Montague’s Mount REVIEW
Bei dem am 19.11.2013 veröffentlichten Montague’s Mount handelt es sich um das erste Spiel des in Irland ansässigen Amateur-Entwicklers PolyPusher Studios. Dahinter verbirgt sich ein Engländer, dessen Umzug nach Irland wohl einen derart großen Kulturschock ausgelöst hat, dass er ebendiesen in Form eines düster angehauchten First Person-Adventures verarbeiten wollte. Zumindest geht er so weit zu behaupten, dass die Handlung des Spiels auf „einer wahren Geschichte“ basiert. Mit diesem Statement ist jedoch nicht die Handlung des Spiels gemeint, sondern sein allgemeiner Eindruck von Irlands düsteren Küstenregionen. Darüber hinaus will ich bereits an dieser Stelle gesagt haben, dass Montague’s Mount zwei Teile umfassen sollte, der zweite Teil aber nach wie vor auf sich warten lässt. Aber wie dem auch sei, hier geht es jetzt erst einmal darum herauszufinden, ob die 4,99 Euro teure erste Episode etwas taugt oder nicht.
Der kleine Junge und der Schiffbrüchige mit Gedächtnisverlust
Montague’s Mount beginnt mit gleich zwei Videospiel-Storyklischees: Der Protagonist findet sich als vermeintlicher Schiffbrüchiger am Strand einer irischen Insel wieder und leidet obendrein auch noch unter Amnesie. Dementsprechend belaufen sich seine Ziele nun darin seine Identität zu ermitteln und einen Fluchtweg von dieser ungemütlichen, gräulichen Insel zu finden. Doch es dauert nicht lange, ehe er bemerkt, dass auf der Insel etwas gehörig schief gelaufen ist. Die Häuser sind verfallen und unbewohnt und überall liegt Sperrmüll herum. Als der Protagonist dann auch noch von Visionen von einem kleinen Jungen gepiesackt wird, wird sein Nervenkostüm auf eine herbe Belastungsprobe gestellt. Was auf der Insel vorgefallen ist, und was es mit dem Schiffbrüchigen und dem kleinen Buben auf sich hat, müsst ihr jetzt freilich selbst herausfinden.
Die Handlung des Spiels ist eher langweilig, da man bereits frühzeitig erfährt, was auf der Insel vorgefallen ist. Wenig später erfährt man dann auch die Identität des Protagonisten und kann sich seine Beziehung zum Jungen denken. Gegen Ende des Spiels gibt es dann natürlich noch zwei forcierte Wendungen auf den Tisch, sowie ein offener Handlungsbrocken und eins, zwei Logiklücken, was wohl dazu motivieren soll sich die zweite Episode zuzulegen, welche jedoch (noch) nicht existiert und deren Fertigstellung äußerst ungewiss ist. Der Kickstarter-Ausflug mit einer völlig absurden Wunschvorstellung von 15.000 € ist jedenfalls gnadenlos gefloppt (es wurden gerade einmal 294 € erzielt).
Darüber hinaus nervt der Titel mit veralteten und amateurhaften Erzählstilen. So wird ein Großteil der Handlung anhand von wirklich krampfhaft platzierten Briefen und Tagebuchseiten präsentiert. Ab und zu gibt der Protagonist auch mal ein kleines Selbstmitleid-Selbstgespräch von sich. Und dann tauchen auch noch Schwarzblenden auf, die irgendein historisches Zitat zum Thema Wahnsinn beinhalten. Zumindest Letzteres hätte man sich echt sparen können. Die Krönung sind jedoch die zwei, drei extrem halbherzig implementierte Jumpscares. Diese sind so ziemlich die miesesten und unbrauchbarsten Jumpscares die ich jemals erlebt habe. Obendrein passen sie auch überhaupt nicht zum Spiel, da Montague’s Mount seine Gruselatmosphäre nun einmal aus der penetrant-grauen Schmuddellandschaft beziehen will (welche auch relativ ordentlich umgesetzt wurde). All dem hängt ein äußerst strenger Amateur-Mief an. Und wenn ich Amateur sage, dann meine ich keineswegs Indie! Solide Indie-Qualität ist einem Montague’s Mount nämlich meilenweit voraus.
