Atelier Iris: Eternal Mana REVIEW
Atelier Iris: Eternal Mana war seinerzeit bereits das sechste Hauptspiel von Gusts nach wie vor quicklebendiger JRPG-Serie „Atelier.“ Das Besondere an den Atelier-Spielen ist, dass sie einen weitaus größeren Fokus auf Crafting legen als alle anderen Genrevertreter. Vielleicht war das ja der Grund, warum es so lange gedauert hat, ehe sich ein Publisher traute ein Atelier-Spiel im Westen zu veröffentlichen. Eternal Mana erschien erstmals am 27.Mai 2004 in Japan. Ca. ein Jahr später wurde dann die USA bedient, und schlussendlich durften sich sogar die Europäer ins Crafting-JRPG-Abenteuer stürzen. Bei uns wurde das Spiel am 17. März 2006 herausgebracht.
Wider Erwarten war das Spiel erfolgreich genug, um die Atelier-Marke fest im westlichen Raum zu etablieren. Zwar gelangte sie seinerzeit nicht über den Nischen-Status hinaus, aber zumindest konnte man sich seit Eternal Mana darauf verlassen, dass (fast) jeder Hauptteil hierzulande veröffentlicht wurde. So gesehen ist Atelier Iris: Eternal Mana also einer der wichtigsten Teile der Serie. Ob es sich jedoch auch um einen der Besten handelt, soll folgender Test klären.
Der Werdegang des frisch gebackenen Alchemisten
Wir übernehmen die Rolle von Klein Kiesling, einen frisch gebackenen Alchemisten, der jedoch noch ordentlich Grün hinter den Ohren ist und sich aufgrund dessen auf einer Reise befindet, um seine alchemistischen Fähigkeiten zu erweitern. Während er durch die Wälder streunt, wird er von einem Monster angegriffen, was glücklicherweise die Galgazit (eine Art Monsterjäger) Lita Blanchimont auf den Plan ruft. Diese zwängt sich als große Retterin auf, verspottet Klein und zieht wieder von dannen. Immerhin erfährt Klein von ihr, dass er sich in der Nähe der Stadt Kavoc befindet. Einem Ort der speziell für Abenteurer und Alchemisten erbaut wurde, welche das Bedürfnis verspüren die Geheimnisse der abgestürzten Himmelsstadt Avenberry zu erforschen. Avenberry wurde zur Blütezeit der Alchemie erschaffen, einem Zeitalter das inzwischen untergangen ist. Alchemisten sind dieser Tage eine Rarität und sehr viel alchemistisches Wissen ist seit der Zeit von Avenberrys Absturz verloren gegangen. Auch die genauen Gründe für den Untergang dieses Zeitalters sind unbekannt.
Jedoch wird erwartet, dass sich immenses alchemistisches Wissen und große Schätze in den Ruinen von Avenberry verbergen. Die Ruine wäre also der perfekte Ort für Klein seine Kenntnisse zu erweitern. Dummerweise gibt es da jedoch drei größere Probleme: Erstens ist der Zugang zu Avenberry durch ein mit Alchemie versiegeltes Steinportal verschlossen. Bisher ist es noch niemandem gelungen das Tor zu öffnen. Zweiters lungern in der Region die „Alkavane“ herum, eine Organisation großmäuliger Ritter, die sich geschworen haben den Zugriff auf Avenberry zu verhindern. In letzter Zeit beginnen die Alkavane sogar damit die Zivilbevölkerung zu drangsalieren und sind entsprechend unbeliebt. Was niemand weiß, ist, dass die Alkavane von einer Grauen Eminenz namens Mull beeinflusst werden.
Drittens tauchen in der Region in letzter Zeit verstärkt Growloons auf, eine an sich harmlose Monsterspezies, welche jedoch die Angewohnheit hat andere Monster hebeizubeschwören und somit eine immense Gefahr darstellen.
