Catmouth Island REVIEW
Der norwegische Indie-Entwickler Colonthree Enterprises hat bislang nicht allzu viel vorzuweisen. Zwei kleine Mobile-Games zum Zeitvertreib und ein paar Prototypen werden auf deren Website präsentiert. Dazwischen lässt sich jedoch auch ein buntes 3D-Adventure finden, welches am 31.12.2014 sogar auf Steam veröffentlicht wurde. Die Rede ist natürlich von Catmouth Island, ein Adventure, welches laut Steam-Werbetext gerne an Klassikern wie „Sam & Max: Hit the Road” oder „Day of the Tentacle” anknüpfen möchte, dabei jedoch Gameplay-„Probleme” wie Inventarrätsel und andere Stolpersteine beheben will.
Das Adventure wurde ursprünglich als Episoden-Projekt geplant, hat jedoch bis dato lediglich die erste Episode „The Infinitely Tall House” vorzuweisen. Dieser Tage wird das Spiel zum Dumping-Preis von 0,99 Euro angeboten. Ob Catmouth Island diesen Sparpreis wert ist oder nicht, soll folgender Test verraten.
Dagegen sieht selbst der Burj Khalifa alt aus
Manch einer mag glauben, dass der Wolkenkratzer Burj Khalifa in Dubai das höchste Gebäude der Welt sein mag, doch die Einwohner der pazifischen Inselgruppe „Catface Islands” wissen es besser. Richard Woodberry, ein Bewohner von Meow Village auf der Hauptinsel Catmouth Island, ist Eigentümer des höchsten Gebäudes der Welt. Mya, eine Schülerin aus Meow Village, liebt es in ihrer Freizeit Rätsel zu lösen und hat sich für heute in den Kopf gesetzt Richards Hochhaus unter die Lupe zu nehmen und bis zum Dach hochzusteigen. Richard will die Besichtigungstour aber erst erlauben, wenn Mya dessen Kumpels auf der Guinea Peak-Insel einen Besuch abstattet und sich deren Kunststück beibringen lässt. Das Problem ist jedoch, dass man die Guinea Peak-Insel nur via Boot erreichen kann. Myas eigenes Boot hat keinen Treibstoff und ein anderes Boot kann sie auch nicht ausleihen, da heute der „Don’t lend your boat day” (Leih dein Boot nicht aus Tag) ist. Also muss Mya nun improvisieren, um ihr Tagesziel zu erreichen.
Nun, für den Fall, dass ihr es noch nicht aus der Handlungsbeschreibung herauslesen könnt: Die Handlung von Catmouth Island ist absoluter Cartoon-Dünnpfiff. Vielleicht mag manch einer so etwas witzig finden. Ich persönlich konnte mit der arg bizarr-kruden Cartoon-Welt und -Handlung von Catmouth Island jedoch nichts anfangen. Einen tieferen Sinn oder Charaktere mit Substanz sucht man hier jedenfalls vergebens. Da es sich ursprünglich um ein Episoden-Projekt gehandelt hat, werden natürlich hier und da Mysterien angedeutet. So scheinen die Bewohner der Catface Islands keinen Kontakt zur Außenwelt herstellen zu können, und ein zwielichtiges Unternehmen namens B3 Corp hat sich fest auf der Insel etabliert. Aber für die banale Handlung von „The Infinitely Tall House” hat dies keinen Belang, und das Ende ist so absurd und durchgeknallt, dass man das Ding eh nicht ernst nehmen kann.
Ein Pfui gibts noch für die Geschmacklosigkeit mit dem Hingerichteten und dessen verstümmelter Leiche im Müllcontainer. An dieser Stelle sind die Norweger weit übers Ziel der Cartoon-Absurditäten hinausgeschossen, und haben sich von der USK sogar eine Altersfreigabe ab 16 eingehandelt, obwohl das Spiel ansonsten absolut harmlos ist und den Eindruck erweckt, dass es auch für Kids gemacht wurde. Aber das sind halt die typischen Fehltritte von Indie-Entwicklern.
Zu viel Gelaber zu wenig Rätselkost
Catmouth Island mag ein Adventure sein, spielt sich jedoch wie ein CRPG á la Neverwinter Nights. Die 3D-Spielwelt wird aus einer isometrischen Top-Down-Ansicht dargestellt. Man kann die Kamera frei drehen, sowie in zwei Zoom-Stufen (nah und fern) ausrichten. Mit dem Mauscursor navigiert man Mya über die drei Inseln, klickt Hotspots an, sammelt Gegenstände ein und tratscht mit NPCs. Man kann eine Karte aufrufen, welche jedoch nicht unbedingt zur Orientierung dient, sondern um das Schnellreisesystem zu nutzen. Für die Karte kann man bis zu fünf Schnellreisepunkte freischalten und uneingeschränkt nutzen, um Backtracking zu minimieren. Und da zumindest die Hauptinsel doch recht weitläufig ausfällt, ist das Schnellreisesystem definitiv willkommen. Trotzdem sollte man keinen allzu großen Umfang erwarten. Die Spielzeit pendelt sich irgendwo zwischen 3 und 4 Stunden ein.
Weitere Komfortoptionen sind ein Questlog (wird hier Scrapbook genannt und kann über das Inventar aufgerufen werden) sowie eine Hotspotanzeige. Letztere kann man aktivieren, indem man die linke und rechte Maustaste gedrückt hält. Das ist leider recht umständlich zu handhaben und stellt somit einen echten Schwachpunkt dar. Da man in einer offenen 3D-Welt unterwegs ist, wird man regelmäßig von der Hotspotanzeige gebrauch machen wollen. Auch in Catmouth Island darf kein Gegenstand übersehen werden, um das Spiel zu gewinnen. Warum man für die Hotspotanzeige keine Keyboard-Taste zur Verfügung stellt, ist mir ein Rätsel.
Ansonsten geht es darum gründlich vorzugehen. Jeden Hotspot anklicken, da man ja nie weiß, was ein sammelbarer Gegenstand ist. Mit jedem NPC quatschen, da ja einige von denen Aufgaben übertragen, welche erfüllt werden müssen. Und eben alles erkunden. Gegenstände können zwar in einem separat aufrufbaren Inventar betrachtet werden, kommen jedoch vollautomatisch zum Einsatz, wenn sie benötigt werden. Klassische Drag and Drop-Itemrätsel oder gar die Kombination von Gegenständen innerhalb des Inventars treten hier also nicht auf.
Abgesehen davon ist noch zu beachten, dass einige Dialogoptionen erst aufpoppen, wenn man bestimmte Bedingungen erfüllt hat. Und da wir schon mal beim Thema sind: Die Catface Islands beherbergen doch so einige Bewohner. Natürlich sind nur ein paar von denen zum Abschluss des Spiels notwendig, aber man weiß ja nicht welche. Also läuft es darauf hinaus, dass man zahlreiche Labereien durchführt. Besagte Gespräche empfand ich jedoch nur selten als humorvoll und häufig als nervig. Außerdem muss man die meisten NPCs mehrmals anlabern, um alle Textboxen aus ihnen herauszuquetschen. Hierdurch fühlte sich das Spiel über weite Strecken unangenehm zäh an.
Tja, und mehr gibt es zum Gameplay auch gar nicht zu sagen. Wer hier verschachtelte Inventarrätsel, knifflige Apparaturen oder fiese Codes erwartet, hat sich das falsche Adventure gekauft.
Grafik und Sound
Basierend auf Unity präsentiert sich Catmouth Island in einem Low Poly-Stil, womit man nostalgische Gefühle an die fünfte Konsolengeneration (N64, Psone) wecken möchte. Dieser Stil sowie die kunterbunte Farbpalette passen auch tatsächlich sehr gut zu dieser schrägen Cartoon-Welt. Einen Preis für technische Finesse wird das Spiel freilich nicht gewinnen, aber es sieht schon recht charmant aus. Leider mangelt es dem Spiel an vernünftigen Zwischensequenzen und dergleichen. Die Handlung wird in erster Linie in Form von Textboxen präsentiert, welche hier übrigens nur in englischer Sprache zur Verfügung gestellt werden.
Auch der Soundtrack fügt sich gut ins Gesamtbild ein. Es sind nette Melodien, die gut zum Setting einer tropischen Urlaubsinsel passen. Sie gehen gut ins Ohr und stören nicht beim spielen. Einen Ohrwurm sollte man jedoch nicht erwarten. Die Tracks sind Ortsgebunden. Je nachdem in welchem Gebiet man sich herumtreibt, gibt es die entsprechende Melodie zu hören. Allerdings setzt der OST auch mal aus, wenn man sich in Landstrichen zwischen den relevanten Ortschaften herumtreibt. Eine Sprachausgabe gibt es nicht.
Pro & Kontra
- nette audiovisuelle Präsentation
- Open World-Erkundung ist für ein Adventure eine Seltenheit
- vorbildliche Komfortoptionen (Questlog, Schnellreise-Funktion, Hotspotanzeige)
- sehr günstiger Preis (0,99 €)
- ist zwar Geschmackssache, aber der wirre Cartoon-Humor konnte mich nicht reizen
- automatisierte Inventarrätsel und auch ansonsten kaum Rätsel-Gameplay
- zu viele uninteressante NPC-Labereien
- das aufrufen der Hotspotanzeige ist unbequem