Dark Fall 2: Lights Out (Director’s Cut) REVIEW

Nachdem der UK-Indie-Entwickler Jonathan Boakes (Darkling Room) mit seinem ersten Dark Fall-Spiel einen guten Ersteindruck hinterlassen konnte und entsprechend positive Kritiken von Adventure-Fans einheimsen konnte, dürfte es wohl nicht verwundern, dass er die Motivation fand eine Fortsetzung zu produzieren. Diese nennt sich Dark Fall 2: Lights Out (bzw. Dark Fall 2: Schatten der Vergangenheit in der deutschen Version) und wurde erstmals am 24. August 2004 veröffentlicht. Anders als beim ersten Teil, hatte Boakes für die Fortsetzung mit „The Adventure Company“ einen Publisher gefunden. Dies hatte jedoch auch negative Konsequenzen. Anhand einer Andeutung Boakes‘ hat der Publisher wohl Druck geschoben, weswegen das Spiel nicht ganz in jener Form veröffentlicht wurde, wie es Jonathan gerne gehabt hätte.

Aufgrund dessen hat sich der Entwickler entschlossen das Spiel fünf Jahre später in überarbeiteter Form erneut zu veröffentlichen, zumal ja auch die Arbeit am dritten Dark Fall-Teil im vollen Gange war. Die überarbeitete Variante des Spiels wird im Titelbildschirm mit „Director’s Cut“ gekennzeichnet und erblickte am 11.12.2009 das Licht der Welt. Wer das Spiel dieser Tage auf Steam erwirbt, bekommt die Director’s Cut-Version. Der Haken an der Sache ist jedoch, dass der Director’s Cut, im Gegensatz zur 2004er-Version, nur in englischer Sprache zur Verfügung steht. Die ursprüngliche Version steht nicht auf Steam zum Verkauf. Dieser Test bezieht sich nur auf den Director’s Cut. Was dieses Grusel-Adventure im Myst-Stil aber nun im Detail zu bieten hat, erfahrt ihr im folgendem Review.

Ein Leuchtturm als Zeitmaschine?

Das Spiel versetzt uns nach England ins Jahr 1912. In der südwestlichen Grafschaft Cornwall gibt es das (fiktive) Küstenstädtchen Trewarthan. Die Einwohner der Ortschaft fühlen sich von der kleinen Leuchtturm-Nachbarinsel „Fetch Rock“ bedroht. Die Insel ist ein absolutes Mysterium. Manchmal hebt und senkt sie sich vom Meeresspiegel, und manchmal ist sie sogar ganz verschwunden. Es lassen sich sogar Gegenstände aus fremden Zeitepochen auf der Insel entdecken. Obendrein soll es auf der Insel spuken. Nichtsdestotrotz sind drei arme Teufel dazu gezwungen Dienst im Leuchtturm auf Fetch Rock zu verrichten. Die da wären Oliver Drake, Robert Shaw und James Wolfe. Als Robert Demarion, der Arzt von Trewarthan, postalisch über den geistigen Zerfall von Drake informiert wird, greift dieser zu einer bizarren Maßnahme: Er lockt den 29jährigen Kartographen Benjamin Parker mit einem angeblichen Kartographie-Auftrag nach Trewarthan.

Natürlich dauert es nicht lange, bis die Fetch Rock-Insel Benjamins Aufmerksamkeit erregt. Schließlich wurde es bislang merkwürdigerweise versäumt die Insel auf einer Karte einzuzeichnen. Demarion macht sich Benjamins Neugierde zunutze, indem er ihn beim nächtlichen Spaziergang abpasst und den Rettungsauftrag für die dreiköpfige Leuchtturmbesatzung zuschanzt. Der Leuchtturm ist nämlich seit einiger Zeit nicht mehr in Betrieb, was schlimmes vermuten lässt. Parker, der insgeheim von seinem Handwerk gelangweilt ist, lässt sich auf das Abenteuer ein.
Es stellt sich recht bald heraus, dass jegliche Hilfe zu spät kommt. Auf der Insel geht tatsächlich unheimliches vor sich. Drake wurde wohl von einer übernatürlichen Entität namens Malakai übernommen. Diese lockt Benjamin in einen antiken Höhlenstollen, welcher sich als Zeitportal herausstellt. Hierdurch findet sich unser Kartograf plötzlich im Jahr 2004 wieder. Dort stellt sich heraus, dass Demarion den jungen Kartographen als Psychokiller hinstellte und dieser seitdem als Sündenbock für die verschollene Leuchtturmbesatzung herhalten muss.
Nun geht es für Benjamin also nicht mehr nur darum Malakai zu stoppen und die Seelen der getöteten Leuchtturm-Crew zu retten, sondern auch darum seinen eigenen Namen reinzuwaschen, damit er nicht als Psychokiller in die Geschichtsbücher eingeht. Hierfür muss der Kartograf jedoch vier verschiedene Zeitepochen von Fetch Rock erkunden.