Träger Rätsel-Spaziergang auf der irischen Sperrmüll-/Schmuddelwetter-Insel
In der ersten Spielminute irritiert das Spiel gleich mal mit einem humpelnden Protagonisten, was dafür sorgt, dass die Ego-Kamera extrem unkontrolliert durch die Gegend wackelt und somit ein unangenehmes Schwindelgefühl beim Spieler hervorruft. Die erste Aufgabe besteht also darin einen Gehstock am Strand zu finden, damit diese unsägliche Wackelei aufhört und man das Spiel überhaupt erst einmal vernünftig spielen kann. Aber selbst wenn der Gehstock gefunden wurde, sollte man sich besser daran gewöhnen, dass der Protagonist nur sehr langsam läuft und etwaige Backtracking-Passagen somit, trotz der übersichtlichen Spielwelt, einen großen Nervfaktor darstellen können. Die allgemeine Steuerung funktioniert jedoch soweit solide. Mit WASD bewegt man seine Spielfigur über die Insel und mit den Maustasten interagiert man mit der Umgebung. Das Inventar wird mit der I-Taste aufgerufen, wo man die Items mit dem Mausrad durchschalten kann. Auf diese Weise angewählte Items werden dann automatisch angewendet, wenn man den passenden Hotspot anklickt. Überflüssigerweise wird die Tragekapazität des Inventars auf fünf Gegenstände beschränkt.
Man erkundet also die Insel aus der Egoperspektive und löst ein paar simple Inventarrätsel, die jedoch keine Kombination der gesammelten Gegenstände voraussetzen. Wirklich interessant sind also eher die Apparatur- und Coderätsel, die es zu lösen gilt. Da muss man etwa einen Morsecode entschlüsseln, eine Sonnenuhr einstellen oder ein Kompass-System ausrichten. Es macht Spaß diese Rätsel zu lösen, da deren Schwierigkeitsgrad für meinen Geschmack sehr gut dosiert wurde. Allzu wirrer Myst-Kram ist also nicht zu befürchten, ein gewisses Maß an Mühe ist aber trotzdem erforderlich, um die Rätsel zu knacken, auch wenn es im Kern immer darauf hinausläuft die Infozettel und -tafeln zu entdecken und zu deuten. Der Rest ist dann eher Formsache. Aber wie gesagt, die Apparatur- und Coderätsel machen Spaß und bilden das klare Highlight von Montague’s Mount. Das sehr simple und leichte Timing-Minigame, welches ab und zu bewältigt werden muss, hätte es aber nicht gebraucht. Auch weil es ohne Sinn und Verstand ins Spiel implementiert wurde.
Allzu lange hält der Ausflug auf der irischen Schmuddel-Insel übrigens nicht an, denn selbst wenn man Zeit investiert den Großteil der Sammelgegenstände einzusammeln, um entsprechende Achievements zu verdienen, ist das Spiel nach ca. 4 Stunden auch schon wieder vorbei. Wobei es bei dieser Zeitangabe natürlich auch darauf ankommt wie gut man mit den Rätseln oder der Sucherei nach (wichtigen) Gegenständen zurechtkommt. Aufgrund der konstant grauen Grafiksuppe kann man viele Gegenstände nämlich leicht verfehlen.
Das Spiel verwendet übrigens Autosaves, kreiert für jeden Auto-Speichervorgang jedoch einen separaten Speicherstand, die man beim Wiedereinstieg frei anwählen darf. Und da derartige Speicherstände in löblicher Regelmäßigkeit angelegt werden, zählt der Faktor „Autosave als kompletter Ersatz für manuelle Speicherstände“ mal außnahmsweise nicht als negativer Kritikpunkt.
