Baphomets Fluch REVIEW
Nachdem sich das britische Entwicklerstudio Revolution Software bereits mit Lure of the Temptress und Beneath a Steel Sky einen Namen im Bereich der Point & Click-Adventures aufbauen konnte, sollte der endgültige Durchbruch mit dem dritten Spiel erfolgen. Die Rede ist natürlich von Baphomets Fluch bzw. Broken Sword, wie der englische Originaltitel lautet. Baphomets Fluch erschien erstmalig am 30. September 1996 für PC und Playstation. Das Spiel hat seitdem mehrere Portierungen, Fortsetzungen sowie eine erweiterte Director’s Cut-Version hervorgebracht. Tatsächlich wird dieser Tage sogar an einem Remake gearbeitet.
Bei diesem großen Erfolg kann es sich ja nur um einen waschechten Klassiker des Point & Click-Genres handeln. Die Frage ist jetzt natürlich, was genau Baphomets Fluch so verdammt gut macht. Zeit dies herauszufinden! Der folgende Test bezieht sich jedoch ausschließlich auf die Originalversion. Der Director’s Cut bekommt eventuell später einen eigenen Test.
Wenn ein Killerclown den Urlaub ruiniert
Der US-Amerikanische Tourist George Stobbart verbringt gerade einen gemütlichen Tag im Außenbereich eines Pariser Café. Doch dann taucht ein zwielichtiger Clown auf, der einem Gast des Café den Aktenkoffer stiehlt und eine als Ziehharmonika getarnte Bombe platziert. Besagter Gast wird durch die Bombe getötet, George selbst bleibt aber unverletzt und kommt mit dem Schrecken davon. Doch der Bombenanschlag hat Georges Neugierde und Gerechtigkeitssinn geweckt. Er will den Killerclown unbedingt Dingfest machen. Da die französische Polizei wenig Motivation zeigt das Verbrechen aufzuklären, muss unser US-Tourist improvisieren. Zu seinem Glück begegnet er am Tatort der Journalistin Nicole Collard. Diese macht ihn darauf aufmerksam, dass der Bombenanschlag nur der aktuellste Mord einer Kette von vergleichbaren Tötungsdelikten ist. Todesfälle, die von den Behörden und Regierungen ignoriert werden.
George findet heraus, dass der Clown eine Art Schatzkarte gestohlen hat, die von den sogenannten Tempelrittern stammt. Ein alter französischer Ritterorden, der vor über 700 Jahren vom damaligen König Philipp IV ausradiert wurde, da diese angeblich Ketzerei betrieben und einem Dämon namens Baphomet huldigten. Ein Ereignis, welches auch für die Entstehung des 13ten Freitags als Unglückstag verantwortlich ist. George spürt, dass der verschollene Schatz der Templer ein größeres Geheimnis beherbergt. Und sein Gespür trügt ihn keineswegs, denn andere Gruppierungen wollen ihre Griffel an den Templerschatz legen. Und so sieht sich George bald zwischen den Fronten von Gangstern, Hashishin und einer Geheimorganisation, welche die Weltherrschaft anstrebt. Ob sich unser Tourist da nicht doch etwas übernommen hat? Na zumindst ermöglicht ihn die Suche nach dem Templerschatz Reisen in weitere fremde Länder wie Irland, Spanien, Großbritanien und sogar Syrien.
Jahre bevor Dan Brown oder Assassins Creed Stories über wilde Verschwörungstheorien zu mittelalterlichen Gruppierungen salonfähig machten, konnte bereits Revolution Software mit einer derartigen Handlung fesseln. Besagte Handlung wird in Baphomets Fluch übrigens angenehm bodenständig erzählt. Nur ganz zum Schluss wird etwas übernatürliches angedeutet. Darüber hianus nimmt sich Baphomets Fluch auch nicht zu ernst. Das Spiel glänzt durch einen hervorragenden Schrifttext, welcher mit seinem trockenem Humor den Spieler regelmäßig zum Grinsen bringt. Getragen wird das Ganze durch einen sehr sympathischen Protagonisten, der in erster Linie mit Intelligenz und Improvisation vorgeht, und mit dem man daher leicht mitfiebern kann. Die NPCs entpuppen sich häufig als schrullige Persönlichkeiten, die wunderbar auf Georges Anfragen reagieren und auch mal Kontra geben. Ich kann nicht genug betonen, wie verdammt gut die Dialoge in Baphomets Fluch geschrieben sind und wie unterhaltsam der trockene Humor umgesetzt wurde.
Vor allem im Vergleich zum letzten Revolution Software-Adventure „Beneath a Steel Sky“ macht sich hier ein gewaltiger Qualitätsunterschied bemerkbar. Dort hatte der Mix aus ernsthafter Story und witzigen Dialogen mit schrägen Charakteren zwar schon ganz gut funktioniert, wirkte aber noch etwas gekünstelt und unpassend. Doch in Baphomets Fluch passt die Mischung perfekt! Ein großer Teil des Spielspaßes speißt sich aus diesen Dingen. Denn das eigentliche Gameplay ist zwar kompetent, aber auch etwas zu routiniert.
Routiniertes Point & Click-Gameplay ohne wirklich nennenswerte Höhen und Tiefen
Spieltechnisch ist Baphomets Fluch ein ganz gewöhnliches Point & Click-Adventure. Ihr dirigiert George mit Mausklicks durch die Spielwelt, untersucht Hotspots, redet mit NPCs, sammelt Gegenstände, kombiniert diese eventuell untereinander und nutzt sie, um Problemstellungen zu lösen. Was das Kombinieren von Gegenständen anbelangt, möchte ich aber gleich gesagt haben, dass dies nur sehr selten notwendig ist. Die Häufigkeit, wie man so etwas durchführen muss, kann man an einer Hand abzählen.
