chongqing. Der Kontakt zu zwei Polizeibeamten ist abgebrochen und Lara und Franko sollen herausfinden, was aus den beiden Kollegen geworden ist. Letztendlich werden die Beiden vor einem alter Bunker im Wald fündig. Die beiden Vermissten sind tot, also wird der Bunker gestürmt und die dortige Gang zerlegt. Der Gangführer Lucius (Death)Blade kann sogar lebendig gefangengenommen werden. Im Verhörraum wird die Euphorie unserer beiden Helden jedoch sogleich ausgebremst, denn Lucius macht den Beiden klar, dass er die Hälfte der Cops auf der Gehaltsliste stehen hat und diese anweisen wird jeden guten Cop abzumurksen, wenn man ihn nicht gehen lässt. Ferner würde er zur Strafe Laras und Frankos Finger abschneiden.

Wie Lara und Franko mit dieser Situation umgehen bleibt zunächst ungewiss, denn es folgt ein Zeitsprung 15 Jahre in die Zukunft. Laras Onkel ist verstorben und hat ihr seinen alten Waffenladen vererbt. Die sichtlich abgehalfterte Lara nutzt diese Erbschaft, um die Polizeimarke an die Wand zu nageln und unter die Waffenhändler zu gehen. Franko schenkt ihr sogar ein Startkapital von 500 Credits.

Doch bevor Lara sich ein neues Leben aufbauen kann, holt sie die Vergangenheit ein. Eine benachbarte Händlerin bittet Lara darum eine besonders aggressive Gang zu beseitigen, welche ihr in letzter Zeit das Leben schwer macht. Wenig überraschend handelt es sich um die Gang von Deathblade. Lara begreift, dass sie den Kerl beseitigen muss, wenn sie jemals ihre Ruhe haben will. Sie hätte nicht ahnen können, dass dies nur der erste Schritt zum erlangen der legendären, ultimativen Waffe ist, welche angeblich im Wald versteckt liegen soll. Doch um den Schießprügel abzugreifen muss sich Lara mit diversen absonderlichen Gestalten tödliche Duelle liefern.

Wer hier eine spannende Handlung sucht, ist an der falschen Adresse. Die Story ist nur Mittel zum Zweck, um das Geballer zu rechtfertigen. Die Endsequenz bzw. der Schlussdialog wirkt erschreckend banal und antiklimaktisch. Natürlich dient das dazu, um das Game via Open End weiterlaufen zu lassen. Trotzdem kommt man sich hier verarscht vor. Vor allem auch deswegen, weil die ultimative Waffe mit ihrer lächerlich niedrigen Schussfrequenz gar nicht so hilfreich ist.

Tödliche Waldspaziergänge und ein Waffenladen als Klotz am Bein

Neon Blight ist in erster Linie ein Twin-Stick-Shooter. Trotzdem möchte ich hier zuerst das Shop-Management-Feature abwickeln. Dieses kann ironischerweise durchaus vernachlässigt werden, denn im Endeffekt braucht man den Laden nur, um etwas Geld zu verdienen. Mit dem Geld sollen dann die Zonenwächter im Walddungeon bezahlt werden, damit sie den Zugang zu anderen Dungeonabschnitten gestatten. Ein paar Händler, welche Waffen und Perk-Gegenstände verkaufen gibt es dort ebenfalls zu finden. Glücklicherweise sind die Preise für die eben genannten Dinge recht vernünftig gehalten, weswegen man keine Ewigkeit mit Geldgrinden oder dem Shopmanagement verbringen muss.

Im Endeffekt wirkt der Waffenladen wie ein lästiger Zwischenschritt. In anderen Spielen vertickt man seinen Loot, den man nicht selbst benötigt, beim nächstbesten Händler. Und hier ist man eben selbst der Händler der den Schrott-Loot verhökern muss. Das Spiel versucht zwar die Sache interessanter zu gestalten, indem man den Preis für jedes Verkaufsobjekt individuell festlegen darf, Dekorations-Objekte für den Laden kaufen kann, oder einige absurd teure Upgrades durchführen darf, aber das erscheint mir alles wie Blendwerk. Ich habe mich in meinem ca. 5-stündigen Vorveröffentlichungs-Spieldurchlauf jedenfalls nicht groß damit befasst, und es hat mich ja auch nicht daran gehindert das Spiel durchzuspielen.