Um sein Ziel zu erreichen schließt sich Klein mit Lita zusammen, welche doch noch ihr Interesse an den Burschen entdeckt, als sie begreift, dass er einer der letzten nennenswerten Alchemisten ist. Mit der Zeit kommen weitere Gefährten hinzu wie der Schatzjäger und Schürzenjäger Delsus, Hexen-Katzenmädchen Norn und der mysteriöse Schwertkämpfer Arlin, der noch ein Hühnchen mit Mull zu rupfen hat. Die Lage spitzt sich zu, als Mull Lita ein lebenswichtiges Artefakt raubt …
Die Story von Eternal Mana ist ehrlich gesagt nur leidlich interessant (wenn überhaupt). Es dauert ne Weile ehe der Rahmen von „Ich will mehr über Alchemie lernen“ gesprengt wird und sich eine konkrete Bedrohung offenbart. Besagte Bedrohung geht aber auch nicht über das Klischee vom machtgeilen Irren hinaus. Auch das Sagengut wird im Spiel nicht sonderlich interessant vermittelt. Das liegt aber auch daran, da der Fokus von Eternal Mana einfach bei den sympathischen und angenehm bodenständigen Charakteren und deren alltäglichen Beziehungen untereinander liegt. In der Stadt Kavoc und einigen benachbarten Dörfern etabliert sich recht bald ein kleiner aber feiner Freundeskreis, welcher vor allem auch für das Crafting zuständig ist. Hier kann man natürlich jede Menge „Slice of Life“-Szenen miterleben, welche in der Regel auch eher humoristisch-charmant gehalten sind. Selbstverständlich gibt es derartige Szenen auch zwischen den Mitgliedern der eigenen Gruppe. Und diese Alltags-Frotzeleien sind der tatsächliche Star der Story, die eigentliche Haupthandlung wirkt da oftmals eher wie ein Statist. Ob dieses spezielle Konzept nun gut oder schlecht ist muss jeder selber wissen, auf jeden Fall ist es aber mal was anderes und verleiht dem Spiel eine eigene Identität.
Der beste Freund des Alchemisten
Selbstverständlich finden auch hier die typischen Genre-Formeln eines Japano-Rollenspiels Verwendung. Man erkundet die Welt, bekämpft Feinde für Erfahrungspunkte und Geld und spricht mit NPCs, um die Handlung voranzutreiben. Ich versuche mich also an die Besonderheiten von Atelier Iris: Eternal Mana zu halten, da ich mal schwer davon ausgehe, dass euch die allgemeinen Gepflogenheiten eines JRPGs geläufig sind.
Anders als bei den meisten anderen Gust-JRPGs für die PS2, gibt es hier eine begehbare Weltkarte. Diese bietet aber wenig mehr als lineare Pfade und ist obendrein in eher unansehnlicher 3D-Grafik gehalten. Die Abschaffung dieses Features in den Sequels war also kein großer Verlust. Die zu bereisenden Ortschaften lassen sich in zwei Kategorien einteilen. Siedlungen und Camps oder Wildnis-Gebiete und Dungeons. In Letzteren und auch auf der Weltkarte muss man sich selbstverständlich mit Zufallskämpfen auseinandersetzen, welche netterweise relativ vernünftig frequentiert sind. Außerdem bekommt man im späteren Verlauf Zugriff auf Mana-Skills, mit denen man die Rate erhöhen oder unterbinden kann.
Und wo wir sie jetzt schon mal angesprochen haben: Die Mana sind magische Lebensformen, welche sich gerne mal Alchemisten anschließen und diese nicht nur beim Crafting unterstützen, sondern auch als Ausrüstungsteile und Werkzeuge fungieren. Mit entsprechenden Manas kann man also nicht nur die Zufallskampfrate manipulieren, sondern auch Umgebungsobjekte zerstören, Treppen improvisieren und anderes. Im Spiel kann man insgesamt 9 Manas rekrutieren. 5 von denen lassen sich auch in eine höhere Form morphen, sobald man das sogenannte Aroma-Material erlangt hat.
Unabhängig der Mana hat man sogar weitere Möglichkeiten der Erkundung. Klein kann springen und sich später in ein kleines Tier verwandeln oder auf einem fliegenden Tierchen schweben. Hierdurch erhält man Zugriff auf zuvor unerreichbare Schatztruhen und Sammelgegenstände, was natürlich auch dazu motiviert alte Gebiete erneut zu besuchen.
Sollen doch die Anderen den Krempel herstellen
Besagte Sammelgegenstände fungieren hauptsächlich als Crafting-Material für bestimmte Händler, die sich mit Crafting befassen. Richtig gehört, das Crafting wird hier nicht von den eigenen Charakteren übernommen, sondern von bestimmten NPCs. Das kann leider richtig unbequem werden, da die sechs Crafting-NPCs in 3 verschiedenen Orten wohnen. Und einer von denen pendelt auch noch von Ort zu Ort. Glücklicherweise hat der Pendler nur zwei oder drei Dinge zum Herstellen.
Hierdurch entsteht natürlich reichlich Backtracking wenn man sich intensiver mit Crafting beschäftigen möchte, denn Crafting ist rein theoretisch zu 95 % eine rein optionale Angelegenheit. Da man hierdurch aber nicht nur Ausrüstung und Heilgegenstände erzeugt, sondern auch die oben genannten Slice of Life-Dialoge und Sequenzen triggert, wäre es nicht ratsam das Crafting zu ignorieren. Andernfalls kann man sich den Kauf des Spiels eigentlich von vorneherein sparen.