Bevor jetzt einer anfängt rumzuheulen: Der Zeitreise-Twist wird offen im Werbetext des Spiels kommuniziert und ist kein wirklicher Spoiler. Was hingegen weniger offen kommuniziert wird, ist, dass die Grundidee der Ausgangssituation auf einem realen Ereignis basiert. Im Jahre 1900 verschwand in der Tat eine dreiköpfige Leuchtturm-Crew auf den schottischen Flannan Isles. Dieses Unglück löste natürlich zahlreiche Gerüchte aus und inspirierte diverse Künstler. Unter anderem ließ sich auch der Dichter Wilfrid Wilson Gibson, zu einem Gedicht über das Schicksal der drei Männer hinreißen. Besagtes Gedicht wird im Spiel auch einige male angerissen.

Da es in Dark Fall 2: Lights Out aber auch um Zeitreisen geht, handelt es sich hier nicht mehr um ein reines Gruselspiel wie der Vorgänger, sondern auch um eine Sci-fi-Story. Ob das gut oder schlecht ist, entscheidet der persönliche Geschmack. Ich fand die Handlung recht spannend, allerdings ist sie sehr zersplittert, und muss vom Spieler mühsam durch Schrifttexte, Audiologs oder Dialoge mit Geistern zusammengetragen werden. Halt so, wie schon im Vorgänger. Im ersten Teil war die Handlung jedoch wesentlich geradliniger, während in Teil 2 eben noch ein Zeitreise- und Science Fiction-Aspekt hinzukommt. Sonderlich gruselig ist das Spiel jedenfalls nicht, was sich aber auch schon anhand der zahmen USK-Einstufung ab 6 Jahre erahnen lässt.

Ferner fällt auf, dass das Spiel nicht viel aus dem Protagonisten macht. Zwar bekommt man durch einige Seiten seines Tagebuchs sowie einige Zeitungsartikel einen gewissen Einblick in die Persönlichkeit von Benjamin Parker, und man bekommt ihn sogar einige male zu Gesicht, aber im Grunde genommen fungiert er nur als stummer Avatar des Spielers. Eben so, wie es in den meisten Myst-artigen Spielen oder auch dem ersten Dark Fall-Teil gehandhabt wird. Obendrein mangelt es dem Spiel an NPCs. Richtige Gespräche führt man nur selten und meistens bekommt man die NPCs auch gar nicht vernünftig zu Gesicht, was wohl daran liegt, dass Boakes damals mit Charaktergestaltung und -animationen noch überfordert war.

Die Handlung von Dark Fall 2: Lights Out ist losgelöst von den Ereignissen des Vorgängers. Man kann das Spiel also unabhängig von Teil 1 spielen. Jedoch findet es in derselben Welt wie Teil 1 statt. Es gibt einige Begegnungen/Verweise auf Charakter des Vorgängers, und auch das zwielichtige Unternehmen Hadden Industries mischt wieder mit.

