MediEvil REVIEW

Wir schreiben das Jahr 1998. 3D Action-Adventures auf der PSone haben Hochkonjunktur, ein Umstand den sie in erster Linie einer gewissen Dame mit Silikon-Tit… ähm ich meinte natürlich Silikon-Brüsten zu verdanken haben.

Dieses Review handelt von einem jener Spiele, welches im Hype des Action-Adventure-Booms mitschwimmen wollte. Oder etwa doch nicht? MediEvil versucht nämlich sein Bestes sich von lieblosen Kommerzgames abzugrenzen, und zwar mit Erfolg! Herausgekommen ist eines der besten PSone 3D Action-Adventures welches die 90er erleben durften. Mehr zu diesem Videospiel-Juwel könnt ihr im folgendem Text erfahren.

Ritter werden ist nicht schwer, Ritter sein dagegen sehr!

Von diesem Spruch kann Sir Daniel (Dan) Fortesque wohl ein Lied singen. Hatte er zunächst noch seinen Lebensunterhalt als Geschichtenerzähler für den Adel des Königreiches Gallowmere verdient, wurde er, bevor er sich versah, auch schon von König Peregrin zum Ritter geschlagen. Dieser nahm die heroischen Abenteuergeschichten Daniels scheinbar für bare Münze und wollte ihn daher unbedingt als Anführer seines Batallions haben (Oder Peregrin liebte einfach nur die Geschichten Daniels und übertrug ihm zum Dank einen symbolischen Ritterposten, aber darüber scheinen sich die Geschichtsbücher Gallowmeres uneinig zu sein). Und es wäre auch alles glatt für Dan gelaufen – schließlich gab es schon seit Jahrhunderten keinen Krieg mehr – wäre da nicht der zwielichtige Hofmagier Zarok gewesen.

Zarok hatte während seiner zahlreichen nekromantischen Experimente wohl nicht bedacht, in welch einem konservativen Königreich er diente. Die Konsequenz daraus war, dass der grimmige Hexer ins Exil verbannt wurde, aus dem er natürlich den unvermeidlichen Rachefeldzug plante und vorbereitete. Dieser mündete in einer Schlacht zwischen seinen Zombie- und Dämonen-Horden und dem Heer Peregrins, an dessen Spitze ein eher unwilliger/unfähiger Daniel stand. Da er als Geschichtenerzähler null Ahnung vom Kriegshandwerk hatte, wunderte es niemanden das Dan in der Schlacht abnibbelte, wohl aber, dass er gleich als allererster den Löffel abgab, und das auch noch durch den ersten abgeschossenen Pfeil (Volltreffer ins linke Auge, autsch!).

Somit war der Krieg für Dan also vorbei bevor er überhaupt richtig begonnen hatte, und die Heerscharen des Bösen mussten von anderen Helden gestoppt werden. Und dennoch ist es Fortesque, der als Retter von Gallowmere in den Geschichtsbüchern steht. Ein Umstand welcher wohl vom beschämten Peregrin veranlasst wurde, der immerhin dafür verantwortlich war, dass solch eine Pfeife wie Dan sein Heer anführte.

Inzwischen sind einhundert Jahre vergangen, und Zarok, der sich seinerzeit rechtzeitig aus dem Staub gemacht hatte, kehrt zurück um es noch einmal zu versuchen. Er belebt die toten Körper der Leichen auf dem Friedhof und unterwirft die Einwohner Gallowmeres mittels magischer Gedankenkontrolle. Der Untergang von Gallowmere? Nicht ganz, denn unter den wiederbelebten Toten befindet sich auch Sir Dan, der inzwischen ein paar Kilo abgenommen hat und als grantiges, einäugiges Gerippe mit schiefen Zähnen und fehlendem Unterkiefer wiederaufersteht.

Von dem Hohn und Spott zweier Wasserspeier angespornt, die sich in seiner eigenen Krypta über sein Versagen von damals lustig machen, beschließt Daniel allen Spöttern zu zeigen, dass er doch das Zeug zum (Skelett)Ritter hat. Dieses Mal muss Zarok dran glauben und Daniel wird endlich als wahrer Held in die Geschichtsbücher eingehen!

Die Story mag unspektakulär erscheinen und bietet auch tatsächlich keine nennenswerten Wendungen, Überraschungen und dergleichen. Dafür wird der Kampf um Anerkennung unseres Skelettritters Daniel aber sehr liebevoll inszeniert, ein wenig wie eine, etwas andere, Märchengeschichte, voll mit Hexen, Drachen, Feen und Zombies. Der eindeutige Star des Spieles ist aber ohnehin weniger die Handlung an sich, als unser Ritter von der traurigen Gestalt. Jeder, der in den Genuss der Leidensgeschichte von Skelettritter Fortesque gekommen ist, wird bestätigen wie enorm sympathisch diese Spielfigur gelungen ist.

Kaum ein NPC der unseren Helden nicht irgendwie verspottet oder (un)bewusst auf seinen Gefühlen herumtrampelt. Erwidern kann Dan die Gemeinheiten kaum, schließlich kann er sich aufgrund seines fehlenden Unterkiefers eher schlecht als recht artikulieren. Neben der Lacher die sich aus diesen Dialogen ergeben motiviert dies auch wunderbar zum Weiterspielen, irgendwann will man es den Kritikern einfach heimzahlen und sich mit Dan zum wahren Helden emporkämpfen!

Hervorragende Verknüpfung der jeweiligen Gameplay-Bestandteile

Kernaufgabe in den meisten der über 20 Levels ist es, vom Levelanfang bis zum Levelende vorzudringen. In unregelmäßigen Abständen muss auch mal ein Bossgegner überwunden oder eine bestimmte Aufgabe für einen NPC erfüllt werden.

Innerhalb der Level muss sich Daniel nicht nur gegen diverse Kreaturen wie Zombies, wild gewordene Kürbismonster und Riesenameisen zur Wehr setzen, sondern auch noch teils sehr knifflige Jump-Passagen meistern und seinen Hohlschädel nach Antworten auf diverse Rätsel durchleuchten. Die Steuerung ist hierbei sehr leicht zu durchschauen und ebenso unkompliziert umzusetzen. Jeder relevanten Aktion ist hierbei eine Taste zugewiesen. So gehen Bewegungen wie springen, angreifen oder verteidigen – um mal ein paar zu nennen – sehr leicht von der Hand. Kritik muss hier lediglich die Kamera einstecken. Diese versucht zwar erfreulicherweise stets einen guten Blickwinkel einzufangen, eine manuelle Justierung funktioniert aber auch hier nicht immer so, wie es der Spieler gerne hätte.

Gespeichert wird das Spiel auf der Weltkarte von Gallowmere. Diese dient auch zur Levelanwahl, um in abgeschlossenen Level zurückzukehren (z. B. um übergangene Schlüsselitems und Kelche zu finden) oder eben den nächsten Level anzuwählen (ab einem bestimmten Zeitpunkt stehen einem mehrere Gebiete gleichzeitig offen).

Verliert Dan alle seine 300 Lebenspunkte heißt es Game Over, um dem vorzubeugen, sollte man Ausschau nach Lebensquellen und -flaschen halten. Mit Ersteren kann man seine Lebensenergie so lange wiederaufladen bis die Quelle versiegt. Glücklicherweise regenerieren sich die Quellen wieder von selbst, wenn man den Level verlässt. Man kann also im angeschlagenen Zustand jederzeit in ein altes Gebiet zurückkehren, um sich dort wieder auffrischen zu lassen (ein Trick mit dem man sich das Spiel erheblich leichter machen kann). Die Lebensflaschen gibt es in zwei Ausführungen: Klein und groß. Die kleinen Flaschen füllen lediglich 200 Punkte der Lebensenergie wieder auf, die Großen hingegen bleiben dem Knochenmann dauerhaft erhalten, und bilden somit eine wertvolle Erweiterung der Gesamt-Lebensenergie (also +300 Punkte pro Flasche). Klar, dass die großen Flaschen sehr selten und gut verborgen sind.