Die Handhabung des Craftings ist jedoch sehr simpel. Dem jeweiligen Händler-NPC einfach die gewünschten Rezept-Gegenstände beschaffen (maximal 4 Stück) und es kann losgehen. Der Spieler hat jedoch einen gewissen Spielraum welche Gegenstände für das jeweilige Rezept eingesetzt werden sollen. Verlangt ein Rezept etwa nach einer Lando-Frucht, hat man theoretisch die Wahl aus vier verschiedenen Typen von Lando-Früchten. Je nachdem welche Zutaten man verwendet, kann man nicht nur die Qualität des Gegenstandes positiv oder negativ beeinflussen, sondern sogar brandneue Gegenstände erzeugen. Und das Spiel bietet auch noch eine Extra-Motivation möglichst viele verschiedene Gegenstände zu entdecken. Es gibt nämlich eine Art Listografin im Spiel, welche jeden gefunden Gegenstand auflistet, die Erweiterung ihrer Liste mit klingender Münze bezahlt und sogar Sachen für die Gallery im Hauptmenü freischaltet (Artwork-Gallerien, Soundtests und so).
Neue Rezepte werden i.d.R. automatisch vom NPC-Crafter freigegeben, sobald man vorherige Rezepte umgesetzt hat oder die Story vorangeschritten ist. Ab und zu muss man aber auch mal ein Buch auftreiben oder einen wichtigen Gegenstand im Inventar haben, um neue Rezepte zu triggern.
Abgesehen von regulären Gegenständen und Crafting-Items gibt es noch spezielle Alchemie-Gegenstände. Diese können nur von Klein hergestellt werden und umfassen Nutzgegenstände für den Kampf. Rezepte hierfür findet Klein in spezifischen Schatztruhen oder bekommt sie hier und da von NPCs geschenkt. Diese Gegenstände werden mit Elementen erzeugt, weswegen man sie überall herstellen darf. Im Spiel gibt es 14 unterschiedliche Elemente. Man erhält Element-Energie, indem man Umgebungsobjekte oder Inventar-Gegenstände extrahiert oder Klein im Kampf seinen Gegnern den Todesstoß versetzt.
An dieser Stelle möchte ich übrigens erwähnen, dass Umgebungsobjekte und sogar Sammelobjekte sofort respawnen, sobald man den Screen verlässt und wieder betritt. Es ist also nicht schwer an den Großteil der Element-Energie oder Sammelgegenstände zu gelangen. Man muss nur im Kopf behalten wo man hin muss.
Leider gibt es jedoch auch einige lästige Einschränkungen. So gestattet es das Spiel nur 9 Einheiten eines jeden Gegenstandstypen zu horten. Das gilt auch für Kleins spezielle Kampf-Alchemie-Gegenstände. Hierdurch wird man das gesamte Spiel über gezwungen immer wieder nach weiteren Gegenständen und Elementen zu farmen. Bei Kleins Alchemie-Objekten kommt da sogar noch ein weiterer Faktor hinzu, denn die Mana sind Lebewesen, die bei Laune gehalten werden müssen. Mana verfügen über die beiden Energieleisten „Love“ und „Energy“ jedes mal wenn man ein Mana beim Craften oder auch im Feld einsetzt, verringert sich seine Energie und mit der Zeit auch seine Zuneigung. Um diese Balken wieder aufzubauen kann man den Manas jedoch reguläre Nutzgegenstände oder Ausrüstung als Geschenke übergeben. Dies führt natürlich zu zusätzlicher Gegenstands-Farmerei, was das Spiel nochmals zäher werden lässt. Ich habe nicht ausprobiert, was passiert wenn man die Zuneigung verkümmern lässt. Aber bei voller Zuneigung kann es passieren, dass die Mana beim Herstellen von Alchemie-Gegenständen ein zusätzliches Exemplar des besagten Items erstellen – sehr dürftig für den Aufwand.
Das Kampfsystem – noch trocken und grün hinter den Ohren
Zu guter Letzt gehen wir noch aufs Kampf- und Skillsystem ein: Nun, das Kampfsystem ist in Eternal Mana noch reichlich trocken und geht kaum über den Standard-Rundenkampf hinaus. Man kann seine drei aktiven Spielfiguren in vorderer, mittlerer oder hinterer Reihe platzieren um ausgeteilten und eingesteckten Schaden zu beeinflussen, und einige Skills und Angriffs-Gegenstände treffen einen größeren Umkreis der gegnerischen Kampffläche, wodurch man mehrere Gegner auf einmal erwischen kann. Ferner darf man die aktiven Kampfteilnehmer mit den Inaktiven auswechseln, also so wie in Final Fantasy X. Inaktive Gruppenmitglieder bekommen obendrein 50 % der Exp gutgeschrieben – sehr schön.