Also schauen wir uns den interessanteren Gameplay-Aspekt an: Das Geballer. Die Twin-Stick-Steuerung funktioniert gut. Egal ob mit Tastatur und Maus oder mit Controller: Laufen, zielen, schießen und die Dodge-Roll gehen sauber von der Hand, wobei die Präzision der Maus mit einem Analogstick freilich nicht erreicht wird. Generell problematisch ist jedoch die Menüführung, welche unerwartet unintuitiv aufgebaut wurde und eine Eingewöhnungsphase erfordert. Mit dem Controller hatte ich sogar gar keine Lust auf die Menüführung, weswegen ich dann auch recht schnell auf die Tastatur und Maus-Kombo gewechselt bin.

Aber genug davon. Da es keine Spieloptionen gibt, kann man sich direkt ins Spiel stürzen. Der erste Ausflug in Deathblades Bunker dient als solides Tutorial für den Baller-Aspekt des Spiels. Danach geht’s ins Hub in Form eines Cyberpunk-Stadtviertels. Dieses fällt jedoch recht mickrig aus und bietet derzeit nur drei relevante Ortschaften (andere Gebäude verfügen derzeit noch über keine Funktion). Den eigenen Waffenladen, den Möbelladen und den Arzt. Letzterer will 50 Credits für jede Heilung eines halben Herzes. Man sollte also schon zusehen Verletzungen zu vermeiden. Der Tod wird mit dem Verlust aller mitgeführten Gegenstände bestraft. Lediglich die Startwaffe und das gehamsterte Geld darf man behalten. Abgesehen davon hat der Bildschirmtod jedoch keine negativen Konsequenzen. Der Waffenladen bietet eine kleine Lagerstätte, wo man fünf Gegenstände zwischenlagern kann, die nicht vom Ableben betroffen sind.

Hat man seine Anliegen im Stadt-Hub erledigt, besteigt man sein fliegendes Auto und wird automatisch zur immer gleichen Stelle im Walddungeon transportiert. Dort zerballert man diverse Gegnertypen, um zufallsbasierten Loot zu kassieren und eventuell eine Nebenquest für einen NPC abzuwickeln. Wenn man glaubt, dass man eine starke Waffe in der Hand hat und ein paar hilfreiche Perk-Gegenstände gehamstert hat, kann man versuchen einen der insgesamt sieben Bossgegner herauszufordern. Diese stellen natürlich das klare Highlight im Spiel dar und leisten tüchtige Gegenwehr, welche auch mal in Bullethell ausarten können.

Ich selbst hatte das Spiel recht bald in die Knie gezwungen, denn der Zufallsgott hat mir die Geisterkugeln zugespielt, ein mächtiger Perk-Gegenstand, der die eigenen Kugeln komplett durch den Gegnersprite hindurchfliegen lässt. Dies hat zur Folge, dass der Gegner mehrmals von einer einzigen Kugel getroffen wird und dadurch derben Schaden erleidet. Ich denke, ich muss nicht erklären, dass mich ab diesem Zeitpunkt nichts mehr aufhalten konnte und ich jeden Boss ohne Probleme wegpusten konnte. Ob das jedoch wirklich so vom Entwickler gedacht war, lass ich einfach mal im Raum stehen.

Aber wie auch immer, auch wenn das Spiel mittlerweile offiziell veröffentlicht wurde, fühlt es sich immer noch wie ein Early Access-Titel an. Es gibt Bugs wie Abstürze oder das verkeilen an Wänden, ein Teleportationssystem welches immer noch nicht funktioniert, und höchst fragwürdiges Balancing (der erste Boss im Spiel gilt z.B. als einer der Schwersten). Interessierte sollten also erst noch ein bisschen warten, ehe sie den stolzen Preis von 19,99 € zahlen.