Grafik und Sound
Bevor ihr ins Spiel einsteigt seht erst mal zu, dass ihr den grässlichen „Filmkörnungs“-Effekt (Film Grain) im Optionsmenü deaktiviert. Dieser sieht nämlich absolut scheiße aus und macht ein ohnehin schon grafisch schwachbrüstiges Spiel noch unansehnlicher. Wie bereits mehrfach angesprochen ist die dominierende Farbe im Spiel Grau. Dementsprechend wird die Grafik natürlich sehr schnell verdammt eintönig. Aber selbst ohne diesen Faktor würde das Spiel optisch nicht allzu viel hermachen. Einige Texturen sehen nämlich richtig mies aus. Ich denke das freundlichste was ich über die Grafik sagen kann, ist, dass ich sie nicht als „Schlecht“ einstufen würde. Mehr als knappes Mittelmaß wird im Bereich Grafik jedoch nicht geboten. Da kann auch der solide Regenschauer-Effekt nichts dran ändern.
In akustischer Hinsicht fällt Montague’s Mount in erster Linie wegen der guten Sprachausgabe auf. Zwar geht diese nur vom Protagonisten und einem rein optionalen Schallplattenspieler aus, aber die Qualität passt. Überraschenderweise hat man sich sogar die Mühe gemacht einen deutschen Sprecher für den Protagonisten zu engagieren! Dieser Extra-Aufwand ist angesichts der sonstigen, eher mäßigen Qualität des Spiels sehr überraschend. Etwas was man als Soundtrack bezeichnen könnte ist mir jedoch nicht im Gedächtnis hängen geblieben. Die Soundeffekte sind dafür sehr gelungen und verbreiten ein gutes Schmuddelwetter-Feeling. Das sporadische Gehuste des Protagonisten ist jedoch ziemlich nervig und hätte man stecken lassen können.
Leider sind im Spiel einige Bugs enthalten. Allzu forsches Erkunden hat bei mir ein einziges mal dazu geführt, dass sich meine Spielfigur dauerhaft im Gebüsch verkeilte und ich einen Spielstand laden musste. In der Regel vermeidet das Spiel solche Situationen jedoch durch den Einsatz unsichtbarer Wände. Auch wenn die Lösung „Unsichtbare Wand“ alles andere als Elegant ist. Witziger ist hingegen der Sprung-Bug. Mehrmals im Spiel hat meine Spielfigur einen sehr hohen Sprung in die Luft hingelegt, was meistens dann passiert ist, wenn ich versehentlich im Rückwärts-Gang über irgend ein Objekt gelaufen bin. Das war zwar einerseits witzig, hat aber andererseits jegliche Atmosphäre zerstört, was für ein Spiel, welches auf Atmosphäre setzt logischerweise reines Gift ist.
Unabhängig von den Bugs irritiert der Entwickler damit, dass er Gegenstandsbeschreibungen grundsätzlich in irischer Sprache textet, und die angewählte Spielersprache hierbei lediglich in kleinerer Schrift und umklammert unter der irischen Schrift gesetzt wird. Andersherum hätte ich mir das ja gefallen lassen, aber so wie es aktuell geregelt ist, bleibt mir nur zu sagen, dass ich nichts davon halte, wenn derart krampfhaft versucht wird mir eine fremde Sprache näher zu bringen.
Pro & Kontra
- bietet einige solide Code- und Apparatur-Rätsel
- gute (deutsche) Sprachausgabe
- zeigt wie man „Only“-Autosaves richtig handhabt (die Option manueller Speicherung bleibt jedoch vorzuziehen)
- 4,99 € für 4 Stunden Spielzeit eines Amateur-Projekts
- lahmarschige Fortbewegung der Spielfigur
- die zweite Episode des Zweiteilers wird es wohl nie geben
- die Handlung ist ohnehin eher langweilig und wird obendrein sehr schwach präsentiert
- mittelmäßige Grafik in grauer Farbsuppe
- diverse Detailmacken (aktivierte Filmkörnung, der Sprung-Bug, überflüssiges Minigame, …)