Minit REVIEW
Wenn sich vier Independant-Entwickler zusammenschließen, um ein neues Computerspiel auf die Beine zustellen, dann kann man wohl davon ausgehen, dass was interessantes und großes dabei herauskommt, oder etwa nicht? Im Fall von Minit, einem Top-Down Action-Adventures, welches am 03. April 2018 veröffentlicht wurde, ist die Antwort auf diese Frage etwas zwiegespalten. Zwar bietet Minit in der Tat eine interessante Spielmechanik, die das Spiel von allen anderen Genrevertretern abhebt, jedoch ist das Spiel ansonsten eher klein und minimalistisch gehalten. Ob das 9,99 Euro teure Indie-Spielchen jedoch dennoch sein Geld wert ist oder nicht, soll folgendes Review aufzeigen.
Ein verfluchtes Schwert und die unerwünschten Folgen der Industrialisierung
In irgendeiner kleinen Fantasy-Welt, welche von abstrakten Furry-Viechern bewohnt wird, lebt ein kleines Kerlchen mit langem Schnabel. Das Kerlchen entdeckt eines Tages beim Spaziergang am Strand ein Schwert. Natürlich wird die Klinge gleich mal eingesackt, schließlich will man ja dem Spitzohr mit der grünen Zipfelmütze nacheifern. Dummerweise ist das Ding jedoch mit einem üblen Fluch belegt. Der Besitzer des Schwerts ist dazu verdammt alle 60 Sekunden zu krepieren, woraufhin er in seiner aktuellen Bleibe wiederbelebt wird und der Minuten-Timer erneut gnadenlos heruntertickt. Dies ist natürlich kein Zustand, in dem man ein glückliches Leben führen kann. Also muss der Fluch gebrochen werden. Wie sich herausstellt, hat in der Nachbarschaft eine Fabrik aufgemacht, welche Schwerter als Massenware produziert und dabei fleißig Umweltverschmutzung verursacht. Damit dürfte der Ursprung allen Übels auch schon offenbart sein. Dummerweise ist es verdammt schwer von A nach B zu gelangen, wenn man dazu verdammt ist jede Minute zu sterben und in die aktuelle Wohnung zurückteleportiert zu werden. Jetzt ist Improvisation angesagt. Kann das kleine Kerlchen zur Fabrik vordringen und den teuflischen Fluch brechen?
Tja, und mehr gibt es dazu auch gar nicht zu sagen. Aufgrund der minimalistischen Herangehensweise wird einem ein „Wieso? Weshalb? Warum?“ vorenthalten. Die NPCs verfügen abgesehen von einigen kurz angerissenen Marotten über keinerlei Persönlichkeit und der Protagonist gehört zur Stumm-Kategorie. Abgesehen von der unterschwelligen Pro-Umweltschutz und Anti-Industrialisierungs-Moral dienen Handlung und Charaktere nur dazu, um das Spiel in Betrieb zu setzen. Ob das ausreicht oder nicht muss jeder für sich selbst entscheiden.
Was bleibt, wenn man über das Gimmick hinausblickt?
Im Kern handelt es sich um ein typisches Top-Down Action-Adventure. Man erkundet die Spielwelt in gewohnt unkomplizierter Steuerung aus der Vogelperspektive, tratscht mit NPCs um Informationen zu erhalten, verkloppt Gegner, löst Rätsel und entdeckt nützliche Werkzeuge, welche neue Wege öffnen. Das Besondere an Minit ist jedoch, dass man einen konstanten 60 Sekunden-Timer im Nacken hat und somit oftmals gezwungen ist spezifische Aufgaben innerhalb dieses strengen Zeitlimits zu absolvieren. Entdeckte Gegenstände wie neue Werkzeuge und Herz-Power Ups, als auch Quest-Erfolge bleiben jedoch selbst nach dem erneuten Zeitlimit-Tod erhalten. Somit kann man sich also trotz des Fluchs Stück für Stück zum Ziel vorarbeiten. Der Trick ist ganz einfach, dass man fokussierter vorgehen und die jeweiligen Problemstellungen gezielt in Angriff nehmen muss.