Grafik und Sound

Neon Blight setzt auf Pixelgrafik, versucht dabei jedoch nicht den Stil einer Retrokonsole nachzuäffen, sondern nutzt einen eigenen Stil. Die Grafik wirkt ganz niedlich und ist trotz des düsteren Settings farbenfroh, kann jedoch nicht so recht vom Hocker hauen. Vor allem die Charaktersprites wirken zu fitzelig, und es sieht schon recht bescheuert aus wie die Charaktersprites mit den Waffensprites rumeiern. Demgegenüber stehen ein paar nette Details wie einige wenige Umgebungsobjekte, die sich zerstören lassen oder Patronenhülsen die auf dem Boden liegen bleiben. Unterm Strich gewinnt das Spiel aber keinen Blumentopf in der Kategorie Grafik.

Wirklich enttäuschend ist hingegen der Soundtrack. Dieser ist nämlich kaum vorhanden und taucht hauptsächlich im Titlescreen und innerhalb der Bosskämpfe auf. Innerhalb des Stadtviertels und der Dungeonerkundung sollte man keinen OST erwarten. Und die paar Synthi-Tracks die es gibt, können keinen Eindruck schinden und dudeln zu unspektakulär im Hintergrund vor sich hin.

Eine Sprachausgabe gibt es nicht, aber immerhin sorgen die Geräusche der Schießeisen für Laune. Das ist aber einfach zu wenig. Beim Soundtrack sollten die Macher noch kräftig die Schrauben ansetzen!

Immerhin bietet das Spiel jedoch deutsche Bildschirmtexte. Diese sind ganz gut gelungen, jedoch arbeitete der Übersetzer mit zu vielen Fragezeichen. Hier wäre es nicht verkehrt, wenn noch mal der Lektor drüberschaut. Da es eh nicht viel Schrifttext im Spiel gibt, sollte das auch nicht zu lange dauern.

Pro & Kontra

thumbs-up-icon

Pros
  • nette Grundidee
  • solide Steuerung via Tastatur und Maus

thumbs-up-icon

Cons
  • der Waffenladen ist nur ein Gimmick
  • die Handlung beginnt spannend, driftet nach der Einführung jedoch ins irrelevante ab
  • enttäuschender OST
  • schwaches Preis- Leistungsverhältnis (19,99 € für ca. 5 Stunden Spielzeit)
  • fühlt sich immer noch wie „Early Access“ an (Bugs, schwaches Balancing, ...)

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Spiel Bewertung
Singleplayer
60
60
-
Multiplayer

FAZIT

Neon Blight befindet sich leider immer noch nicht in einem Zustand, in dem das Spiel überzeugen kann. Der Waffenladen-Aspekt wirkt wie ein reines Gimmick, statt eines zentralen Gameplay-Bestandteils. Das Twin-Stick-Geballer funktioniert solide, leidet jedoch unter schwachem Balancing. Generell fühlt sich das Spiel noch hochgradig unfertig an. Wieso gibt es im Hub-Areal so viele Läden, in denen man nichts machen kann? Wieso funktioniert das Teleporter-System immer noch nicht? Warum verkeilt Lara immer noch an Wänden? Hinzu kommt ein mieses Preis- Leistungsverhältnis. Neon Blight ist beim besten Willen keine 19,99 € wert. Vor allem auch nicht wegen der Schwächen im audiovisuellen Bereich. Ich mein, das Spiel ist im Kern eine Twin-Stick-Shooter mit Dungeoncrawling. Wieso bekomm ich im Dungeon dann nicht mal coole Synthwave-Mucke zu hören? Sorry, aber für Neon Blight kann ich derzeit keine Empfehlung aussprechen. Wenn sich der Entwickler Mühe gibt und tüchtig die Schrauben ansetzt, kann es in einem halben Jahr oder so vielleicht einen vorsichtigen Blick wert sein.

- Von  Volker

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