Die ikonische Zugleiste gab es hier noch nicht, was sehr merkwürdig ist, da es durchaus einige wenige Skills und Items gibt, die mit Zeitverzögerung arbeiten, was man ohne Zugleiste aber schlicht und einfach nicht managen kann und diese Skills/Items dadurch witzlos werden.
Der Schwierigkeitsgrad von Eternal Mana ist über weite Strecken sehr lasch. Spätere Bosskämpfe ziehen den Grad jedoch auf einmal sprunghaft nach oben und irritieren entsprechend. Gegen Ende werden auch reguläre Gegner gefährlich, aber abgesehen von einigen Bossen gibt es nichts, was die Haare raufen lässt.
Neue Skills erlangen eure Charaktere hauptsächlich über Level-Ups. In seltenen Fällen werden sie auch erst nach einer Story-Sequenz freigeschaltet. Jeder Charakter sollte bis zum Ende hin 8 Skills erlernt haben, welche sich auch aufleveln lassen, um deren Effektivität zu steigern. Der Maximallevel unterscheidet sich bei jedem Skill. Einige sind direkt auf dem Maximallevel und andere können bis auf Stufe 6 hochgelevelt werden.
Hierfür benötigt man Skillpunkte. Pro Level-Up bekommt man 3 Skillpunkte was aber bei weitem nicht ausreicht, um jeden Charakterskill aufs Maximum hochzustufen. Aufgrund dessen fungieren die Mana auch als Ausrüstungsstücke. Jeder Mana pusht bestimmte Skills eines Charakters nach oben, sobald der Mana im Kampf genügend Erfahrung gesammelt hat. Unabhängig davon gewähren die Mana aber auch Statusboosts, so wie die regulären Ausrüstungsteile in Form von Waffe und zwei Zubehör-Stücken.
Grafik, Sound und Präsentation
Eternal Mana etablierte jenen Grafikstil, den man dann auch in Gusts Folgeproduktionen für die PS2 vorfindet. Es ist ein etwas kruder Mix aus 2D- und 3D-Grafiken. Die Levelkarten sind in isometrischer Perspektive gehalten, während die Kämpfe in einer Art zweidimensionaler Seitenansicht präsentiert werden. Die Grafik wirkt etwas seltsam, da sowohl der Großteil der Iso-Maps als auch der Kampfscreen wahrscheinlich in einer 3D-Grafikengine erstellt wurden. Allerdings hat man die 3D-Elemente mit 2D-Texturen zugekleistert, wodurch ein bizarres Flickwerk entsteht. Die Grafik ist schwer zu beschreiben und lässt es auch an einer gewissen Einheitlichkeit mangeln, so gibt es z.B. auch viele Spielabschnitte, die in handgezeichneten Artworks dargestellt werden (meistens Städte).
Als uneingeschränkt positiv können jedoch die Charaktersprites bezeichnet werden. Vor allem im Kampf sind diese sehr liebevoll gestaltet und animiert, wodurch sie das klare optische Highlight im Spiel darstellen. Die Palette-Swaps der Monster tauchen zwar etwas zu häufig auf, wurden in der Regel jedoch mit viel Liebe zum Detail gehandhabt, da hier nicht immer einfach nur ne andere Farbpalette auf den jeweiligen Gegner gestülpt wurde, sondern eben dieser z.B. auch mal neue Körperteile wie Hörner oder Stacheln mit sich bringt. So kann man Palette-Swaps schon viel besser verdauen.
Das Anime-Artwork ist grundsolide und gefällig. Es gibt variable Artworks für unterschiedliche Stimmungslagen für die Textboxen und ein etwas kreativeres Introvideo, welches Lust aufs Spiel bereitet. Das Ingame-Artwork ist auch angenehm umfangreich, da fast jeder wichtigere Charakter seine eigenen Zeichnungen bekommen hat.
Der Soundtrack ist … typisch Gust würde ich sagen. Dies bedeutet leider, dass der absolute Großteil der Tracks nicht über generisches Gedudel hinausgelangt. Wirklich gut ist nur das Lied, welches im Intro verwendet wird, der Rest ist zum Vergessen. Das bedeutet nicht, dass der OST schlecht wäre, aber er ist eben nichts besonderes.
Als Entschädigung gibt es jedoch sowohl eine englische als auch eine japanische Sprachausgabe in solider Quantität. Die englischen Sprecher liefern übrigens eine überraschend solide Arbeit ab. Einige Stimmen der „Comedic relief“-Charaktere sind zwar entsprechend übertrieben und nervig, aber das ist zu erwarten und stört nicht weiter.
Was jedoch immens stört ist die Abstinenz eines 60 Hz-Modus. Diesen hatte man sich nämlich leider gespart. An dieser Stelle merkt man, dass das Spiel der erste Gehversuch für die Serie im Westen war. Den Folgetiteln hat man nämlich den 60 Hz-Modus mit auf den Weg gegeben.