Die Rätsel sind teilweise sehr clever und basieren natürlich auch häufig auf dem Zeitlimit-Faktor. Eine der ersten Aufgaben besteht z.B. darin fünf Krebse zu beseitigen, welche die Umgebung einer Kneipe unsicher machen. Diese Krebse muss man nun innerhalb des Zeitlimits aufspüren und töten. Trotz der kurzen Spieldauer von ca. 2 Stunden (ich selbst habe 110 Minuten für meinen Spieldurchlauf benötigt) wird eine solide Rätselpalette geboten. Von Kisten-Verschieberätseln über ein Teleporter-Labyrinth bis hin zum cleveren Einsatz der Werkzeuge ist alles dabei. Die Werkzeuge umfassen unter anderem eine Gieskanne, eine Taschenlampe oder Laufschuhe zur schnelleren Fortbewegung. Die meisten Werkzeuge wie die Taschenlampe oder Laufschuhe arbeiten passiv und funktionieren automatisch, sobald man sie im Inventar hat. Ein paar von denen werden jedoch vor der aktuellen Bleibe „gelagert“ und müssen durch aufsammeln aktiviert werden. Das Kerlchen kann nämlich nur ein aktives Werkzeug auf einmal mit sich führen. Man kann sich also nicht gleichzeitig mit Schwert und Gießkanne ausrüsten. Diese Einschränkung wirkt ehrlich gesagt etwas nervig und unnötig.
Der Kampf ist sehr simpel gestrickt und besteht nur darin mit dem Schwert zuzustoßen. Später bekommt man noch ein Power-Up, um die Klinge als eine Art Bumerang zweckzuentfremden. Man startet das Spiel mit zwei Herzen. Ein feindlicher Treffer kostet ein Herz, man kann jedoch weitere Herzen in der Spielwelt entdecken, um die Gesamtanzahl der Herzen zu steigern. Regenerationsmöglichkeiten verlorener Lebensenergie gibt es jedoch nicht. Weitere Fundsachen wären Geldmünzen, von denen jedoch nur eine geringe Anzahl in der Spielwelt verborgen liegt, und die benötigt werden um die Laufschuhe zu kaufen, sowie Tentakeln, welche man für eine Sidequest auftreiben soll. Die Spielwelt mag zwar relativ klein sein, ist jedoch groß genug, dass man sie nicht innerhalb von 60 Sekunden bereisen kann. Aufgrund dessen gibt es mehrere Bleiben im Spiel. Jede Bleibe dient als Respawn-Punkt, zu der man nach dem Tod zurückteleportiert wird. Aktiviert ist jene Behausung, die man zuletzt besucht hat. Netterweise hat man auch an einen Selbstmord-Button gedacht, mit dem man eventuellen Wartezeiten auf den Tod vorbeugen kann.
Hat man das Spiel durchgespielt, schaltet man eine Game + Funktion frei, wo man einen neuen Spielmodus namens „Und Jetzt Schnell“ anwählen kann. Das ist quasi ein höherer Schwierigkeitsgrad mit 40 Sekunden-Timer, abgewandelten Rätseln, zerbrochenem Schwert (logischerweise nicht so gut wie das normale Schwert) und der Beschränkung auf ein einziges Lebensenergie-Herz. Schafft man es das Spiel zu 100 Prozent abzuschließen bekommt man noch einen weiteren Modus freigeschaltet, in dem man das Spiel ohne Zeiteinschränkungen spielen darf. Zusammen mit den Achievements wird hierdurch also durchaus für etwas Wiederspielwert gesorgt, was die unverschämt kurze Spieldauer zumindest etwas ausgleicht..
Grafik und Sound
Auch in grafischer Hinsicht setzt Minit auf Minimalismus. Das gesamte Spiel wird lediglich in den Farben Schwarz und Weiß dargestellt und auch die Gestaltung der Sprites ist ziemlich bodenständig. Auffällig ist die abstrakte Gestaltung der Charaktersprites, es ist nicht immer offensichtlich welcher Tierart der jeweilige Furry-NPC nachempfunden ist. Abgesehen vom Endkampf sollte man auch keine grafischen Highlights erwarten. Dementsprechend gibt es auch nicht mehr, was sich zur Grafik sagen lässt. Entweder man mag den speziellen Stil, oder eben nicht.
Der Soundtrack kann da schon mehr Eindruck schinden. Es gibt einige sehr gefällige Melodien, welche den Spaß bei der Erkundung der Spielwelt deutlich fördern. Der absolute Ohrwurm mag zwar nicht dabei sein, jedoch gehört der OST ohne weiteres zu den besten Aspekten des Spiels.
Pro & Kontra
- interessantes Grundkonzept (maximal 60 Sekunden pro Leben)
- guter Soundtrack
- trotz der kleinen Spielwelt gibt es einiges zu entdecken
- etwas Wiederspielwert durch freispielbare Spielmodi und Achievements
- sehr mieses Preis- Leistungsverhältnis (10 Euro für ein Spielchen im Newgrounds-Flair)
- das Grundkonzept alleine kann das Spiel dann doch nicht tragen und ist auf Dauer nervig und stressig
- ist wirklich extrem kurz (110 Minuten für meinen ersten Spieldurchlauf)
- Handlung dient nur als Mittel zum Zweck