Für den Kampf stehen unserem Skelettritter natürlich allerlei unterschiedliche Waffen zur Auswahl. Diese verfügen in der Regel entweder über einen Spezialangriff oder eine sekundäre Angriffsfunktion. So lässt sich die Axt auch als Wurfwaffe gebrauchen oder man führt einen kraftvollen Rundumschlag mit einem der Schwerter aus. Neben diesen Nahkampfwaffen gibt es auch diverse Fernkampfwaffen, wie z. B. die Armbrust, Pfeil & Bogen oder Speere, mit denen die Gegner aus der Distanz aufs Korn genommen werden können. Der Haken bei diesen ist allerdings die Munitionsbegrenzung und -beschaffung. Genügend Gold vorausgesetzt, kann man sich, unter anderem, Munition bei den Wasserspeier-Händlern kaufen, die sich hier und da in den Stages verbergen. Das Gold selbst liegt in den Levels herum und muss lediglich aufgesammelt werden.

Wer jetzt aber denkt, dass man diese ganzen Tötungs-Werkzeuge einfach so in irgendwelchen Schatztruhen findet oder käuflich erwerben muss, der irrt sich (obwohl das auf einige wenige Waffen durchaus zutrifft). Vielmehr muss man sich diese verdienen, indem man in jedem Level den sogenannten Seelenkelch einsammelt. Das Problem hierbei ist aber nicht alleine diese Kelche aufzuspüren, sondern sie auch noch mit Seelen beseitigter Feinde aufzufüllen. Gelingt es Dan einen Kelch einzusacken, erhält er nach Levelende Zugang zum Heldensaal. Die dort ruhenden Helden vermachen ihm dann ihre Ausrüstung, um sein Heldenleben etwas zu erleichtern. So wird Dan Stück für Stück gefährlicher für seine Feinde, nur leider scheinen diese noch mehr Luft im Schädel zu haben als Daniel selbst. Soll heißen, dass sie nicht allzu viel von Kampftaktiken halten und es vorziehen blind drauflos zu schlagen. Dieselbe Taktik wird aller Voraussicht nach wohl auch der Spieler fahren, denn Strategie ist nur bei wenigen Gegnertypen sowie den Bossgegnern notwendig um zu siegen. Etwas mehr Anspruch in dieser Hinsicht wäre – vor allem in Hinsicht auf Dans enormes Waffenarsenal – sicherlich nicht verkehrt gewesen.

Größere Vorsicht sollte man hingegen bei den Jump-Passagen walten lassen. Ein Sturz in einen Abgrund oder in tiefes Gewässer und dergleichen kostet nämlich einen kompletten Energiebalken von bis zu 300 Lebenspunkten. Allzu viele Fehlsprünge können also schnell mal den endgültigen Bildschirmtod bedeuten. Weniger gefährlich aber nicht minder stressig gestalten sich die Rätselpassagen: Neben Klassikern wie „verschieb die Kiste“, oder „finde Schlüsselgegenstand A für Funktion B,“ gibt es auch einige ernst zu nehmendere Rätsel. Vor allem der Irrgarten von Rätselmeister Jack wird hier für rauchende Köpfe sorgen, aber ich will nichts weiter spoilern. Auf jeden Fall wird hier für jede Menge Abwechslung und Anspruch gesorgt.

Tja, was gibt es sonst noch zu sagen? Höchstens, dass all diese Gameplay-Elemente nahezu perfekt miteinander kombiniert wurden. Ich kenne kein anderes 3D-Action-Adventure, welches seine Gameplay-Elemente besser miteinander harmonieren lässt als MediEvil. In anderen Spielen müssen entweder die Rätseleinlagen der Action, oder die Action den Geschicklichkeits-Passagen weichen. Nicht so in diesem Spiel. Alle Bereiche wurden ungefähr gleich schwer gewichtet, so dass keinerlei Langeweile aufkommt und stetige Abwechslung garantiert wird.

Wie gut erinnere ich mich noch an die Überraschung, als ich mich nach dem sehr rätsellastigen Irrgarten-Level plötzlich in der nächsten Stufe durch ganze Zombiehorden metzeln musste. Man weiß einfach nie, was der nächste Level mit sich bringt und macht sich daher immer auf alles gefasst. Und genau das ist es was einen Top-Titel ausmacht: Der ständig wiederkehrende Aha-Effekt!

Grafik, Sound und Präsentation

Die 3D-Grafik von MediEvil konnte sich seinerzeit wirklich sehen lassen. Die Farbwahl passt wunderbar, die Animationen sind klasse und die Levelstruktur überzeugt ebenfalls. Die unterschiedlichen Level sind stimmig, düster aber dennoch sehr abwechslungsreich gestaltet. Über Friedhöfe, den Irrgarten oder gar ein im Himmel fahrendes Piratenschiff, bietet der Titel haufenweise phantastische Gebiete zum Erkunden.

Wirklich herausragend sind jedoch die (auch heute noch sehenswerten) Rendersequenzen, die darüber hinaus recht zahlreich ausgefallen sind. Diesbezüglich kann MediEvil wirklich protzen!
Der negative Aspekt der Grafik ist hingegen die chronische Dunkelheit der Spielwelt. Jeder Level scheint in finsterste Nacht gehüllt und die Sichtweite könnte auch einen kleinen Tick höher sein. Da hier aber ohnehin auf eine düstere Atmosphäre wert gelegt wird, ist dieser Aspekt wohl leicht zu verschmerzen. Die Dunkelheit trägt jedenfalls sehr gut zur Stimmung bei.

Rein gar nichts zu meckern gibt es hingegen beim Sound: Der OST ist nicht einfach nur hübsch anzuhören, er ist absolut einzigartig und unterstützt die düstere, schräge, morbide und zugleich humoristische Atmosphäre des Spieles nahezu perfekt! Er gehört zu jenen Sorten von Soundtracks, den man jederzeit, sofort und ohne Probleme wiedererkennen würde. Freunde guter Game-Musik sollten ihn sich auf jeden Fall einmal zu Gemüte führen.

Ebenfalls herausragend sind die fantastischen Synchronsprecher, deren Stimmen passend zum Spiel eher witzig und schräg gehalten sind, eine klare Glanzleistung der Beteiligten.
Die Krönung des Ganzen ist jedoch die geniale Geräuschkulisse. Ganz besonders einprägsam waren hier z. B. die unheimlichen Krabbelgeräusche der Ameisen, wenn man deren stockfinsteres Nest erkundet und auf einmal von allen Seiten Ungeziefer auf Daniel zuströmt. Akustisch kann MediEvil definitiv auf der ganzen Linie überzeugen, hierfür die Bestnote!

Die Präsentation des gesamten Spieles erinnert sehr stark an eine Tim Burton-Produktion. Lange Zeit schien es kein anderer zu schaffen, eine düstere und morbide Fantasiewelt zu erzeugen, welche jedoch weniger angsteinflößend, als vielmehr – auf ihre eigenen Art und Weise – natürlich und wunderschön wirkt. Gruselig kann das Spiel hierbei aber durchaus mal werden, zumindest jüngeren Spielern wird der labyrinthische Ameisenbau das Fürchten lehren, ich spreche aus Erfahrung.^^ Jeder der an diesem wundervollen Spiel mitgearbeitet hat, kann wirklich stolz auf sich sein. Hier stimmt fast alles!

Pro & Kontra

thumbs-up-icon

Pros
  • genialer Hauptcharakter
  • perfektes Zusammenspiel aus Action-, Geschicklichkeits- und Rätselpassagen
  • hervorragende Präsentation mit tollen Rendersequenzen

thumbs-up-icon

Cons
  • etwas stupide Kämpfe
  • die Hintergrund-Grafiken der Gebiete bestehen meistens nur aus schwarzem Nirvana
  • leichte Kameraprobleme

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Spiel Bewertung
Singleplayer
88
88
Gut
-
Multiplayer

FAZIT

MediEvil ist ein Spiel wie man es sich wünscht: Charmant, humorvoll, atmosphärisch, abwechslungsreich, spielbar für Jedermann … Ich könnte die Liste noch weiterführen, aber ich denke man merkt worauf ich hinaus will. Der Titel ist ein Klassiker des Genres und hätte, nach dem etwas umstrittenen PSone-Sequel, definitiv eine Weiterführung auf der PS2 verdient gehabt. Stattdessen kamen aber nur zwei Remakes des ersten Teils, welche jedoch nicht dazu geführt haben, dass die Serie wiederbelebt wurde. Damit hat Sony weder sich noch den Spielern einen Gefallen getan, denn MediEvil hätte definitiv Kultstatus verdient!

- Von  Volker

MediEvil ist ein Spiel wie man es sich wünscht: Charmant, humorvoll, atmosphärisch und abwechslungsreich!
PlayStation

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