Double Dragon Neon REVIEW

Ende der 80er hat Double Dragon maßgeblich dazu beigetragen das Beat’em Up-Genre mitzugestalten und populär zu machen. Natürlich hat sie Serie über die Jahre hinweg Sequels, Spin-offs, eine Verfilmung, eine Zeichentrick-Serie und vor allem zahlreiche Ports nach sich gezogen. Einer der interessantesten Ableger ist Double Dragon Neon. Hierbei handelt es sich nicht um einen regulären Spin-off, sondern um eine Parodie, welche die Double Dragon-Serie, sowie 80er-Jahre-Kitsch aufs Korn nimmt. Das Spiel stammt vom beliebten US-Entwickler WayForward (Shantae, River City Girls) und erschien ursprünglich am 11. September 2012 als Download-Titel für PlayStation 3 und Xbox 360. Am 06. Februar 2014 wurde der Belt-Brawler auch auf Steam verfrachtet, und seit dem 21. Dezember 2020 kann man es auch auf der Nintendo Switch zocken. Ob es sich lohnt die Prügelaction der Lee-Brüder in Form einer Persiflage zu erleben oder nicht, erfahrt ihr im folgendem Review.

WayForwards überdrehte Wahrnehmung der 80er

Die hübsche Marian kann es nicht lassen und lässt sich erneut als Maid in Not entführen, damit ihre Verehrer in Form der beiden Martial-Arts-Spezialisten Billy und Jimmy Lee, zur unvermeidlichen Rettungsaktion schreiten können (auch wenn die Beiden so langsam genervt von diesem Szenario scheinen). Der Übeltäter ist dieses mal jedoch nicht der blöde Machinegun-Willy, sondern ein Skeletor-Verschnitt namens Skullmageddon. Ein Lich der ne Freundin sucht und sich halt in die Blondine Marian verguckt hat. Zu dumm, dass er durch seine Entführungsaktion nun die Lee-Brüder an der knöchrigen Backe kleben hat. Ob seine Schergenhorden und Fallen ausreichen werden die Kampfkünstler zu stoppen, oder muss das Gerippe gar selbst handgreiflich werden?

Als Parodie auf die Double Dragon-Reihe und 80er-Jahre-Kitsch nimmt sich Neon freilich kein bisschen ernst. Die Lee-Brüder hauen gerne 80er-Kiddie-Phrasen wie „Tubular“ oder „Radicool“ raus und Skullmageddon führt sich wie ein Samstagmorgen-Cartoon-Bösewicht auf. Natürlich ist die Sprachausgabe entsprechend überspitzt formuliert.
Die Anspielungen auf die Double Dragon-Games sind ganz unterhaltsam, so bekämpft man später Lee-Klone, welche Bimmy und Jammy genannt werden, eine Anspielung auf einen Übersetzungsfehler der NES-Version von Double Dragon 3, welcher vom AVGN verhöhnt wurde und somit zu zweifelhaften Ruhm gelangte. Dann gibt es noch Absurditäten wie ein Kampfhubschrauber, der auf einmal anfängt über Kopf zu fliegen, um den Spieler mit seinen Rotorblättern zu zersäbeln.

Derartige Dinge sind durchaus amüsant, jedoch nervt Double Dragon Neon mit einigen unpassenden Anspielungen. Ich verstehe z.B. nicht, warum man sich für den Oberbösewicht eine Skeletor-Parodie ausgesucht hat. Ich mein, was hat denn He-Man mit Double Dragon zu tun? Oder warum macht Marian gegen Ende einen auf Magical Girl? Was hat Double Dragon mit Magical Girls á la Sailor Moon zu tun? Solche Sachen sind nicht witzig, sondern beliebig, und ziehen die eigentlich coole Grundidee einer Double Dragon-Parodie wieder nach unten. Einen besonders großen Fremdschäm-Faktor hat auch der Ending-Song, welcher von Skullmageddon persönlich vorgetragen wird und dessen Kitschigkeit nahezu unerträglich ist.
Nein, der Humor von Double Dragon Neon hat bei mir nicht so wirklich gezündet, und das obwohl ich durchaus Spaß an Parodien habe. Aber das liegt wohl auch daran, das Neon in diesem Bereich zu viel Kitsch und zu wenig Biss aufweist.

Brawler oder RPG, das ist hier die Frage

Auch die Parodie Double Dragon Neon setzt auf die grundlegenden Spielprinzipien eines Belt-Brawlers. Ihr bewegt euch von links nach rechts und erledigt jeden Gegner, der es wagt sich euch in den Weg zu stellen. Alle Gegner müssen beseitigt werden, ehe man weiter vordringen darf. Das Spiel bietet 10 Stages und jede zweite Stage muss ein Bossgegner überwunden werden. Und da wir es mit einem Double Dragon-Ableger zu tun haben, dürfen natürlich auch keine Jump-Einlagen und Fallenpassagen fehlen, welche aber zumindest dabei helfen Abwechslung ins Spiel zu bringen.

Mit einem lästigen Zeitlimit müsst ihr euch dafür jedoch nicht auseinandersetzen. Darüber hinaus wird jede gewonnene Stage automatisch gespeichert und kann jederzeit erneut gespielt werden. Man muss das Spiel also nicht in einem Rutsch durchspielen und kann Grinding betreiben. Man startet jede Stage grundsätzlich mit zwei Extraleben. Verliert man alle Extraleben, muss man die jeweilige Stage jedoch wieder von Vorne angehen. Um dem entgegenzuwirken, kann man Heilmittel in Form von Soda-Getränken für die Lebensenergie, Batterien für die magische Energie (zum wirken entsprechender Spezialtechniken) und weiteren Extraleben einsacken. Diese erhält man meistens aus zerstörbaren Umgebungsobjekten wie Mülltonnen, oder erwirbt sie aus den Shops, welche in einigen Stages verborgen liegen.

Es gibt zwei verschiedene Shop-Varianten. Beim regulären Shop könnt ihr euch für das nötige Kleingeld Heilmittel, Extraleben und Tapes kaufen. Letztere dienen zur Charakterverbesserung und haben zunächst einen Level-Cap von Stufe 10. Man kann diesen Cap jedoch bei den Tapesmith-Shops erhöhen. Diese Shops akzeptieren jedoch nur Mithril als Zahlungsmittel, welches man ausschließlich als Belohnung für bezwungene Bossgegner erhält. Jedenfalls beträgt die maximale Obergrenze für die Tapes Stufe 50.

Geld und Tapes werden oftmals als Loot-Drops von regulären Gegnern hinterlassen. Tapes werden in zwei Kategorien unterteilt. Sosetsitsu-Tapes und Stances-Tapes. Für beide Kategorien gibt es jeweils 10 verschiedene Auswahlmöglichkeiten. Bei den Sosetsitsu-Tapes handelt es sich um wuchtige Spezialtechniken wie einen Spin Kick, ein Feuerball-Projektil oder sogar eine Smartbombe in Form einer Drachenbeschwörung. Diese Spezialtechniken verbrauchen jedoch einen entsprechenden Energiebalken und können daher nicht inflationär eingesetzt werden. Die Stances wiederum bringen Statusverbesserungen unterschiedlicher Ausrichtung wie Verteidigung oder Angriff. Einige Stances bringen auch Sonderboni mit sich, wie Lebensenergie-Absorbierung oder erhöhte Betäubungswirkung. Man kann von beiden Tape-Varianten jeweils nur ein Tape ausrüsten, jedoch ist es gestattet jederzeit das entsprechende Menü aufzurufen und umzurüsten, was ein hohes Maß an Flexibilität erlaubt.

Ironischerweise hätte Double Dragon Neon dieses ganze Tape-RPG-Gedöhns gar nicht mal nötig gehabt, da bereits die reguläre Movepalette sehr zufriedenstellend ausfällt. Neben den zu erwartenden Kampfmanövern in Form von leichten, schweren und Sprung-Angriffen, gibt es noch Wurfgrapples, Sprintattacken oder die Möglichkeit auf einem Gegner am Boden einzuschlagen. Neuartig ist die Dodge-Roll, welche zudem an den sogenannten „Gleam“ gekoppelt ist. Gelingt es einem feindlichen Angriff knapp via Dodge-Roll zu entgehen, leuchtet die Spielfigur für eine begrenzte Zeit rot auf, was bedeutet, dass er doppelten Schaden verursacht – dies wird als Gleam bezeichnet.

Wer im 2-Spieler-Koop spielt kann sich sogar mit seinem Mitspieler koordinieren und spezifische Manöver ausführen, welche hier „High Fives“ genannt werden. Und falls das alles nicht ausreicht, darf man noch Waffen gebrauchen, welche meistens von Gegnern mitgeschleppt werden. Hier reicht die Bandbreite von Baseballschlägern, Peitschen, Schwertern, Bumerang und vielen mehr.
Double Dragon Neon bringt also sämtliche Zutaten mit, um tolle Prügelaction aufzuziehen. Dummerweise setzten die Entwickler verstärkt auf den RPG- und Grinding-Aspekt, um die Spieldauer zu pushen.

Neon bietet drei Schwierigkeitsgrade in Form von Normal, Dragon und Double Dragon. Die Grade müssen jedoch nach und nach freigeschaltet werden. Nun ist es jedoch so, dass die beiden niedrigeren Grade Normal und Dragon keine Herausforderungen für Jene darstellen werden, welche kompetenten Gebrauch von den RPG-Mechaniken machen. Verdammt, das Spiel selbst gibt in den Ladescreen-Tips den Hinweis einfach zu grinden, wenn es zu schwer werden sollte. Sobald man jedoch die zweite Spielhälfte im höchsten Schwierigkeitsgrad erreicht hat, helfen einem jedoch selbst Level 50 Tapes nur noch bedingt weiter.

Was ich mit dieser ausschweifenden Erklärung eigentlich sagen möchte, ist, dass sich die Schwierigkeitsgrade von Double Dragon Neon völlig unausgereift anfühlen. Dies lässt sich in erster Linie auf die RPG-Mechaniken zurückführen. Neon erweckt den Eindruck, dass es in erster Linie ein Action-RPG sein möchte, und kein Belt-Brawler – und das nervt! Wenn ich Double Dragon spiele, dann will ich halt in erster Linie einen Belt-Brawler zocken, und keinen Möchtegern-Action-Rolli. Spaß macht das Spiel dennoch, aber es hätte so viel besser sein können, wenn man es als richtigen Belt-Brawler gestaltet hätte.

Grafik und Sound

Double Dragon Neon setzt auf einen 2,5D-Grafikstil. Die Ortschaften setzen sich aus recht hübschen, wenn auch leblosen 2D-Zeichnungen zusammen. Die Charaktermodelle sind hingegen in 3D gehalten. Letztere erinnern qualitativ dummerweise an billige Grabbelkistenspiele der sechsten Konsolengeneration. Weder der Detailreichtum noch die Animationen der Charaktermodelle können vom Hocker reißen. So richtig überzeugen kann die Grafik also nicht. Immerhin bieten die Stages jedoch abwechslungsreiche Settings, etwas Parallax-Scrolling im Hintergrund und eine hübsche Farbwahl, welche dem „Neon“-Anhang zu Ehre gereicht. Einen grafischen Überflieger oder charmante Retro-Pixelkunst bekommt man hier jedoch nicht geboten.

Dafür kann die Akustik des Spiels voll überzeugen. Der OST ist großartig! Von rockigen Remixes altbekannter Double Dragon-Themes bis hin zu Ohrwurm-Songs mit Vocals ist alles dabei. Besonders der Track „Mango Tango“ ist der Hammer und wird von mir immer wieder gerne auf Youtube reingezogen. Auch die Soundeffekte sind gelungen. Die Prügellaute sind befriedigend und unterstützen die Prügelaction. Besonders cool ist die Idee jeder Tape-Variante einen eigenen kurzen Mikro-Song zu spendieren, welcher abgespielt wird, wenn man das Tape im Menü anwählt. Diese Liebe zum Detail ist bemerkenswert!

An der englischen Sprachausgabe gibt es eigentlich auch nichts auszusetzen, aber wie schon im Storyabschnitt angesprochen, werden die Texte bewusst überspitzt vorgetragen. Die Synchronsprecher sind sich jedenfalls bewusst, dass sie hier eine Persiflage vertonen und keinen Shakespear. Man sollte also nicht zu ernst an die Sache herangehen.

Double Dragon Neon steht übrigens ausschließlich in englischer Sprache zur Verfügung. Eine Übersetzung ins Deutsche oder andere Sprachen wird nicht geboten.

Pro & Kontra

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Pros
  • kompetentes Brawler-Gameplay mit zahlreichen Moves und Kampfoptionen
  • toller Soundtrack
  • gutes Maß an Abwechslung durch Levelgimmicks und Gegnertypen

thumbs-up-icon

Cons
  • recht enttäuschende 2,5D-Grafik
  • der parodistische Humor ist etwas zu beliebig und kitschig, da fehlt der Biss einer echten Parodie
  • kaputte Schwierigkeitsgrade durch undurchdacht implementierte RPG-Elemente

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Spiel Bewertung
Singleplayer
73
73
73
Multiplayer

FAZIT

Double Dragon Neon ist ein guter Ableger der legendären Belt-Brawler-Reihe. Der parodistische Humor mit einer Extraportion 80er-Jahre-Kitsch ist reine Geschmackssache. Auch die grafische Gestaltung fällt durchwachsen aus. Positiv ist hingegen der wirklich tolle Soundtrack und die befriedigende Optionspalette an Kampfmoves, Waffen und Spezialtechniken. Leider hat WayForward den Wert dieser Optionspalette nicht so recht gewürdigt, und entschloss sich das Beat'em Up mit RPG-Elementen zu verwässern. Im Endeffekt wird Neon durch das Grinding nach Tapes, Geld und Mithril jedoch nur unnötig in die Länge gezogen. Und auch die drei Schwierigkeitsgrade fühlen sich unausgegoren an. Unterm Strich ist Double Dragon Neon trotzdem ein gutes Spiel geworden, aber es hätte wesentlich besser sein können.

- Von  Volker

Ganz gute Persiflage mit zahlreichen Kampfoptionen und lästigen RPG-Elementen.
Xbox 360
Playstation 3
MS Windows
Nintendo Switch

Double Dragon Neon REVIEW

USK 0 PEGI 3

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