Generell ist die Quantität der Inventarrätsel niedriger angesetzt als bei anderen Point & Click-Adventures. Der Star sind definitiv die Dialoge mit NPCs. Hier erlaubt es das Spiel, jeden Gegenstand im Inventar dem jeweiligen NPC zu zeigen, damit dieser seinen Senf zum Fundstück abgeben kann. Natürlich ist dies an einigen Stellen auch notwendig, um neue Informationen für den Spielfortschritt zu erhalten. Also immer fleißig alle Dialogoptionen abklappern, zumal die Kommentare der NPCs verdammt witzig sein können (habe ich schon erwähnt, wie verdammt gut und humorvoll die Dialoge geschrieben sind?).
Abwechslungsreichtum wird beim Gameplay leider eher klein geschrieben. Es gibt ein paar Game Over-Trigger im Spiel. Es lohnt sich also regelmäßig abzuspeichern, wofür natürlich viele Saveslots zur Verfügung stehen. Einige Tode werden aber immerhin mit einer individuellen Zwischensequenz „belohnt.“ Dann gibt es noch einige Timing-Puzzle, wie etwa das berüchtigte Ziegen-Rätsel in Irland, welches für viele Spieler ein ernsthaftes Problem darstellt. Ich selbst hatte da mehr Glück, und konnte das Rätsel nach einer Viertelstunde herumprobieren lösen. Im Mittelteil des Spiels muss man dann noch ein paar Schachfiguren anordnen. Ein Rätsel, was man aber notfalls mit Trial & Error brechen kann.
Abgesehen davon gibt es aber nichts wirklich nennenswertes an der Rätselfront. Sollte man hängenbleiben lohnt es sich noch mal mit allen NPCs zu quatschen, da sich eventuell neue Dialogoptionen geöffnet haben. Ansonsten lässt sich das Spiel auch ganz gut aus eigener Kraft lösen. Ich konnte es jedenfalls ohne Komplettlösung knacken. Baphomets Fluch gehört also definitv zu den faireren Adventures. Und das ist für ein altes Adventure von 1996 wirklich bemerkenswert.
Leider bedeutet das hohe Alter auch, dass hier die gängigen Komfortoptionen der Gegenwart fehlen. Hotspotanzeige oder Doppelklick-Mechaniken sucht man hier vergebens. Und vor allem Letzteres ist nervig, da George sehr gemächlich durch die Screens schlurft, und somit viel Zeit des Spielers verschwendet wird. Aber aufgrund des hohen Alters des Spiels, möchte ich diese Macken nicht negativ einfließen lassen. Damals waren derartige Komfortoptionen halt noch nicht etabliert.
Grafik und Sound
In grafischer Hinsicht verwendet Baphomets Fluch einen zeitlosen Zeichentrick-Stil. Sowohl die Hintergründe, die Charaktermodelle als auch die Zwischensequenzen sind handgezeichnet, so dass das gesamte Spiel wie aus einem Guss wirkt. Tatsächlich hat sich Revolution Software professionelle Zeichner der Sullivan Bluth Studios (Feivel der Mauswanderer, In einem Land vor unserer Zeit) ins Boot geholt. Das Spiel profitiert deutlich davon und grenzt sich in grafischer Hinsicht wohltuend von den damals gängigen Pixeladventures ab. Tatsächlich galt Baphomets Fluch damals als eines der hübschesten Adventures auf dem Markt. Verwundern tut das nicht, da die Hintergründe mit einem hohen Grad an Detailverliebtheit und Abwechslungsreichtum aufwarten, während die Charaktermodelle und Zwischensequenzen toll animiert wurden. Selbst heutzutage ist das Spiel noch hübsch anzuschauen – der zeitlose Stil machts möglich.
Auch beim Soundtrack hat man keine Kosten gescheut und den professionellen Film- und Ballettkomponisten Barrington Pheloung engagiert, welcher leider vor einigen Jahren verstarb. Seine Melodien bleiben jedoch erhalten und stellen vor allem auch für Baphomets Fluch eine echte Bereicherung dar. Sie verbreiten jeder Ingame-Region eine charmante Atmosphäre, ohne sich zu stark in den Vordergrund zu drängen. Doch trotz seiner angenehm zurückhaltenden Art, fällt der OST nicht in die Hintergrund-Gedudel-Falle, wie sehr viele andere Soundtracks, welche diesen Stil beschreiten möchten. Da merkt man halt den Qualitätsunterschied zwischen den Kompositionen eines Meisters und von Möchtegerns. Und Barrington Pheloung hat für Baphomets Fluch definitiv ein Meisterstück abgeliefert. Darüber hinaus bietet das Spiel eine hochwertige deutsche Sprachausgabe, welche den Charakteren viel Leben einhaucht und jede Menge Charisma beschert. In audiovisueller Hinsicht kann das Adventure also voll überzeugen.
Pro & Kontra
- interessante Handlung mit starken Dialogen und sehr unterhaltsamen, trockenen Humor
- schöne, zeitlose Grafik im Zeichentrick-Stil
- sehr sympathischer OST und tolle deutsche Sprachausgabe
- routiniertes, solides Adventure-Gameplay mit überraschend fairem Schwierigkeitsgrad
- das Adventure-Gameplay wirkt vielleicht manchmal zu routiniert und lässt es an Ideen mangeln
- einige Timing-Rätsel im Irland-Abschnitt könnten sich als Stolpersteine entpuppen