Undurchsichtige Knotenpunkt-Verbindungen als Achillesferse

Ähnlich wie in den Myst-Spielen, betrachtet man auch hier die vorgerenderte Umgebung durch die Ego-Perspektive des Protagonisten. Der Großteil der Steuerung erfolgt ausschließlich über Mausklicks. Man kann Benjamin in 90 Grad-Winkeln um die eigene Achse drehen, während die Fortbewegung über Knotenpunkte erfolgt. Im Gegensatz zum Vorgänger, wo man einen Karoraster-Aufbau im Stil eines CRPG-Dungeoncrawlers erkennen konnte, arbeitet Teil 2 mit regulären Knotenpunkt-Verbindungen. Und dies stellt sich im Fall von Dark Fall 2: Lights Out als größter Schwachpunkt heraus. Denn die Klickspots in andere Knotenpunkte können hier auch mal sehr leicht übersehen werden. So gibt es z.B. im Jahr 2004 eine Leiter in den obersten Bereich des Leuchtturms. Steigt man die Leiter ganz nach oben, kann man sich nur grob im obersten Raum umsehen. Wer den Raum jedoch betreten und ernsthaft erkunden will, muss die Leiter wieder einen Schritt runterklicken, damit man in den Raum eintreten darf. Das klingt jetzt zwar simpel, muss man aber erst einmal wissen. Und es gibt mehrere derartiger unfreundlicher Knotenpunkt-Verbindungen im Spiel. Hier muss man schon ganz genau vorgehen, wenn man nichts verpassen will. Und selbst wenn man gründlich an die Sache herangeht, ist die Gefahr groß, dass man etwas verpasst und eventuell in einer Sackgasse landet. Manche Verbindungen sind auch einfach unbequem. Es ist z.B. eine echte Qual die Treppen des verdammten Leuchtturms hochzuklicken.

Diese Probleme könnte man freilich zum Großteil negieren, indem man eine Hotspotanzeige anbietet. Der Originalversion von 2004 sei es verziehen, dass sie solch ein Feature nicht anbietet, da die Hotspotanzeige erst mit „Geheimakte: Tunguska“ von 2006 salonfähig gemacht wurde. Aber wir reden hier nun einmal über den Director’s Cut von 2009. Hier hat Boakes eine Chance verpasst den größten Schwachpunkt des Spiels auszumerzen, schade. Ironischerweise wurde jedoch der Schwierigkeitsgrad der eigentlichen Puzzle- und Rätselaufgaben kräftig zurückgefahren. Natürlich sollte man sich auch hier Stift und Papier zurechtlegen, damit man Hinweise in Form von Symbolen, Codes und dergleichen notieren kann. Dies ist aber bei weitem nicht mehr so häufig nötig wie im ersten Teil. Tatsächlich sind viele Apparaturen, Codes sowie deren Hinweise für den durchschnittlichen Adventure-Spieler relativ leicht zu verstehen und zu handhaben. Es ist jetzt auch wesentlich leichter zu erahnen, was wirklich Rätselrelevant ist und was lediglich zum Fluff der Spielwelt gehört. Wäre da nicht die oben geschilderte Problematik mit den leicht zu übersehenden Knotenpunkt-Verbindungen, sollte es für die meisten Adventure-Spieler möglich sein das Spiel ohne Komplettlösung zu bezwingen.

Wie schon im ersten Teil basiert das Gameplay nicht nur auf Apparaturen und Code-Entschlüsselungen, sondern auch auf auffindbaren Werkzeug-Gegenständen, die am unteren Bildschirmrand gesammelt werden, und uneingeschränkt genutzt werden können. Stellen, an denen man ein Werkzeug nutzen kann, werden durch einen wandelbaren Mauscursor gekennzeichnet. Es reicht dann einfach nur noch ein Klick auf das richtige Werkzeug, und es wird automatisch eingesetzt. Und es ist auch fast immer offensichtlich, welches Werkzeug wo weiterhilft. Zur Not kann man freilich auch einfach herumprobieren. Anders als der erste Teil ist Lights Out wesentlich linearer aufgebaut. Die erste Spielhälfte ist eigentlich strunzlinear. Sobald man ein bestimmtes Tool findet, ist es jedoch möglich an bestimmten Stellen im Spiel in die verschiedenen Zeitepochen zu wechseln. Ab diesem Zeitpunkt öffnet sich das Spiel, erreicht jedoch nie dasselbe Open World-Feeling wie der Vorgänger. Außerdem erinnert das Wechseln in andere Zeitepochen etwas zu sehr an die Verbindungsbücher aus Myst.

Die Kommunikation mit Geistern/NPCs wurde vereinfacht. Hier kann man einfach aus jeweils zwei Antwortoptionen auswählen. Die meisten dieser Gespräche sind sowieso rein optional.
Aufgrund des gesenkten Schwierigkeitsgrades war ich wesentlich schneller mit Dark Fall 2: Lights Out fertig als mit dem ersten Teil. Hier benötigte ich etwa 8 Stunden Spielzeit.
Das speichern funktioniert hier übrigens genauso wie im ersten Teil. Man darf jederzeit speichern, jedoch muss man die Speicherdateien manuell im Programmordner anlegen, was schon sehr krude ist. Aber man gewöhnt sich schnell daran.

Grafik und Sound

In grafischer Hinsicht hat sich seit dem ersten Teil nicht viel getan. Sicherlich bekommt man jetzt wesentlich mehr Abwechslung bei den Ortschaften, dank der Zeitreise- und Sci-fi-Thematik, aber man klickt sich halt immer noch durch sehr statische und verhältnismäßig grob gestaltete Renderbilder. Ich habs ja schon im Test zum ersten Dark Fall-Teil gesagt, aber selbst das 1997 veröffentlichte „Riven: The Sequel to Myst“ lässt die ersten beiden Dark Fall-Spiele mächtig alt aussehen. Erschwerend kommt hinzu, dass die beiden Intro- und Outro-Filmchen von Lights Out wesentlich unbefriedigender wirken, als jene des Vorgängers, da sie einfach zu kurz angebunden sind. Außerdem werden sie bei den meisten Spielern (auch bei mir) nicht ordnungsgemäß abgespielt. Ich musste die Filmchen separat im Programmordner öffnen, um sie anschauen zu können. Sicherlich kann man auch hier Argumente wie „Indie-Entwickler“ und „One-Man-Show“ heranziehen, aber es ist einfach Fakt, dass die Atmosphäre des ersten Dark Fall-Teils wesentlich besser gewirkt hat.

Auch im zweiten Teil setzt sich der Soundtrack hauptsächlich aus stimmigen Ambient-Geräuschen und Soundeffekten zusammen, die hin und wieder von düsteren und melancholischen Melodien oder geisterhaften Stimmen untermauert werden. Die Akustik passt gut zum Spiel und trägt zur Atmosphäre bei. Die englische Sprachausgabe kann dieses mal nicht ganz so überzeugen wie im ersten Teil, was aber in erster Linie daran liegt, dass hier sehr viel von Jonathan Boakes persönlich synchronisiert wurde. Seine Stimme wiederholt sich halt mit der Zeit zu stark – da hilft es auch nicht weiter, wenn er seine Stimme verstellt oder durch einen Filter verzerrt. Es fällt einfach auf, dass hier zu viel in Eigenarbeit synchronisiert wurde.

Pro & Kontra

thumbs-up-icon

Pros
  • interessante Handlung, welche Geistergrusel, Zeitreisen und Science-Fiction miteinander kombiniert
  • der Schwierigkeitsgrad der Rätsel und Puzzle ist wesentlich freundlicher geworden
  • abwechslungsreiche Gebiete

thumbs-up-icon

Cons
  • die Grafik war schon damals hoffnungslos veraltet
  • die Reisepunkte sind viel zu leicht zu verfehlen, weswegen die Gefahr Spielabschnitte zu übersehen sehr groß ist
  • der Gruselfaktor ist kaum vorhanden
  • ist wesentlich linearer als der Vorgänger

Facebook
Twitter
Spiel Bewertung
Singleplayer
69
69
-
Multiplayer

FAZIT

Obwohl sich Dark Fall 2: Lights Out große Mühe gibt den Spieler mit einer spannenden Handlung, abwechslungsreichen Ortschaften und einem zugänglicheren Schwierigkeitsgrad einzufangen, kann das Adventure leider nicht dieselbe Faszination wie Teil 1 entfalten. Am problematischsten ist natürlich die teils unbequeme und undurchsichtige Legung der Knotenpunkt-Verbindungen. Hierdurch läuft man ständig Gefahr Screens oder sogar ganze Gebiete zu verfehlen. Was natürlich auch mal zu einer Sackgasse führt und somit den Griff zur Komplettlösung provoziert. Darüber hinaus enttäuscht auch die Linearität der ersten Spielhälfte und der starke Abbau des Gruselfaktors. In audiovisueller Hinsicht tritt die Serie mit dem zweiten Teil auf der Stelle. Echte Fans von Jonathan Boakes oder Adventures im Myst-Stil werden dennoch ihren Spaß mit Dark Fall 2: Lights Out haben, aber eine gute Wertung ist hier leider nicht mehr zu rechtfertigen.

- Von  Volker

Ein lobenswerter Versuch, kommt aber nicht an den Vorgänger heran.
MS Windows

Dark Fall 2: Lights Out (Director's Cut) REVIEW

USK 0 PEGI 3

Das könnte dir auch gefallen

Abonnieren
Benachrichtige mich bei
guest
0 Kommentare
Inline Feedbacks
Alle Kommentare anzeigen

Partner: